Agrarroboter mit Künstlicher Intelligenz

Pressemitteilung der OTH Regensburg vom 07.01.2020

An der OTH Regensburg schrauben Studierende an einem intelligenten Roboter, der ohne Glyphosat und für den Preis eines neuen Handys, Bio-Felder von Unkraut befreien soll.

Die Sonne brennt auf die schattenlose Weite, ein scharfer Wind schneidet über die Hügel. Unermüdlich surrt und knattert ein kleiner Roboter zwischen jungen Feldpflanzen umher und scannt mit zwei kleinen Kameraaugen die Umgebung. Immer, wenn die Künstliche Intelligenz (KI) in seiner Platine Unkraut erkennt, fährt ein Stecharm in den Boden und rupft wucherndes Unkraut aus der Erde. Keine tausend Kilogramm wiegt er und keinen Tropfen Glyphosat muss er dabei verteilen. Es ist eine Vision von smarter Landwirtschaft, die weit entfernt wirkt. Doch an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) gibt es einen Idealisten, der seit einem Jahr an genau dieser Vision bastelt. Prof. Dr. Hermann Ketterl, Fakultät Maschinenbau, entwickelt mit seinen Studierenden einen kleinen Agrarroboter mit künstlicher Intelligenz, der nicht nur Biobauern eine Freude sein soll, sondern auch flexibel und vor allem erschwinglich.

Noch ganz am Anfang

„Seit das mit Glyphosat ein Thema ist, sind viele motiviert, in diese Richtung zu gehen,“ erzählt Prof. Dr. Ketterl, während er zwischen dutzenden „wilden“ Erfindungen im Labor für Mess- und Steuerungstechnik steht. Erst vor einem Jahr startete das erste Agrartechnik-Projekt seines Labors überhaupt. Heute sind schon rund zehn Studierende dabei und einige Masterarbeiten in vollem Gange. Prof. Dr. Ketterl hatte schon Jahre zuvor das Thema angestoßen, hat er doch selbst ein paar Hektar Bioland mit zwei Kühen in Niederbayern. Mit dem Studenten Michael Engel startete es schließlich durch. Engel forscht an einem Konzept zur Reihenerkennung in Getreidefeldern. Im Sommersemester 2019 startete schließlich das Projekt „Agrarroboter“. Für den Anfang der großen Vision soll es erst einmal darum gehen, Futterrüben von Melden zu unterscheiden, einem hartnäckigen Fuchsschwanzgewächs, das vielen Bauern auf die Nerven geht.

Günstige Alternative

Ziel wäre eine kleine Maschine, die sich vor allem auch kleine Biobetriebe leisten können. Die Bauteile sind deshalb günstig, zwei Motoren für je 50 Euro und ein „Raspberry Pi“-Rechner für nochmal 50 Euro. Bislang liegt der Prototyp bei 300 Euro, am Ende sollte er inklusive GPS-Modul, Ladestation und einer schicken Hülle bei unter 1.000 Euro liegen. Auch im Stromverbrauch soll er sehr sparsam sein.

Damit ist die Maschine ein Gegenentwurf zu dem, was bislang auf dem Markt ist. Denn natürlich sind die Regensburger weit davon entfernt, die Ersten zu sein, mit der Idee eines intelligenten Unkraut-Vernichters. Viele technische Universitäten arbeiten bereits an dem Thema. Und auf den Feldern fahren bereits erste Hackgeräte herum. Diese sind jedoch für Großbauern angelegt, müssen noch von einem großen Diesel-Traktor gezogen werden und kosten einen sechsstelligen Betrag. An der OTH Regensburg forschen die Studierenden auf eigene Faust, ohne Zusammenarbeit mit Privatfirmen. „Industrielle Interessen sind da oft andere,“ weiß Prof. Dr. Ketterl, „die haben wenig Interesse an Low-Cost-Alternativen.“

Realistische Ziele

Außerdem, und das will der Professor noch ausdrücklich betonen, ist der Agrarroboter in erster Linie ein Lehrforschungsprojekt. Es geht um die Ausbildung künftiger Ingenieure, die vielleicht in der Zukunft die Agrarwirtschaft verändern werden. Und nicht um den Bau eines marktreifen Produkts innerhalb weniger Monate. Und schon gar nicht um den Bau eines perfekten Roboters, der 100 Prozent des Unkrauts erkennt und sich nie mal irgendwo festfährt. Das ist für den Preis auch nicht möglich. Dennoch geht die Arbeit an der Optimierung des Roboters stetig weiter. Der erste ferngesteuerte Prototyp fährt mit seinen wackeligen Test-Reifen seit wenigen Wochen und auch der mechanische Hackarm ist bereits montiert.

Im kommenden Semester arbeiten Studierende wie der Masterand Clemens Hölscher an der GPS-Positionierung. Masterand Michael Dier will bis dahin die Abstandsermittlung mittels Triangulation mit den beiden Kameras optimiert haben. Und noch in diesem Frühherbst soll ein 50 Quadratmeter großes Testfeld zwischen den Testanlagen für Erneuerbare Energien entstehen. „Dann kann man das mal richtig testen,“ freut sich Prof. Dr. Ketterl bereits, „wenn‘s mal geregnet hat und er verschlammt, wenn Dreckbatzen auf der Linse sind, dann wird‘s erst spannend.“

Externer Link: www.oth-regensburg.de

Ein erfolgreiches Jahr für ETH-Spin-offs

Medienmitteilung der ETH Zürich vom 06.01.2020

Im Jahr 2019 wurden an der ETH Zürich 30 neue Spin-offs gegründet. Das Klimajahr widerspiegelt sich auch in den Neugründungen: Auffällig viele der neuen ETH-Spin-offs entwickeln nachhaltige Materialien.

Die ETH Zürich blickt auf ein sehr erfolgreiches Spin-off-Jahr zurück und kann die Anzahl der Gründungen vom Vorjahr erneut ausbauen: 30 neue Firmen wurden 2019 von ETH-Forschenden gegründet. Zudem beweisen die hohen Investitionen in ETH-Spin-offs deren Attraktivität. So erzielte die Firma GetYourGuide als erster ETH-Spin-off noch vor einem Börsengang über eine Milliarde Marktwert. Auch in diesem Jahr stammen viele Neugründungen aus dem Bereich Informatik und Kommunikationstechnologie. Besonders zugelegt hat der Bereich neue Materialien. Sechs der neuen Spin-offs fokussieren auf nachhaltige und ökologische Materialien.

Umweltfreundliche Membran und Isolation aus Industrieabfällen

Obwohl sich die Spin-offs mit sehr unterschiedlichen Materialien befassen, ist ihnen eines gemeinsam: Ihre Produkte sollen die Umwelt schonen. FenX verwandelt Industrieabfall in einen porösen Schaum, der sich zur Gebäudeisolation eignet. Im Gegensatz zu anderen nachhaltigen Dämmstoffen ist dieser nicht brennbar und günstig herzustellen. Auch ETH-Spin-off Neustark verwendet Altes, um Neues zu schaffen und hat sich zum Ziel gesetzt, Beton kostengünstig zu recyceln. So können die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung von Zement immens sind, deutlich reduziert werden. Der Spin-off Dimpora hingegen entwickelt eine umweltfreundliche Membran für Outdoor-Jacken, die ohne Fluorverbindungen auskommt, aber gleich atmungsaktiv ist wie herkömmliche Membranen.

Weiteres Wachstum im Spin-off-Bereich

Detlef Günther, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen, freut sich über die vielen Spin-off-Gründungen. «Viele haben mich in den letzten Jahren darauf angesprochen, dass die ETH doch mehr Firmen gründen könnte. Meine Antwort war immer die gleiche: Wenn die richtigen Ideen da sind, werden unsere Forschenden das Risiko nicht scheuen.» Für die ETH sei es wichtig, dass aus guten Technologien und Ideen aus der Grundlagenforschung Firmen mit Wachstumspotenzial entstehen und somit neue Arbeitsplätze geschaffen würden. Langfristig am Markt zu bestehen, sei dabei eine Herausforderung und berge ein grosses Risiko für die Firmengründerinnen und -gründer. «An der ETH Zürich haben sie aber gute Startmöglichkeiten, da es ein zentrales Anliegen der Hochschule ist, Innovationen schnell in die Gesellschaft zu tragen», so Günther.

So viele Investitionen wie noch nie

Erfreulich hat sich im vergangenen Jahr auch das gesamte Investitionsvolumen in ETH-Spin-offs entwickelt. Rund 630 Millionen Schweizer Franken wurden in ETH-Spin-offs investiert – ein Investitionsvolumen in dieser Grössenordnung gab es vorher noch nicht. Zwar sticht GetYourGuide heraus, aber auch viele weitere Spin-offs konnten letztes Jahr grosse Finanzierungsrunden vermelden. So wurde etwa in Nexxiot 50 Millionen Schweizer Franken und in Beekeeper 45 Millionen US-Dollar investiert. Der 2019 gegründete ETH-Spin-off Planted Foods, der aus Erbsen einen Fleischersatz herstellt, konnte eine erste Finanzierungsrunde von 7 Millionen Schweizer Franken abschliessen.

Externer Link: www.ethz.ch

technologiewerte.de – MOOCblick Januar 2020

Spannende Themen, herausragende Dozenten und flexible Lernmöglichkeiten tragen zum wachsenden Erfolg der Massively Open Online Courses (MOOCs) bei – offene, internetgestützte Kurse mit einer Vielzahl an Teilnehmern rund um den Globus.

Folgender Kurs – zu finden auf der MOOC-Plattform edX – sollte einen Blick wert sein:

Idea Development: Create and Implement Innovative Ideas
Anna Jenkins (The University of Queensland)
Start: 14.01.2020 / Arbeitsaufwand: 80-100 Stunden

Externer Link: www.edx.org

Neuartige Kombination von Antikörpern führt zu deutlicher Verbesserung bei Krebs-Immuntherapie

Medienmitteilung der Universität Basel vom 30.12.2019

Der gleichzeitige Einsatz von Antikörpern, die auf zwei verschiedenen Wirkungsmechanismen beruhen, führt zu einer effektiveren Zerstörung von Tumoren. Dies zeigt eine im Fachjournal «PNAS» veröffentlichte Studie von medizinischen Onkologen und Wissenschaftlern der Universität Basel an Tiermodellen. Davon profitieren könnten vor allem Patientinnen und Patienten mit Tumoren, die nicht auf die bereits verfügbaren Immuntherapie-Behandlungen ansprechen.

In den letzten Jahren haben Immuntherapien gegen Krebs grosse Hoffnungen geweckt. Diese neuartigen Therapien rekrutieren das körpereigene Immunsystem zur Zerstörung des Krebsgewebes. Einen vielversprechenden Effekt in vorklinischen Studien zeigte ein Antikörper, der den CD40-Rezeptor auf der Oberfläche von Immunzellen aktiviert und so die Produktion von natürlichen T-Killerzellen ankurbelt.

Doch in den darauffolgenden klinischen Studien blieb der Erfolg des CD40-Antikörpers weit hinter den Erwartungen zurück – weniger als 20% der Patienten sprachen darauf an. Die Forschungsgruppe Cancer Immunology der Universität Basel zeigte jetzt im Tiermodell, dass sich die Wirkung des Anti-CD40-Antikörpers durch die Kombination mit zwei weiteren Antikörpern, die an den Blutgefässen des Tumors ansetzen, erheblich erhöhen lässt.

Den Weg ins Innere des Tumors öffnen

Ausgangspunkt für die Studie war die Beobachtung, dass die Gabe von Anti-CD40-Antikörpern zwar wie vorgesehen zu einer Vermehrung von T-Killerzellen führt – doch diese lassen sich dann nur in den Randbereichen und nicht im Inneren des Tumors nachweisen. Die Forschenden vermuteten, dass der Grund dafür in der Beschaffenheit der Blutgefässe des Tumors liegt.

«Normalerweise sind die Blutgefässe eines Tumors nicht dicht oder sie sind verkümmert. Deshalb gibt es für die T-Killerzellen keinen guten Weg ins Innere», sagt Studienleiter Dr. Abhishek Kashyap. «Unsere Hypothese war: Nur wenn es genug gesunde Blutgefässe gibt, können die T-Killerzellen in den Tumor eindringen und ihn zerstören.»

Deshalb kombinierten sie den Anti-CD40-Antikörper mit zwei weiteren, sogenannten anti-angiogenetischen Antikörpern, welche die Blutgefässe von Tumoren stabilisieren können. Einer der verwendeten anti-angiogenetischen Antikörper ist unter dem Namen Avastin schon für die Krebs-Therapie zugelassen, der andere befindet sich noch in der klinischen Entwicklung. Alle Antikörper wurden von der Firma Roche zur Verfügung gestellt.

Neue Kombination zerstört Tumorgewebe

Diese neue Kombination von Antikörpern testeten die Forschenden dann in mehreren Tiermodellen für verschiedene Krebsarten wie Darm-, Brust- oder Hautkrebs. Wie erwartet sorgte die Kombination der drei Antikörper bei allen Krebsarten für eine signifikante Verbesserung bei der Zerstörung des Tumorgewebes.

Eine genauere Analyse zeigte zudem, dass dieser Erfolg auf dem vorhergesagten Mechanismus beruhte: Durch die Zugabe der beiden anti-angiogenetischen Antikörper verfügten die Tumoren über mehr intakte Blutgefässe. Überraschenderweise zeigten die Untersuchungen aber auch, dass die Antikörper-Kombination das Immunsystem auf vielfältige Weise sehr effektiv stärkt – etwa durch die Aktivierung von Genen, die Produktion von Zytokinen, eine bessere Durchdringung des Tumors mit Killerzellen und durch die Förderung einer tumorfeindlichen Entzündungsreaktion in der Umgebung des Tumors.

«Unser Ergebnis zeigt, wie wichtig es ist, die Biologie von Tumoren zu verstehen», sagt Kashyap. Er glaubt, dass vor allem Patientinnen und Patienten mit ‹kalten› Tumoren – also Tumoren, die nicht gut auf eine Immuntherapie ansprechen – von dieser neuen Kombination profitieren könnten. «Durch die anti-angiogenetischen Antikörper können wir die ‹kalten› Tumoren möglicherweise ‹heiss› machen, sodass die Immuntherapie besser funktioniert.» Mittlerweile gibt es auch schon einige frühe klinische Studien, die vergleichbare Therapien im Menschen testen.

Zusammenarbeit stärkt Resultate

Nach Ansicht von Kashyap besteht die Stärke der Studie nicht nur in den grossen gemessenen Effekten, sondern auch in der Tatsache, dass mehrere verschiedene Labors die gleichen Ergebnisse erzielten: Die Experimente wurden am Universitätsspital Basel, an der EPFL und im Roche Innovation Center Zürich durchgeführt.

Dies bestätigt auch Prof. Alfred Zippelius, Professor für Translationale Onkologie an der Universität Basel und Letztautor der Studie: «Das Innovations- und Umsetzungspotenzial dieser Arbeit ist das Ergebnis einer engen und exzellenten Zusammenarbeit zwischen angewandter und Grundlagenforschung, zwischen Universität Basel und EPFL und schliesslich zwischen Wissenschaft und Industrie.»

Originalpublikation:
Abhishek S. Kashyap, Martina Schmittnaegel, Nicolò Rigamonti, Daniela Pais-Ferreira, Philipp Mueller, Melanie Buchi, Chia-Huey Ooi, Matthias Kreuzaler, Petra Hirschmann, Alan Guichard, Natascha Rieder, Ruben Bill, Frank Herting, Yvonne Kienast, Stefan Dirnhofer, Christian Klein, Sabine Hoves, Carola H. Ries, Emily Corse, Michele De Palma, Alfred Zippelius
Optimized anti-angiogenic reprogramming of the tumor microenvironment potentiates CD immunotherapy
PNAS (2019), doi: 10.1073/pnas.1902145116

Externer Link: www.unibas.ch