technologiewerte.de – MOOCblick November 2021

Spannende Themen, herausragende Dozenten und flexible Lernmöglichkeiten tragen zum wachsenden Erfolg der Massively Open Online Courses (MOOCs) bei – offene, internetgestützte Kurse mit einer Vielzahl an Teilnehmern rund um den Globus.

Folgender Kurs – zu finden auf der MOOC-Plattform edX – sollte einen Blick wert sein:

Circular Fashion: Design, Science and Value in a Sustainable Clothing Industry
Louise O. Fresco (Wageningen University & Research) et al.
Start: flexibel / Arbeitsaufwand: 40-60 Stunden

Externer Link: www.edx.org

Simultankonzept beschleunigt Elektrodenherstellung

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 27.10.2021

Trocknungszeiten deutlich reduziert ohne Kapazitätseinbußen bei der Batterie – Ergebnisse in Energy Technology publiziert

Ein innovatives Konzept für die simultane Beschichtung und Trocknung zweilagiger Elektroden haben Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt und erfolgreich angewendet. Dadurch gelingt es, Trocknungszeiten auf unter 20 Sekunden zu verkürzen, was gegenüber dem derzeitigen Stand der Technik eine Reduktion auf die Hälfte bis ein Drittel bedeutet – ohne dass es zu Kapazitätseinbußen bei der Batterie kommt. Das Konzept ermöglicht, Lithium-Ionen-Batterien schneller und kostengünstiger zu produzieren. Die Forschenden berichten in der Zeitschrift Energy Technology. (DOI: 10.1002/ente.202100367)

Für die Mobilität der Zukunft haben Elektrofahrzeuge eine zentrale Bedeutung. Die Nachfrage nach leistungsfähigen und kostengünstigen Batterien steigt stetig an. In Batterien auf der Basis von Lithium-Ionen sind die Elektrodenschichten entscheidend, denn diese Aktivmaterialien speichern die Energie. Die Beschichtung und die anschließende Trocknung der Elektroden verursachen allerdings einen großen Teil der Batterieproduktionskosten. Dabei liegt in der Prozess- und Verfahrungstechnik ein hohes Einsparpotenzial. Forschende der Gruppe Thin Film Technology (TFT – Technologie dünner Schichten) des KIT unter Leitung von Professor Wilhelm Schabel und Dr. Philip Scharfer forschen seit Jahren in diesem Bereich. So gelang es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bereits, die Beschichtungsgeschwindigkeit deutlich zu steigern. Zudem startete die TFT ein innovatives Trocknungsmanagement. Nun hat die Gruppe damit neue Ergebnisse erzielt: Die Kopplung der Prozessschritte Beschichtung und Trocknung führte zu einem Simultankonzept. In der Zeitschrift Energy Technology stellt die TFT die Ergebnisse vor. Jana Kumberg, Doktorandin am KIT, war bei der Publikation federführend. Die Gruppe TFT entwickelt ihre Technologien zur Elektrodenherstellung in CELEST – Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe, einer der größten Batterieforschungsplattformen weltweit.

Kostengünstigere Produktion ermöglicht

„Unsere Arbeit zeigt, dass wir im Prinzip alle Prozessschritte beherrschen, um Batterien künftig schneller und damit kostengünstiger zu produzieren, ohne dass die Qualität darunter leidet“, erklärt Schabel. Bei der üblichen Elektrodentrocknungszeit von bis zu einer Minute sind bei Produktionsgeschwindigkeiten von 100 Metern pro Minute (m/min) und mehr lange Trocknerstrecken erforderlich. Dies ist bei Elektroden mit hohem Auftragsgewicht technisch kaum realisierbar und zunehmend teuer. Nach dem neuen Konzept werden für die einzelnen Schichten verschiedene Aktivmaterialien eingesetzt und simultan appliziert. Eine Schicht ist für die Adhäsion verantwortlich, eine für die spezifische Kapazität. Diese Schichtstruktur erlaubt eine Herstellung bei ausgesprochen hoher Trocknungsrate und auf ein Drittel reduzierten Trocknungszeiten.

Eigenschaften gezielt in den Elektrodenlagen verteilt

Trotz der reduzierten Trocknungszeit kommt es nicht zu Einbußen bei der Kapazität und damit der Reichweite der Batterie, auch nicht bei sogenannten 3C-Zyklen, das heißt Schnellladezeiten von 20 Minuten. In ihrer Studie brachten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedene Aktivmaterialien in den Lagen einer Anode über die Dicke verteilt auf, sodass sich die unterschiedlichen Eigenschaften gezielt in den Elektrodenlagen verteilten. Die Elektroden lassen sich dadurch maßschneidern und weisen verbesserte mechanische sowie elektrochemische Eigenschaften auf. „Wir haben erste vielversprechende Ergebnisse erzielt“, sagt Schabel. „Nun gilt es, weiter an der industriellen Verwirklichung zu forschen.“ Derzeit arbeitet die Gruppe an verschiedenen Möglichkeiten, um das Simultankonzept auf den industriellen Maßstab zu übertragen. Dazu testet sie die rein konvektive Trocknung mit Hochleistungsdüsen sowie Lasertrocknungsmodule.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Untersuchungen im Rahmen verschiedener Forschungsclusterprojekte mit über fünf Millionen Euro. „Unsere Forschungen zeigen, dass es in Zukunft grundsätzlich möglich sein könnte, das Tempo der Batterieproduktion um 200 bis 300 Prozent zu steigern“, erklärt Schabel. Die Ergebnisse werden derzeit auch auf andere Materialien übertragen und auch zur Optimierung von Elektroden für Natrium-Ionen Batterien im Rahmen der Forschung im Exzellenzcluster POLiS – Post Lithium Storage eingesetzt. (or)

Originalpublikation:
Jana Kumberg, Werner Bauer, Joyce Schmatz, Ralf Diehm, Max Tönsmann, Marcus Müller, Kevin Ly, Philip Scharfer, and Wilhelm Schabel: Reduced Drying Time of Anodes for Lithium-Ion Batteries through Simultaneous Multilayer Coating. Energy Technology, 2021. DOI: 10.1002/ente.202100367 (Open Access)

Externer Link: www.kit.edu

Es werde Licht: Photoinitiatoren für Zahnfüllungen, Kontaktlinsen, Prothesen und Co.

Presseaussendung der TU Graz vom 14.10.2021

Photoinitiatoren sorgen dafür, dass flüssiger Kunststoff – etwa für Zahnfüllungen – mittels Lichts schnell aushärtet. Dank einer neuen Synthesemethode der TU Graz lassen sich diese Initiatoren günstig herstellen, was der Technologie weitere Türen öffnet.

Wer schon einmal mit einem Loch im Zahn am Zahnarztstuhl gelegen ist, kennt das Prozedere womöglich: Nach dem Ausbohren des Zahns folgt eine Füllung aus flüssigem Kunststoff, die im Mund modelliert und durch UV-Licht zur fixen Plombe ausgehärtet wird. Möglich machen das sogenannte Photoinitiatoren. Das sind chemische Verbindungen, die der Füllpaste beigemengt werden. Sie zerfallen unter Lichteinwirkung und bilden Radikale, durch die diese Paste aushärtet.

Seit einigen Jahren werden dafür germaniumbasierte Photoinitiatoren eingesetzt. Ihr Plus: Sie absorbieren längerwelliges Licht und benötigen für die Aushärtung somit kein gesundheitlich bedenkliches UV-Licht. Im Dentalbereich hat sich dieser nicht toxische Photoinitiator bereits etabliert, obwohl seine Herstellung kostspielig ist: Die Produktionskosten von einem Kilogramm dieses Initiators liegen derzeit in der Größenordnung eines neuen Kleinwagens. „Angesichts der geringen Mengen, die für Zahnfüllungen benötigt werden, fällt der Preis des Photoinitiators in der Dentalbranche kaum ins Gewicht. Für andere Anwendungen war die teure Produktion aber ein Hemmschuh – bis jetzt“, erklärt der Chemiker Michael Haas von der TU Graz.

Neue, simple Synthesemethode

Gemeinsam mit seinem Team am Institut für Anorganische Chemie entwickelte Haas eine völlig neue Synthesemethode für germaniumbasierte Photoinitiatoren. Diese Herstellungsmethode kommt im Gegensatz zur konventionellen Synthese nicht nur ohne Schwefel aus („ein Geruch, den man nicht unbedingt im Mund wahrnehmen möchte“), sondern ist deutlich einfacher, effizienter und kostengünstiger. Es ist uns gelungen, einen alternativen Zugang zu dieser Verbindungsklasse zu etablieren, der einstufig ist und die Isolierung des Produkts geradezu simpel macht.“ Dabei werden simultan mehrere siliziumbasierte Schutzgruppen abgespalten. Die gewünschte Verbindung wird anschließend durch simples Auskristallisieren isoliert. Damit eröffnen sich für diese Klasse von Photoinitiatoren weitere biomedizinische Anwendungen, etwa in der Herstellung von Kontaktlinsen, Prothesen, neuartigen Implantaten oder künstlichem menschlichen Gewebe.

Diesen alternativen Zugang haben die Forschenden nun mit dem Projektpartner Ivoclar Vivadent AG in die Anwendung übersetzt. Das Dentalunternehmen hatte schon bisher einen toxikologisch unbedenklichen Photoinitiator (Ivocerin®) auf Germaniumbasis in seinem Produktportfolio. Dieser birgt aber auch gravierende Nachteile in der Herstellung, wie Haas erklärt: „Bei Ivocerin® ist die Synthese aufwendig und mehrstufig, außerdem ist die Entfernung der Reaktionspartner teuer und führt zu enormen Ausbeuteverlusten“. Durch die absehbare Markteinführung des neuen Initiators werden Zahnfüllungen künftig signifikant günstiger sein.

Geeignet für Kontaktlinsen und Co.

Michael Haas sieht auch Potenzial für weitere biomedizinische Anwendungen wie etwa Kontaktlinsen: Für die meisten dieser Anwendungen werden bislang phosphorbasierte und damit toxikologisch bedenkliche Photoinitatoren eingesetzt. Die gesundheitlich unbedenklichen Initiatoren auf Germaniumbasis waren für diese Anwendungen bislang zu teuer. Auch die Herstellung von neuartigen Implantaten, von Prothesen oder künstlichem menschlichen Gewebe sind mögliche Einsatzgebiete des neuartig synthetisierten Initiators. „Interessant wird es überall dort, wo die Verwendung von nicht toxischen Materialien von zentraler Bedeutung ist“, sagt Haas. Die Forschung an Photoinitiatoren ist mit rund zwölf Jahren ein relativ junges Gebiet. Michael Haas und seine Forschungsgruppe haben auf dem Gebiet der germaniumbasierten Photoinitiatoren in den vergangenen vier Jahren bereits zwei voneinander unabhängige Patente erfolgreich eingereicht. „Da radikalische Photoinitiatoren in vielen industriellen Prozessen eine Anwendung finden, ist die absolute Relevanz unserer Ergebnisse noch nicht abschätzbar“, meint Haas.

Publikation im Fachjournal Angewandte Chemie

Bei aller Anwendungsorientierung fährt die Arbeitsgruppe von Michael Haas auch eine reiche Ernte in der Grundlagenforschung ein: In den vergangenen Jahren haben sie alleine auf diesem Gebiet mehr als 15 Publikationen in anerkannten wissenschaftlichen Fachjournalen publiziert. Unlängst veröffentlichte Haas gemeinsam mit seinem Doktoranden Manfred Drusgala sowie mit weiteren Kolleginnen und Kollegen im Fachjournal Angewandte Chemie neue Ergebnisse. Darin beschreiben die Forschenden eine neue Methode zur gezielten Synthese sogenannter Bisenolate, einer speziellen Verbindungsklasse aus der Enolatchemie. Diese Verbindungsklasse zeichnet sich durch die Möglichkeit einer Doppelreaktion am zentralen und aktiven Germaniumatom aus – es sind also simultan zwei Reaktionen gleichzeitig durchführbar. Das erlaubt die Einführung neuer Funktionalitäten, wodurch diese neue Verbindungsklasse für die weitere Forschung am Gebiet der Photoinitiatoren von großem Interesse ist. „Das ist auch für die gesamte metallorganische Chemie ein Meilenstein“, so Haas. Er und sein Team entwickeln zurzeit ausgehend von diesen Molekülen völlig neuartige wasserlösliche Photoinitiatoren, was einen bislang unbetretenen Boden in diesem Forschungsgebiet darstellt. (Susanne Filzwieser)

Externer Link: www.tugraz.at