Der Quantencomputer wird erwachsen

Presseinformation der Universität Innsbruck vom 26.05.2011

Wiederholte Fehlerkorrektur für den Quantenrechner

Einen wesentlichen Baustein für den zukünftigen Quantencomputer haben Physiker der Universität Innsbruck um Philipp Schindler und Rainer Blatt als weltweit erste demonstriert: eine wiederholbare Fehlerkorrektur. Damit können die im Quantencomputer auftretenden Fehler schnell und elegant rückgängig gemacht werden. Die Wissenschaftler berichten darüber in der Fachzeitschrift Science.

Für die Datenverarbeitung gilt generell: Werden Daten abgespeichert oder übertragen, können Störungen die Informationen verfälschen oder löschen. Für herkömmliche Computer wurden Techniken entwickelt, um solche Fehler automatisch zu erkennen und zu korrigieren. Dazu werden die Daten mehrfach verarbeitet und bei Fehlern durch einen Vergleich die wahrscheinlichste Variante ausgewählt. Da Quantensysteme wesentlich empfindlicher auf Umwelteinflüsse reagieren als klassische Systeme, benötigt ein zukünftiger Quantencomputer ebenfalls einen sehr effizienten Algorithmus zur Fehlerkorrektur. Innsbrucker Quantenphysikern um Philipp Schindler und Rainer Blatt vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben nun einen solchen Algorithmus im Experiment realisiert. „Die Schwierigkeit besteht darin, dass Quanteninformation grundsätzlich nicht kopiert werden kann“, erklärt Schindler. „Wir können die Information also nicht mehrfach abspeichern und dann vergleichen.“ Die Physiker bedienen sich deshalb einer Besonderheit der Quantenphysik und machen die quantenmechanische Verschränkung für die Fehlerkorrektur nutzbar.

Schnelle und effiziente Fehlerkorrektur

Um den Mechanismus zu demonstrieren, fangen die Innsbrucker Physiker in einer Ionenfalle drei Kalziumionen. Alle drei Teilchen werden als Quantenbit (Qubit) verwendet, wobei ein Ion als Informationsträger, die anderen beiden als Hilfsqubits dienen. „Wir verschränken zunächst das erste Qubit mit den beiden Hilfsbits und übertragen so die Quanteninformation auf alle drei Teilchen“, erzählt Philipp Schindler. „Ein Quantenalgorithmus stellt dann fest, ob und welcher Fehler dabei auftritt. Worauf der Algorithmus den Fehler selbstständig korrigiert.“ Nach der Korrektur werden die Hilfsbits durch optisches Pumpen mit Hilfe eines Laserstrahls wieder zurückgesetzt. „Dies ist das eigentlich neue Element in unserem Experiment, das die wiederholte Fehlerkorrektur erst möglich macht“, sagt Rainer Blatt. „Befreundete amerikanische Physiker haben vor einigen Jahren die prinzipielle Funktionsweise der Quantenfehlerkorrektur demonstriert. Mit unserem Mechanismus ist es nun aber erstmals möglich, Fehler wiederholt und effizient zu korrigieren.“

Weltweit führend

„Damit ein zukünftiger Quantencomputer tatsächlich Realität wird, benötigen wir einen Quantenprozessor mit zahlreichen Quantenbits“, sagt Schindler. „Außerdem bedarf es Rechenoperationen, sogenannter Quantengatter, die nahezu fehlerfrei arbeiten. Der dritte wesentliche Baustein ist eine funktionierende Fehlerkorrektur.“ Die Forschungsgruppe um Rainer Blatt arbeitet seit vielen Jahren weltweit führend an der Realisierung des Quantencomputers. Vor drei Jahren präsentierte sie die ersten Quantengatter mit einer Güte von über 99 Prozent. Nun haben die Forscher einen weiteren wesentlichen Baustein geliefert: eine funktionsfähige, wiederholte Quantenfehlerkorrektur. Die Forschungsarbeit wurde unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Forschungsrat und der Tiroler Industrie unterstützt und nun in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Publikation:
Experimental repetitive quantum error correction. Philipp Schindler, Julio T. Barreiro, Thomas Monz, Volckmar Nebendahl, Daniel Nigg, Michael Chwalla, Markus Hennrich, Rainer Blatt. Science am 27. Mai 2011. DOI: 10.1126/science.1203329

Externer Link: www.uibk.ac.at

Neue Tomographie-Methode liefert Bilder mit molekularer Information

Pressemitteilung der TU München vom 23.05.2011

Neues Verfahren zur Untersuchung neurodegenerativer Erkrankungen:

Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der Technischen Universität München (TUM) hat eine neue Computertomographiemethode entwickelt, die molekulare Einsichten ins Gehirn ermöglicht. Der neue Ansatz nutzt aus, dass verschiedene molekulare Strukturen im Gehirn zu unterschiedlichen Signaturen in der gestreuten Röntgenstrahlung führen. Die Methode macht beispielsweise die Myelin-Ummantelung von Nervenfasern im Gehirn sichtbar und liefert so wertvolle Information für die Erforschung von Krankheiten wie Multipler Sklerose und Alzheimer. In ihrer Online-Ausgabe berichtet die renommierte Fachzeitschrift NeuroImage über die Ergebnisse der Forschung.

Die Myelin-Ummantelung der Gehirn-Nervenzellen besteht aus schichtartigen Lamellen. Sie umschließen die Nervenzellen, die sogenannten Axonen. Diese Myelin-Schichten sind vor allem deswegen von Bedeutung für das zentrale Nervensystem, weil sie für eine schnelle Weiterleitung der Nervensignale sorgen. Änderungen oder Ausfälle dieser Funktion stehen im Verdacht, an degenerativen Gehirnkrankheiten, wie Alzheimer oder Multipler Sklerose, beteiligt zu sein.

„Die detaillierte Entwicklung dieser Krankheiten ist bisher nicht verstanden“, sagt TUM Professor Franz Pfeiffer, „aber wird zunehmend mit Veränderungen in den Myelin-Schichten in Verbindung gebracht, die für Unterbrechungen in der Signalübertragung zwischen Nervenzellen verantwortlich sind. Vereinfacht gesagt ist das so, wie wenn bei elektrischen Leitungen die Isolierung beschädigt wird und es so zu Kurzschlüssen und Leckströmen kommt.“

Die neue Entwicklung basiert auf konventioneller Computertomographie (CT) Technik, die wohl etabliert ist und in klinischen Anwendungen weltweit eingesetzt wird. Bei einer CT Untersuchung wird der Körper von Röntgenstrahlen durchleuchtet und ein Bilddetektor nimmt unter unterschiedlichen Winkeln die Schattenwürfe des menschlichen Körpers auf. Aus diesen Bildern wird dann durch Bilddatenverarbeitung ein dreidimensionales Abbild des Körperinneren errechnet.

„Der neue Aspekt unserer Methodik“, so TUM Forscher Dr. Martin Bech, „besteht darin, dass nicht nur die vom Körper absorbierte Röntgenstrahlung in solchen Bildern gemessen wird, sondern auch das genaue Streumuster, das durch die Wechselwirkung der Röntgenstrahlen mit den Strukturen im Körperinneren entsteht. Solche Streubilder werden für jeden Punkt und unter jedem Winkel aufgenommen, und diese Zusatzinformation lässt Rückschlüsse auf die molekulare Struktur in jedem Teil der Probe zu.“

Die Streubilder werden mit einem von dem Forscherteam entwickelten Algorithmus verarbeitet. Torben Jensen, Forscher am Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen und Erstautor der Veröffentlichung, erläutert: „Wir haben einen Algorithmus entwickelt, der hoch-aufgelöste, dreidimensionale Bilder der Probe errechnet, und typischerweise einige hunderttausend Streubilder analysiert. Dieser Algorithmus berücksichtigt insbesondere die Streusignatur der molekularen Struktur in der Probe.

Als Anwendungsbeispiel hat das Team mit der Methode das Gehirn einer Laborratte untersucht – und verblüffend präzise Einsichten gewonnen. „Wir können im Detail die Myelin-Ummantelung der Nervenzellen sichtbar machen und sogar verschiedene Schichten von nur 17,6 Nanometern Dicke unterscheiden“, erklärt Professor Robert Feidenhans’l vom Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen. „Bis jetzt musste man immer kleine Stücke aus der Probe herausschneiden und analysieren, um ähnliche Information zu erhalten. Mit der neuen Methode können wir 250.000 Punkte in der Probe auf einen Schlag analysieren. Dies wird Reihenuntersuchungen bezüglich Dicke und Konzentration von Myelin-Ummantelungen im Zusammenhang mit verschiedenen Krankheitsbildern ermöglichen“.

Die Ergebnisse entstanden in einer internationalen Zusammenarbeit von Forschern aus Deutschland, Dänemark, Schweiz, und Frankreich. Die Experimente wurden an der Synchrotron Lichtquelle des Paul Scherrer Instituts in Villigen (Schweiz) ausgeführt. Zukünftig sollen sie auch auf dem Campus Garching am derzeit im Aufbau befindlichen „Centre for Advanced Laser Applications“ (CALA) möglich werden, mit neuen Laser-basierten brillanten Röntgenquellen, wie sie im Exzellenzcluster „Munich-Centre for Advanced Photonics“ entwickelt werden.

Externer Link: www.tu-muenchen.de

Quanten-Zwillinge aus dem Atomchip

Presseaussendung der TU Wien vom 01.05.2011

An der Technischen Universität (TU) Wien ist es gelungen, durch ausgeklügelte Atom-Chips quantenphysikalisch verknüpfte Atom-Zwillinge zu erzeugen. Bisher waren ähnliche Experimente nur mit Lichtteilchen möglich.

Objekte, die voneinander weit entfernt sind, sich aber trotzdem nicht getrennt voneinander verstehen und beschreiben lassen – sie gehören zu den erstaunlichsten Merkwürdigkeiten der Quantenphysik. Photonenpaare, wie sie in speziellen Kristallen erzeugt werden sind ein prominentes Beispiel (down conversion Kristall – optische parametrische Oszillatoren). Durch sie kann man Quantenzustände teleportieren oder Daten mittels Quantenkryptografie abhörsicher übertragen. In Zukunft werden solche Experimente nicht nur mit Lichtteilchen möglich sein: An der TU Wien wurde nun mithilfe von ultrakalten Bose-Einstein-Kondensaten eine Methode entwickelt, korrelierte Atompaare zu erzeugen. Die Ergebnisse des Experimentes wurden im Fachjournal „Nature Physics“ veröffentlicht.

Getrennt und doch vereint

Schon Einstein wollte nicht so recht daran glauben, dass voneinander getrennte Teilchen quantenphysikalisch verbunden sein können und nannte solche Phänomene „spukhafte Fernwirkung“. Doch seither wurden die überraschenden Schlussfolgerungen der Quantentheorie immer wieder bestätigt: Quantenteilchen können – auch wenn sie weit voneinander entfernt sind – noch immer zusammengehören und sich gewisse physikalische Eigenschaften „teilen“. „Das bedeutet nicht, dass man durch Manipulation am einen Teilchen auch das andere  verändern könnte, als wären sie durch einen unsichtbaren Faden miteinander verbunden“, erklärt Prof. Jörg Schmiedmayer vom Atominstitut der TU Wien. „Aber trotzdem muss man beide Teilchen als ein Quantensystem gemeinsam betrachten – und das gibt uns Möglichkeiten für spannende Experimente.“ Jörg Schmiedmayers Forschungsgruppe führte die Arbeiten an der TU Wien durch, unterstützt von theoretischen Berechnungen von Ulrich Hohenester an der Karl-Franzens-Universität Graz.

Energie- und Impulserhaltung

Um die quantenphysikalisch korrelierten Atome zu erzeugen, stellte man zunächst ein Bose-Einstein-Kondensat her. Dieser exotische Materiezustand stellt sich bei extrem tiefen Temperaturen ein – einige Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt. In einem Bose-Einstein-Kondensat befinden sich alle Atome im niedrigst-möglichen Energiezustand. „Der Schlüssel zum Erfolg liegt in unseren Atom-Chips“ erklärt Thorsten Schumm (TU Wien). Mit diesen maßgeschneiderten Chip-Strukturen können Atome ganz gezielt manipuliert und gesteuert werden. So ist es möglich, den Atomen des ultrakalten Bose-Einstein-Kondensates gezielt ein Quantum Schwingungsenergie zuzuführen. Wenn die Atome dann wieder in den Zustand niedrigster Energie zurückkehren, muss das Kondensat die überschüssige Energie wieder loswerden. „Durch ein ausgeklügeltes Design unseres Atom-Chips hat das Bose-Einstein-Kondensat nur eine einzige Möglichkeit, Energie abzugeben: Die Aussendung von Atom-Paaren. Alle anderen Varianten sind quantenphysikalisch verboten“, erklärt Robert Bücker (TU Wien). Nach dem Gesetz der Impulserhaltung bewegen sich die beiden ausgesandten Atome dann in genau entgegengesetzte Richtungen auseinander. Der Prozess ist analog zu dem Effekt, der in speziellen nicht-linearen Kristallen bei der Erzeugung von Lichtteilchen-Paaren auftritt (optischer parametrischer Oszillator), aber nun funktioniert er nicht nur für Licht sondern auch für Materieteilchen.

Grundlagenforschung in Wien

Die ausgesandten Atom-Zwillinge kann man sich aber nicht einfach wie klassische Partikel vorstellen, wie sie etwa bei einer Explosion in alle Richtungen davonfliegen. Sie sind quantenphysikalische Kopien voneinander und unterscheiden sich nur durch die entgegengesetzte Bewegungsrichtung. Sie bilden quasi ein gemeinsames Quanten-Objekt – ein Atom kann nicht mathematisch beschrieben werden, ohne gleichzeitig auch das andere zu beschreiben. „Diese Atome werden wir in Zukunft für spannende Versuche nützen“, ist Jörg Schmiedmayer zuversichtlich. „Ein unglaublich aufregendes Forschungsgebiet tut sich hier auf. Welche neuen Erkenntnisse oder Anwendungsmöglichkeiten sich daraus ergeben werden, ist heute noch gar nicht absehbar. Es ist gut vorstellbar, dass durch diese korrelierten Atomstrahlen neue Quanten-Messverfahren ermöglicht werden, mit einer Präzision, die die Möglichkeiten der klassischen Physik bei weitem übersteigt.“ (Florian Aigner)

Originalpublikation:
R. Bücker et al., Twin-atom beams, Nature Physics, Advance Online Publication 01 May 2011.

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Der Schwerkraft auf der Spur – die Gravitations-Resonanzmethode

Presseaussendung der TU Wien vom 17.04.2011

Mit den Tricks der Quantenphysik kann nun auch die Gravitation bei kurzen Abständen untersucht werden: An der Technischen Universität (TU) Wien wurde dazu ein neues Messverfahren entwickelt, mit dem sich Theorien über die Schwerkraft nun präzise testen lassen.

Bei den genauesten Messverfahren, die wir kennen, ist Quantenphysik im Spiel: Hochpräzise Atomuhren oder hochauflösende Magnetresonanzverfahren in der Medizin beruhen auf der Vermessung von Quantensprüngen: Regt man ein Teilchen in genau der richtigen Frequenz an, wechselt es seinen Quantenzustand – man spricht von „Resonanzspektroskopie“. Alle bisherigen Verfahren dieser Art verwenden dafür elektromagnetische Strahlung oder Felder. Wissenschaftler an der TU Wien haben nun eine Resonanzmethode entwickelt, die zum ersten Mal ohne Elektromagnetismus auskommt und auf die Schwerkraft angewandt wird. Durch die Gravitation ergeben sich für die Neutronen verschiedene mögliche Quantenzustände. Neu ist, dass Übergänge zwischen diesen Zuständen angeregt und präzise vermessen werden können. Die Ergebnisse dieser Experimente wurden nun im Fachjournal „Nature Physics“ publiziert.

Schwerkraft und Quantenphysik haben auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun: Die Gravitation spüren wir, wenn große, massereiche Objekte wie Sterne oder Planeten im Spiel sind. Für Quantenteilchen hingegen spielt die Schwerkraft meist keine große Rolle. Mit der neuen Methode werden diese beiden Bereiche nun verknüpft – die Theorie der Gravitation lässt sich nun auf der Skala kleinster Entfernungen untersuchen. Damit erhofft man sich auch neue Erkenntnisse über Stringtheorie und die Natur dunkler Materie. Bisher beschränkte sich die Erforschung der Schwerkraft auf makroskopische Entfernungen – oder gar auf astronomische Abstände.

Extrem langsame Neutronen

Die Auswirkungen der Gravitation auf sehr kurzen Längenskalen zu messen ist schwer: „Die Aussagekraft von Atomen bei solchen Experimenten ist begrenzt, weil ihr Verhalten von kurzreichweitigen elektrischen Kräften stark dominiert wird – etwa von Van der Waals- oder Casimirkräften“, erklärt Prof. Hartmut Abele von der TU Wien. „Doch mit ultrakalten Neutronen, die ladungslos und extrem wenig polarisierbar sind, können wir auf kurzen Abständen sehr präzise messen.“ Neben Prof. Abele und seinen Assistenten Tobias Jenke und Dr. Hartmut Lemmel war auch Dr. Peter Geltenbort vom Institut Laue-Langevin in Grenoble an dieser Forschungsarbeit beteiligt. Die Forschung wurde vom FWF im Rahmen eines Schwerpunktprogrammes der DFG gefördert.

Quantensprünge zwischen Gravitations-Zuständen

Ein Stein lässt sich in eine beliebige Höhe anheben – und je höher wir ihn heben, umso mehr Energie müssen wir aufwenden. Bei Quantenteilchen, wie den Neutronen, die zwischen zwei ebenen Platten hindurchfliegen, ist das anders: Sie können nur ganz bestimmte Portionen von Gravitations-Energie aufnehmen. An der Neutronenquelle des Instituts Laue-Langevin in Grenoble gelang es den Wiener Physikern, den quantenphysikalischen Energie-Zustand der Neutronen zwischen zwei ebenen Platten genau festzulegen. Eine der Platten ließ man dann mit einer präzise kontrollierten Frequenz vibrieren. Entspricht diese Frequenz genau der Energiedifferenz zwischen zwei Quantenzuständen, wird das Neutron dazu angeregt, in einen höheren Energiezustand zu wechseln. Wenn man misst, bei welcher Frequenz es zu diesem Übergang kommt, weiß man auch, welcher Energie-Unterschied zwischen den beiden Quantenzuständen besteht.

Träge Masse und schwere Masse

Massive Objekte haben zwei wichtige Eigenschaften: Sie sind träge (sie lassen sich also nur mit großem Kraftaufwand beschleunigen) und sie sind schwer (auf sie wirkt eine starke Gravitationskraft, nämlich die Anziehungskraft der Erde). Schon im 16. Jahrhundert erkannte man, dass Trägheit und Schwere zusammengehören und dass deshalb alle Objekte unabhängig von ihrer Masse gleich schnell zu Boden fallen. Ob das nur eine gute Näherung ist, oder ob das tatsächlich auch auf winzigen Skalen in der Quantenwelt stimmt, soll sich nun mit den neuen Experimenten endlich untersuchen lassen.
 
Schon seit Jahrzehnten wird angestrengt versucht, die Gravitation mit der Quantentheorie zu einer gemeinsamen Theorie aller Kräfte zu vereinen. So entstanden etwa verschiedene Stringtheorien, von denen die Existenz von zusätzlichen Raumdimensionen vorhergesagt wird, die uns bisher noch verborgen geblieben sind. „Mit unserer Neutronen-Methode werden wir jetzt daran gehen, solche Theorien direkt im Labor zu testen“, kündigt Prof. Hartmut Abele an. Selbst für die Kosmologie können diese Experimente eine wichtige Rolle spielen: Auch Theorien über die geheimnisvolle „dunkle Materie“, die Bewegungen der Galaxien beeinflussen soll, können nun auf winziger Skala durch die hochpräzisen Neutronen-Messungen untersucht werden. „Unsere Methode, die für die ganz kleinen Längenskalen gemacht ist, könnte möglicherweise – viel Glück vorausgesetzt – Aussagen über die Entwicklung des Universums an sich erlauben. Auf jeden Fall erwarten uns spannende Neuigkeiten der Gravitationsforschung“, ist Prof. Abele zuversichtlich. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Flachkristalle mit integrierter Elektrode

Pressemeldung der Universität Erlangen-Nürnberg vom 07.04.2011

Forscher ebnen den Weg für elektronische Schaltungen aus Graphen

Graphen gilt wegen seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften als eines der vielversprechendsten neuen Materialien. Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben jetzt ein Verfahren entwickelt, das es erlaubt, Bauelemente aus Graphen mithilfe einer integrierten Elektrode gezielt anzusteuern – eine wichtige Voraussetzung für industrielle Anwendungen. Ihre Forschungsergebnisse haben Prof. Dr. Heiko Weber, Daniel Waldmann, Johannes Jobst, Dr. Michael Krieger vom Lehrstuhl für Angewandte Physik und Prof. Dr. Thomas Seyller und Florian Speck vom Lehrstuhl für Technische Physik jetzt in der renommierten Zeitschrift „nature materials“ publiziert (DOI: 10.1038/NMAT2988).

Graphen (mit der Betonung auf der zweiten Silbe) besteht aus einer einzigen Lage von Kohlenstoffatomen, die in einem aus Sechsecken zusammengesetzten Netzwerk so angeordnet sind, dass sie den ersten wahrhaft zweidimensionalen Festkörper bilden. Graphen begründet damit eine neue Klasse von Materialien. Seine Entdeckung im Jahre 2004 hat zu weltweiten Forschungsaktivitäten geführt, die nur mit denen anlässlich der Entdeckung der Hochtemperatursupraleiter vergleichbar sind. 2010 wurde die Entdeckung von Graphen mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Die Begeisterung der Wissenschaftler für dieses neue Material nährt sich aus den für einen Festkörper völlig neuen elektronischen, optischen und magnetischen Eigenschaften des Graphens. Diese revolutionären Eigenschaften stellen für den Forscher ein faszinierendes Labor neuer Physik dar, das es zu ergründen gilt; sie bergen aber auch ein ungeahntes Potenzial für Anwendungen, die von neuartigen Halbleiterbauelementen über chemische und biologische Sensoren bis zu Quanten-Computern reichen.

Um das große Potenzial von Graphen für elektronische Anwendungen nutzen zu können, ist die Schichtherstellung in hoher Qualität auf kristallinen Halbleiterscheiben – so genannten Wafern – sehr wichtig. Hier konnten Forscher der FAU einen bedeutenden Beitrag leisten: Prof. Dr. Thomas Seyller hat 2009 ein Verfahren entwickelt, mit dem Graphen in höchster Qualität auf Siliziumkarbid-Kristallen synthetisiert werden kann. Das Verfahren gilt in der Fachwelt als ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer graphenbasierten Elektronik. Seyller erhielt dafür 2010 den Walter-Schottky-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, den höchsten nationalen Preis für hervorragende Forschungsarbeiten zur Festkörperphysik.

Der nächste wichtige Schritt ist es, ausgehend von Graphen-Wafern Bauelemente herzustellen. Insbesondere gilt es, die Graphenschichten für elektronische Anwendungen ansteuerbar zu machen. Hier kommt das Trägermaterial ins Spiel: Siliziumkarbid ist ein Halbleiter, der durch geschickte Manipulation als integrierte Ansteuerelektrode verwendet werden kann. Das ist Professor Dr. Heiko Weber und seinem Team jetzt gelungen. Die FAU-Forscher haben nicht nur Musterbauelemente hergestellt, sondern konnten auch die physikalischen Effekte en détail erklären, die bei Verwendung einer solchen Elektrode auftreten können. Mit diesem Wissen ist es nun möglich, optimale integrierte Elektroden für Graphen für die verschiedensten Anwendungsbereiche maßzuschneidern. Der große Vorteil einer solchen Elektrode liegt auf der Hand: die Graphenschicht an der Oberfläche bleibt frei zugänglich. Dies eröffnet völlig neue Möglichkeiten sowohl in der Forschung als auch in der Anwendung, z. B. für ultra-empfindliche Sensoren, die sogar einzelne Atome detektieren können.

An diesen und weiteren Fragestellungen arbeiten die Erlanger Forscher im Rahmen des Exzellenzclusters „Engineering of Advanced Materials“ an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Externer Link: www.uni-erlangen.de