Pressemitteilung der TU Graz vom 15.07.2013
Erst seit April dieses Jahres forschen Experten am Christian-Doppler-(CD)-Labor für Lithium-Batterien am Institut für Chemische Technologien von Materialien der TU Graz an den Batterien der Zukunft – und lassen bereits jetzt mit wegweisenden Ergebnissen aufhorchen: Mittels detaillierter Kernresonanzmessungen konnten sie die ultraschnelle atomare Dynamik eines hervorragenden Ionenleiters, der sich beispielsweise für Festkörper-Batterien eignet, nachweisen. Feststoff-Lithium-Ionenbatterien gelten in punkto Speicherkapazität, Langlebigkeit und Sicherheit als große Hoffnungsträger. Die Ergebnisse der Doktorarbeit von Viktor Epp wurden kürzlich im renommierten Journal of Physical Chemistry Letters veröffentlicht.
Nicht nur der nachhaltige Erfolg der Elektromobilität, auch die Entwicklung leistungsstärkerer Handys oder Notebooks stellen hohe Anforderungen an Batteriesysteme, die bei erhöhter Speicherkapazität und gleichbleibender Sicherheit immer langlebiger werden sollen. Feststoff-Lithium-Ionenbatterien zählen zu den Hoffnungsträgern in der Batterieforschung. Im Vergleich zu konventionellen Lithium-Ionenbatterien mit flüssigen Elektrolyten haben diese sogenannten „all-solid-state Batterien“ die Nase vorne, was Sicherheit, Lebensdauer und Temperaturbeständigkeit anbelangt. Forscher aus den Bereichen Festkörperchemie, Physik und Materialwissenschaft suchen daher weltweit unter Hochdruck nach geeigneten Festkörper-Ionenleitern für den Einsatz in solchen Batterien. Viktor Epp vom Institut für Chemische Technologien von Materialien der TU Graz nahm im Rahmen seiner Dissertation das Sulfid Li6PS5Br genauer unter die Lupe, das in der Arbeitsgruppe von Hans-Jörg Deiseroth an der Universität Siegen präpariert wurde. Mit der Methode der Lithium-Kernspinresonanzspektroskopie, wie sie im CD-Labor von der Arbeitsgruppe rund um Martin Wilkening betrieben wird, kam er zu einem erstaunlichen Ergebnis, das nun frühere, vorläufige Arbeiten bestätigt: Die Lithium-Ionen im untersuchten Sulfid bewegen sich unglaublich schnell. Damit qualifiziert sich Li6PS5Br als Spitzenreiter unter den Festelektrolyten, die für die Anwendung in Feststoffbatterien in Frage kommen.
„Hüpfende“ Atome: eine Milliarde Platzwechsel pro Sekunde
Die beobachteten „Hüpfprozesse“ der Atome in Li6PS5Br erwiesen sich als bemerkenswert: Mit Raumtemperatur-Sprungraten von mehr als einer Milliarde Platzwechsel pro Sekunde haben die Ionen im untersuchten Sulfid eine extrem hohe atomare Beweglichkeit. Auch in anderen Lithium-Verbindungen wurde eine solche Beweglichkeit nachgewiesen – allerdings sind viele der Materialien nicht nur ionisch, sondern auch elektronisch leitend und kommen daher für den Einsatz als Festelektrolyt nicht in Frage. Auf den ersten Blick funktioniert das Grundprinzip der elektrochemischen Energiespeicherung in einer Lithium-Ionenbatterie relativ einfach. Die Ionen bewegen sich während des Ladens und Entladens der Batterie zwischen den beiden Polen und durchqueren dabei strukturell unterschiedliche Materialien. Bei einer Feststoff-Lithium-Ionenbatterie übernimmt ein Festkörper, wie zum Beispiel ein lithiumhaltiges Oxid oder ein Sulfid, die Rolle des leitenden Elektrolyten. „Je mehr wir über die Natur des Ladungsträgertransportes in Festkörpern wissen, desto klarer wird, welche Materialien sich optimal für die zukünftige Weiterentwicklung von Batterien eignen“, erklärt Martin Wilkening, der sich mit seinem Team im CD-Labor der Untersuchung von Mikrostrukturen und dynamischen Prozessen in neuen Batteriematerialien verschrieben hat.
Publikation:
Journal of Physical Chemistry Letters; „Highly Mobile Ions: Low Temperature NMR Directly Probes Extremely Fast Li+ Hopping in Argyrodite-type Li6PSe5Br“; V. Epp, O. Gün, H.-J. Deiseroth, M. Wilkening, J. Phys. Chem. Lett., 4 (2013) 2118.
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