Altes Handwerk mit Zukunft

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Dezember 2009

Maria und Josef, Engel und die Krippe – zu Weihnachten schmücken traditionell viele Menschen ihre Wohnung mit hochwertigen Holzfiguren. In Südtirol setzen jetzt die Holzschnitzer, die berühmt sind für ihre jahrhundertealte Handwerkskunst, auf Hightech.

Ein südtiroler Handwerker führt langsam einen Werkzeugarm über eine Masterfigur. An der Schnitzmaschine neben ihm entstehen vierzig oder mehr Mini-Kopien des Originals. In vielen Tälern Südtirols werden Holzfiguren traditionell mit einem solchen Pantografen produziert. »In Kinderzeitschriften oder Comics liegen oft Pantografen bei. Damit können Kinder ihre Lieblingsfigur mithilfe eines Stifts stufenlos vergrößern und dann als Poster an die Wand hängen. Dasselbe haben wir hier – nur mit hochwertigen Schnitzfiguren«, erläutert Gruppenleiter Jürgen Goetz vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart. »Ein Künstler stellt Maria oder Josef in Handarbeit her, vorzugsweise in Bronze oder Messing. Der Mitarbeiter am Pantografen tastet die Figur ab und die Schnitzmaschine liefert dann die Kopien.«

Die traditionelle Arbeitsweise hat allerdings Nachteile: Sie ist laut, es staubt und offene Werkzeuge gefährden die Mitarbeiter. Bis eine Kleinserie zum Kunden kommt, vergehen oft mehrere Monate. Der Künstler muss zunächst einen Entwurf machen, diesen anschließend als Masterfigur herstellen und erst dann beginnt die Vervielfältigung.

Die Wissenschaftler in Goetz` Team haben im Auftrag der Firma 3D Wood einen neuen Workflow für diese traditionelle Holzbearbeitung generiert. Ein 3-D-Scanner tastet das Original ab oder die Daten stammen aus einem CAD-Programm. Eine Software bereitet bis zu 50 000 Scanner-Datensätze des Modells auf und liefert die Grundlage für ein CNC-Programm, das die Fräsmaschine steuert. »Die drei mal drei mal acht Meter große Maschine arbeitet vollautomatisch, hat fünf simultane Achsen, läuft mit bis zu 40 000 Umdrehungen pro Minute, wechselt automatisch die Werkzeuge und stoppt sofort, wenn Fehler auftreten. Es entstehen parallel 42 qualitativ sehr hochwertige Kopien, die Größe der Werkstücke kann zwischen 10 und 600 Millimeter variieren«, fasst Goetz die technischen Daten zusammen. Die Bearbeitungszeit der Figuren wird durch den automatischen Ablauf um mehr als die Hälfte verkürzt – bei gesteigerter Qualität.

Mit der neuen Anlage reduziert sich die Zeit von der Vorlage zum Endprodukt von Monaten auf wenige Wochen: Der Künstler kann die Vorlage sogar aus Weichholz oder Wachs machen, das geht wesentlich schneller als eine Figur in Bronze zu gießen. Neue Aufträge lassen sich so zügiger umsetzen. Angenehmer Nebeneffekt: Die Mitarbeiter sind nicht länger Lärm und Staub ausgesetzt.

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