Saubere Luft durch Pflastersteine

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom August 2010

In deutschen Städten werden die zulässigen Grenzwerte für das gesundheitsschädliche Stickoxid regelmäßig überschritten. Einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz sollen jetzt neuartige Pflastersteine leisten. Sie sind mit Nanopartikeln aus Titandioxid beschichtet und können Stickoxidkonzentrationen in der Luft reduzieren.

Um die Luftqualität in Deutschland ist es nicht zum besten bestellt. Das belegen die Daten des Umweltbundesamts für das Jahr 2009: An 55 Prozent der Luftmessstationen in Städten wurden die zulässigen Grenzwerte von gesundheitsschädlichem Stickoxid überschritten. Eine der Hauptemissionsquellen ist laut Umweltbundesamt der Autoverkehr. Neue Wege im Kampf gegen die Luftverschmutzung geht jetzt die Barockstadt Fulda. Rund um die Petersberger Straße, wo der Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (μg/m3) 2009 überschritten wurde, sollen luftreinigende Pflastersteine verlegt werden. Deren Oberflächen sind mit Titandioxid (TiO2) beschichtet, das Schadstoffe wie Stickoxide in Nitrate umwandelt. Das Titandioxid als Photokatalysator nutzt für diesen chemischen Prozess das Sonnenlicht. Das heißt, es verändert die Geschwindigkeit der Reaktion unter Lichteinfluss. Entwickelt wurde das Stickoxid reduzierende Pflaster namens AirClean von der Firma F.C. Nüdling Betonelemente. Den Beleg über die Wirksamkeit der Steine lieferte das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Schmallenberg. Die IME-Forscher haben auch das Umweltrisiko des entstehenden Produkts Nitrat ermittelt. Gefördert wurde das Projekt durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.

»Dass photokatalytische Pflastersteine die Luftqualität verbessern können, haben bereits Untersuchungen in italienischen Städten ergeben. Wir wollten prüfen, inwieweit diese Effekte auch in Deutschland – bei geringerer Lichtintensität und Sonnenscheindauer – gemessen werden können. Denn je intensiver die Sonneneinstrahlung ist, desto schneller erfolgt der Abbau der Schadstoffe. Ziel war es also, eine Rezeptur mit der höchsten photokatalytischen Effizienz zu finden«, erläutert Dr. Monika Herrchen, Wissenschaftlerin am IME.

Zunächst fertigte der Betonhersteller Mustersteine, wobei Oberfläche, Farbe, Zementsorte und TiO2-Gehalt variiert wurden. Da die Abbauraten von Stickoxid mit handelsüblichem photokatalytisch aktivem, also auf Sonneneinstrahlung reagierenden Zement nicht ausreichend waren, musste die Firma F.C. Nüdling eine eigene, wirksamere Rezeptur entwickeln. »In verschiedenen Tests konnten wir die Wirksamkeit der optimierten Steine belegen«, bestätigt Herrchen. Im Langzeitfeldversuch wiesen die Forscherin und ihr Team in eigens angelegten Straßenschluchten Stickoxid- Abbauraten von 20 bis 30 Prozent nach. Die Messungen erfolgten in einer Höhe von drei Metern über dem photokatalytischen Pflaster bei wechselnden Wind- und Helligkeitsverhältnissen. Bei Windstille stellten die Experten sogar Abbauraten für Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2) von jeweils bis zu 70 Prozent fest.

Bei Messungen am bereits mit dem Pflasterstein AirClean belegten Gothaer Platz in Erfurt wurde in drei Metern Höhe eine durchschnittliche Abbaurate von 20 Prozent bezüglich NO2 und 38 Prozent bezüglich NO erreicht.

»Die Pflastersteine sind auch langzeitstabil. Im Zeitraum von 14 bis 23 Monaten nach dem Verlegen des Bodens konnten wir keine Veränderung der anfänglichen Abbaukapazität feststellen«, sagt die Wissenschaftlerin. Auch ein Umweltrisiko durch Nitrat, das beim photokatalytischen Abbau von Stickoxiden entsteht, bestehe nicht. Es gelangt in die Kanalisation, von dort führt der Weg in die Kläranlage und zu guter Letzt landet es auf dem Acker und im Grundwasser. Doch die maximal mögliche Nitratkonzentration, die sich auf photokatalytische Reaktionen zurückführen lässt, liegt bei fünf Milligramm pro Liter (mg/l). Zum Vergleich: Der Nitrat-Grenzwert für Grundwasser beträgt 50 mg/l. »Alles in allem kann man sagen, dass AirClean die Luftqualität signifikant und schnell verbessert und so zum Umweltschutz beiträgt«, resümiert die Forscherin.

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