Fräsen und bohren im Cyberspace

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Dezember 2009

Zerspannungsmechaniker, NC-Programmierer oder Mechatroniker – Lehrlinge in Ingenieurberufen müssen oft komplexe Anlagen beherrschen. Ob Fräsen, Drehen, Bohren oder Programmieren: Künftig sollen Lehrlinge am virtuellen Modell üben und Routine erlernen.

Vorsichtig spannt der Lehrling das Werkstück in die Drehmaschine. Bevor er das Bauteil bearbeiten kann, muss er die Maschine richtig programmieren. Eine knifflige Aufgabe. Bei seiner Abschlussprüfung wird der Lehrling eine ähnliche Aufgabe lösen müssen. Deshalb lernt er an der Berufsschule, wie man mit so einer Anlage umgeht. Dabei steht er aber nicht vor einer richtigen Maschine – er sitzt vor dem Computer. Auf dem Bildschirm erscheinen die Bedienfelder, dahinter die Drehmaschine. Und der PC leitet den Lehrling Schritt für Schritt an.

Das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF, das Technologie- und Berufsbildungszentrum TBZ Magdeburg sowie die Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt SLV Halle haben das Projekt ViReKon ins Leben gerufen – koordiniert vom Rationalisierungs- und Innovationszentrums RKW Sachsen-Anhalt: Ingenieure sollen mit Hilfe von Virtueller Realität VR ausgebildet werden. Dafür entwickeln die Forscher des IFF virtuelle Modelle verschiedener Maschinen. »Für die praktische Ausbildung nutzt das TBZ derzeit ein einfaches Modell einer realen Sortieranlage. An dieser können die Lehrlinge allerdings nur wenige Aufgaben üben«, sagt André Winge, Gruppenleiter am IFF. »An den virtuellen Anlagen aber können angehende Mechatroniker, Programmierer oder Mechaniker ganz speziell geschult werden und eine ganze Reihe verschiedener Aufgabenstellungen trainieren.« Dazu erarbeiten die Experten des IFF zusammen mit den Berufsausbildern spezielle E-Learning-Methoden. »Der Lehrling soll nicht nur die Maschine und die Steuerungseinheit bedienen können«, sagt Winge. »Ein integriertes, didaktisches Trainingskonzept erläutert dem Schüler die Arbeitsaufgaben. Das System kontrolliert den Erfolg und gibt Feedback, ob er die einzelnen Aufgaben auch richtig gelöst hat.«

Ein weiterer Vorteil: Berufsschulen müssen sich keine teuren Anlagen anschaffen. Im Cyberspace kann gedreht, gebohrt oder gefräst werden – an großen wie an kleinen Maschinen. »Wir können für jede Anlage ein virtuelles Modell entwerfen«, sagt Winge. So haben die Forscher zum Beispiel auch ein VR-Modell einer Biohandlinganlage erstellt: Petrischalen mit Bakterienkulturen laufen über ein Förderband. Ein Greifer packt sie und befördert sie in die Entnahmestation. Dort entnimmt eine Pipettier-Einheit eine Probe und verarbeitet sie weiter. Am Bildschirm verfolgt der Lehrling die Prozedur in der virtuellen Anlage – die Steuerungseinheit, die er dabei benutzt, ist real. An so einem VR-System können künftig auch Fachkräfte oder Wartungsmechaniker in Unternehmen geschult werden.

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