Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.10.2012
Kurz an die Tankstelle – und wieder ist das Portemonnaie um einiges leichter. Eine neue Herstellungstechnologie für Motoren soll den hohen Tank- und Ölkosten nun entgegenwirken: Sie sorgt dafür, dass Verbrennungsmotoren zwei bis drei Prozent weniger Sprit und deutlich weniger Öl verbrauchen. Zudem entfällt ein Herstellungsschritt.
Ohne Öl hat ein Motor schnell einen Totalschaden. Die zylindrischen Kolben brauchen ausreichend Schmiermittel, damit sie sich in den ebenfalls zylindrischen Laufbuchsen im Motorblock gut bewegen können. Dabei erhöhen zwei Effekte die Reibung: Zum einen verzieht sich die zylindrische Bohrung, wenn der Zylinderkopf aufgesetzt wird – man spricht von statischem Verzug. Zum anderen verformt sich die Bohrung durch die Temperatur, wenn der Motor läuft. Dieser thermische Verzug hängt von der Temperatur und der Art des Motors ab. Der Kolben läuft in der Bohrung also nicht komplett rund, an einigen Stellen eckt er an. Die Folge: Der Motor verbraucht deutlich mehr Öl und auch etwas mehr Benzin. Den statischen Verzug können die Automobilhersteller recht gut ausgleichen. Beim letzten Bearbeitungsgang, dem Honen, schrauben die Techniker eine Honbrille auf den Motor, die den montierten Zylinderkopf simuliert. Erst dann wird die Bohrung final bearbeitet. Schwierigkeiten dagegen bereitet der thermische Verzug: Ihn kann man bisher noch nicht ausgleichen.
Zwei bis drei Prozent Kraftstoff sparen
Forscher am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU haben dieses Problem nun gelöst – gemeinsam mit einem Automobil- und einem Werkzeugmaschinenhersteller. »Mit unserer Technologie können wir sowohl den statischen als auch den thermischen Verzug ausgleichen. Bei Verbrennungsmotoren sparen wir so zwei bis drei Prozent Kraftstoff ein. Zudem entfällt ein Bearbeitungsschritt bei der Motorherstellung«, sagt André Bucht, Abteilungsleiter am IWU. Der Clou der Technologie ist ein Werkzeug, das seine Form anpassen kann. Die Forscher errechnen zunächst, wie sich ein Motorblock verziehen wird: Sie ermitteln den statischen Verzug, indem sie einen Zylinderkopf aufschrauben und ausmessen, wie sich die Bohrung verformt hat. Zudem simulieren sie den thermischen Verzug bei einer Betriebstemperatur von 90 Grad Celsius, jeweils für die entsprechende Motorserie. Anhand dieser Berechnungen ändert das Honwerkzeug seine Form: Es bildet kleine Erhebungen aus und formt die Bohrung beim Bearbeiten so, dass sie später im laufenden Motor exakt rund ist. Somit kann sich der Kolben ohne allzuviel Reibung darin bewegen. Um die Werkzeugform anzupassen, haben die Forscher kleine Piezoaktoren in das Werkzeug eingebaut, die den Durchmesser entsprechend aufweiten. »So können wir beliebige Unrundheiten in die zu bearbeitende Bohrung bringen«, sagt Bucht.
Ein Prototyp des Werkzeugs existiert bereits. Mit ihm gelingt es den Forschern, die nötige Oberflächengenauigkeit zu erreichen und die üblichen Taktzeiten in der Motorfertigung zu halten – jeder Motor muss in 20 bis 30 Sekunden zusammengesetzt sein. Momentan laufen die Untersuchungen – in Zusammenarbeit mit einem Autobauer – auf dem Prüfstand. Hier wird ein mit dem Werkzeug gefertigter Motor getestet. Die Forscher prüfen: Wie weit reduziert sich die Reibung im Kolben? Wie weit sinkt der Kraftstoffverbrauch? Ist die Lebensdauer des Motors genauso lang wie die herkömmlich gebauter? Die Untersuchungen werden Ende des Jahres abgeschlossen. In einem weiteren Schritt wollen die Forscher das Werkzeug und den Herstellungsprozess so gestalten, dass es in die Fertigungslinien der Fahrzeugbauer aufgenommen werden kann.
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