Maßgeschneiderte Kautschuke

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 12.01.2011

KIT-Wissenschaftler entwickeln gemeinsam mit der Lanxess Deutschland GmbH neuartiges Verfahren zur Herstellung spezieller Kautschuke

Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Lanxess Deutschland GmbH – einem der weltweit größten Hersteller von Kautschuken – haben ein neues Verfahren entwickelt, um bestimmte maßgeschneiderte, synthetische Kautschuke einfach und effizient herzustellen. Das entwickelte Verfahren erlaubt es, die Synthese dieser speziellen Kautschuke in einer einheitlichen Lösung durchzuführen, Ressourcen werden somit geschont und die hergestellten Kautschuke in hoher Reinheit ohne zusätzliche aufwendige Aufreinigung erhalten.

Bislang werden Kautschuke oft – wie viele synthetische Polymere – in wässriger Emulsion hergestellt. Eine Reihe von komplexen Zusatzstoffen wird hier benötigt, um einen Kautschuk auf einem  hohen technischen Niveau zu erhalten. Die Aufarbeitung, die Reinigung und die Isolierung des Kautschuks machen das seit den Anfängen des 20. Jahrhunderts und bis heute in der Industrie verwendete Verfahren sehr aufwendig und anspruchsvoll.

Die KIT-Wissenschaftler um Prof. Christopher Barner-Kowollik entwickelten gemeinsam mit dem Lanxess-Team um Dr. Sven Brandau und Dr. Michael Klimpel ein neues innovatives Verfahren, um bestimmte Kautschuke mit exakt definierten Eigenschaften herzustellen. Hierzu verwendeten sie eine Methode aus der Klasse der lebenden radikalischen Lösungspolymerisation, mit dem zusätzlich die molekulare Architektur der synthetisierten Polymere sehr genau eingestellt werden kann.

Das Forscherteam betrat bei diesem Projekt völlig neue Wege, da es ihnen erstmalig gelang, diese noch relativ junge Art der Polymerisation zur Synthese eines großtechnisch genutzten Kautschuks zu verwenden. Das entwickelte Verfahren erlaubt es, die Synthese in einer einheitlichen Lösung durchzuführen, Ressourcen zu schonen und die Kautschuke werden in hoher Reinheit erhalten, ohne zusätzliche aufwendige Aufreinigung.

Prof. Barner-Kowollik fasst die Vorzüge des neuartigen Verfahrens zusammen: „Das neue Verfahren bringt zwei entscheidende Vorteile mit sich. Zum einen können wir die Größe und die Struktur der Polymere – und damit ihre Eigenschaften – genau einstellen und zum anderen wird der Produktionsprozess sehr stark vereinfacht. Von wissenschaftlicher Seite haben wir völliges Neuland betreten, denn die lebende radikalische Polymerisation wurde bisher noch nie auf ein solches Kautschuksystem angewandt.“

Dr. Sven Brandau, Projektleiter bei Lanxess, fügt hinzu: „Diese neue Technologie hat das Potenzial, den Produktionsprozess und die Eigenschaften von synthetischen Kautschuken auf eine komplett neue und effiziente Plattform zu stellen. Hier wurden neue Möglichkeiten zur Synthese von maßgeschneiderten Kautschuken geschaffen.“ Das KIT/Lanxess-Forscherteam hofft, weiterhin erfolgreich gemeinsam wissenschaftliches und prozesstechnisches Neuland zu betreten und die bisherigen Arbeiten weiter zu entwickeln.

Polymere und Kautschuke

Polymere Materialien – landläufig auch Kunststoffe oder vereinfacht „Plastik“ genannt – sind aus unserem täglichen Leben nicht wegzudenken. Kunststoffe sind aus riesigen Molekülen aufgebaut, welche wiederum aus kleinen Einzelbausteinen bestehen, den Monomeren. Da es Monomere in den verschiedensten chemischen Variationen gibt, existieren folglich Polymere mit einer weiten Palette von Eigenschaften. Polymere begegnen uns beispielsweise in Farben und Lacken, in Medikamenten und medizinischen Produkten, in Kleidung und Schuhen, in Gehäusen und Verpackungen, in Computerchips, in Baumaterialien sowie in Fahrzeugen, Flugzeugen und Schiffen. Eine der wichtigsten Klassen von polymeren Materialien stellen hierbei Kautschuke dar. Synthetische Kautschuke existieren in den verschiedensten Varianten, wodurch sie ebenfalls in mannigfaltigen Anwendungen eingesetzt werden können – im ölresistenten Schlauch im Auto, in Reifen, als Bodenbeläge, in Schuhsohlen oder in der Erdölförderung bis hin zum Dichtungsring in den Treibstofftanks von Raumfahrzeugen. (sf)

Externer Link: www.kit.edu