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Pressemeldung der Universität Erlangen-Nürnberg vom 24.01.2012

Infektionsbiologen der FAU entdecken therapeutisches Potenzial von Wurmparasiten

Erlanger Infektionsbiologen haben neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie unser Körper besser vor Allergien und Autoimmunreaktionen geschützt werden kann: Eine Arbeitsgruppe um David Vöhringer, Professor für Infektionsabwehr und Toleranz an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und Leiter der Infektionsbiologischen Abteilung am Mikrobiologischen Institut des Universitätsklinikums Erlangen, konnte einen positiven Effekt von Wurmparasiten auf bestimmte Formen von T-Helferzellen nachweisen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler vor Kurzem in dem renommierten Journal of Immunology. Ziel der Erlanger Forscher ist es nun herauszufinden, wie die Würmer das Immunsystem beeinflussen, um neue Ansätze zur Entwicklung wirksamer Medikamente zu liefern.

Das Immunsystem schützt uns vor einer Vielzahl von Krankheitserregern. Dabei spielen T-Helferzellen eine zentrale Rolle. Sie sind an der Aktivierung von Fresszellen und Bildung von Antikörpern beteiligt, die in den Körper eindringende Bakterien und Viren bekämpfen. Normalerweise also greifen T-Helferzellen körpereigenes Gewebe nicht an – bei Autoimmun-Erkrankungen wie beispielsweise Multipler Sklerose oder Typ-I-Diabetes liegt allerdings ein Verlust dieser Toleranz vor: Hier entwickeln sich T-Helferzellen des Typs Th1 und Th17, die beide eine starke Entzündungsreaktion auslösen.

Interessanterweise treten Autoimmunkrankheiten in Ländern mit geringen Hygienestandards seltener auf. „Eine Hypothese besagt, dass eine Infektion mit Wurmparasiten, die in diesen Ländern häufig vorkommen, vor ungewollten Reaktionen des Immunsystems wie Allergie und Autoimmunität schützen kann“, erklärt Prof. Vöhringer. Wie das genau geschieht, darüber ist bisher jedoch wenig bekannt.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Vöhringer hat nun neue Erkenntnisse für einen möglichen Mechanismus gewonnen. Die Forscher konnten zeigen, dass bei Mäusen, die mit dem Wurmparasiten Nippostrongylus brasiliensis infiziert wurden, die für Autoimmunprozesse verantwortlichen Th1- und Th17-Zellen zu Th2-Zellen umprogrammiert werden können. Th2-Zellen schütten Botenstoffe aus, die einen hemmenden Einfluss auf Th1- oder Th17-vermittelte Immunreaktionen haben. „Damit ist uns erstmals ein konkreter Nachweis dafür gelungen, dass Wurmparasiten einen positiven Effekt auf die Umprogrammierung von T-Zellen und damit auf unser Immunsystem haben“, sagt Prof. Vöhringer.

Die Erlanger Infektionsforscher untersuchen nun, wie diese unerwartete Flexibilität von T-Zellen künftig therapeutisch genutzt werden kann. Dazu ist es zunächst notwendig, die verantwortlichen Komponenten der Parasiten zu isolieren. Mittelfristiges Ziel ist es, die Pharmaindustrie bei der Entwicklung wirksamer Medikamente gegen Autoimmun-Krankheiten zu unterstützen.

Externer Link: www.uni-erlangen.de