ERC Proof of Concept Grant: Spintronik soll marktreif werden

Presseaussendung der TU Wien vom 18.05.2016

Kleinere Bauteile, die den Spin der Elektronen nutzen: Das Spintronik-Flipflop, eine Erfindung der TU Wien, wird mit einem ERC Grant gefördert. Nun werden Prototypen gebaut.

Lange wurde die Mikroelektronik immer weiter verbessert, indem man die Bauteile verkleinerte. Doch diese Zeit ist vorbei: Man stößt auf physikalische Grenzen. Für weiteren Fortschritt braucht man alternative Ideen, und eine besonders vielversprechende ist die Spintronik. Sie nutzt nicht nur die elektrische Ladung der Elektronen, sondern auch ihren Eigendrehimpuls, den Spin. Den Elektrotechnikern Prof. Siegfried Selberherr und Thomas Windbacher vom Institut für Mikroelektronik der TU Wien ist es gelungen, ein rein auf Spintronik basierendes Flipflop zu entwickeln – ein unverzichtbares Bauteil in der Elektronik. Nun können mit einem prestigeträchtigen ERC Proof of Concept Grant erste Prototypen hergestellt werden, um die bereits patentierte Idee kommerziell verwertbar zu machen. Bereits im Vorjahr wurde das Projekt vom European Research Council für die Förderung ausgewählt, nun sind alle Voraussetzungen erfüllt, und das Projekt kann starten.

Erst berechnen, dann bauen

Das Team von Siegfried Selberherr forscht seit Jahren mit großem Erfolg im Bereich der Spintronik – das beweisen zahlreiche Patente und ein ERC Advanced Grant, mit dem Selberherr 2010 ausgezeichnet wurde. Entwickelt werden Spintronik-Bauteile nicht im Labor, sondern am Computer: „Man braucht große, aufwändige Computersimulationen, um das Verhalten der Bauteile zu berechnen, zu verstehen und zu verbessern“, erklärt Selberherr. „Ausgehend von den fundamentalen Gesetzen der Quantenphysik untersuchen wir das Verhalten der Bauteile und können sie dadurch optimieren, schon bevor sie überhaupt produziert werden.“

Ein Problem der heutigen Elektronik ist, dass man Energie und Zeit benötigt, um die elektrischen Ladungen an die gewünschten Stellen zu transportieren, und dass man laufend Energie aufwenden muss, damit die Ladungen auch dort bleiben. Bis etwa beim Hochfahren eines Handys alle Ladungen wieder dort sitzen, wo sie vor dem Abschalten waren, vergeht einige Zeit. „Spintronik würde dieses Problem lösen“, sagt Thomas Windbacher. „Bei Energieverbrauch und Geschwindigkeit ist Spintronik überlegen. Das Problem liegt allerdings daran, dass sie die extreme Integrationsdichte der herkömmlichen Elektronik derzeit nicht erreicht.“

Spintronik wird endlich kompakter

Mikroelektronik kann heute extrem kompakt gebaut werden. In der Spintronik werden heute nur Hybridlösungen eingesetzt – kombiniert mit konventioneller Mikroelektronik. Dadurch benötigt man zusätzliche Signalkonverter, die zwischen der ladungsbasierten Elektronik und der spinbasierten Spintronik vermitteln. Das macht zusätzliche Bauelemente notwendig und vergrößert somit den Platzbedarf. Selberherrs Team an der TU Wien hat daher nun Bauteile entwickelt, die ausschließlich im Spintronik-Bereich funktionieren und keine Signalkonversion zwischen diesen beiden Welten mehr brauchen.

Dabei entstand ein rein spintronisches Flipflop – ein ganz grundlegend wichtiges Bauelement. Flipflops können zwischen zwei verschiedenen Zuständen hin und her geschaltet werden, sie sind elementare Ein-Bit-Speicher. „Unser Flipflop macht sich den Spin-Transfer-Drehmoment-Effekt und die magnetische Austauschwechselwirkung für die Operation zu Nutze und ermöglicht dadurch eine extrem kompakte Struktur“, erklärt Siegfried Selberherr. Das neue Flipflop benötigt weniger als ein Zehntel der Grundfläche der bislang bekannten Flipflops. Außerdem kann es zu einem Schieberegister gestapelt werden – einem bedeutsamen logischen Schaltwerk, das sich somit ebenfalls auf extrem geringer Fläche unterbringen lässt.

ERC Proof of Concept Grant Facts

Mit den Proof of Concept Grants hat der ERC eine Möglichkeit geschaffen, die kommerzielle Verwertung für die im Rahmen von ERC Grants entstandenen Ideen und Forschungsergebnisse gezielt zu fördern. Das Ziel eines PoC-Grants ist häufig die Erstellung eines Präsentations-Pakets, um Risikokapitalgeber, Unternehmen und / oder „social entrepreneurs“ davon zu überzeugen, in diese Technologie zu investieren und sie durch die frühe Vermarktungsphase zu führen. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Das Passwort der anderen Art: Schädelknochen liefert digitalen Zugangscode

Pressemitteilung der Universität des Saarlandes vom 11.05.2016

Auf Laptops und Smartphones speichern und organisieren Menschen inzwischen ihr gesamtes Leben – geschützt durch ein Passwort oder eine Geheimnummer. Diese sind jedoch oft nicht sicher, da Nutzer sie falsch wählen oder schlecht aufbewahren. Mit so genannten biometrischen Merkmalen wie Fingerabdruck, Stimme oder Iris kann man sich heute schon einfacher und sicherer ausweisen. Informatiker der Universität des Saarlandes und der Universität Stuttgart setzen nun auf ein bisher ungenutztes biometrisches Merkmal, das bei Brillencomputern wie Google Glass angewendet werden kann: Der Schädelknochen des Anwenders liefert den digitalen Zugangscode. Das Verfahren könnte auch Smartphones absichern.

„Brillencomputer wie Google Glass finden insbesondere in Unternehmen und Universitäten ihren Einsatz: Sie helfen bei Physik-Experimenten, in Chemie-Laboren, zeichnen medizinische Untersuchungen auf und unterstützen Kinderärzte während Operationen“, sagt Andreas Bulling vom Exzellenzcluster für „Multimodal Computing and Interaction“ an der Universität des Saarlandes. Dort leitet der 35 Jahre alte Informatiker die Gruppe „Perceptual User Interfaces“ und forscht außerdem am benachbarten Max-Planck-Institut für Informatik. „Die Nutzer haben bei diesen Anwendungen nicht die Hände frei, um umständlich ein Passwort einzugeben. Außerdem teilen sich oft mehrere Personen ein Gerät und speichern darauf sensible Daten ab“, erklärt Bulling. Nicht nur die Daten, auch die Brillencomputer selbst lassen sich leicht stehlen. Dies bestätigt eine Studie des Branchenverbandes Bitkom aus dem vergangenen Jahr. 28 Prozent der 1074 befragten Sicherheitsexperten aus Unternehmen geben an, dass in den vergangenen zwei Jahren Geräte auf diese Art und Weise samt den darauf gespeicherten Daten verschwunden sind.

Um im Falle eines Diebstahls den Zugang zu Google Glass zu schützen und den rechtmäßigen Nutzer zu erkennen, haben Andreas Bulling und Youssef Oualil von der Universität des Saarlandes zusammen mit Stefan Schneegass von der Universität Stuttgart eine neue Methode entwickelt. Dabei nutzten die Forscher auf geschickte Art und Weise die Sensoren, über die der Brillencomputer ohnehin verfügt. Neben dem Miniatur-Mikrofon ist dies der sogenannte Bone Conduction Speaker, der unsichtbar in das Gestell in der Nähe des rechten Ohrbügels eingelassen ist. Mit Hilfe der „Knochenleitung“, auch Knochenschall genannt, überträgt er Töne auf die gleiche Art und Weise zum Ohr, wie es spezielle Hörgeräte tun. Dazu leitet er Schallschwingungen über den das Ohr umgebenden Schädelknochen direkt an das Innenohr.

„Da der Schädelknochen individuell unterschiedlich ist, wird dabei das Tonsignal auf eine für jeden Menschen charakteristische Art und Weise verändert. Das aus dem Schädelknochen austretende Tonsignal nutzen wir dann als biometrisches Merkmal“, erläutert Bulling. Dazu lassen die Forscher den Knochenschall-Lautsprecher ein Signal abspielen, das ein breites Frequenzspektrum abdeckt. Das durch den Schädelknochen veränderte Audiosignal nehmen sie dann mit dem in der Brille integrierten Mikrofon auf. „Aus dieser Aufnahme extrahieren wir mit zwei speziellen Rechenverfahren die Identifikationsmerkmale und setzen diese zu einer Art digitalem Fingerabdruck zusammen. Dieser ist charakteristisch für jede Person und wird dann abgespeichert“, sagt Bulling. Setzt von nun an jemand den Brillencomputer auf, startet der Vorgang automatisch. Das Signal schallt durch den Schädel, das Mikrofon nimmt es auf. Passt der aktuelle Audio-Fingerabdruck zu dem abgespeicherten, bekommt die Person Zugriff auf die Brille.

„Es reicht, wenn das Signal eine Sekunde lang abgespielt wird. Damit sind wir gut eine halbe Sekunde schneller als klassische, nicht-biometrische Verfahren, die auf mobilen Endgeräten den rechtmäßigen Nutzer erkennen“, sagt Bulling. „Der entscheidende Vorteil des Verfahrens ist jedoch“, so Bulling weiter, „dass die Erkennung des Nutzers in Zukunft auch implizit stattfinden könnte, beispielsweise mittels der Töne, die das Gerät ohnehin als Feedback für den Nutzer abspielt.“ Zusammen mit seinen Kollegen hat er das auf den Namen „SkullConduct“ getaufte Verfahren an zehn Personen getestet. Diese wurden dabei mit einer Genauigkeit von 97 Prozent erkannt.  „Allerdings haben wir diese ersten Tests noch in einem Raum ohne Hintergrundgeräusche durchgeführt“, erklärt Bulling. Details zum System berichten die Forscher auf der gerade stattfindenden Konferenz „Human Factors in Computing Systems (CHI)“ in Kalifornien und beschreiben diese in der dort angenommenen Forschungsarbeit „SkullConduct: Biometric User Identification on Eyewear Computers Using Bone Conduction Through the Skull“.

Als nächstes will der Saarbrücker Informatiker gemeinsam mit seinen Kollegen untersuchen, ob ihre Methode auch im Alltag funktioniert. Sie wollen auch den Frequenzbereich von Ultraschall untersuchen, der den Vorteil hätte, dass der Anwender das Signal nicht hören würde. Die Forscher können sich ihr Verfahren grundsätzlich auch am Smartphone vorstellen. „Wenn das Smartphone über einen entsprechend platzierten Knochenschalllautsprecher und ein Mikrofon verfügt und der Anwender es mit Knochenkontakt an seinen Schädel drückt, könnte es möglicherweise sogar mit dem normalen Klingelton des Smartphones funktionieren“, sagt Bulling.

Externer Link: www.uni-saarland.de

Spitzenforschung für den Mittelstand

Pressemitteilung der TH Ingolstadt vom 22.02.2016

Erfolgreicher Projektabschluss für BMBF-Verbundforschungsprojekt im Bereich Fahrzeugsicherheit an der THI

Am 31. Januar 2016 wurde das Verbundforschungsprojekt HiPe-FiS („High-Performance Funktionen und effiziente Testmethoden zur Steigerung der integralen Sicherheit“) erfolgreich abgeschlossen. In den vergangenen drei Jahren hat die Technische Hochschule Ingolstadt gemeinsam mit den Kooperationspartnern IPG Automotive GmbH, Ibeo Automotive Systems GmbH sowie dem Automobilzulieferer Continental an innovativen Funktionen und entsprechenden Testmethoden zur Steigerung der Fahrzeugsicherheit geforscht.

Ein wesentliches Ziel des Projektes war die Erforschung von sogenannten „Real-World-Safety-Systemen“, bei denen neben standardisierten Test-Szenarios komplexere Gefahrensituationen aus dem realen Straßenverkehr adressiert werden. Diese sind durch die Vernetzung von Umfeld- (Stereokamera- und Laserscannersysteme), Crash- und Beschleunigungssensoren in der Lage, den Verlauf potentieller Unfallsituationen und damit sicherheitskritische Fahrsituationen als Ganzes genauer zu erkennen. In der Folge können durch die koordinierte Ansteuerung der Rückhaltemittel kritische Situationen vor dem Unfall erkannt, der Unfall vermieden bzw. dessen Schwere reduziert und damit die Fahrzeugsicherheit letztlich weiter verbessert werden.

Im Mittelpunkt von HiPe-FiS standen häufig auftretende, gefährliche Unfallszenarien, mit dem Ziel, standardisierte Crash- und Fahrsicherheitstests um neue Erkenntnisse aus dem realen Unfallgeschehen zu erweitern. Im Zuge des Projektes wurden gerade Böschungs- und Leitplankenunfälle als besonders signifikante Unfallszenarien identifiziert, analysiert und simuliert. Dabei wurde nicht nur das Verhalten des Fahrzeugs, sondern erstmalig auch das des Fahrers in diesen speziellen Situationen mittels Simulationen nachgestellt, um gezielt Gegenmaßnahmen zu erforschen, die speziell in diesen Situationen den Insassen besser schützen können.

Ein weiteres Projektziel bestand in der Sicherstellung sowie Verbesserung der System- und Funktionszuverlässigkeit, da ein Mehr an Fahrzeugsicherheit in aller Regel auch zu einer Steigerung der Systemkomplexität durch eine wachsende Anzahl an Elektronikkomponenten führt. Im Rahmen von HiPe-FiS wurden deshalb parallel zu den Sicherheitsfunktionen neue, simulationsbasierte Testmethoden für kamerabasierte Fahrerassistenzsysteme erarbeitet. Zudem entstand ein spezielles Referenzsensorsystem, das die Daten aus einem Laserscanner nutzt, um Kamerasysteme zu testen und zu evaluieren. Damit kann eine höhere Zuverlässigkeit für entsprechende Funktionen, wie zum Beispiel die Erkennung von Fußgängern, sichergestellt werden.

Der Erfolg von HiPe-FiS basiert auf der langjährigen Expertise der Verbundpartner und deren spezifischen Kompetenzen in den Bereichen scannende Lasermesstechnik (Ibeo), Fahrdynamik- und Umfeldsimulation (IPG Automotive), integrale Fahrzeugsicherheit (Continental) und Sensordatenfusion (THI), die sich komplementär ergänzen. Mit den Ergebnissen von HiPe-FiS konnten sich insbesondere Ibeo und IPG Automotive GmbH einen Innovationsvorsprung erarbeiten, der ihnen dabei hilft, ihre Produkte weiterzuentwickeln, um im internationalen Konkurrenzkampf des Automobilmarktes erfolgreich bestehen zu können und die Vorreiterrolle Deutschlands in diesem Bereich zu sichern. Bei Continental werden die Real-World-Safety-Funktionen weiter entwickelt und in ein Demonstratorfahrzeug integriert. Die Integration von aktiven und passiven Sicherheitssystemen bewirkt, dass Umfeldinformationen und Signalvernetzung effektiver zusammenwirken, um dadurch Unfälle zu vermeiden bzw. Unfallfolgen und Verletzungsrisiken zu verringern. Seitens der Technischen Hochschule Ingolstadt sind die Ergebnisse ein wichtiger Beitrag auf dem Weg zu einem innovativen globalen Sicherheitssystem. Dieses steigert mit Hilfe von integralen und kooperativen Sicherheitsfunktionen die Sicherheit im Straßenverkehr gravierend. Zudem wurden entsprechende Testmethoden und Verfahren erforscht, die eine Überführung dieser Systeme in die Anwendung möglich machen. Mittelfristig soll das Forschungs- und Testzentrum CARISSMA deutschlandweit wie international zu einem wissenschaftlichen Leitzentrum für die angewandte Fahrzeugsicherheitsforschung werden.

Das Projekt mit einer Laufzeit von drei Jahren wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeichen 16N11564K im Rahmen des Fachprogramms „KMU-innovativ: Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)“ in Höhe von rund 1,5 Mio. Euro bei einem Gesamtprojektvolumen von 2,3 Mio. Euro gefördert.

Externer Link: www.thi.de

Für Flüchtlinge stellen Saarbrücker Informatik-Studenten soziales Netzwerk zum Sprachenlernen bereit

Pressemitteilung der Universität des Saarlandes vom 18.01.2016

Rund eine Millionen Asylsuchende sind nach aktuellen Zahlen im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen. Dass sie Deutsch lernen, gilt als Voraussetzung, um sie erfolgreich in die Gesellschaft zu integrieren. Oft bleiben die Asylbewerber und Einwanderer jedoch außerhalb der Unterrichtsstunden unter sich und haben wenig Gelegenheit und Anreiz, das Gelernte anzuwenden.  Das wollen nun zwei Informatik-Studenten der Universität des Saarlandes ändern. Zusammen mit dem Verein „Wir helfen jetzt“ bieten sie deutschen Muttersprachlern und Ausländern ein soziales Netzwerk zum gemeinsamen, kostenlosen Sprachenlernen an.

Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge können Asylbewerber und andere Personen mit Bleibeperspektive Integrationskurse besuchen. Diese bestehen aus einem Sprach- und Orientierungskurs, in privaten und öffentlichen Sprachschulen, gehalten von speziellen Lehrkräften. Jedoch bleiben die Asylsuchenden beim Lernen und beim Üben meist unter sich und haben wenig Kontakt zu deutschen Muttersprachlern. „Genau hier setzen wir an“, sagt Patrick Carroll, der gerade den Masterstudiengang „Language Science and Technology“ an der Universität des Saarlandes abschließt. Zusammen mit Christian Faber, Informatik-Student an der Saar-Uni, hat er die Online-Plattform „SpeaQwith.me for Refugees“ realisiert. Mit dieser adaptieren sie die bekannte Sprachlernmethode „Tandem“ – zwei Personen mit unterschiedlicher Muttersprache bringen sich gegenseitig die jeweilig fremde Sprache bei – für das Online-Lernen und die Belange von Asylsuchenden und Einwanderern. Diese und deutsche Muttersprachler können sich auf der Online-Plattform anmelden und per Textnachrichten in Echtzeit (Chat) oder über Videokonferenz miteinander reden. „So steht nicht nur das Erlernen der deutschen Sprache im Vordergrund“, sagt Christian Faber, „sondern auch der kulturelle Aspekt“. Damit strebe „SpeaQwith.me for Refugees“ die gleichen Ziele wie die Integrationskurse der Bundesregierung an, allerdings sei der Zugang einfacher und das Betreuungsverhältnis besser, so Faber.

Um sicherzustellen, dass auch jeder Teilnehmer seinen virtuellen Tandempartner findet, kann man auf der Plattform seine Interessen angeben. Ähnlich wie bei Partnerbörsen bringt die Plattform dann gezielt Muttersprachler und Sprachschüler mit den gleichen Vorlieben zusammen. Dieses „Matching“ wird auf die Personen angewandt, die gerade online sind. Spontane Hilfe ist so möglich. „Wir versuchen damit, die Hürde für ein Ehrenamt zu senken. Wenn ich abends eine Stunde Zeit habe, dann helfe ich eben mal, indem ich online als Konversationspartner oder gar Sprachlehrer auftrete“, erklärt Faber. Nach einer Chat-Session oder einem Videogespräch kann jeder Teilnehmer das Gespräch bewerten und auch Beleidigungen und „unangemessene Darstellungen“ melden. „So etwas gehört zum Standard bei Videochats seit den negativen Erfahrungen etwa bei der 2009 ins Leben gerufenen Seite Chatroulette“, berichtet Faber.

Die Idee zu der Plattform stammt von Patrick Carroll, der als eingewanderter US-Amerikaner die Lernproblematik am eigenen Leib spürte. „Damals habe ich mich aufgrund der klassenzimmer-ähnlichen Paukerei nach einer lockeren, natürlichen Konversation geradezu gesehnt“, so Carroll. Auf dem „Startup Weekend“, das der Saarbrücker IT-Inkubator im Mai 2015 federführend organisierte, hatte er deswegen seine Idee vorgestellt und Christan Faber als Mitstreiter gewonnen. Nach dem Wochenende standen nicht nur ein erster Prototyp und ein grober Geschäftsplan fest, sondern es gab auch lobende Rückmeldungen von den Juroren. Dadurch bestärkt haben die beiden Informatik-Studenten sich auch für das von der Bundesregierung finanzierte Gründerstipendium „Exist“ beworben. „Eigentlich wollten wir dafür bis kommenden August ganz entspannt den Prototyp entwickeln, aber dann wurde die Flüchtlingskrise offenbar “, erklärt Carroll.

An der Gründung werden die beiden Informatik-Studenten der Saar-Uni festhalten. Allerdings werde man dazu den derzeitigen Prototypen erheblich weiterentwickeln. So soll nicht nur das Matching zwischen den Gesprächspartnern mit Hilfe von Ansätzen aus der Künstlichen Intelligenz wesentlich verbessert werden, sondern auch ein intelligentes Tutorensystem die Gesprächsqualität verbessern. Das Geschäftsmodell für die künftige Version der Plattform existiert schon: Als Lernender muss man nichts bezahlen, solange man dafür im Austausch selber in die Lehrer-Rolle schlüpft und sich sogenannte Credits erarbeitet. „Wer jedoch dazu keine Zeit oder keine Lust hat, kann sich die Credits und andere Features einfach kaufen“, so Carroll.

Technischer Hintergrund zu „SpeaQwith.me for Refugees“

SpeaQwith.me ist als eine „reponsive Web-App“ konzipiert. Sie ist daher auf allen Geräten (PC, Smartphone, Laptop, Tablet-Rechner) unabhängig vom Betriebssystem verfügbar. Für den Video-Chat verwendet es „Web-RTC“. Dies ist ein neuartiger Webstandard zur Kommunikation in Echtzeit. Er erlaubt es, den Video-Chat im Browser zwischen den einzelnen Gesprächspartnern herzustellen. Auf diese Weise wird auch die Privatsphäre der einzelnen Personen geschützt. Um den Gesprächsfluss zu unterstützen, verwendet SpeaQwith.me ein automatisches Tutorensystem, das Themen vorschlägt und eine Übersetzungshilfe anbietet.

Externer Link: www.uni-saarland.de

App von Saarbrücker Start-up-Unternehmen erleichtert die Suche nach Nebenjobs und Arbeitskräften

Pressemitteilung der Universität des Saarlandes vom 23.11.2015

Für Studenten ist es oft mühselig, einen Nebenjob zu finden. Kaum hat man eine passende Stelle gefunden, ist sie meist schon vergeben. Ebenso ist es für Arbeitgeber oftmals schwierig, kurzfristig Aushilfskräfte und Minijobber zu finden. Abhilfe könnte hier eine neue App schaffen, die Absolventen der Saar-Uni entwickelt haben. Die Anwendung bringt Jobsuchende und -anbieter in Echtzeit zusammen. Die Saarbrücker Informatiker vermarkten die App „HireMe“ in ihrem Unternehmen Twail. Dabei werden sie nun für ein Jahr mit einem Exist-Stipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unterstützt.

Als Kellner in einer Kneipe jobben, im Callcenter Telefonanrufe entgegennehmen oder dem Nachbarkind Nachhilfe geben – viele Studenten verdienen sich im Studium mit unterschiedlichen Nebenjobs etwas hinzu. Dabei ist es manchmal gar nicht so einfach, den passenden Job zu finden. Oft sind die Stellen auch schon anderweitig vergeben. Saarbrücker Informatiker bieten für dieses Problem nun eine Lösung an: Sie haben eine App entwickelt, die Jobsuchende und Jobanbieter zusammenbringt. Das Programm vermittelt in erster Linie kurzfristige Arbeitsaufträge unter anderem in der Gastronomie, bei Veranstaltungen, im Verkauf oder der Nachhilfe. „Wir sind damit auf das Bedürfnis von Arbeitgebern eingegangen, wenn sie etwa für eine Veranstaltung kurzfristig Servicekräfte benötigen“, sagt Sebastian Hof, der das Programm gemeinsam mit David Poetzsch-Heffter entwickelt hat. „Jobanbieter erhalten unmittelbar, nachdem eine Bewerbung eingegangen ist, eine Nachricht auf ihrem Smartphone.“

Und wer auf Jobsuche ist, kann sich auf der Plattform ein Profil anlegen, bei dem er individuell auf ihn zugeschnittene Jobvorschläge erhält, sobald diese verfügbar sind. Mit der App können sich Arbeitgeber und -nehmer zudem gegenseitig bewerten. „Auch besteht für Arbeitgeber die Möglichkeit, mit der Favoritenfunktion ihnen bekannte Arbeitnehmer bei einem neuen Job direkt anzusprechen“, so David Poetzsch-Heffter.

Das Start-up-Unternehmen Twail ist eine Ausgründung der Saarbrücker Informatik. Es hat seinen Sitz im Starterzentrum der Universität des Saarlandes. Die jungen Unternehmer haben sich beim Exist-Wettbewerb des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie behauptet und werden nun ein Jahr dabei gefördert, ihre Geschäftsidee auszubauen und weiterzuentwickeln. Die App HireMe möchten die Informatiker mit weiteren Funktionen ausstatten. Darüber hinaus wollen sie weitere ähnliche nutzerfreundliche Angebote entwickeln. Im Saarland ist die App bislang sehr gut angelaufen. Um sie deutschlandweit auf den Markt zu bringen, ist das Startup derzeit auf der Suche nach einem Investor.

Die App HireMe von TWAIL ist kostenlos für alle gängigen Smartphones verfügbar.

Externer Link: www.uni-saarland.de