Neuer Hybridkatalysator für saubere Sauerstoffproduktion

Pressemitteilung der Technischen Universität Wien vom 28.11.2024

Ein Forschungsteam am Institut für Materialchemie der TU Wien unter der Leitung von Professor Dominik Eder hat einen neuen synthetischen Ansatz entwickelt, um langlebige, leitfähige und katalytisch aktive Hybridgerüstmaterialien für die (photo)elektrokatalytische Wasserspaltung herzustellen.

Poröse metall-organische Gerüstkatalysatoren
Die Entwicklung von Technologien für nachhaltige Energieträger, wie Wasserstoff, ist von entscheidender Bedeutung. Ein vielversprechender Weg zur Erzeugung von Wasserstoff (H2) ist die Spaltung von Wasser in H2 und Sauerstoff (O2), entweder elektrochemisch oder mit Hilfe von Licht oder beidem – ein Weg, den das Team verfolgt. Für diesen Prozess wird jedoch ein Katalysator benötigt, der die Reaktion beschleunigt, ohne selbst verbraucht zu werden. Zu den wichtigsten Kriterien für einen Katalysator gehören eine große Oberfläche für die Adsorption und Aufspaltung von Wassermolekülen sowie eine lange Haltbarkeit für den Langzeiteinsatz.

Zeolithische Imidazolatgerüste (ZIF), eine Klasse hybrider organischer/anorganischer Materialien mit molekularen Grenzflächen und zahlreichen Poren, bieten als Katalysatoren Rekordoberflächen und reichlich Adsorptionsstellen für Wasser. Sie bestehen aus einzelnen Metallionen, z. B. Kobaltionen, die durch spezifische organische Moleküle, die so genannten Liganden, über so genannte Koordinationsbindungen verbunden sind. Herkömmliche ZIFs enthalten nur eine einzige Art von organischem Liganden. „Diesen ZIFs fehlt es oft an Stabilität in Wasser unter elektrokatalytischen Bedingungen, um eine langfristige Anwendung zu gewährleisten. Außerdem schränkt ihre eher geringe elektronische Leitfähigkeit ihre Wirksamkeit in elektrokatalytischen Anwendungen ein“, sagt Dominik Eder.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, hat das Team eine Methode entwickelt, um ZIFs mit zwei oder mehr organischen Liganden zu entwerfen. „Wir mussten darauf achten, beide Liganden so zu mischen, dass eine gleichmäßige Verteilung im gesamten Gerüst entsteht und gleichzeitig die ursprüngliche ZIF-Struktur erhalten bleibt“, erklärt Zheao Huang, der Hauptautor der Studie. Daher untersuchte das Team umfassend eine Reihe von Ligandenkombinationen und Prozessparametern und war schließlich in der Lage, das am besten geeignete Ligandenpaar zu ermitteln.

Synergistische Vorteile durch Mischung zweier organischer Liganden
Die Autoren fanden heraus, dass diese Modifikation die Stabilität des ZIF erheblich verbessert und seine Lebensdauer während der elektrokatalytischen Wasserspaltung von einigen Minuten auf mindestens einen Tag verlängert hat. Durch eingehende Untersuchungen mit einer breiten Palette experimenteller spektroskopischer und mikroskopischer Techniken, unterstützt durch rechnerische Theorien in Zusammenarbeit mit der Central China Normal University, stellte das Team fest, dass die präzise Mischung der beiden Liganden die Koordinationsbindung mit dem Kobaltmetall synergetisch verstärkte. Infolgedessen brach das poröse Gerüst während der (photo)elektrokatalytischen Tests nicht zusammen. „Stattdessen beobachteten wir, dass sich bereits nach wenigen Minuten der Reaktion ein sehr dünner Film von nur wenigen Nanometern aus Kobalt-Sauerstoffhydroxid auf der Oberfläche der ZIF-Nanopartikel bildete, der einen weiteren Abbau und Zusammenbruch verhinderte“, sagt Huang Zheao.

Darüber hinaus hat die Kombination von zwei Liganden die Leitfähigkeit des ZIF-Materials um das Zehnfache erhöht und damit auch die Sauerstoffentwicklungsreaktion (OER) um das Zehnfache gesteigert. „Simulationen ergaben, dass die beiden Liganden auf synergistische Weise interagieren und eine hohe Dichte an mobilen Ladungsträgern im gesamten Material erzeugen“, erklärt Dominik Eder und fügt hinzu: “Obwohl wir mit dieser neuen Strategie einige Verbesserungen erwartet hatten, waren wir überrascht, wie sehr sie die (photo)elektrokatalytische Leistung von ZIFs verbessert.“

Das Team erforscht nun diesen vielseitigen Ansatz für andere ZIFs sowie metallorganische Gerüste (MOFs), denen es ebenfalls an Stabilität und Leitfähigkeit für elektrokatalytische und (photo)elektrokatalytische Anwendungen mangelt. Dieser innovative Ansatz eröffnet spannende Möglichkeiten für die Entwicklung fortschrittlicher Materialien für Katalyse, Sensorik und Solarenergieumwandlungstechnologien und bringt uns näher an reale Anwendungen heran.

externer Link: https://www.tuwien.at/

JKU Technologie: Künstliche Nanofasern sollen Nerven heilen

Pressemitteilung der Johannes Kepler Universität Linz vom 18.11.2024

Wird das Nervensystem beschädigt, kann das zur Lähmung der Gesichtsmuskulatur, der Finger und Hände oder auch der Füße und Zehen führen. Betroffene leiden oft sehr lange darunter, mitunter ihr ganzes Leben lang. Eine neue Technologie der Johannes Kepler Universität Linz zeigt erste vielversprechende Ergebnisse, die Heilungschancen deutlich zu erhöhen.

Schäden am peripheren Nervensystem sind so einschneidend, weil die Nervenbahnen sich nur sehr langsam regenerieren. Um die Lebensqualität dieser Patient*innen zu erhöhen, werden dringend Implantate benötigt, die genau diese Regeneration unterstützen.

„Speziell bei schweren Defekten von Nervenbahnen brauchen die Nervenzellen gezielte Unterstützung, um die Unterbrechung zwischen den beschädigten Nervenenden zu überbrücken“,erklärt DI Dr. Sebastian Lifka vom JKU Institut für Medizin- und Biomechatronik und Erstautor des im Rahmen des Projekts entstandenen Papers. Bislang werden in der klinischen Praxis den Patient*innen Stücke von weniger wichtigen peripheren Nerven entnommen und in die Lücken der beschädigten Nervenbahnen eingesetzt. Diese Gewebestücke dienen dann den Nervenzellen als Stütze und Leitstruktur bei der Regeneration. Das Problem: Durch den Vorgang wird natürlich der Spender*innennerv beschädigt, sodass immer noch Lähmungen und Gefühlsausfälle auftreten.

Neuer JKU Ansatz
Ein neuer Ansatz ist ein Implantat aus künstlichen Nanofasern, das die beiden Nervenenden verbindet. Diese ausgerichteten Nanofasern unterstützen die Nervenzellen beim Überbrücken des Defekts, indem sie den Zellen die Wachstumsrichtung vorgeben und ihnen Halt bieten.

Den JKU Forscher*innen ist es gelungen, die dafür nötigen Nanofasern mit einem speziellen Elektrospinning-Verfahren herzustellen.

Dabei wird eine Polymerlösung auf mikroskopisch kleiner Ebene durch elektrische Hochspannung massiv beschleunigt. Während des Flugs härtet die Polymerlösung aus und bildet die eigentliche Nanofaser, die sich dann auf einem Kollektor ansammelt. Um die für die Nervenregeneration notwendige parallele Ausrichtung der Fasern zu erreichen, wird der Kollektor mit mehreren tausend Umdrehungen pro Minute um die eigene Achse gedreht. Die Nanofaser wickelt sich dadurch, ähnlich einer Seilwinde, auf dem Kollektor auf und erzeugt somit ein Nanofaser-Vlies, bei dem die Fasern parallel ausgerichtet sind-

Der Natur nachempfunden
Um das Nanofaser-Vlies unbeschädigt vom Kollektor entfernen zu können, weist dieser eine spezielle Oberflächenstruktur auf, die sich die JKU Wissenschaftler*innen von Spinnen abgeschaut haben. „Die Tiere vermeiden mit dieser Struktur, dass sie an den eigenen Fäden festkleben“, so Univ.-Prof. Werner Baumgartner, der das Institut für Medizin- und Biomechatronik an der JKU leitet.

Tests erfolgreich
Erste Versuche, ein gerichtetes Wachstum von speziellen Nervenzellen zu erzielen, waren bereits erfolgreich. Dabei wurden Maus-Schwann-Zellen (das sind spezielle Gliazellen des peripheren Nervensystems, die das Axon einer Nervenzelle umhüllen und isolieren) verwendet. Dabei zeigte sich, dass sich die Nervenzellen tatsächlich an den Fasern orientierten und gezielt in Faserrichtung wuchsen (Abbildung 3).

Wichtiger Ansatz
„Im Gegensatz zum Zentralnervensystem ist eine Regeneration verletzter oder durchtrennter Axone im peripheren Nervensystem schwierig. Die Verwendung eines Implantates aus künstlichen Nanofasern,die den Defekt überbrücken und die neuronale Wachstumsrichtung während des Regenerationsprozesses vorgeben kann, wäre deshalb ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung des funktionellen Langzeitergebnisses nach peripheren Nervenverletzungen. Von ebenso großem Interesse wäre auch, diese Technologie auf das Zentralnervensystem, insbesondere bei Patient*innen mit Querschnittslähmungen, zu übertragen“, meint Univ.-Prof. Dr. Andreas Gruber, Vorstand der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Kepler Universitätsklinikum.

Auch Prof. Dr. Raimund Helbok, Leiter der Universitätsklinik für Neurologie am Kepler Universitätsklinikum, sieht großes Potenzial: „Die Regeneration von Nervenfasern ist ein zentraler Forschungsschwerpunkt vieler internationaler Arbeitsgruppen. Bei der hier beschriebenen Methode handelt es sich um einen innovativen und spannenden Forschungsansatz. Grundlagenwissenschaften dieser Art sind deshalb extrem wichtig, um den Fortschritt in der Medizin in diesem Bereich voranzutreiben.“

Bis es soweit ist, muss allerdings noch viel geforscht werden. Klar ist aber: „Implantate aus gerichteten Nanofasern stellen einen vielversprechenden Ansatz dar, die Heilung von Verletzungen der Nervenbahnen zu beschleunigen und zu verbessern“,hofft Lifka auf verbesserte Behandlungsmethoden von Nervenverletzungen.

externer Link: https://www.jku.at/

Raum-Zeit-Kristall: Wichtiges Puzzleteil auf dem Weg zu neuen optischen Materialien

Pressemitteilung des Karlsruher Institut für Technologie vom 12.11.2024

Forschende des KIT konstruieren maßgeschneiderte Materialien für die optische Informationsverarbeitung. Photonische Raum-Zeit-Kristalle sind Materialien, die drahtlose Kommunikation oder Lasertechnologien leistungsfähiger und effizienter machen könnten. Sie zeichnen sich durch die periodische Anordnung spezieller Materialien aus, in drei Raumrichtungen wie auch in der Zeit, und ermöglichen so eine präzise Kontrolle der Lichteigenschaften. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun zusammen mit Partnern der Aalto University, der University of Eastern Finland und der Harbin Engineering University in China gezeigt, wie sich solche vierdimensionalen Materialien für die praktische Anwendung nutzen lassen. Über ihre Arbeit berichten sie im Fachmagazin Nature Photonics. (DOI: 10.1038/s41566-024-01563-3).

Photonische Zeitkristalle bestehen aus Materialien, die im Raum überall gleich beschaffen sind, deren Eigenschaften sich aber zeitlich periodisch ändern. Durch diese zeitliche periodische Änderung lässt sich die spektrale Zusammensetzung von Licht gezielt verändern und verstärken, beides sind entscheidende Faktoren für die optische Informationsverarbeitung. „Dies eröffnet neue Freiheitsgrade, birgt aber auch viele Herausforderungen“, sagt Professor Carsten Rockstuhl vom Institut für Theoretische Festkörperphysik und Institut für Nanotechnologie des KIT. „Die vorliegende Studie ebnet den Weg, diese Materialien für informationsverarbeitende Systeme einzusetzen, in denen alle Lichtfrequenzen genutzt und verstärkt werden sollen.“

Vierdimensionalen photonischen Kristallen ein Stück näher

Die zentrale Kenngröße eines photonischen Zeitkristalls ist seine Bandlücke im Impulsraum. Zur Erläuterung: Der Impuls ist ein Maß dafür, in welche Richtung sich das Licht ausbreitet. Eine Bandlücke beschreibt, in welche Richtungen sich das Licht ausbreiten muss, damit es verstärkt wird: Je breiter die Bandlücke, desto größer ist die Verstärkung. „Bisher müssen wir in photonischen Zeitkristallen für eine große Bandlücke die zeitlich periodische Änderung der Materialeigenschaften, etwa den Brechungsindex, intensivieren. Nur dann wird Licht überhaupt verstärkt“, erklärt Puneet Garg, einer der beiden Erstautoren der Studie. „Da die Möglichkeiten hierfür bei den meisten Materialien begrenzt sind, ist dies eine große Herausforderung.“

Als Lösung kombinierte das Forschungsteam die photonischen Zeitkristalle mit einer zusätzlichen räumlichen Struktur und konstruierte somit „photonische Raum-Zeit-Kristalle“: Es baute photonische Zeitkristalle aus Silizium-Kugeln ein, die das Licht „einfangen“ und etwas länger halten als bisher möglich. So reagiert das Licht wesentlich besser auf die zeitlich periodische Änderung der Materialeigenschaften. „Wir sprechen hier von Resonanzen, die die Wechselwirkung von Licht und Materie verstärken“, sagt Xuchen Wang, ebenfalls Erstautor. „In so optimal abgestimmten Systemen erstreckt sich die Bandlücke fast über den gesamten Impulsraum, das heißt: Das Licht wird unabhängig von seiner Ausbreitungsrichtung verstärkt. Dies könnte das fehlende Puzzleteil auf dem Weg zur praktischen Nutzung solcher neuen optischen Materialien sein.“

„Wir freuen uns sehr über diesen Durchbruch bei den photonischen Materialien und sind gespannt auf die langfristigen Auswirkungen unserer Forschung“, sagt Rockstuhl. „So kann das enorme Potenzial der modernen optischen Materialforschung ausgeschöpft werden. Die Idee ist nicht auf Optik und Photonik beschränkt, sondern kann für viele Systeme in der Physik angewandt werden und potenziell neue Forschungen in verschiedenen Bereichen anregen.“

Das Forschungsprojekt wurde in dem Sonderforschungsbereich „Waves: Analysis and Numerics“ durchgeführt, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), und ist eingebettet in den Helmholtz-Forschungsbereich Information.

externer Link: https://www.kit.edu/

Neue Entdeckung: Wie Kieselalgen CO₂ so effektiv binden können

Pressemitteilung der Universität Basel vom 17. Oktober 2024

Winzige Kieselalgen im Ozean sind Meister darin, Kohlendioxid (CO₂) aus der Umwelt zu binden. Sie speichern bis zu 20 Prozent des CO₂ auf der Erde. Ein Team der Universität Basel hat nun in genau diesen Algen eine Proteinhülle entdeckt, die für eine effiziente CO₂-Fixierung sorgen. Diese grundlegende Entdeckung kann neue Ideen für biotechnische Ansätze liefern, um so das CO₂ in der Atmosphäre zu reduzieren.

Kieselalgen sind so klein, dass man sie mit dem blossen Auge nicht sehen kann. Und doch sind sie eine der produktivsten Algenarten im Ozean und spielen eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Durch Fotosynthese absorbieren sie grosse Mengen aus der Umwelt und wandeln es in Nährstoffe um, mit denen sie einen Grossteil des Lebens im Ozean ernähren. Trotz ihrer Bedeutung ist wenig darüber bekannt, wie sie diesen Prozess so effizient durchführen.

Forschende um Prof. Dr. Ben Engel am Biozentrum der Universität Basel haben nun gemeinsam mit Forschenden der University of York, Grossbritannien, und der Kwansei-Gakuin University, Japan, eine Proteinhülle entdeckt, die bei der CO₂-Fixierung der Kieselalgen eine Schlüsselrolle spielt. Mithilfe modernster bildgebender Technologien wie der Kryoelektronenmikroskopie (Kryo-EM) konnten die Forschenden die molekulare Architektur der sogenannte PyShell-Proteinhülle aufklären und ihre genaue Funktionsweise entschlüsseln. Die Ergebnisse sind in zwei Studien in «Cell» veröffentlicht.

Effektive CO2-Fixierung durch PyShell

Fotosynthese findet in Pflanzen und Algen statt, genauer gesagt in ihren Chloroplasten, wo die Energie der Sonne von den sogenannten Thylakoidmembranen gesammelt wird. Die Energie wird dann verwendet, um dem Enzym Rubisco bei der Fixierung von CO₂ zu helfen.

Algen haben dabei einen Vorteil: Sie packen ihr gesamtes Rubisco in kleine Kompartimente, sogenannte Pyrenoide, in denen das CO₂ effizienter gebunden werden kann: «Wir haben jetzt herausgefunden, dass die Pyrenoide der Kieselalgen von einer gitterartigen Proteinhülle umgeben sind», sagt Dr. Manon Demulder, Mitautorin beider Studien. «Diese PyShell verleiht dem Pyrenoid nicht nur seine Form, sondern sorgt auch für eine hohe CO₂-Konzentration in diesen Kompartimenten. Dadurch können die Rubiscoproteine effizient CO₂ aus dem Ozean binden und in Nährstoffe umwandeln.»