Lichtschranke für die Zellteilung

Presseinformation der LMU München vom 10.07.2015

LMU-Forschern ist es gelungen, einen Wirkstoff, der die Zellteilung hemmen kann, mit Lichtreizen steuerbar zu machen. Dies ist ein vielversprechender Ansatz für zielgerichtete und nebenwirkungsfreie Tumortherapien.

Zellen höherer Organismen sind von einem ausgeklügelten System röhrenförmiger Strukturen – sogenannter Mikrotubuli – durchzogen, die als Teil des Zellskeletts an vielen lebenswichtigen Prozessen beteiligt sind. Unter anderem sind die Mikrotubuli im zellulären Spindelapparat enthalten, der bei der Zellteilung die Chromosomen auf die Tochterzellen verteilt. Wirkstoffe, die an den Mikrotubuli ansetzen, spielen daher sowohl für die Erforschung von Zellteilung und Embryonalentwicklung als auch als zellwachstum-hemmende Krebsmedikamente eine wichtige Rolle – verursachen aber oft starke Nebenwirkungen. Wissenschaftler um Professor Dirk Trauner und Dr. Oliver Thorn-Seshold vom Department Chemie der LMU haben nun einen entscheidenden Durchbruch geschafft, der zukünftig einen präziseren und schonenderen Einsatz derartiger Präparate ermöglichen soll: „Wir haben in einen bekannten Mikrotubuli-Hemmer einen lichtsensitiven molekularen Schalter eingefügt, sodass der Wirkstoff nur nach Bestrahlung mit blauem Licht aktiv ist. Dadurch kann er erstmals gezielt nur am gewünschten Ort aktiviert – und auch wieder abgeschaltet werden, da die Reaktion reversibel ist“, sagt Thorn-Seshold. Trauner ergänzt: „Damit haben wir die Photopharmakologie auf eine weiteres hochdynamisches System angewandt, das allen Vielzellern gemeinsam ist: das Zytoskelett.“

In der Medizin gehören Wirkstoffe, die an den Mikrotubuli ansetzen, zu den wirkungsvollsten Chemotherapeutika. Allerdings entfalten diese Wirkstoffe ihre zellschädigende Wirkung im ganzen Körper, weshalb sie zu schweren Nebenwirkungen führen. „Unser Ziel war, einen Mikrotubuli-Hemmer so zu optimieren, dass er nur am gewünschten Einsatzort wirkt“, sagt Thorn-Seshold. „Das haben wir erreicht, indem wir einen molekularen optischen Schalter für verschiedene chemische Abkömmlinge von Colchicin entwickelt haben“. Colchicin ist eine toxische chemische Verbindung, die aus der Herbstzeitlose stammt. Die mit optischem Schalter ausgestatteten Colchicin-Derivate bezeichnen die Wissenschaftler als Photostatine. Sie sind nur aktiv, wenn sie mit blauem Licht bestrahlt wurden, und können daher sehr präzise gesteuert werden – die Voraussetzung, um Tumorzellen gezielt und nebenwirkungsfrei zu bekämpfen.

Tumorzellen mit Licht stoppen

Im Zellversuch hat der Photoschalter seine Funktion bereits bewiesen: In mit blauem Licht bestrahlten Zellen hemmten Photostatine die Zellteilung 250-mal stärker als in Zellen, die im Dunkeln gehalten wurden. „Diese drastische licht-induzierte Aktivierung übersteigt alles, was bisher in der Photopharmakologie beobachtet wurde“, sagt Trauner. „Möglich wurde sie, weil wir den optischen Schalter mit einer neuen Methode eingebaut haben, die eine besonders große Aktivitätssteigerung erlaubt“. Die Arbeit, an der neben Kollegen der Universität Lyon an der LMU auch die Arbeitsgruppen von Professor Angelika Vollmar und Professor Stefan Zahler sowie die Gruppe von PD Markus Rehberg beteiligt waren, ist in dem führenden Wissenschaftsjournal „Cell“ veröffentlicht worden.

Als mögliches zukünftiges Einsatzgebiet für Photostatine sehen die Wissenschaftler insbesondere örtlich begrenzte Tumore, die leicht mit einer Lichtquelle erreicht werden können, etwa Retinoblastome – die häufigsten Augentumore bei Kindern – oder Hautkrebs. „Lichtquellen werden heute schon in der Medizin häufig eingesetzt, etwa für Untersuchungen im Magen-Darm-Bereich. Da die LED-Technik derzeit eine rasante Entwicklung durchmacht, können wir uns auch vorstellen, dass es in Zukunft noch kleinere und hellere LEDs geben wird, die im Körper implantiert werden, etwa wie ein Herzschrittmacher“, sagt Thorn-Seshold. „Wir hoffen, dass sie sich dabei als vielversprechender Ansatz für die Entwicklung neuer Therapien bestätigen. Allerdings ist dies ein langwieriger Prozess, die Entwicklung und Durchführung der notwendigen Studien wird noch Jahre benötigen“.

Zellentwicklung im Sekundentakt schaltbar

Bereits jetzt sind die Photostatine aber auch ein vielversprechendes Werkzeug für die Zellbiologie: Mikrotubuli spielen als Bestandteil des Zellskeletts unter anderem bei der Zellteilung, dem intrazellulären Stofftransport und der Embryonalentwicklung eine essenzielle Rolle. Mit den Photostatinen können die Mikrotubuli erstmals räumlich und zeitlich sehr präzise gesteuert und wiederholt ein- und ausgeschaltet werden – und zwar innerhalb weniger als einer Sekunde. Das schafft ganz neue Möglichkeiten, um die Funktion und räumliche Anordnung der Mikrotubuli zu erforschen. Gerade die Reversibilität der Hemmung ist in der Zellforschung ein besonderer Vorteil. „Wir konnten zum Beispiel die Entwicklung einer Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt anhalten und dann die Hemmung wieder ausschalten, um die Weiterentwicklung der Zelle zu beobachten. Dies könnte helfen, die Rolle bestimmter Vorläuferzellen während der Entwicklung aufzuklären“, erklärt Trauner.

Photopharmakologie ist noch ein relativ junges Forschungsgebiet, das zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. In der Zukunft planen die Wissenschaftler, auch andere Moleküle, die an der Zellteilung und -dynamik beteiligt sind, mit Lichtschaltern auszustatten – die Mikrotubuli sind erst der Anfang. (göd)

Publikation:
Cell 2015

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Schmerz lass nach

Presseinformation der LMU München vom 26.05.2015

LMU-Wissenschaftlern ist es gelungen, eine Serie von Molekülen zu entwickeln, mit denen Schmerzempfindungen lichtabhängig gesteuert werden können.

Sei es der Griff auf die heiße Herdplatte oder der Biss in eine Chilischote: Der Rezeptor TRPV-1 spielt bei der anschließenden Schmerzempfindung eine wichtige Rolle. Er wird hauptsächlich in schmerzwahrnehmenden Nervenzellen gebildet und von mehreren chemischen und physikalischen Reizen aktiviert – neben Chilischärfe und Hitze unter anderem auch durch elektrische Spannung, Spinnengifte und Säuren. „Auf Licht reagiert er von Natur aus allerdings nicht“, sagt Dirk Trauner, Professor für Chemische Biologie und Genetik, dem es nun mit seinem Team trotzdem gelang, diesen Schmerzrezeptor mithilfe lichtsensitiver Moleküle präzise steuerbar zu machen.

Der Neurorezeptor TRPV-1 ist in die Zellmembran eingebaut und schleust als Kationenkanal positiv geladene Ionen in das Zellinnere, wenn er aktiviert wird. Damit verschiebt sich die Ladungsverteilung zwischen Innen und Außen und es entsteht ein elektrischer Reiz, durch den das Schmerzsignal weitergeleitet wird. „TRPV-1 wird auch von zahlreichen Lipiden aktiviert, insbesondere von Fettsäuren mit einem bestimmten Strukturelement, einer sogenannten Vanilloid-Kopfgruppe“, sagt Trauner, „der Grad der Aktivierung ist dabei von Länge und Sättigungsgrad der Fettsäuren abhängig und sehr variabel“. Diese Eigenschaft macht die Fettsäuren zu einem idealen Ausgangsstoff, um Fotoschalter zu entwickeln, die TRPV-1 mithilfe von Licht unterschiedlich stark stimulieren.

Bibliothek für Fotoschalter

Trauners Team gelang es, einen Fotoschalter in die Fettsäurekette einzubauen, der seine Struktur je nach Wellenlänge des Lichts, dem er ausgesetzt ist, ändert. „Dadurch designten wir eine ganze Bibliothek verschiedener lichtsensitiver Fettsäuren die als Bausteine für komplexe fotoschaltbare Fette dienten“, sagt Trauner. „Durch die Modifizierung dieser Bausteine mit einer Vanilloid-Kopfgruppe synthetisierten wir eine Serie aus sechs Verbindungen, die wir AzCAs nannten und die eine abgestufte lichtgesteuerte Kontrolle des Schmerzrezeptors möglich machten“.

Die neuen Moleküle können die von schmerzregulierenden Neuronen weitergeleiteten Signale mit bisher unerreichter Präzision steuern. Möglicherweise eröffnen sie daher neue Chancen in der Schmerztherapie, etwa um den Ionenkanal für Lokalanästhetika zu öffnen, oder um Nervenzellen durch einen Dauerreiz abzustumpfen und unempfindlicher zu machen. Dass die Reizweiterleitung auch in komplexen Geweben beeinflusst werden kann, konnten die Forscher in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Gary Lewin (Max-Delbrück Centrum, Berlin) im Tiermodell bereits zeigen. „Zusätzlich zur Präzision beeindruckte uns besonders auch die Geschwindigkeit der Reaktion“, sagt Trauner. Die Substanz Capsaicin, die der Chilischote ihre Schärfe gibt, etwa aktiviert TRPV-1 ebenfalls, baut aber im Vergleich zu den AzCas ihre Wirkung nur langsam auf und muss wieder ausgeschieden werden, bevor TRPV-1 zum Ausgangszustand zurückkehren kann. Im Gegensatz dazu können die AzCAs in ihrem deaktivierten Zustand eingebracht und dann mit ultraviolettem Licht aktiviert werden. Ein blauer Lichtblitz schaltet das Molekül wieder aus, sodass die Schmerzempfindung wie mit einem Lichtschalter an- und ausgeschalten werden kann.

Als nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler ihre neuen fotoschaltbaren Moleküle in noch komplexeren neuronalen Systemen sowie in vivo testen. „Außerdem arbeiten wir an der Entwicklung von Fotoschaltern, die auf Rotlicht reagieren und uns so ermöglichen würden, tieferliegende Gewebeschichten zu erreichen“, sagt Trauner, „ein weiteres Projekt ist es, unsere lichtsensitiven Fettsäure-Bausteine auch in komplexere Lipide einzubauen und so möglicherweise auch andere Proteine und Zellfunktionen optisch zu kontrollieren“. (göd)

Publikation:
Nature Communications 2015

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LECs – Langlebige Leuchtmittel

Medienmitteilung der Universität Basel vom 09.03.2015

Forscher der Universitäten Basel und Valencia machen wichtige Fortschritte in der Entwicklung der nächsten Generation von Leuchtmitteln. Die Resultate hat die Fachzeitschrift «Chemical Science» veröffentlicht.

Die Beleuchtungstechnologie befindet sich im Wandel. Die klassische Glühbirne, die Strom vielmehr in Wärme als in Licht umwandelt, wird zunehmend von fluoreszierenden Geräten abgelöst. Lichtemittierende Dioden (LEDs) sind im Begriff, die veraltete Technologie mittelfristig ganz zu ersetzen.

Die Forschungsgruppe unter der Leitung der Basler Chemieprofessoren Catherine E. Housecroft und Edwin C. Constable beschreibt in ihrer jüngsten Studie neuartige molekulare Bausteine und Strategien, um lichtemittierende elektrochemische Zellen (LECs) mit eindrücklicher Lebensdauer aufzubereiten.

Einfachere und robustere LECs

LEDs sind komplexe, vielschichtige Objekte, die unter Hochvakuum und hohen Temperaturen hergestellt und rigoros vor Luft und Wasser geschützt werden müssen. LECs hingegen sind einfacher aufgebaut: Sie bestehen aus nur einer Schicht aktiven Materials und können bei Raumtemperatur und ohne Vakuum hergestellt werden.

Bisher hatten LECs eine relativ kurze Lebensdauer, was einer kommerziellen Nutzung im Weg stand. Die Teams aus Basel und Valencia konnten nun zeigen, dass dank einem neuen Verfahren Geräte mit einer Laufzeit von weit über 2500 Stunden möglich sind. Dabei stabilisieren sogenannte aromatische Molekülringe die molekularen Bausteine.

Die Forscher bestückten Metallkomplexe mit Ringen, die sich von selbst wie eine Hülle um ein Metall-Molekül legen. «Man kann sich das wie eine sich schliessende Blüte vorstellen – die flachen, blattartigen Ringe falten sich um das Molekül und machen es dadurch zu einer kompakten und robusten Struktur», erklärt Constable. Ausserdem ermöglicht es die präzise chemische Struktur der Hülle, die Farbe des Lichts anzupassen – womit das Ziel, LECs herzustellen, die Weisslicht emittieren, einen Schritt näher gerückt ist.

Originalartikel:
Andreas M. Bünzli, Edwin C. Constable, Catherine E. Housecroft, Alessandro Prescimone, Jennifer A. Zampese, Giulia Longo, Lidón Gil-Escrig, Antonio Pertegás, Enrique Ortí and Henk J. Bolink
Exceptionally long-lived light-emitting electrochemical cells: multiple intra-cation π-stacking interactions in [Ir(C^N)2(N^N)][PF6] emitters
Chem. Sci., 2015, 1-10 | doi: 10.1039/c4sc03942d

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Intricaren erstmals photochemisch synthetisiert

Presseinformation der LMU München vom 03.12.2014

LMU-Forscher bauen erstmals biomimetisch den Naturstoff Intricaren im Labor nach. Bei der photochemischen Reaktion ahmen sie die natürlichen Bedingungen in der Koralle nach.

LMU-Forschern ist die photochemische und biomimetische Synthese des Naturstoffes Intricaren gelungen, der aus der karibischen Koralle Pseudopterogorgia kallos isoliert wurde. Dabei klärten sie den komplexen und überraschenden Mechanismus der lichtinduzierten Reaktionskaskade auf. Über ihre Ergebnisse, die der interdisziplinären Zusammenarbeit im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Dynamik und Intermediate molekularer Transformationen“ entstammen, berichten die Forscher aktuell in der Fachzeitschrift Nature Communications.

„Für einen bereits früher aus der Koralle isolierten Naturstoff wurde Antimalaria-Aktivität und eine signifikante Zytotoxizität gegenüber Lungen- und Nierenkrebszelllinien festgestellt. Intricaren jedoch konnte bislang nicht genauer auf seine biologischen Eigenschaften untersucht werden, weil die Substanz nicht in ausreichender Menge vorhanden war“, sagt Dirk Trauner, Professor für Chemische Biologie und Genetik vom Department Chemie der LMU. In Zusammenarbeit mit Regina de Vivie-Riedle, Professor für Theoretische Chemie an der LMU, und Eberhard Riedle, Professor für Experimentalphysik an der LMU, ist es den Forschern erstmals gelungen, Intricaren unter Bedingungen zu synthetisieren, die denen in der Koralle entsprechen und den komplexen Reaktionsmechanismus aufzuklären.

Naturstoffmolekül zeigt alle Facetten der Photochemie

Sonnenlicht ist der entscheidende Faktor bei der Biosynthese. Die photochemischen Reaktionen in der letzten Phase der Biosynthese scheinen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von sogenannten Furanocembranoiden wie Intricaren zu spielen.

Bei der Photosynthese verwandelt sich Licht in chemische Energie und kann komplexe Reaktionsmechanismen auslösen. In der Koralle wird durch direkte Umwandlung der Lichtenergie die Synthese von Intricaren ermöglicht.

Wissenschaftler um Dirk Trauner bestrahlten ein Derivat des Naturstoffes Bipinnatin J, das aus der Koralle isoliert wurde, mit einer Reptilienlampe, deren Emissionsspektrum dem des Sonnenlichts ähnelt. Dadurch konnten sie Intricaren und ein weiteres bisher unbekanntes Produkt synthetisieren. „Diese Naturstoffsynthese ist erstmals unter biomimetischen Bedingungen, also nur durch Verwendung von Licht ohne hohe Temperaturen und reaktive Reaktionspartner gelungen“, sagt Dirk Trauner.

Wie Eberhard Riedle durch photophysikalische Messungen nachwies, ist dabei die Anregung einer schwachen Absorptionsbande des Ausgangsstoffs entscheidend. „Die lange Bestrahlungsdauer im Experiment entspricht den biologischen Bedingungen und ermöglicht die photochemische Initiierung der Reaktion“, erläutert Eberhard Riedle.

Die Arbeitsgruppe von Regina de Vivie-Riedle konnte mithilfe quantenchemischer Rechnungen den komplexen Mechanismus der Reaktionskaskade aufklären. Intricaren entsteht über das Zwischenprodukt Oxidopyrylium und anschließender photochemischer Cycloaddition, bei der ungesättigte Systeme durch Ringschluss miteinander reagieren. Die verschiedenen Reaktionsschritte verlaufen dabei über Triplettzustände, in denen zwei Elektronen ungepaart sind. „Die lange Lebensdauer der Triplettzustände ermöglicht es, dass die Moleküle die verschiedenen Schritte der Reaktionskaskade im angeregten Zustand durchlaufen und vermeidet damit die im elektronischen Grundzustand vorhandenen hohen Barrieren“, erklärt Regina de Vivie-Riedle. Selbst wenn im Verlauf der langen Reaktionskaskade das Molekül zurück in den Grundzustand fällt, kann sich das Intermediat Oxidopyrylium durch Absorption von Licht erneut in die Reaktionskaskade einfädeln.

„Wir finden in diesem kleinen Naturstoffmolekül alle Facetten der Photochemie von Lichtabsorption und Energieumverteilung“, hebt Regina de Vivie-Riedle die Überraschung des Forscherteams hervor. Photochemische Experimente mit einem weiteren Derivat des Naturstoffes Bipinnatin J bestätigten den Reaktionsmechanismus. „Dessen genaues Verständnis soll es in Zukunft erlauben, Intricaren in größeren Mengen herzustellen und auf seine potenziellen Eigenschaften als Krebsmedikament zu untersuchen“, sagt de Vivie-Riedle.

Die interdisziplinären Arbeiten wurden ermöglicht durch die Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB) 749 „Dynamik und Intermediate molekularer Transformationen“ und durch weitere Netzwerke: Dirk Trauner ist Mitglied des Exzellenzclusters „Center for Integrated Protein Science Munich“ (CIPSM), Regina de Vivie-Riedle und Eberhard Riedle sind Mitglieder des Exzellenzclusters „Munich Centre of Advanced Photonics“ (MAP). (nh)

Publikation:
Nature Communications

Externer Link: www.uni-muenchen.de

Lithium-Luft-Batterien: Mechanismus zur gesteigerten Kapazität geklärt

Pressemitteilung der TU Graz vom 11.11.2014

Gemeinsamer Erfolg von TU Graz, St. Andrews, Oxford, Amiens und Collège de France

Lithium-Luft-Batterien speichern potentiell ein Vielfaches der Energie von Lithium-Ionen-Batterien. Sie gelten daher als deren vielversprechende Nachfolgerinnen und als die leistungsstarken Energieträger, nach denen die Automobilindustrie dringend sucht. Forscher der TU Graz haben nun in Zusammenarbeit mit den Universitäten St. Andrews, Oxford und Amiens sowie dem Collège de France den Entlademechanismus der „luftigen Superbatterie“ besser aufgeklärt: Die Art des Elektrolyten wirkt sich entscheidend auf die effektive Kapazität der Batterie aus. Die Erkenntnis wurde in der aktuellen Ausgabe von „Nature Chemistry“ publiziert.

Dank leichter Sauerstoff- statt schwerer metallischer Ionenstrukturen haben Lithium-Luft-Batterien im Gegensatz zu den mittlerweile recht verbreiteten Lithium-Ionen-Batterien eine potentiell vervielfachte Energiespeicherkapazität. Zudem kommt die „luftige Super-Batterie“ ohne teure und begrenzt verfügbare Übergangsmetalle wie Kobalt, Nickel oder Mangan aus. Die neue Batterietechnologie steckt zum Gutteil aber noch in den Kinderschuhen. Einen entscheidenden Aspekt hat Stefan Freunberger vom Institut für Chemische Technologie von Materialien der TU Graz gemeinsam mit Kollegen der Universitäten von St. Andrews, Oxford und Amiens sowie des Collège de France unter die Lupe genommen: „Wir haben den Entlademechanismus der Lithium-Luft-Batterie untersucht und gezeigt, welche Faktoren für die effektive Kapazität der Batterie verantwortlich sind“, fasst Freunberger zusammen.

Elektrolyt entscheidet Kapazität

Die Kapazität der Lithium-Luft-Batterie ist anders als bei jetzigen Batterien nicht fest bestimmt, sondern wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Zentral ist der Elektrolyt, der die Ionen leitet. Der Sauerstoff in der entladenen Lithium-Luft-Batterie ist idealerweise in Form von Peroxid vorhanden, also in fester, unlöslicher Form. Die Zwischenstufe dorthin ist sogenanntes Superoxid. Je löslicher die Zwischenstufe während des Entlademechanismus ist, desto besser wirkt sich das auf die Kapazität der Batterie aus. „Wir haben herausgefunden, dass das ‚Rädchen‘, an dem man drehen muss, in der sogenannten Donorzahl des Elektrolyten liegt. Diese Zahl beschreibt die Bindungsstärke zwischen dem Lösungsmittel und den Kationen eines darin gelösten Salzes und bestimmt die Löslichkeit der Zwischenstufe“, erklärt Stefan Freunberger. Ein Elektrolyt mit hoher Donorzahl ist also der Schlüssel zur gesteigerten Kapazität der Lithium-Luft-Batterie. „Hohe Donarzahlen haben beispielsweise Sulfoxide oder Imidazol. Letzteres ist eine Stickstoffverbindung, die wir in unserer Untersuchung als Modellsubstanz verwendet haben“, so Freunberger.

Gerichtete Forschung statt „trial and error“

Damit ist das theoretische Gerüst der Lithium-Luft-Batterie noch fundierter. „Wir haben nun viele trial and error-Versuche aus dem Weg geschafft und wissen, wir müssen einen Elektrolyten mit möglichst hoher Donorzahl verwenden. Nun können wir die Lithium-Luft-Batterie zielgerichteter bis zu ihrer tatsächlichen Verwendung erforschen“, sagt Stefan Freunberger, der als nächstes die Herstellung eines Polymerelektrolyten mit hoher Donorzahl in Angriff nehmen wird.

Originalpublikation:
Lee Johnson, Chunmei Li, Zheng Liu, Yuhui Chen, Stefan A. Freunberger, Jean-Marie Tarascon, Praveen C. Ashok, Bavishna B. Praveen, Kishan Dholakia and Peter G. Bruce: The role of LiO2 solubility in O2 reduction in aprotic solvents and its consequences for Li-O2 batteries. Nature Chemistry, November 2014, DOI 10.1038/nchem.2101.

Externer Link: www.tugraz.at