Neuer Ansatz für energieeffiziente KI-Anwendungen gefunden

Presseaussendung der TU Graz vom 11.03.2021

Forscher der TU Graz zeigen eine neue Design-Methode für besonders energieschonende künstliche neuronale Netzwerke, die mit extrem wenigen Signalen auskommen, und – ähnlich wie der Morse-Code – auch den Pausen zwischen den Signalen eine Bedeutung zuweisen.

Die meisten neuen Errungenschaften der Künstlichen Intelligenz (KI) erfordern sehr große neuronale Netze. Sie bestehen aus hunderten Millionen von Neuronen, die in mehreren hundert Schichten angeordnet sind, also sehr „tiefe“ Netzstrukturen haben. Diese großen, tiefen neuronalen Netze verbrauchen im Computer sehr viel Energie. Besonders energieintensiv sind jene neuronalen Netze, die in der Bildklassifizierung (z. B. Gesichts- und Objekterkennung) eingesetzt werden, da sie in jedem Zeittakt sehr viele Zahlenwerte mit großer Genauigkeit von einer Neuronenschicht zur nächsten senden müssen.

Der Informatiker Wolfgang Maass hat gemeinsam mit seinem Doktoranden Christoph Stöckl nun eine Design-Methode für künstliche neuronale Netzwerke gefunden, die den Weg zu einer energieeffizienten leistungsfähigen KI-Hardware (z. B. Chips für Fahrassistenzsysteme, Smartphones und anderen Mobile Devices) ebnet. Die beiden Forscher des Instituts für Grundlagen der Informationsverarbeitung der TU Graz haben künstliche neuronale Netzwerke in Computer-Simulationen zur Bildklassifizierung derart optimiert, dass die Neuronen – ähnlich wie Neurone im Gehirn – nur relativ selten Signale aussenden müssen und eben diese Signale sehr einfach sind. Die nachgewiesene Klassifizierungsgenauigkeit von Bildern mit diesem Design kommt trotzdem sehr nahe an den aktuellen Stand der Technik derzeitiger Bildklassifizierungstools heran.

Informationsverarbeitung im menschlichen Gehirn als Vorbild

Maass und Stöckl ließen sich dabei von der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns inspirieren. Dieses verarbeitet mehrere Billionen Rechenoperationen in der Sekunde, benötigt dafür aber nur ca. 20 Watt. Möglich wird dieser geringe Energieverbrauch durch die zwischenneuronale Kommunikation mittels sehr einfacher elektrischer Impulse, sogenannter Spikes. Die Information wird dabei nicht nur durch die Anzahl der Spikes, sondern auch durch ihre zeitlichen variablen Muster kodiert. „Man kann sich das vorstellen wie einen Morse-Code. Auch die Pausen zwischen den Signalen übertragen Informationen“, erklärt Maass.

Konvertierungsmethode für trainierte künstliche neuronale Netzwerke

Dass eine Spike-basierte Hardware den Energieverbrauch von Anwendungen mit neuronalen Netzen reduzieren kann, ist nicht neu. Dies konnte aber bisher nicht für die sehr tiefen und großen neuronalen Netze realisiert werden, die man für wirklich gute Bildklassifikation benötigt.

In der Design-Methode von Maass und Stöckl kommt es nun bei der Informationsübertagung nicht nur darauf an, wie viele Spikes ein Neuron aussendet, sondern auch, wann das Neuron diese Spikes aussendet. Die Zeit bzw. die zeitlichen Abstände zwischen den Spikes kodieren sich praktisch selbst und können daher sehr viel zusätzliche Information übertragen. „Wir zeigen, dass mit wenigen Spikes – in unseren Simulationen sind es durchschnittlich zwei – genauso viel Informationen zwischen den Prozessoren vermittelt werden können wie in energieaufwendiger Hardware“, so Maass.

Mit den Ergebnissen liefern die beiden Informatiker der TU Graz einen neuen Ansatz für Hardware, die wenige Spikes und damit einen geringen Energieverbrauch mit State-of-the-Art-Performances von KI-Anwendungen verbindet. Die Ergebnisse könnten die Entwicklung von energieeffizienten KI-Anwendungen drastisch beschleunigen und werden unter anderem in Nature Machine Intelligence beschrieben. (Christoph Pelzl)

Originalpublikation:
Nature Machine Intelligence. Optimized spiking neurons can classify images with high accuracy through temporal coding with two spikes. C. Stoeckl and W. Maass.
DOI: 10.1038/s42256-021-00311-4

Externer Link: www.tugraz.at

Virtual-Reality-App hilft gegen Höhenangst

Medienmitteilung der Universität Basel vom 10.02.2021

Forschende der Universität Basel haben eine Virtual Reality App für Smartphones entwickelt, um Höhenangst zu reduzieren. Die Wirksamkeit stellten sie nun mit einer klinischen Studie unter Beweis. Höhenängstliche Probanden, die mit der App insgesamt vier Stunden zuhause trainierten, konnten anschliessend mit einer realen Höhensituation besser umgehen.

Höhenangst ist ein weit verbreitetes Phänomen. Bei ungefähr fünf Prozent der Bevölkerung ist das Unwohlsein in Höhensituationen derart ausgeprägt, dass sie darunter leiden. Betroffene nehmen jedoch selten vorhandene Behandlungsmöglichkeiten wie eine Expositionstherapie in Anspruch, bei der sie sich unter professioneller Anleitung in die gefürchtete Situation begeben. Einerseits setzen sich Betroffene nur widerwillig ihrer Höhenangst aus, anderseits spielen Schwierigkeiten eine Rolle, passende Höhensituationen im therapeutischen Setting zu schaffen.

Das interdisziplinäre Forschungsteam um Prof. Dr. Dominique de Quervain von der Universität Basel hat deshalb «Easyheights» entwickelt – eine Virtual-Reality-App, mit der sich eine Exposition auf dem Smartphone simulieren lässt. Die App arbeitet mit 360°-Bildern von realen Orten, welche die Forschenden mit einer Drohne aufgenommen haben. Betroffene können die App auf ihrem eigenen Smartphone nutzen, das sie hierfür in ein Virtual-Reality-Headset einsetzen.

Schrittweise höher

Im virtuellen Erlebnis steht die Nutzerin oder der Nutzer auf einer Plattform, die sich zunächst einen Meter über dem Boden befindet. Nach einer Gewöhnungszeit wird die Plattform automatisch weiter angehoben. Auf diese Weise steigt die wahrgenommene Position über dem Boden langsam aber stetig an, ohne dass das Angstniveau zunimmt.

Die Wirksamkeit dieses Ansatzes konnte das Forschungsteam in einer randomisierten kontrollierten Studie nachweisen, deren Ergebnisse im Fachjournal «NPJ Digital Medicine» erschienen sind. 50 Studienteilnehmende mit Höhenangst absolvierten entweder ein insgesamt vierstündiges Höhentraining (einmal 60 Minuten und sechsmal 30 Minuten innerhalb von zwei Wochen) in der virtuellen Realität oder wurden der Kontrollgruppe ohne solches Training zugewiesen.

Vor und nach der Trainingsphase – beziehungsweise der gleichen Zeitspanne ohne Training – bestiegen die Probanden den Aussichtsturm Uetliberg bei Zürich so weit, wie es ihre Höhenangst zuliess. Dabei protokollierten die Forschenden die erreichte Höhe sowie die Stärke der empfundenen Angst auf jeder Etage des Aussichtsturms. Letztlich konnten die Forschenden die Ergebnisse von 22 Probanden mit «Easyheights»-Training und 25 aus der Kontrollgruppe auswerten.

Die Gruppe, die mit der App trainiert hatte, zeigte weniger Angst auf dem Turm und war in der Lage, höher in Richtung Spitze zu klettern als vor dem Training. In der Kontrollgruppe fand keine positive Veränderung statt. Die Wirksamkeit des Höhentrainings mit «Easyheights» erwies sich als vergleichbar mit der einer klassischen Expositionstherapie.

Therapie im heimischen Wohnzimmer

Der Einsatz von virtueller Realität zur Behandlung von Höhenangst wird bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten erforscht. «Neu ist jedoch, dass Smartphones die virtuellen Szenarien erzeugen und diese sonst technisch aufwendige Therapieform damit deutlich zugänglicher wird», erklärt Dr. Dorothée Bentz, Erstautorin der Studie.

Die Studienergebnisse legen nahe, dass die wiederholte Nutzung einer virtuellen Expositionstherapie auf dem Smartphone das Verhalten und das subjektive Befinden in Höhensituationen deutlich verbessern kann. Betroffene mit leichten Formen der Höhenangst können sich die kostenlose Applikation in Kürze aus gängigen App-Stores herunterladen und in Eigenregie üben. Bei Betroffenen mit einer ausgeprägten Höhenangst empfehlen die Forschenden jedoch, die App nur in Begleitung einer Fachperson zu nutzen.

Die aktuelle Studie gehört zu einer Reihe von Projekten der transfakultären Forschungsplattform Molecular and Cognitive Neurosciences, welche von Prof. Dr. Andreas Papassotiropoulos und Prof. Dr. Dominique de Quervain geleitet wird. Sie verfolgen das Ziel, die Behandlung von psychischen Störungen durch den Einsatz neuer Technologien zu verbessern und diese breit verfügbar zu machen.

Originalpublikation:
Dorothée Bentz, Nan Wang, Merle K Ibach, Nathalie S Schicktanz, Anja Zimmer, Andreas Papassotiropoulos, Dominique JF de Quervain
Effectiveness of a stand-alone, smartphone-based virtual reality exposure app to reduce fear of heights in real-life: a randomized trial
NPJ Digital Medicine (2021), doi: 10.1038/s41746-021-00387-7

Externer Link: www.unibas.ch

App revolutioniert Wäschewaschen im Studierendenwohnheim

Pressemitteilung der OTH Regensburg vom 09.11.2020

Absolventen der OTH Regensburg kooperieren mit dem Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz und entwickeln ein System zur Waschraumbelegung. Die App wurde bereits erfolgreich im Dr.-Gessler-Wohnheim in Regensburg getestet.

In der Wohnanlage Dr.-Gessler-Straße leben rund 600 Studierende. Im Waschkeller stehen ihnen acht Maschinen zum Wäschewaschen zur Verfügung – zu Stoßzeiten sind diese häufig allesamt belegt, außerhalb dieser kann es vorkommen, dass sie überhaupt nicht genutzt werden. Dieses Problem haben Daniel Florea und Pascal Bily, beide Absolventen des Masterstudiengangs Informatik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg), erkannt und eine Lösung in Form einer App entwickelt.

In ihrem Abschlusssemester vergangenen Sommer belegten die beiden Kommilitonen das Modul „Projektstudium 2“ bei Prof. Dr. Alexander Metzner. Daniel Florea und Pascal Bily wohnten zu dieser Zeit im Dr.-Gessler-Wohnheim bzw. im Vitusheim. Wenn es ums Wäschewaschen ging, machten beide dieselbe Beobachtung: „Wir stellten fest, dass man immer wieder in der Waschküche ankommt und alle Waschmaschinen belegt sind. Zu anderen Zeiten waren wiederum alle Maschinen frei“, sagt Daniel Florea. Sie tauschten sich über das Problem aus und überlegten sich, eine Lösung innerhalb des Seminars „Projektstudium“ zu erarbeiten. Ihr Ansatz: Mittels eines kontaktlosen 3-Achsen-Kompass-Sensors wollten sie an den einzelnen Maschinen den Strom messen, was Aufschluss darüber gibt, ob diese gerade in Betrieb sind oder nicht. Das Ergebnis sollte in einer Cloud abgebildet werden und über eine Seite auf Endgeräten wie Smartphones abrufbar sein.

Ein System mit Messmodulen für alle Waschmaschinen bauten die beiden Informatiker dann zum Probelauf im Dr.-Gessler-Wohnheim ein. „Der Testlauf lief aus unserer Sicht sehr gut“, sagt Pascal Bily. Das Feedback der Nutzer sei durchweg positiv gewesen und das System sei bislang ohne Ausfälle durchgelaufen. Zurzeit befinden sich die beiden App-Macher in Gesprächen mit dem Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz über die Installation des Systems in weiteren Wohnheimen. Geschäftsführerin Gerlinde Frammelsberger zeigte sich begeistert: „Wir wollen die beiden jungen Absolventen unterstützen und prüfen derzeit, ob eine Ausweitung des Systems auf weitere unserer Wohnanlagen möglich wäre.“

Die Informatik-Absolventen sind inzwischen übrigens keine Heimbewohner mehr: Sie haben beide eine Anstellung als Software Development Engineer bei der Vector Informatik GmbH in Stuttgart bzw. Karlsruhe angetreten, wo sie sich mit Ethernet- bzw. Softwareanwendungen für die Automobilindustrie beschäftigen.

Externer Link: www.oth-regensburg.de

Rapid Prototyping: Baumaschinen im Software-Test

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 02.11.2020

Die Entwicklung neuer Produktgenerationen bei Nutzfahrzeugen oder Baumaschinen ist aufwendig. Mit »Hardware-in-the-Loop« bieten Forschende der Fraunhofer-Gesellschaft eine Möglichkeit, Maschinen in einer Software-Simulation nachzubilden und virtuell zu testen. Die Herstellung neuer Maschinen wird dadurch schneller und preisgünstiger. Mit der Technik lassen sich auch Störfälle und kritische Grenzsituationen ohne Gefahr für Mensch oder Maschine testen.

Baumaschinen gehören zum Straßenbild einer jeden Stadt. Sie heben Erde für U-Bahn-Schächte aus, planieren Straßen und hieven tonnenschwere Lasten in schwindelerregende Höhen. Um diese Aufgaben zu bewältigen, müssen sie nicht nur robust und leistungsstark sein, sondern auch extrem zuverlässig, präzise und sicher. Ein Turmdrehkran ist in der Lage, mitten in der dicht besiedelten Stadt einen tonnenschweren Werkzeugcontainer hunderte Meter hoch zu hieven, um diesen zentimetergenau auf der Plattform eines Hochhauses abzulegen. Dementsprechend aufwendig und teuer ist die Entwicklung solcher Maschinen und das Testen der Prototypen.

Unterstützung bietet das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern mit einem Teststand der besonderen Art. Er basiert auf einem HiL-Simulator (Hardware-in-the-Loop). Damit lassen sich im Prinzip jede beliebige Maschine und deren Steuerung gekoppelt mit einer Software-Simulation virtuell testen. In der Autoindustrie ist HiL bei der Entwicklung neuer Modelle bereits Standard. Bei Nutzfahrzeugen aber noch nicht. Die Fraunhofer-Forschenden hatten allerdings schon vor Jahren erkannt, dass die Nutzfahrzeugbranche durch immer kürzere Innovationszyklen, die zunehmend modulare Bauweise und die Digitalisierung der Steuerungstechnik einen ganz ähnlichen Bedarf hat und das Testkonzept entsprechend übertragen. »Mit unserem HiL-Simulator sind wir in der Lage, Baumaschinen aller Art zu testen, beispielsweise unterschiedliche Kran-Typen oder auch Betonpumpen. So helfen wir bei der Optimierung der Prototypen«, erklärt Projektleiter Dr. Christian Salzig. Eine reale Testumgebung ist nicht mehr nötig.

Digitaler Zwilling der Baumaschine im Simulator

Im ersten Schritt wird die zu testende Maschine als Software-Modell nachgebaut, in die alle technischen Spezifikationen einfließen. Dazu gehören die Abmessungen, die Leistungsdaten der Motoren, die Stärke der Stützstrukturen, die Gewichtsverteilung, die Winkel beim Bewegen der Ausleger, deren Länge und vieles mehr. Gleichzeitig sind die physikalischen Gesetze der Mechanik, Hydraulik und Elektronik wie Kräfte, Drücke oder Steuersignale als mathematische Gleichungen in die Software implementiert. Auf diese Weise entsteht ein Digitaler Zwilling.

Im nächsten Schritt wird der Simulator mit dem digitalen Zwilling an die elektronischen Steuereinheiten angeschlossen, die die Baumaschine im Betrieb kontrollieren und steuern. Eine Fachkraft bedient die zahlreichen Regler und Joysticks, die wiederum mit den Steuereinheiten verbunden sind. Auf einem Display stellt eine animierte 3D-Grafik alle Bewegungen der Maschine dar.

Der HiL-Simulator-Test zeigt zunächst, wie präzise Steuereinheit und Maschine zusammenwirken, und wie feinfühlig Bedienelemente wie Joysticks agieren. Moderne Baumaschinen sind mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet. Sie registrieren Werte wie Drehmoment und Beschleunigung der Ausleger, Druck, Gewicht, das an Seilzügen zieht, oder die Neigung des Bodens unter der Maschine. Auch hier zeigt die Simulation, ob die Kommunikation zwischen Maschine und Steuereinheit auf Basis der Sensordaten präzise und verzögerungsfrei funktioniert. Technische Störungen lassen sich ebenfalls simulieren – etwa, was passiert, wenn an einer Gelenkstelle ein Kabel bricht oder die Hydraulik des Hebeelements Druck verliert.

Sicherheit und Grenzsituationen

Entscheidend beim Betrieb von Nutzfahrzeugen und Baumaschinen ist die Sicherheit. »Die Hersteller wollen wissen, was ihre Maschine in Grenzbereichen leistet und ab wann es kritisch wird«, sagt Christian Salzig. Der Simulator testet beispielsweise, was passiert, wenn eine Last anfängt zu pendeln oder Flüssigkeiten in einem Transportbehälter hin und her schwappen. Auch ein instabiler oder geneigter Untergrund, auf dem die Baumaschine steht, gehört zum Test-Parcours. Teleskopbühnen müssen beispielsweise in beengten Verhältnissen ihre Abstützungen platzieren. Mit den Hardware-in-the-Loop-Tests sehen die Produktentwickler, ab welchem Neigungswinkel der Digitale Zwilling instabil wird oder sogar umkippt. In einer realen Umgebung mit echten Maschinen wären solche Tests teuer und riskant. Der HiL-Simulator erledigt dies völlig gefahrlos für den Menschen und es werden auch keine teuren Prototypen beschädigt oder gar zerstört.

Rapid Prototyping für Baumaschinen

Mit dem Teststand am Fraunhofer ITWM können die Hersteller die Praxistauglichkeit und Leistung ihrer Maschine schon in einem frühen Stadium der Entwicklung prüfen, nachbessern und optimieren. Alle Funktions- und Belastungstests können bereits in der Konzeptphase erfolgen und nicht erst, wenn der erste Prototyp fertig ist. Das Verfahren ist auch als Rapid Prototyping bekannt. Nutzfahrzeug-Hersteller sind somit in der Lage, neue Produktgenerationen schneller und zu geringeren Entwicklungskosten auf den Markt zu bringen.

Fraunhofer-Experte Salzig weist noch auf einen weiteren Vorteil hin: »Die Hersteller wollen natürlich bei jeder neuen Produktgeneration Material einsparen, den Energieverbrauch senken, neue Funktionen integrieren und die Maschinen kleiner und mobiler machen.« Genau solche Verbesserungen macht Hardware-in-the-Loop möglich. In der Simulation finden die Expertinnen und Experten heraus, ob eine bestimmte gewünschte Eigenschaft oder Tragfähigkeit auch mit weniger Materialaufwand zu realisieren wäre oder ob dieselbe Leistung und Funktionalität nicht auch mit einer kleineren Maschine erreichbar wäre. Ein besonders kompakter Mobilkran könnte dann beispielsweise an Standorten operieren, die für das Vorgängermodell zu eng sind. Er würde trotzdem die gleichen Lasten heben und dieselbe Höhe erreichen.

Bei der komplexen Testprozedur halten die Expertinnen und Experten des Fraunhofer ITWM Kontakt zu den Herstellern. »Es ist nicht so, dass wir einen Auftrag bekommen, dann alleine testen und nach ein paar Monaten einen Testbericht schreiben. Wir arbeiten vielmehr während der gesamten Testreihe eng zusammen und diskutieren gemeinsam die nächsten Schritte«, bestätigt Christian Salzig.

Aktuell plant das Institut schon die nächste Erweiterung: die Integration der 5G-Funktechnik. Diese wird in den nächsten Jahren eine immer größere Rolle bei der drahtlosen Steuerung von Maschinen und Geräten in der Industrie spielen. Derzeit arbeitet das Fraunhofer ITWM an einer Schnittstelle, die den HiL-Simulator mit 5G-Sende- und Empfangsmodulen verbindet.

Externer Link: www.fraunhofer.de

Neue Lichtquellen für die virtuelle und erweiterte Realität

Pressemitteilung der Universität Kassel vom 20.10.2020

In der Freizeit und im Arbeitsleben werden zukünftig immer mehr Menschen die virtuelle Realität (= VR) oder erweiterte Realität (AR = augmented reality) nutzen – Kasseler Wissenschaftler haben eine neue Lichtquelle dafür entwickelt

Bereits jetzt interagieren Menschen mit Hilfe von ausgeklügelten Sensoren und 3-dimensionalen Bildern mit der virtuellen Welt. Das betrifft nicht nur Computerspieler, sondern auch Chirurgen oder Piloten sehen immer öfter Bilder einer durch Messdaten erweiterten Realität, beispielsweise durch spezielle Brillen. „Die Technik ist hier ein wertvolles Hilfsmittel, um sich in komplizierten Umgebungen sicher zurechtzufinden“, sagt Prof. Dr. Bernd Witzigmann, der an der Universität Kassel das Fachgebiet „Computational Electronics und Photonics (CEP)“ leitet.

„Für die Realisierung der aufwändigen Raum- und Bildvermessung sowie der 3-dimensionalen Bilddarstellung werden effiziente, leistungsstarke und kostengünstige Lichtquellen benötigt, die im infraroten oder sichtbaren Bereich arbeiten“, erklärt Witzigmann. Während Halbleiterlaser leistungsstark sind, und mit hoher Strahlqualität punkten können, sind LEDs (lichtemittierende Dioden) kostengünstig und erzeugen sogenanntes inkohärentes Licht. „Für die Bildgebung ist das ein großer Vorteil“, schildert Witzigmann.

An der Universität Kassel wurde nun mit dem Unternehmen Osram Opto Semiconductors eine neuartige Basistechnologie für eine Lichtquelle entwickelt, die die Vorteile der Strahleigenschaften und Leistungsdichte eines Lasers mit der Bildgebungsqualität und Kosteneffizienz einer LED vereint.

Basierend auf der kommerziellen LED-Technologie wurde eine sogenannte superlumineszente LED realisiert, die erstmals oberflächenemittierend ist und dadurch ähnlich einfach zu handhaben wie ein klassische LED. Die Details der Arbeit werden in einem Artikel in der Zeitschrift Compoundsemiconductor beschrieben, der im Oktober erschienen ist.

Veröffentlichung:
Compoundsemiconductor, Vol. 26, Issue 7, S. 54

Externer Link: www.uni-kassel.de