Sortiermaschine für Spitzenweine

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 02.09.2013

Bittere Geschmacksnoten will kein Winzer in seinem Wein haben. Eine Anlage mit optischer Erkennung sorgt dafür, dass dies nicht passiert. Sie sortiert die Trauben nach Qualitätsstufen und erspart Weinbauern mühevolle Handarbeit.

Die Verkoster sind begeistert: Von über 100 eingereichten Weinen ist dieser Rosé von herausragender Qualität. »Frisch, trocken, angenehm – ein echter Sommerwein«, »bemerkenswert ausgewogen«, »delikat« lauten ihre Kommentare. Zugleich loben sie die gute Harmonie und das Gleichgewicht zwischen Zucker und Säure. Damit ein Wein Juroren so einhellig für sich einnehmen kann, müssen die Prozesse in der Kellerei optimal verlaufen und auch die witterungsbedingten Faktoren stimmen. Eine gute Lese setzt einen Jahresverlauf, der das Wachstum der Beeren zur richtigen Zeit begünstigt sowie ein ausgewogenes Verhältnis von Sonne und Regen voraus. Doch hierzulande verhagelt das Wetter Winzern oftmals die Ernte. Eine neuartige optische Sortieranlage soll künftig helfen, die Qualität der Trauben optimal zu verwerten. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe entwickeln die Anlage gemeinsam mit der Armbruster Kelterei-Technologie GmbH, dem Ingenieurbüro Waidelich und der Hochschule Geisenheim University im Projekt »GrapeSort«, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMWi gefördert wird.

Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen

Die in Bottichen angelieferten Trauben gelangen zunächst über eine Zuführeinrichtung in die Abbeermaschine der Firma Armbruster, die die Früchte von den Stielen ablöst – entrappt – und dann über einen neu entwickelten Fördermechanismus auf einem Band vereinzelt. »Wichtig ist, dass die Beeren unversehrt auf dem Band landen«, sagt Dr. Kai-Uwe Vieth, Wissenschaftler am IOSB. Mit einer Geschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde bewegen sich die Trauben dann auf dem Förderband und passieren auf ihrem Weg das Sortiermodul des IOSB. Eine Hochgeschwindigkeits-Zeilenkamera, Herzstück des Moduls, schießt Bilder von den Früchten – 18 000-mal pro Sekunde. Die angeschlossene Auswertungssoftware vom IOSB analysiert die Aufnahme in Millisekunden. Sie steuert Druckluftdüsen an, die Fremdkörper wie Insekten, Rebholz, Steine und Ästchen herauspusten. Auch schlechte, unerwünschte Beeren werden von der Ausblaseinheit der Firma Waidelich entfernt. Die »guten« Beeren fallen in einen Behälter. »Unser Sortiermodul soll die Fähigkeiten aktueller Maschinen übertreffen. Es mustert nicht nur Fremdkörper aus, sondern sortiert Beeren zudem nach unterschiedlichen Qualitäten. So kann man den Wein komponieren wie man ihn haben will«, sagt Vieth. Was die Kamera mit »schlecht« bewerten soll, wird zuvor trainiert. Schimmel, Ohrwürmer, Blätter und falscher Reifegrad sind typische Auswurfkriterien. Sortiert wird anhand von Form- und Farbanalysen.

Den unterschiedlichen Reifegrad der Beeren anhand von Farbnuancen erkennen die Forscher bereits jetzt mit ihrer Anlage. Künftig wollen sie ihn auch nach dem Zuckergehalt der Trauben ermitteln. »Winzer messen diesen mit einem optischen Sichtgerät, dem Refraktometer, bei dem die Zuckermoleküle im Most den Brechungswinkel des einfallenden Lichts beeinflussen und der Wert auf einer Skala abgelesen wird. Je höher der Zuckergehalt, desto stärker wird das Licht gebrochen. Auch mit der Zeilenkamera lässt sich das reflektierte Licht messen. Sie ist mit einer lichtempfindlichen Zeile ausgestattet«, erläutert der Wissenschaftler. Dieser integrierte Zeilensensor ist empfindlich im sichtbaren sowie im nichtsichtbaren Bereich. Während der Laboranalysen – die parallel zur Messkampagne stattfinden – nutzen Vieth und seine Kollegen bildgebende Sensoren im Wellenlängenbereich von 240 bis 2500 Nanometern, die Spektren für jedes Pixel erzeugen.

Mehrere Tonnen Trauben pro Stunde schafft die automatische Sortieranlage. Trollinger, Riesling, Weißburgunder und Lemberger wurden bereits erfolgreich in Vorversuchen verarbeitet und die Sortierergebnisse von den Kooperationspartnern einhellig für gut befunden. Im Oktober 2013 soll ein optimiertes Funktionsmuster erstmals getestet werden, das als Basis für eine serienreife Anlage dient. Rechtzeitig zur Weinlese werden alle ständig weiterentwickelten und optimierten Komponenten – Zuführeinrichtung, Kamerabox und Ausblaseinheit – zusammengesteckt und getestet. Im Juni 2014 findet eine weitere Premiere statt – dann steht die sensorische Prüfung an: Die Weinbauexperten der Hochschule Geisenheim University, die das Projekt mit ihrer Expertise begleitet haben, werden den Wein verkosten. Von einer hohen Erfolgsquote sind Vieth und seine Projektpartner überzeugt: »Das Sortiersystem hilft, die Qualität zu steigern und aus dem Lesegut verschiedene Qualitätsstufen zu trennen. Winzer können ihre Premiumchargen ausbauen.«

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