Die dünnste Ratsche der Welt

Pressemitteilung der Universität Regensburg vom 20.02.2013

Forscherteam nutzt Graphen zur Steuerung von Elektronen

Ratschen sind einfach praktisch. Man kann beispielsweise einen Ratschenschraubendreher – ohne abzusetzen – bequem vor- und zurück drehen, und trotzdem bewegt sich die Schraube nur in eine Richtung. Ratschen sind zudem fast überall einsetzbar, etwa beim Spannen von Gurten oder beim Heben von Lasten. Oder auch im Bereich der Quantenwelt: So hat jetzt ein internationales Forscherteam um den Regensburger Physiker Prof. Dr. Sergey Ganichev eine extrem dünne Ratsche zur Steuerung von Elektronen entwickelt, die mit einem magnetischen Feld arbeitet. Für die Nanotechnologie werden Methoden zur Kontrolle von Elektronen immer wichtiger.

Als Material für die Ratsche nutzten die Forscher Graphen – ein Material, das nur aus einer einzelnen Atomlage Kohlenstoff besteht. Weniger geht nicht: Die neue Ratsche ist damit die dünnste der Welt. Die Physiker sprechen hier von „magnetischen Quantenratschen in Graphen“. Ein elektrisches Feld von Terahertzstrahlung bewegt dabei Elektronen im Takt vor und zurück. Terahertzstrahlung liegt zwischen dem Frequenzbereich für Rundfunk und dem Infrarotbereich. Ein zusätzlich angelegtes Magnetfeld wirkt bei geschickter Anordnung nun wie eine Ratsche, indem es die Bewegung der Elektronen in der einen Richtung zulässt, in der anderen aber unterdrückt. Die Wissenschaftler erläuterten die neue Ratsche vor Kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Nanotechnology“ (DOI: 10.1038/nnano.2012.231).

Das „Wundermaterial“ Graphen ist derzeit ein vielversprechender Kandidat, um Silizium als technologisch führendes Material für superschnelle Elektroniken abzulösen. Die neu entdeckte magnetische Quantenratsche könnte in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. Wie groß die Hoffnungen sind, die die Spitzenforschung mit Graphen verbindet, zeigen eindrucksvoll der Physik-Nobelpreis 2010 für A. Geim und K. Novoselov sowie die jüngste, erst im Januar 2013 gestartete, milliardenschwere europäische Flaggschiff-Initiative.

Das internationale Konsortium, das nun erstmals die Quantenratsche in Graphen realisieren konnte, besteht aus Forschergruppen aus vier Nationen: Deutschland, Russland, Schweden und den USA. Geleitet wird es von der Regensburger Arbeitsgruppe um den Experimentalphysiker Prof. Dr. Sergey Ganichev. Theoretische Unterstützung leisteten die Arbeitsgruppen um Prof. Dr. Sergey Tarasenko (St. Petersburg) und Prof. Dr. Jaroslav Fabian (Universität Regensburg).

Die Erforschung von Graphen wird an der Universität Regensburg in großem Stil gefördert. Involviert sind unter anderem: Das Graduiertenkolleg GRK 1570 um Prof. Dr. Milena Grifoni, der Sonderforschungsbereich SFB 689 um Prof. Dr. Dieter Weiss sowie Regensburger Gruppen im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms SPP 1459 (um Prof. Dr. Thomas Seyller, TU Chemnitz) und der Flaggschiff-Initiative Graphen. (Alexander Schlaak)

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