Künstliche Intelligenz für Ahle-Wurst-Herstellung

Pressemitteilung der Universität Kassel vom 23.11.2022

Wer in naher Zukunft eine Ahle Wurst kauft, Nordhessens Spezialität, der könnte ein Lebensmittel in der Hand halten, das mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) produziert wurde. Informatiker der Universität entwickeln gemeinsam mit einer Caldener Fleischerei ein Verfahren, in dem eine KI die Reifung der Wurst überwacht und die Pflege in der Reifekammer steuert. Das Projekt soll auf die Produktion anderer Lebensmittel übertragbar sein und das hessische Handwerk stärken.

Die Ahle Wurst ist nordhessisches Kulturgut und hat Kultstatus. Für die echte „Stracke“ oder „Runde“ kommt es nicht nur auf Rezept und Verarbeitung an, es braucht auch eine aufwändige und mehrere Wochen, oft Monate lange Reifung in speziellen Wurstekammern. Anders als in der Industrie erfolgt die traditionelle Reifung in einem natürlichen Umfeld, oft in Lehmkammern auf den Dachböden historischer nordhessischer Fachwerkhäuser.

Das Handwerk sorgt für ein charakteristisches, besonders intensives Aroma der Wurst, ist aber gleichzeitig mit viel Überwachung und Pflege verbunden. So wird jede reifende Wurst regelmäßig auf den Reifegrad geprüft und gegebenenfalls umgelagert. Eine gewisse Menge an Reifeschimmel ist wünschenswert, zu viel Schimmelbelag muss von den Mitarbeitern abgewaschen werden. Hier kommt es stark auf die Erfahrung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an.

Übertragbar auf anderes Handwerk

In Kooperation mit der Landfleischerei Koch in Calden entwickeln Informatiker der Universität Kassel nun ein System, im dem eine Künstliche Intelligenz Nase und Augen der erfahrenen Fleischer unterstützt. Sensoren ermitteln dafür zunächst Werte wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit in der Kammer sowie Wassergehalt oder PH-Wert der Würste und überspielen die Daten an einen zentralen Rechner. Ein Programm errechnet dann die nötigen Schritte und übermittelt sie an die Fachkräfte: Muss gelüftet werden? Ist es zu warm oder zu kalt, zu feucht oder zu trocken? Muss die Wurst gewaschen werden? Dabei erhält das System Rückmeldungen von den Fachleuten, die es wiederum einspeist und verarbeitet. So entwickelt sich das Programm weiter.

Prof. Dr. Klaus David, der an der Universität Kassel das Fachgebiet Kommunikationstechnik leitet und das Projekt steuert, erläutert: „Die Wurstproduktion ist ein gutes Reallabor, um Anwendungsmöglichkeiten von KI und Maschinellem Lernen für das Lebensmittel-Handwerk zu entwickeln. Ähnliche Systeme sind denkbar etwa für handwerkliche Bäckereien oder Käsereien.“

Katharina Koch, Inhaberin der Landfleischerei Koch, bestätigt den Nutzen für das Handwerk: „Funktioniert das System, kann das nicht nur die Qualität der Produkte erhöhen, sondern auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken.“

Das Projekt wird im Rahmen einer Machbarkeitsstudie durch das Förderprogramm Distr@l der Hessischen Staatskanzlei im Bereich der Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung mit rund 100.000 Euro gefördert. Es läuft über ein Jahr.

Externer Link: www.uni-kassel.de