Mikroprozessor aus einer Schicht von nur drei Atomen

Presseaussendung der TU Wien vom 12.04.2017

Mikroprozessoren auf Basis von atomar dünnem Material versprechen, neben der Weiterentwicklung klassischer Prozessoren, auch neue Anwendungen im Bereich von flexibler Elektronik. Einem Forschungsteam der TU Wien rund um Thomas Müller gelang in einem aktuellen Forschungsprojekt nun ein Durchbruch auf diesem Gebiet.

Zweidimensionale Materialien –  kurz 2D-Materialien – sind sehr vielseitig einsetzbar obwohl – oder oft gerade weil – sie aus nur einer einzigen oder wenigen Schichten von Atomen bestehen. Das wohl bekannteste 2D-Material ist Graphen. Molybdändisulfid (eine drei-atomar dicke Schicht aus Molybdän und Schwefel-Atomen) gehört ebenfalls in diese Kategorie, besitzt im Gegensatz zu Graphen jedoch Halbleitereigenschaften. Dr. Thomas Müller vom Institut für Photonik der TU Wien forscht mit seinem Team an 2D-Materialien und sieht diese als zukunftsträchtige Alternative für die Herstellung von Mikroprozessoren und anderen integrierten Schaltkreisen.

Das Ganze und die Summe seiner Teile

Mikroprozessoren sind aus einer modernen Welt nicht mehr wegzudenken und allgegenwärtig. Ohne ihre ständige Weiterentwicklung wären viele inzwischen alltäglich erscheinende Dinge (Computer, Mobiltelefone, Internet, …)  nicht realisierbar. Silizium, das von Beginn an für ihre Herstellung verwendet wird, stößt jedoch langsam aber sicher an seine physikalischen Grenzen. Ein vielversprechender Kandidat für seine Ablöse findet sich in 2D-Materialen, unter anderem Molybdändisulfid. Während einzelne Transistoren, die grundlegendsten Bauteile jeder digitalen Schaltung, aus 2D-Materialien schon seit der Entdeckung von Graphen 2004 erforscht werden, konnten komplexere Strukturen nur äußerst beschränkt realisiert werden. Bisher gelang lediglich die Herstellung einzelner digitaler Bauelemente aus einigen wenigen Transistoren. Für einen eigenständig funktionierenden Mikroprozessor benötigt man jedoch erheblich komplexere Schaltkreise und vor allem auch deren perfektes Zusammenwirken.

Thomas Müller und sein Team haben es nun erstmalig geschafft dies zu realisieren. Das Resultat ist ein 1-bit Mikroprozessor, bestehend aus 115 Transistoren auf einer Fläche von rund 0,6 mm2, der einfache Programme ausführen kann. „Während das im Vergleich mit Industriestandards auf Basis von Silizium natürlich äußerst bescheiden wirkt, ist es doch ein großer Durchbruch für dieses Forschungsfeld. Der ‚Proof of Concept‘ ist geschafft, einer Weiterentwicklung steht im Prinzip nichts im Weg“, so Stefan Wachter, Dissertant in der Forschungsgruppe von Dr. Müller. Doch nicht nur die Materialwahl war für den Erfolg des Forschungsprojektes ausschlaggebend. „Wir haben uns auch die Dimensionierung der einzelnen Transistoren genau überlegt“, erklärt Müller. „Die exakten Verhältnisse der Transistorgeometrien in einem grundlegenden Schaltungsbauteil sind kritisch für die Realisier- und Kaskadierbarkeit komplexerer Einheiten.“

Zukunftsaussichten

Natürlich braucht es für einen praktischen Einsatz dieser Technologien noch deutlich leistungsfähigere und komplexere Schaltkreise mit tausenden oder gar Millionen von Transistoren. Eine der größten Herausforderungen in diesem Forschungsfeld ist derzeit noch die Reproduzierbarkeit und Ausbeute bei der Herstellung der verwendeten Transistoren, denn sowohl die eigentliche Herstellung der 2D-Materialien als auch die Methoden für deren Weiterverarbeitung stecken noch in den Kinderschuhen. „Da unsere Schaltkreise im Labor quasi in ‚Handarbeit‘ gefertigt werden sind derartig komplexe Designs natürlich für uns kaum realisierbar, da jeder einzelne der Transistoren wie geplant arbeiten muss um die Funktion des gesamten Prozessors zu gewährleisten“, betont Müller die immensen Anforderungen an moderne Elektronik. Mit industriellen Methoden könnten jedoch in den nächsten Jahren durchaus einige neue Anwendungsgebiete für diese Technologie entstehen, sind die Forscher überzeugt. Ein Beispiel für ein solches wäre flexible Elektronik, wie sie für medizinische Sensoren oder biegsame Displays benötigt wird. Hier sind die 2D-Materialien dem klassischen Silizium aufgrund ihrer deutlich größeren mechanischen Flexibilität weit überlegen. (Christine Cimzar-Egger)

Originalpublikation:
Stefan Wachter, Dmitry K. Polyushkin, Ole Bethge, Thomas Mueller
A microprocessor based on a two-dimensional semiconductor.
Nature Communications | DOI: 10.1038/NCOMMS14948

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Steuerung im Doppel

Presseinformation der LMU München vom 06.04.2017

Viele Chemokine schließen sich als Duo zusammen. Wie präzise diese Signalmoleküle dann Immunzellen zu ihrem Einsatzort lotsen können, haben LMU-Mediziner analysiert. Möglicherweise ergibt sich daraus ein Ansatzpunkt für neue Therapien.

Chemokine sind kleine Signalproteine, die Zellen an bestimmte Orte innerhalb des Körpers locken. Insbesondere lotsen sie Immunzellen in infizierte oder verletzte Gewebe. Die Zellen folgen dabei gleichsam einem Anstieg der Chemokin-Konzentration hin zum Ort mit der größten Chemokin-Dichte. Chemokine sind daher an Entzündungsreaktionen beteiligt, mit denen die Körperabwehr Schädigungen bekämpft. Sie spielen unter anderem auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Atherosklerose, die auf chronischen Gefäßentzündungen beruht. Forscher um die LMU-Mediziner Professor Christian Weber und Dr. Philipp von Hundelshausen haben nun erstmals systematisch untersucht, ob und wie Interaktionen zwischen unterschiedlichen Chemokinen deren Funktionen beeinflussen, und ihre Ergebnisse im Fachmagazin Science Translational Medicine veröffentlicht.

Viele Chemokine schließen sich zu Dimeren zusammen, das heißt sie bilden Zweierverbünde. Die Interaktion zwischen diesen Partnern kann deren Funktion potenziell verstärken oder hemmen. Deshalb könnten sogenannte Heterodimere, bei denen sich zwei verschiedene Chemokine zusammengeschlossen haben, auch ein interessantes Ziel für neue Therapien gegen akute und chronische Entzündungen sein. „Bisher war allerdings nur ein einziges Heterodimer ausreichend charakterisiert, das sich für eine therapeutische Intervention mit Peptiden eignet. Diese Chemokine verstärken gemeinsam die Einwanderung Atherosklerose-fördernder Monozyten in entzündete Gefäßwände“, sagt Weber.

Die Wissenschaftler haben nun erstmals systematisch alle möglichen Interaktionen zwischen den etwa 50 bekannten Chemokinen kartiert und untersucht, ob weitere Heterodimere funktionell relevant und möglicherweise therapeutisch beeinflussbar sind. Mithilfe aufwändiger Struktur-Funktions-Analysen und transgener Mausmodelle konnten die Forscher nachweisen, dass insbesondere solche Chemokine interagieren, die im Rahmen einer Entzündungsreaktion gebildet werden. Dabei machten die Forscher zwei Arten des Zusammenschlusses aus, die sich strukturell unterscheiden. Die entsprechenden Dimere werden als CC- bzw. CXC-Dimere bezeichnet. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese beiden Subtypen unterschiedliche Wirkungen haben: Dimere vom CC-Typ verstärken die Chemokin-Wirkung. Im Mausmodell fördern sie die Entstehung von akuten Lungenentzündungen und Atherosklerose. Dimere vom CXC-Typ dagegen hemmen die chemokine Wirkung. Die Bildung spezifischer Chemokin-Heterodimere ermöglicht dem Organismus somit eine fein austarierte Steuerung der Chemokinaktivität“, sagt von Hundelshausen.

„Wir konnten im Rahmen der Studie die Atherosklerose- und Lungenentzündungen-fördernde Wirkung von CC-Heterodimeren, aber auch die Blutplättchenaggregation und damit die Thromboseneigung, die durch CXC-Dimere gefördert wird, mithilfe synthetischer Peptide spezifisch hemmen“, sagt Weber. Solche Peptide könnten demnach die Basis für die Entwicklung neuer Therapeutika bilden.

Publikation:
Science Translational Medicine 2017

Externer Link: www.uni-muenchen.de

technologiewerte.de – MOOCblick April 2017

Spannende Themen, herausragende Dozenten und flexible Lernmöglichkeiten tragen zum wachsenden Erfolg der Massively Open Online Courses (MOOCs) bei – offene, internetgestützte Kurse mit einer Vielzahl an Teilnehmern rund um den Globus.

Folgender Kurs – zu finden auf der MOOC-Plattform edX – sollte einen Blick wert sein:

Animation and CGI Motion
Eitan Grinspun (Columbia University)
Start: 10.04.2017 / Arbeitsaufwand: 96-120 Stunden

Externer Link: www.edx.org

Seltene Erden: Wasserabweisend erst durch Altern

Medienmitteilung der Universität Basel vom 22.03.2017

Oberflächen, die mit chemischen Verbindungen aus Seltenen Erden beschichtet werden, entwickeln erst durch den Kontakt mit Luft wasserabweisende Eigenschaften. Dabei kommt es bereits bei Raumtemperatur zu chemischen Reaktionen mit Kohlenwasserstoffen, die sich in der Umgebungsluft befinden. Dass diese Reaktionen für den hydrophoben Effekt verantwortlich sind, berichten Forscher der Universität Basel, des Swiss Nanoscience Institute und des Paul Scherrer Instituts im Wissenschaftsjournal «Scientific Reports».

Seltene Erden sind Metalle, die erstmals in seltenen Mineralien gefunden wurden. Sie werden heute unter anderem in Autokatalysatoren und Batterien eingesetzt, zur Produktion von Bildschirmen oder Leuchtmitteln benötigt oder als Kontrastmittel in der Magnetresonanztomografie verwendet. Durch ihre vielseitigen Einsatzmöglichkeiten sind Seltene Erden begehrt, und ihr Bedarf steigt ständig.

Zusätzliche Anwendungen für Seltene Erden eröffneten sich, als 2013 amerikanische Forscher berichteten, dass Oberflächen, die mit den Oxiden seltener Erden beschichtet werden, von sich aus wasserabweisende Eigenschaften besitzen.

Wissenschaftler der Universität Basel, des Swiss Nanoscience Institute und des Paul Scherrer Instituts haben die hydrophoben Eigenschaften nun zusammen mit der Firma Glas Trösch im Experiment detailliert untersucht.

Hydrophob erst nach chemischer Reaktion

Dazu beschichteten sie Glasplatten mit Oxiden, Nitriden und Fluoriden von Seltenen Erden und analysierten, wie gut sie sich mit Wasser benetzen lassen.

Bei frisch hergestellten Beschichtungen konnten die Forscher zunächst keine hydrophoben Eigenschaften feststellen. Erst chemische Reaktionen mit gasförmigen Kohlenwasserstoffen, die sich in der Umgebungsluft befinden, verleihen den Oberflächen eine erhöhte Rauheit und verringern die Benetzbarkeit mit Wasser.

Die gasförmigen organischen Verbindungen aus der Umgebungsluft werden zunächst an der Oberfläche adsorbiert und reagieren dann mit den Oxiden zu Karbonaten und Hydroxiden bis die Oberfläche komplett mit diesen Verbindungen bedeckt ist. Dieser Prozess findet bereits bei Raumtemperatur statt.

«Wir waren überrascht, dass erst das Altern der Oberfläche den wasserabweisenden Effekt hervorruft», kommentiert Prof. Ernst Meyer vom Departement Physik der Universität Basel die Ergebnisse des Projekts, das von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) unterstützt wurde. Aus wissenschaftlicher Sicht ist das sehr aufschlussreich, da auch katalytische Prozesse oft bei Raumtemperatur ablaufen und es daher wichtig ist, die physikalischen Eigenschaften der Oberfläche zu verstehen.

Für eine industrielle Produktion wasserabweisender Glasoberflächen eignen sich die untersuchten Materialien allerdings offensichtlich nicht, da erst eine aufwendige Lagerung der Gläser erforderlich wäre, bevor sie die gewünschten wasserabweisenden Charakteristika ausweisen.

Originalbeitrag:
Elçin Külah, Laurent Marot, Roland Steiner, Andriy Romanyuk, Thomas A. Jung, Aneliia Wäckerlin, & Ernst Meyer
Surface chemistry of rare-earth oxide surfaces at ambient conditions: reactions with water and hydrocarbons
Scientific Reports (2017), doi: 10.1038/srep43369

Externer Link: www.unibas.ch