Biowasserstoff aus Holzabfällen

Presseinformation der Fraunhofer Gesellschaft vom 02.12.2024

Holzabfälle werden bislang kostenintensiv entsorgt und in Verbrennungsanlagen allenfalls energetisch verwertet. In der Region Schwarzwald nutzen Fraunhofer-Forschende die wertvolle Ressource zur Herstellung von Biowasserstoff. Im Verbundvorhaben H2Wood – BlackForest wurden eigens Fermentationsverfahren mit wasserstoffproduzierenden Bakterien und Mikroalgen zur biotechnologischen Erzeugung des grünen Energieträgers entwickelt. Bereits 2025 soll eine Pilotanlage zur Produktion von Biowasserstoff in Betrieb genommen werden. Eine im Rahmen des Projekts veröffentlichte Untersuchung beleuchtet darüber hinaus die Potenziale, Barrieren und Handlungsmaßnahmen zur regenerativen Wasserstofferzeugung aus Rest- und Altholz in der Region Schwarzwald.

In der Region Schwarzwald sind zahlreiche holzverarbeitende Unternehmen ansässig, unter anderem haben sich dort viele Möbelhersteller niedergelassen. Bei der Verarbeitung der Möbel, aber auch bei der Entsorgung von Paletten und beim Abbruch von Gebäuden fallen große Mengen an Holzabfällen an, die bislang in Verbrennungsanlagen entsorgt werden. Da Altholz häufig Holzschutzmittel enthält, die aufgrund ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung längst verboten sind, muss die Abluft der Verbrennung zudem kostenintensiv gereinigt werden. Für Fraunhofer-Forschende war dies der Anlass, nach alternativen Nutzungsmöglichkeiten des regionalen Holzabfalls zu suchen. Die Idee: Man könnte das Rest- und Altholz für die Herstellung von regenerativem Wasserstoff verwenden und mithilfe biotechnologischer Prozesse Biowasserstoff aus den Abfällen gewinnen – ganz im Sinne einer holzbasierten Kreislaufwirtschaft. Der Trick: Die Forschenden nutzen den aus dem Holz gewonnenen Zucker für die Produktion von Wasserstoff mittels Bakterien. Dabei entstehendes CO2 setzen sie für die Herstellung von Mikroalgen ein, die auch Wasserstoff produzieren können. An der Realisierung des 2021 initiierten Verbundvorhabens H2Wood – BlackForest sind neben dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB und dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA auch die Universität Stuttgart, Institut für industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF, und der Campus Schwarzwald beteiligt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF fördert das Projekt mit 12 Millionen Euro.

Der Herstellungsprozess des Biowasserstoffs startet mit der Vorbehandlung des Alt- und Restholzes. Zunächst werden die Holzabfälle, etwa Paletten oder alte Garten-zäune, aufgeschlossen und in ihre Grundbestandteile zerlegt. Hierzu kochen die Forschenden das Holz unter Druck bei bis zu 200 °C in einem Ethanol-Wasser-Gemisch. Lignin sowie Klebstoffe, Lösemittel und Lacke aus den Holzabfällen lösen sich im Ethanol, sodass die chemischen Störstoffe hierbei von der Holzfaser getrennt werden. Im nächsten Schritt wird die beim Kochen übrigbleibende Holzfaserfraktion, die Cellulose, und teilweise die Hemicellulose in einzelne Zuckermoleküle – Glucose und Xylose – gespalten, die den wasserstoffproduzierenden Mikroorganismen als Futter bzw. als Substrat dienen. »Das Trennen von Holz in seine Fraktionen ist ein Prozess, der Erfahrung voraussetzt. Wir nutzen hier unsere jahrelange Expertise, die wir mit dem Aufbau unserer Lignocellulose-Bioraffinerie in Leuna erwerben konnten«, sagt Dr. Ursula Schließmann, stellvertretende Institutsleiterin am Fraunhofer IGB in Stuttgart, bei dem die Projektkoordination und die Technologieentwicklung liegt. Für die Umwandlung der gewonnenen Zucker in Wasserstoff haben die Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IGB zwei miteinander verknüpfte Fermentationsverfahren mit wasserstoffproduzierenden Bakterien und Mikroalgen etabliert.

Neben Wasserstoff fallen kohlenstoffbasierte Koppelprodukte an

Bei der Vorbehandlung fallen Nebenprodukte an wie Lignin und bei der biotechnolo-gischen Umwandlung des Holzes wird neben Wasserstoff CO2 freigesetzt, das über die Mikroalgenproduktion zu Koppelprodukten wie beispielsweise Stärke und Carotinoiden umgewandelt wird. Dr. Schließmann erläutert den Kaskaden-Prozess: »Bei der Fraktionierung des Holzes werden die Holzfasern von Lignin befreit, das neben Cellulose und Hemicellulose zwanzig bis dreißig Prozent der Holzzellwandsubstanz bildet. Dieses Lignin, als eines der Koppelprodukte, ist vielseitig einsetzbar – etwa in Verbundwerkstoffen. Ein Anwendungsbeispiel sind Verschalungen im Auto.« Aus den langen Zuckerkettenmolekülen der Cellulose wiederum wird Glucose gebildet, die in den Fermenter mit Bakterien gegeben und als Kohlenstoff-Quelle dem Bakterienwachstum dient. Die Bakterien produzieren Wasserstoff und CO2. Aus dem Gasgemisch trennen die Forschenden das CO2 ab und führen es dem Algenreaktor, einem Photobioreaktor, zu. Die Mikroalgen sind in der Lage, als Kohlenstoff-Quelle CO2 zu nutzen, und sich zu vermehren. Anders als Bakterien benötigen sie keinen Zucker. »Die Stoffwechselprodukte der Bakterien, also der vermeintliche Abfallstrom CO2, stellt also die Nahrung für die Mikroalgen dar und geht nicht als schädliches Klimagas in die Abluft. Die Mikroalgen synthetisieren daraus unter Lichteinfluss Carotinoide bzw. Pigmente als weitere, von unterschiedlichen Industriebranchen verwertbare Koppelprodukte.« In einem zweiten Schritt werden die Mikroalgen in einen speziell dafür entwickelten Reaktor überführt, in dem sie mittels direkter Photolyse Wasserstoff freisetzen.

Biotechnologisches Verfahren mit hoher Wasserstoff-Ausbeute

Die Projektpartner rechnen mit einer hohen Ausbeute: Aus einem Kilogramm Altholz lassen sich zunächst etwa 0,2 Kilogramm Glucose gewinnen. »Anschließend können wir damit mit anaeroben Mikroorganismen 50 Liter H2 herstellen«, sagt Dr. Schließmann. Bei der Fermentation mit den anaeroben Bakterien entsteht auch zu gleichen Anteilen, also 50 Prozent, CO2. Nach Abtrennung des Wasserstoffs aus dem Gasgemisch lassen sich aus ca. zwei Kilogramm CO2 im Photobioreaktor ein Kilogramm Mikroalgenbiomasse erzeugen. Diese Biomasse hat einen Stärkegehalt von bis zu 50 Prozent. Zudem enthält sie das Farbpigment Lutein. Das Koppelprodukt Algenbiomasse könnte beispielsweise mittels Bakterien für Kunststoffkomponenten genutzt werden.

Die modular erweiterbare Pilotanlage mit den drei Biorektoren wird derzeit aufgebaut. Anfang 2025 soll die Bioraffinerie am Campus Schwarzwald den Betrieb aufnehmen. Unterschiedliche Prozessschritte lassen sich künftig modular kombinieren – eine ideale Voraussetzung für die Erprobung neuer Technologien.

Wasserstoff-Roadmap für die Region Schwarzwald

Im Projekt widmet sich das Fraunhofer IPA gemeinsam mit dem Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF im Rahmen einer Untersuchung der Frage, wie der lokale Bedarf an grünem Wasserstoff in den Sektoren Industrie, Verkehr sowie Haushalte und Gebäude gedeckt werden kann und welche Mengen an Rest- und Altholz für dessen Erzeugung verfügbar sind. Ergebnis dieser Wasserstoff-Roadmap sind zudem Handlungsempfehlungen für den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in der Region Schwarzwald. Die vorgeschlagenen Maßnahmen umfassen die Förderung von Forschung und Entwicklung, den Ausbau der regionalen Wasserstoffinfrastruktur sowie die Stärkung der Sektorkopplung, um den Wasserstoff als integralen Bestandteil der Energiewende zu etablieren. »Die Untersuchung zeigt, dass die Region Schwarzwald ein signifikantes Potenzial für die Erzeugung von Wasserstoff aus lokalen Ressourcen besitzt, dieses Potenzial jedoch nur durch die Weiterentwicklung der Technologien und den Ausbau der Infrastruktur vollständig ausgeschöpft werden kann«, sagt Vladimir Jelschow, Wissenschaftler am IPA und einer der Autoren der Wasserstoff-Roadmap.

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Ein Nanopartikel wie ein weihnachtlicher Stern

Presseinformation der Universität Tübingen vom 18.12.2024

Experimente mit einem Silbercluster in der Chemie ergaben eine sechszählige Struktur.

Pünktlich zur Winter- und Weihnachtszeit haben Professor Andreas Schnepf, Dr. Claudio Schrenk und Mike Kordan vom Institut für Anorganische Chemie der Universität Tübingen ihre Forschungsarbeit zu einem neuen künstlichen Nanopartikel mit sechszähliger Struktur veröffentlicht: Sein Molekülmodell erinnert an einen Eiskristall oder ein weihnachtliches Fensterbild. Damit eroberte das Tübinger Team den begehrten Platz auf dem Titelbild der Fachzeitschrift Chemistry A European Journal.

Der Nanogrößenbereich bewegt sich in den Millionstel Millimetern. Teilchen in der Größe von ein bis hundert Nanometern können natürlicherweise zum Beispiel bei Vulkanausbrüchen oder Waldbränden entstehen, sie werden aber auch synthetisch hergestellt, um bestimmte Eigenschaften zu erreichen. Die Konstruktion künstlicher Nanopartikel mit unterschiedlichen Funktionen ist ein großer Forschungsbereich. Einsatzmöglichkeiten für die winzigen Teilchen gibt es zum Beispiel bei Haushaltsprodukten oder in der Medizin für den Medikamententransport im Körper. In der Chemie können Nanopartikel zur Steuerung bestimmter Reaktionen verwendet werden.

Vohersagen kaum möglich

Bei den künstlichen metallischen Nanopartikeln sei bisher häufig Gold verwendet worden, berichtet Andreas Schnepf. Er hat gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe bei der Erforschung von Nanopartikeln nun mit Silber experimentiert. „Uns interessiert der Grenzbereich zwischen den Silberatomen im Festkörper und verschiedenen Molekülen. Wir lernen viel darüber, wie diese sich verhalten.“ Das Ziel sind Nanopartikel mit interessanten Eigenschaften, die auch stabil sind. Dazu werden Silbercluster im Labor mit unterschiedlichen Liganden hergestellt und getestet.

„Das ist klassische Laborarbeit. Unser Verständnis der Nanopartikelchemie reicht nicht aus, um theoretisch per Computerprogramm Vorhersagen über die Eigenschaften und Stabilität von neuen Konstruktionen zu treffen“, erklärt der Chemiker. „Auch können wir die Liganden eines solchen Partikels nicht einfach Schritt für Schritt austauschen. Mit jedem neuen Molekül kann sich alles ändern.“ Auch die Struktur lasse sich nicht vorausberechnen. Schnepf und seine Arbeitsgruppe synthetisierten den bisher größten Silbercluster, der nur Phosphine – Phosphorethylgruppen – und Halogenide, hier Chlor, als Liganden hat: Ag108(PEt3)24Cl6, so die chemische Summenformel.

„Die meisten Nanopartikel haben eine kugelige Form. Unser Silbercluster hat uns überrascht. Er ist sechseckig und sieht von der Seite aus wie ein flaches Paket“, sagt Schnepf. Seine Arbeit gehöre klar in die Grundlagenforschung, sagt er. Künftige Anwendungsbereiche des neuen Nanopartikels könnten vor allem in der Katalyse liegen, also der Lenkung bestimmter chemischer Reaktionen, sowohl für die Forschung selbst als auch in der Technik.

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Hybrides Quantencomputing für Produktion und Logistik: JKU Linz und QMware zeigen Anwendungspotenzial für die produzierende Industrie

Pressemitteilung der Johannes Kepler Universität vom 11.12.2024

Quantencomputing bietet Lösungen für hochkomplexe Probleme und treibt Innovationen in Bereichen wie Medizin, Logistik und Finanzen voran. Die Johannes Kepler Universität Linz nimmt dabei gemeinsam mit dem Start-up QMware eine Vorreiterinnenrolle ein.

Trotz seiner frühen Entwicklungsphase zeigt die Technologie bereits transformative Ansätze. Die JKU leistet hier schon länger Pionierarbeit. Im jüngsten Projekt zeigt das Team um Dr. Felix Gemeinhardt (Abteilung theoretische Biophysik der JKU) gemeinsam mit dem Quantencomputing-Start-up QMware, wie diese neuartige Form der Datenverarbeitung einen echten Mehrwert in der produzierenden Industrie leisten kann. Die Kooperation wurde im Rahmen des European Digital Innovation Hub AI5Production durchgeführt und gefördert.

Konkreter Anwendungsfall: Das Lot-Sizing-Problem
Im Rahmen des „Test Before Invest“-Projekts haben sich fachübergreifend das Institut für Wirtschaftsinformatik – Software Engineering sowie das Institut für Produktions- und Logistikmanagement an der JKU mit dem Quantencomputing-Start-up QMware zusammengetan, um anhand einer konkreten Problemstellung den Mehrwert des Quantencomputing für industrielle Anwendungen zu prüfen. Das Projekt „Hybrid quantum-classical optimization for the lot-sizing problem (HyQOLoS)“ betrachtet Herausforderungen, wie sie in der produzierenden Industrie an der Tagesordnung sind: Das Lot-Sizing-Problem fragt, wie viel eines Produkts wann produziert oder bestellt werden sollte, um Kosten zu minimieren. Faktoren wie Lagerkosten und Produktionskapazitäten machen diese Planungbesonders komplex. Das HyQOLoS-Projekt kombiniert klassische und Quantenmethoden, um schwierige Teilprobleme effizient zu lösen und damit die Unternehmensprozesse zu optimieren.

Hybrides Quantencomputing: Ein neuer Ansatz für komplexe Rechenleistungen
Quantencomputing steckt zwar noch in den Anfängen, doch hybride quanten-klassische Lösungen ebnen bereits den Weg für praktische Anwendungen. Das Wiener Start-up QMware hat sich auf die Kombination von klassischer und quantenbasierter Technologie spezialisiert. Mit der hybriden Cloud-Plattform von QMware konnte das Team der JKU neue Algorithmen entwickeln und testen, die klassische und quantenbasierte Ansätze intelligent verknüpfen. Diese Algorithmen nutzen die jeweiligen Stärken beider Ansätze und bieten dadurch praxisorientierte Lösungen für industrielle Herausforderungen. Die Entwicklung solcher hybriden Ansätze verlangt nicht nur spezialisierte Hardware, sondern auch innovative Software, die klassische und quantenbasierte Komponenten effizient integriert. Dieser Ansatz zeigt, wie sich das Potenzial des Quantencomputings schon heute auf konkrete Problemstellungen anwenden lässt.

HyQOLoS: Zukunftsaussichten und industrielle Anwendungen
Mit HyQOLoS haben die JKU und QMware bewiesen, dass hybrides Quantencomputing praktische Mehrwerte schafft und eine Basis für künftige technologische Entwicklungen legt. Das Team hat eine prototypische Anwendung hervorgebracht, die reale industrielle Herausforderungen bewältigen kann. Gleichzeitig zeigt das Projekt, wie KMUs durch Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und Programmen wie dem European Digital Innovation Hub AI5Production innovative Lösungen umsetzen können.

externer Link: https://www.jku.at/

Neuer Hybridkatalysator für saubere Sauerstoffproduktion

Pressemitteilung der Technischen Universität Wien vom 28.11.2024

Ein Forschungsteam am Institut für Materialchemie der TU Wien unter der Leitung von Professor Dominik Eder hat einen neuen synthetischen Ansatz entwickelt, um langlebige, leitfähige und katalytisch aktive Hybridgerüstmaterialien für die (photo)elektrokatalytische Wasserspaltung herzustellen.

Poröse metall-organische Gerüstkatalysatoren
Die Entwicklung von Technologien für nachhaltige Energieträger, wie Wasserstoff, ist von entscheidender Bedeutung. Ein vielversprechender Weg zur Erzeugung von Wasserstoff (H2) ist die Spaltung von Wasser in H2 und Sauerstoff (O2), entweder elektrochemisch oder mit Hilfe von Licht oder beidem – ein Weg, den das Team verfolgt. Für diesen Prozess wird jedoch ein Katalysator benötigt, der die Reaktion beschleunigt, ohne selbst verbraucht zu werden. Zu den wichtigsten Kriterien für einen Katalysator gehören eine große Oberfläche für die Adsorption und Aufspaltung von Wassermolekülen sowie eine lange Haltbarkeit für den Langzeiteinsatz.

Zeolithische Imidazolatgerüste (ZIF), eine Klasse hybrider organischer/anorganischer Materialien mit molekularen Grenzflächen und zahlreichen Poren, bieten als Katalysatoren Rekordoberflächen und reichlich Adsorptionsstellen für Wasser. Sie bestehen aus einzelnen Metallionen, z. B. Kobaltionen, die durch spezifische organische Moleküle, die so genannten Liganden, über so genannte Koordinationsbindungen verbunden sind. Herkömmliche ZIFs enthalten nur eine einzige Art von organischem Liganden. „Diesen ZIFs fehlt es oft an Stabilität in Wasser unter elektrokatalytischen Bedingungen, um eine langfristige Anwendung zu gewährleisten. Außerdem schränkt ihre eher geringe elektronische Leitfähigkeit ihre Wirksamkeit in elektrokatalytischen Anwendungen ein“, sagt Dominik Eder.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, hat das Team eine Methode entwickelt, um ZIFs mit zwei oder mehr organischen Liganden zu entwerfen. „Wir mussten darauf achten, beide Liganden so zu mischen, dass eine gleichmäßige Verteilung im gesamten Gerüst entsteht und gleichzeitig die ursprüngliche ZIF-Struktur erhalten bleibt“, erklärt Zheao Huang, der Hauptautor der Studie. Daher untersuchte das Team umfassend eine Reihe von Ligandenkombinationen und Prozessparametern und war schließlich in der Lage, das am besten geeignete Ligandenpaar zu ermitteln.

Synergistische Vorteile durch Mischung zweier organischer Liganden
Die Autoren fanden heraus, dass diese Modifikation die Stabilität des ZIF erheblich verbessert und seine Lebensdauer während der elektrokatalytischen Wasserspaltung von einigen Minuten auf mindestens einen Tag verlängert hat. Durch eingehende Untersuchungen mit einer breiten Palette experimenteller spektroskopischer und mikroskopischer Techniken, unterstützt durch rechnerische Theorien in Zusammenarbeit mit der Central China Normal University, stellte das Team fest, dass die präzise Mischung der beiden Liganden die Koordinationsbindung mit dem Kobaltmetall synergetisch verstärkte. Infolgedessen brach das poröse Gerüst während der (photo)elektrokatalytischen Tests nicht zusammen. „Stattdessen beobachteten wir, dass sich bereits nach wenigen Minuten der Reaktion ein sehr dünner Film von nur wenigen Nanometern aus Kobalt-Sauerstoffhydroxid auf der Oberfläche der ZIF-Nanopartikel bildete, der einen weiteren Abbau und Zusammenbruch verhinderte“, sagt Huang Zheao.

Darüber hinaus hat die Kombination von zwei Liganden die Leitfähigkeit des ZIF-Materials um das Zehnfache erhöht und damit auch die Sauerstoffentwicklungsreaktion (OER) um das Zehnfache gesteigert. „Simulationen ergaben, dass die beiden Liganden auf synergistische Weise interagieren und eine hohe Dichte an mobilen Ladungsträgern im gesamten Material erzeugen“, erklärt Dominik Eder und fügt hinzu: “Obwohl wir mit dieser neuen Strategie einige Verbesserungen erwartet hatten, waren wir überrascht, wie sehr sie die (photo)elektrokatalytische Leistung von ZIFs verbessert.“

Das Team erforscht nun diesen vielseitigen Ansatz für andere ZIFs sowie metallorganische Gerüste (MOFs), denen es ebenfalls an Stabilität und Leitfähigkeit für elektrokatalytische und (photo)elektrokatalytische Anwendungen mangelt. Dieser innovative Ansatz eröffnet spannende Möglichkeiten für die Entwicklung fortschrittlicher Materialien für Katalyse, Sensorik und Solarenergieumwandlungstechnologien und bringt uns näher an reale Anwendungen heran.

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JKU Technologie: Künstliche Nanofasern sollen Nerven heilen

Pressemitteilung der Johannes Kepler Universität Linz vom 18.11.2024

Wird das Nervensystem beschädigt, kann das zur Lähmung der Gesichtsmuskulatur, der Finger und Hände oder auch der Füße und Zehen führen. Betroffene leiden oft sehr lange darunter, mitunter ihr ganzes Leben lang. Eine neue Technologie der Johannes Kepler Universität Linz zeigt erste vielversprechende Ergebnisse, die Heilungschancen deutlich zu erhöhen.

Schäden am peripheren Nervensystem sind so einschneidend, weil die Nervenbahnen sich nur sehr langsam regenerieren. Um die Lebensqualität dieser Patient*innen zu erhöhen, werden dringend Implantate benötigt, die genau diese Regeneration unterstützen.

„Speziell bei schweren Defekten von Nervenbahnen brauchen die Nervenzellen gezielte Unterstützung, um die Unterbrechung zwischen den beschädigten Nervenenden zu überbrücken“,erklärt DI Dr. Sebastian Lifka vom JKU Institut für Medizin- und Biomechatronik und Erstautor des im Rahmen des Projekts entstandenen Papers. Bislang werden in der klinischen Praxis den Patient*innen Stücke von weniger wichtigen peripheren Nerven entnommen und in die Lücken der beschädigten Nervenbahnen eingesetzt. Diese Gewebestücke dienen dann den Nervenzellen als Stütze und Leitstruktur bei der Regeneration. Das Problem: Durch den Vorgang wird natürlich der Spender*innennerv beschädigt, sodass immer noch Lähmungen und Gefühlsausfälle auftreten.

Neuer JKU Ansatz
Ein neuer Ansatz ist ein Implantat aus künstlichen Nanofasern, das die beiden Nervenenden verbindet. Diese ausgerichteten Nanofasern unterstützen die Nervenzellen beim Überbrücken des Defekts, indem sie den Zellen die Wachstumsrichtung vorgeben und ihnen Halt bieten.

Den JKU Forscher*innen ist es gelungen, die dafür nötigen Nanofasern mit einem speziellen Elektrospinning-Verfahren herzustellen.

Dabei wird eine Polymerlösung auf mikroskopisch kleiner Ebene durch elektrische Hochspannung massiv beschleunigt. Während des Flugs härtet die Polymerlösung aus und bildet die eigentliche Nanofaser, die sich dann auf einem Kollektor ansammelt. Um die für die Nervenregeneration notwendige parallele Ausrichtung der Fasern zu erreichen, wird der Kollektor mit mehreren tausend Umdrehungen pro Minute um die eigene Achse gedreht. Die Nanofaser wickelt sich dadurch, ähnlich einer Seilwinde, auf dem Kollektor auf und erzeugt somit ein Nanofaser-Vlies, bei dem die Fasern parallel ausgerichtet sind-

Der Natur nachempfunden
Um das Nanofaser-Vlies unbeschädigt vom Kollektor entfernen zu können, weist dieser eine spezielle Oberflächenstruktur auf, die sich die JKU Wissenschaftler*innen von Spinnen abgeschaut haben. „Die Tiere vermeiden mit dieser Struktur, dass sie an den eigenen Fäden festkleben“, so Univ.-Prof. Werner Baumgartner, der das Institut für Medizin- und Biomechatronik an der JKU leitet.

Tests erfolgreich
Erste Versuche, ein gerichtetes Wachstum von speziellen Nervenzellen zu erzielen, waren bereits erfolgreich. Dabei wurden Maus-Schwann-Zellen (das sind spezielle Gliazellen des peripheren Nervensystems, die das Axon einer Nervenzelle umhüllen und isolieren) verwendet. Dabei zeigte sich, dass sich die Nervenzellen tatsächlich an den Fasern orientierten und gezielt in Faserrichtung wuchsen (Abbildung 3).

Wichtiger Ansatz
„Im Gegensatz zum Zentralnervensystem ist eine Regeneration verletzter oder durchtrennter Axone im peripheren Nervensystem schwierig. Die Verwendung eines Implantates aus künstlichen Nanofasern,die den Defekt überbrücken und die neuronale Wachstumsrichtung während des Regenerationsprozesses vorgeben kann, wäre deshalb ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung des funktionellen Langzeitergebnisses nach peripheren Nervenverletzungen. Von ebenso großem Interesse wäre auch, diese Technologie auf das Zentralnervensystem, insbesondere bei Patient*innen mit Querschnittslähmungen, zu übertragen“, meint Univ.-Prof. Dr. Andreas Gruber, Vorstand der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Kepler Universitätsklinikum.

Auch Prof. Dr. Raimund Helbok, Leiter der Universitätsklinik für Neurologie am Kepler Universitätsklinikum, sieht großes Potenzial: „Die Regeneration von Nervenfasern ist ein zentraler Forschungsschwerpunkt vieler internationaler Arbeitsgruppen. Bei der hier beschriebenen Methode handelt es sich um einen innovativen und spannenden Forschungsansatz. Grundlagenwissenschaften dieser Art sind deshalb extrem wichtig, um den Fortschritt in der Medizin in diesem Bereich voranzutreiben.“

Bis es soweit ist, muss allerdings noch viel geforscht werden. Klar ist aber: „Implantate aus gerichteten Nanofasern stellen einen vielversprechenden Ansatz dar, die Heilung von Verletzungen der Nervenbahnen zu beschleunigen und zu verbessern“,hofft Lifka auf verbesserte Behandlungsmethoden von Nervenverletzungen.

externer Link: https://www.jku.at/