Presseinformation der LMU München vom 24.08.2009
Parkinson-Gene sichern die neuronale Energieversorgung
Bei einer Parkinson-Erkrankung sterben Neuronen im Mittelhirn ab. Welche Mechanismen hier zugrunde liegen, ist noch weitgehend unklar. Bekannt ist aber, dass etwa jeder zehnte Krankheitsfall auf Defekte in sogenannten Parkinson-Genen zurückzuführen ist. Außerdem scheinen Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, eine wichtige Rolle zu spielen. Ein Forscherteam um PD Dr. Konstanze Winklhofer und Professor Christian Haass legt nun Ergebnisse vor, die diese beiden Beobachtungen zusammenführen. Demnach sichern zwei Parkinson-Gene die Funktion der Mitochondrien in den Nervenzellen. „Für uns Forscher ist es sehr hilfreich, wenn Erkrankungen durch Fehlfunktion bestimmter Gene ausgelöst werden können, so wie es bei der Parkinson-Erkrankung der Fall ist“, sagt Winklhofer. „Wenn wir die genaue Funktionsweise dieser Gene entschlüsseln, können wir viel über die Ursachen und den Verlauf des Leidens lernen wie auch über mögliche therapeutische Ansätze.“ Ebenfalls beteiligt an der Untersuchung war die Arbeitsgruppe von Professor Dr. Wolfgang Wurst vom Institut für Entwicklungsgenetik am Helmholtz Zentrum München. (Journal of Biological Chemistry, 21. August 2009)
Allein in Deutschland leiden zurzeit mindestens 250.000 Menschen an der Parkinson-Erkrankung. Die betroffenen Patienten zittern unkontrolliert und können sich nur langsam oder kaum mehr bewegen, während ihre Muskeln versteifen. Die Ursache ist der Untergang von Nervenzellen in der Substantia nigra, einem Bereich des Mittelhirns, der Dopamin als Botenstoff produziert. Dieser Botenstoff überträgt Informationen in den Kontrollzentren für Bewegungsabläufe. Ein Mangel an Dopamin hat somit eine Bewegungsstörung zur Folge.
„Funktionsgestörte Mitochondrien werden schon seit den 80er-Jahren als mögliche Verursacher der Parkinson-Erkrankung vermutet“, sagt Privatdozentin Dr. Konstanze Winklhofer am Lehrstuhl für Stoffwechselbiochemie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Damals entdeckte man, dass Stoffe, die für Mitochondrien giftig sind, eine Parkinson-Erkrankung auslösen können. Eine Beteiligung dieser wichtigen Zellbestandteile am Untergang der Neuronen wäre leicht zu erklären: Mitochondrien versorgen die Zelle mit Energie und spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Zelltods. Die aktuellen Ergebnisse bestätigen den Zusammenhang nun auf genetischer Ebene.
Demnach sind die beiden Parkinson-Gene PINK1 und Parkin gemeinsam für das Funktionieren der Mitochondrien verantwortlich. Wenn Parkin oder PINK 1 ihre Funktion verlieren, sind die Form und die Aktivität der Mitochondrien gestört. In Folge davon produzieren die zellulären Energielieferanten weniger Adenosintriphosphat, also Kraftstoff für die Zellen. In vorangegangenen Arbeiten konnte das Team um Winklhofer bereits zeigen, dass Parkin eine wichtige Schutzfunktion für Neuronen erfüllt. „Das haben wir nun bestätigt“, berichtet die Biochemikerin. „Denn während Parkin einen Funktionsverlust von PINK1 kompensieren kann, geht das umgekehrt nicht.“
Bis heute gibt es kein Medikament, das ein Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung verhindern kann. Die Therapien beschränken sich bislang darauf, dem Gehirn genügend Dopamin zur Verfügung zu stellen, ohne aber ursächlich einzugreifen. Die Forscher hoffen nun darauf, dass die Parkinson-Gene neue Ansatzpunkte für andere Formen der Behandlung oder Prävention liefern, auch bei Fällen, die nicht genetisch bedingt sind. Bis jetzt sind sechs Parkinson-Gene bekannt. Deren Funktionsweise muss aber noch im Detail entschlüsselt werden – wofür die aktuellen Ergebnisse einen ersten Schritt geleistet haben. (CR/suwe)
Publikation:
„Loss of parkin or PINK1 function increases DRP1-independent mitochondrial fragmentation“
Lutz, A.K., Exner, N., Fett, M.E., Schlehe, J.S., Kloos, K., Laemmermann, K., Brunner, B., Kurz-Drechsler, A., Vogel, F., Reichert, A.S., Bouman, L., Vogt-Weisenhorn, D., Wurst, W., Tatzelt, J., Haass, C., and Winklhofer, K.F.
Journal of Biological Chemistry, 21. August 2009, Bd. 284, Ausgabe 34, S. 22938-22951
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