Batterien: Wichtiges Rätsel der Passivierungsschicht gelöst

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 07.03.2023

Forschende des KIT charakterisieren mithilfe von Simulationen die chemischen Vorgänge an den Elektroden von Lithium-Ionen-Batterien

Lithium-Ionen-Batterien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie funktionieren nur mit einer Passivierungsschicht, die sich beim ersten Ladevorgang an den Elektroden bildet. Wie Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) nun anhand von Simulationen festgestellt haben, entsteht diese Feststoff-Elektrolyt-Grenzphase nicht direkt an der Elektrode, sondern wächst aus dem Lösungsmittel. Über ihre Studie berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Zeitschrift Advanced Energy Materials. Ihre Erkenntnisse ermöglichen, Leistungsfähigkeit und Lebensdauer von zukünftigen Batterien zu optimieren.

Vom Smartphone bis zum Elektroauto – fast überall, wo mobile Stromversorgung gefragt ist, werden Lithium-Ionen-Batterien eingesetzt. Mit entscheidend für den zuverlässigen Betrieb dieser und anderer Flüssigelektrolyt-Batterien ist die Feststoff-Elektrolyt-Grenzphase (solid electrolyte interphase – SEI). Diese Passivierungsschicht bildet sich beim ersten Anlegen einer Spannung. Der Elektrolyt wird in der unmittelbaren Nähe der Oberfläche zersetzt. Bisher war unklar, wie die Bestandteile des Elektrolyten eine bis zu 100 Nanometer dicke und stabile Schicht an der Oberfläche der Elektroden bilden können, wenn die Zersetzungsreaktion nur innerhalb weniger Nanometer von der Oberfläche möglich ist.

Die Passivierungsschicht an der Anodenoberfläche bestimmt die elektrochemische Leistungsfähigkeit und die Lebensdauer einer Lithium-Ionen-Batterie wesentlich mit, weil sie in jedem Lade- und Entladezyklus stark beansprucht wird. Bricht die SEI dabei auf, wird der Elektrolyt weiter zersetzt und die Kapazität der Batterie nimmt stetig ab – ein Prozess, der die Lebensdauer der Batterie bestimmt. Mit dem entsprechenden Wissen über Wachstum und Zusammensetzung der SEI lassen sich Batterieeigenschaften gezielt anpassen. Bisher gelang es allerdings weder mit experimentellen noch mit computergestützten Ansätzen, diese auf ganz unterschiedlichen Größen und Längenskalen ablaufenden komplexen Wachstumsprozesse zu entschlüsseln.

Studie innerhalb der EU-Initiative BATTERY 2030+

Forschende am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT haben es nun geschafft, die Bildung der SEI mit einem multiskaligen Ansatz zu charakterisieren. „Damit haben wir eines der großen Rätsel der wichtigsten Schnittstelle in Flüssigelektrolyt-Batterien gelöst – auch in Lithium-Ionen-Batterien, wie wir alle sie täglich nutzen“, sagt Professor Wolfgang Wenzel, Leiter der Forschungsgruppe „Multiscale Materials Modelling and Virtual Design“ am INT. Über ihre Erkenntnisse berichten die Karlsruher Forschenden in der Zeitschrift Advanced Energy Materials. Die Forschungsgruppe ist an der großangelegten europäischen Forschungsinitiative BATTERY 2030+ beteiligt, die auf sichere, bezahlbare, langlebige und nachhaltige Hochleistungsbatterien für die Zukunft zielt.

Mehr als 50 000 Simulationen für verschiedene Reaktionsbedingungen

Um das Wachstum und die Zusammensetzung der Passivierungsschicht an der Anode von Flüssigelektrolyt-Batterien zu untersuchen, erzeugten die Forschenden am INT einen Satz von mehr als 50 000 Simulationen, die verschiedene Reaktionsbedingungen repräsentieren. Sie stellten fest, dass die Bildung der organischen SEI auf einem lösungsvermittelten Weg erfolgt: Zunächst schließen sich SEI-Vorläufer, die direkt an der Oberfläche gebildet werden, weit entfernt von der Elektrodenoberfläche über Keimbildung zusammen. Anschließend wachsen die Keime so schnell, dass sich eine poröse Schicht bildet, welche schließlich die Elektrodenoberfläche bedeckt. Diese Erkenntnis erklärt die paradox anmutende Situation, dass die SEI sich nur in der Nähe der Oberfläche bilden kann, wo Elektronen verfügbar sind, aber ohne den beobachteten Mechanismus sofort aufhören würde zu wachsen, wenn dieser kleine Bereich nahe der Elektrode aufgefüllt ist. „Wir haben diejenigen Reaktionsparameter identifiziert, die die Dicke der Passivierungsschicht bestimmen“, erklärt Dr. Saibal Jana, Postdoc am INT und einer der Autoren der Studie. „Dies wird es künftig ermöglichen, Elektrolyte und geeignete Zusatzstoffe zu entwickeln, um die Eigenschaften der SEI zu steuern und damit die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer der Batterien zu verbessern.“ (or)

Originalpublikation:
Meysam Esmaeilpour, Saibal Jana, Hongjiao Li, Mohammad Soleymanibrojeni, and Wolfgang Wenzel: A Solution-Mediated Pathway for the Growth of the Solid Electrolyte Interphase in Lithium-Ion Batteries. Advanced Energy Materials, 2023. DOI: 10.1002/aenm.202203966

Externer Link: www.kit.edu

Klug geplante Schaltungen: So werden kleine Mikrochips robuster

Presseaussendung der TU Wien vom 10.01.2023

Stößt die Miniaturisierung der Elektronik an ihre Grenzen, weil die Fehleranfälligkeit ansteigt? An der TU Wien zeigte man: Das Problem lässt sich überwinden, wenn man die Fehleranfälligkeit beim Planen von Schaltungen berücksichtigt.

Seit Jahrzehnten werden Transistoren – das Herzstück unserer Computerchips – immer kleiner. Dadurch lassen sich die elektronischen Komponenten in vielerlei Geräten immer kompakter, schneller und auch leistungsfähiger herstellen. Doch kommt diese Entwicklung zu einem naturgegebenen Stillstand? Je kleiner die Bauteile, umso größer die Gefahr, dass einzelne Defekte in der atomaren Struktur das Verhalten des Bauteils deutlich verändern. Das gilt für die etablierte Siliziumtechnologie, aber auch für neuartige Nanotechnologien, die auf 2D-Materialien basieren.

An der TU Wien hat man sich in der Vergangenheit intensiv mit der physikalischen Beschreibung dieses Problems auf der Ebene der Transistoren beschäftigt. Nun geht man einen Schritt weiter und betrachtet den Einfluss der Defekte auf Ebene elektronischer Schaltungen, die manchmal aus mehreren, manchmal sogar aus Milliarden von Transistoren bestehen. In manchen Fällen ist es möglich, dass einzelne Transistoren zwar außerhalb der gewünschten Spezifikation arbeiten, als Teil einer Schaltung aus mehreren Transistoren aber immer noch gute Dienste leisten. Mit dieser neuen Betrachtungsweise auf Schaltungs-Ebene sind noch große Fortschritte bei der Miniaturisierung möglich.

Kleinere Bauteile – größere Fehler

„Die kleinsten Transistoren messen heute nur noch wenige Nanometer“, sagt Michael Waltl vom Institut für Mikroelektronik der TU Wien. „Man ist also auf die atomare Skala vorgedrungen.“ Doch Transistoren sind auf atomarer Ebene niemals perfekt: Manchmal sitzt vielleicht ein Atom an der falschen Stelle, manchmal ist die Verbindung zwischen zwei unterschiedlichen Kristallen nicht ganz exakt. „Bei größeren Bauteilen spielen solche Fehler keine so dominante Rolle, so lange sie nicht zu häufig vorkommen. Aber bei winzigen Transistoren in der Größenordnung von wenigen Nanometern kann schon ein einzelner Defekt dazu führen, dass die Kennlinien des Transistors weit außerhalb des vorgegebenen Toleranzbereichs liegen. Somit gilt er als unbrauchbar.“

Die Auswirkung von Materialfehlern im elektronischen Bauteil wird in der Industrie meist statistisch erfasst: Man stellt zehntausende Transistoren her und vermisst sie. Auf Basis der so ermittelten Variabilität kann man dann berechnen, ob diese Transistoren verwendbar sind, oder ob man die Geometrie oder den Produktionsprozess anpassen und die Fehleranzahl verringern muss. Im schlimmsten Fall müsste man dann etwa die Fläche des Chips vergrößern – das kann sich negativ auf die Leistungsfähigkeit und den Preis des Chips auswirken.

„Das alleinige Suchen nach Transistoren mit Eigenschaften außerhalb des gewünschten Parameterbereichs ist aber eigentlich eine allzu vereinfachte Sichtweise“, findet Michael Waltl. „Die Transistoren sind ja schließlich zu einer elektronischen Schaltung zusammengeschlossen – etwa zu einem Inverter, der ein Signal umkehrt, oder einem Speicher, der zum Beispiel aus sechs Transistoren besteht. Entscheidend ist nicht die Frage, ob ein einzelner Transistor bestimmte abstrakte Kriterien erfüllt, wenn auf atomarer Ebene Fehler auftreten, sondern ob die ganze Schaltung sich dann noch korrekt verhält.“

Das Mikroelektronik-Team der TU Wien ging an dieser Frage mit einer Kombination aus Experimenten und Computersimulationen heran: Zahlreiche elektronische Bauteile wurden untersucht, auf Basis der Ergebnisse wurden aufwändige Computermodelle erstellt.

Präzise Computermodelle erlauben es, Schaltungen robust zu gestalten

Dabei zeigte sich: Auch fehlerbehaftete Transistoren sind nicht notwendigerweise nutzlos. „Die Fehlertoleranz hängt von der Schaltung ab – und das sollte man beim Design von Schaltungen unbedingt berücksichtigen“, sagt Michael Waltl. „Es kann zum Beispiel sein, dass der Transistor an einer ganz bestimmten Stelle der elektronischen Schaltung besonders fehlerarm sein muss, dass bei einem anderen Transistor derselben Schaltung die Toleranzen aber größer sind.“ In so einem Fall könnte man eben zwei unterschiedliche Typen von Transistoren einsetzen, um sicherzustellen, dass die Schaltung am Ende ihre Aufgabe zuverlässig erfüllt.

„Unsere Ergebnisse treffen sowohl auf Silizium-Transistoren als auch auf neuartige 2D-Halbleiter zu“, sagt Michael Waltl. „Welche Technologie man auch immer verwenden möchte, um die nächste Generation von Chips mit noch kleineren Bauteilen zu realisieren: Man sollte die Auswirkung unvermeidlicher Fehler jedenfalls nicht wie bisher nur empirisch beschreiben sondern auf physikalische Computermodelle zurückgreifen um Teilschaltungen oder ganze Schaltungen zu simulieren, um das Beste aus den neuen Möglichkeiten herauszuholen.“ (Florian Aigner)

Originalpublikation:
M. Waltl et al., Perspective of 2D Integrated Electronic Circuits: Scientific Pipe Dream or Disruptive Technology?, Advanced Materials 34,48 (2022).

Externer Link: www.tuwien.at

Nano-Crashtests für haltbarere Materialien

Pressemitteilung der Universität Kassel vom 19.01.2023

Für eine nachhaltige Wirtschaft ist es von großer Bedeutung, robuste und langlebige Produkte herzustellen. Im Falle von Mobiltelefonen, Displays, aber auch Schneidewerkzeugen oder Bohrern heißt dies, feinste Oberflächen- Beschichtungen so robust zu machen, dass sie Stößen möglichst lange widerstehen. Ein Professor der Universität Kassel entwickelt dafür neue Charakterisierungsmethoden auf Nano-Ebene und erhält für dieses Projekt große finanzielle Unterstützung des Europäischen Forschungsrats.

Bislang werden hauchdünne Materialschichten mit sogenannten Nanoindentern geprüft, feinsten Diamantspitzen, die auf die Werkstoffprobe Druck ausüben. Das Problem: Diese Geräte können nicht so schockartig arbeiten, wie dies in der Realität etwa bei Stößen der Fall ist – die Messergebnisse geben nicht immer realistische Werte für die Belastungsfähigkeit an. Prof. Dr. Benoit Merle, Leiter des Fachgebiets „Mechanisches Verhalten von Werkstoffen“ entwickelt daher nun eine neuartige Messtechnik.

Merle ist es bereits gelungen, das Messen mit Nanoindentern hundertfach zu beschleunigen. In den nächsten Jahren soll das Verfahren noch einmal um den Faktor 100 schneller werden, so das Ziel. Zu diesem Zweck wird ein Prototyp auf Basis von Piezokeramiken entwickelt. Piezokeramik ist ein Stoff, der Elektrizität abgibt, wenn er verformt wird, und umgekehrt durch elektrische Impulse verformt werden kann. Durch diesen lassen sich Reaktionen im Nanobereich und in kleinsten Zeitintervallen präzise steuern.

Mithilfe des Verfahrens können dann Materialien realitätsnäher getestet werden, was wiederum das Wissen über die Bildung von Materialschäden auf Nanoebene erhöht und zur Produktion nachhaltigerer Produkte beitragen wird. „Wir versprechen uns davon eine bahnbrechende Verbesserung der räumlichen Auflösung der mechanischen Prüfung bei hohen Dehnungsgeschwindigkeiten“, so Merle.

Merle ist im Mai 2022 als Leiter des Fachgebiets Mechanisches Verhalten von Werkstoffen an die Universität Kassel gewechselt. Das Projekt inklusive einer 1,8 Millionen Euro schweren Finanzierung aus einem ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats hat er von seiner vorherigen Position an der Universität Erlangen-Nürnberg mitgebracht.

„Kassel bedeutet für mich einen neuen, spannenden Schritt in meiner wissenschaftlichen Karriere“, so Merle. „Die Materialwissenschaften bilden einen Forschungsschwerpunkt der Universität und es gibt bereits ein starkes Cluster von hervorragenden Kolleginnen und Kollegen.“

Externer Link: www.uni-kassel.de

Schnellere und effizientere Computerchips durch Germanium

Presseaussendung der TU Wien vom 08.11.2022

An der TU Wien gelang es, ein neuartiges Material aus Silizium und Germanium für die Chiptechnologie nutzbar zu machen. Das ermöglicht schnellere, effizientere Computer und neuartige Quantenbauelemente.

Unsere heutige Chiptechnologie basiert größtenteils auf Silizium. Nur in ganz bestimmten Bauelementen wird auch eine geringe Menge an Germanium beigemischt. Es gibt aber gute Gründe in Zukunft höhere Germaniumanteile zu verwenden: Der Verbindungshalbleiter Silizium-Germanium hat nämlich entscheidende Vorteile gegenüber der heutigen Silizium-Technologie, was Energieeffizienz und die erreichbaren Taktfrequenzen betrifft.

Das Hauptproblem dabei ist, auf technisch zuverlässige Weise Kontakte zwischen Metall und Halbleiter auf Nanoskala herzustellen. Das ist bei einem hohen Anteil an Germanium deutlich schwieriger als bei Silizium. An der TU Wien zeigte man nun aber zusammen mit Forschungsteams aus Linz und Thun (Schweiz), dass sich dieses Problem lösen lässt – mit Kontakten aus kristallinem Aluminium mit extrem hoher Qualität und einem ausgeklügelten Silizium-Germanium Schichtsystem. Dieses Zusammenspiel ermöglicht, in Abhängigkeit des Germaniumanteils im Silizium, unterschiedliche hochinteressante Kontakteigenschaften – speziell für optoelektronische- und Quantenbauelemente.

Das Problem mit dem Sauerstoff

„Jede Halbleiterschicht wird in konventionellen Verfahren automatisch verunreinigt, das lässt sich auf atomarer Ebene einfach nicht verhindern“, sagt Masiar Sistani vom Institut für Festkörperelektronik der TU Wien. In erster Linie sind es Sauerstoffatome, die sich sehr rasch an der Oberfläche der Materialien anlagern – an der Oberfläche entsteht eine Oxidschicht.

Bei Silizium ist das allerdings kein Problem: Silizium bildet nämlich immer genau die gleiche Art von Oxid aus. „Bei Germanium ist die Sache aber viel komplizierter“, erklärt Masiar Sistani. „In diesem Fall gibt es nämlich eine ganze Reihe unterschiedlicher Oxide, die sich bilden können. Das bedeutet aber, dass unterschiedliche nanoelektronische Bauteile eine stark unterschiedliche Oberflächenzusammensetzung aufweisen und damit auch unterschiedliche elektronische Eigenschaften haben können.“

Wenn man nun einen metallischen Kontakt mit diesen Bauteilen verbinden möchte, hat man ein Problem: Auch, wenn man sich sehr bemüht, all diese Bauteile exakt auf die gleiche Weise herzustellen, ergeben sich trotzdem zwangsläufig massive Unterschiede – und dass macht das Material für den Einsatz in der Halbleiterindustrie komplex in der Handhabung.

„Die Reproduzierbarkeit ist ein großes Problem“, sagt Prof. Walter Weber, der Leiter des Instituts für Festkörperelektronik, TU Wien. „Wenn man germaniumreiches Silizium-Germanium verwendet, kann man sich nicht darauf verlassen, dass der elektronische Bauteil, nachdem man ihn mit Kontakten versehen hat, wirklich die Kennlinien aufweist, die man braucht.“ Daher wird dieses Material in der Chipproduktion nur begrenzt eingesetzt.

Das ist schade, denn Silizium-Germanium hätte entscheidende Vorteile: „Die Ladungsträgerkonzentration ist höher, speziell positive Ladungsträger, die sogenannten Löcher, können sich in diesem Material viel effizienter bewegen als in Silizium. Das Material würde daher viel höhere Taktfrequenzen bei gesteigerter Energieeffizienz erlauben als unsere heutigen Silizium-Chips“, sagt Lukas Wind, Doktorand in der Forschungsgruppe von Walter Weber.

Die „perfekte“ Schnittstelle

Nun konnte das Forschungsteam allerdings zeigen, wie sich das Problem lösen lässt: Man fand eine Methode, auf atomarer Skala perfekte Schnittstellen zwischen Aluminiumkontakten und Silizium-Germanium-Bauteilen zu erzeugen. In einem ersten Schritt wird ein Schichtsystem hergestellt, mit einer dünnen Siliziumschicht und dem eigentlichen Material, aus dem die elektronischen Bauteile gemacht werden sollen – dem Silizium-Germanium.

Durch das kontrollierte Aufheizen der Struktur kann nun ein Kontakt zwischen dem Aluminium und dem Silizium hergestellt werden: Bei rund 500 Grad Celsius kommt es zu starker Diffusion: Die Atome können ihren Platz verlassen und zu wandern beginnen. Silizium und Germanium-Atome dringen relativ rasch in den Aluminiumkontakt ein, Aluminium füllt den freigewordenen Raum aus.

„Durch die Diffusionsdynamik in dem verwendeten Schichtsystem entsteht so eine Schnittstelle zwischen Aluminium und dem Silizium-Germanium mit einer extrem dünnen Silizium-Schicht dazwischen“, erklärt Masiar Sistani. Durch dieses Herstellungsverfahren haben Sauerstoffatome gar nicht die Gelegenheit, an diese atomar-scharfe und hochreine Schnittstelle heranzukommen.

„Unsere Experimente zeigen, dass diese Kontaktstellen auf verlässliche und gut reproduzierbare Weise hergestellt werden können“, sagt Walter Weber. „Die technologischen Systeme, die man dafür braucht, werden bereits heute in der Chipindustrie eingesetzt. Es handelt sich also nicht bloß um einen Laborversuch, sondern um ein Verfahren, das man relativ rasch in der Chipindustrie einsetzen könnte.“

Der entscheidende Vorteil des präsentierten Herstellungsverfahrens ist, dass unabhängig von der Silizium-Germaniumzusammensetzung hochqualitative Kontakte hergestellt werden können. „Wir sind davon überzeugt, dass die vorgestellten abrupten, robusten und zuverlässigen Metall-Halbleiter Kontakte für eine Vielzahl neuer nanoelektronischer, optoelektronischer und Quantenbauelementen hochinteressant sind“, sagt Walter Weber. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.at

Hochreflektierende Spiegel aus dem Tintenstrahldrucker

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 07.09.2022

Forschende des KIT entwickeln ein Verfahren, mit dem erstmals Spiegel mit einer Reflektion von mehr als 99 Prozent in variabler Größe gedruckt werden können

Dielektrische Spiegel, auch Bragg-Spiegel genannt, können Licht fast vollständig reflektieren. Damit eignen sie sich für zahllose Anwendungen, etwa in Kamerasystemen, in der Mikroskopie, in der Medizintechnik oder in Sensorsystemen. Bisher mussten diese Spiegel aufwendig in teuren Vakuumapparaturen hergestellt werden. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun erstmalig Bragg-Spiegel in hoher Qualität mit Tintenstrahldruckern gedruckt. Das Verfahren könnte den Weg zu einer digitalen Fertigung von maßgeschneiderten Spiegeln eröffnen. Die Ergebnisse erschienen in Advanced Materials.

Für Bragg-Spiegel werden mehrere Materialschichten dünn auf einen Träger aufgebracht. Diese Spiegel, die aus einer Vielzahl von dünnen Schichten bestehen, bilden einen optischen Spiegel, der dafür sorgt, dass Licht bestimmter Wellenlänge gezielt reflektiert wird. Wie stark Bragg-Spiegel reflektieren, hängt von den Materialien ab, aber auch davon, wie viele Schichten man aufbringt und wie dick diese sind. Bisher mussten Bragg-Spiegel mit kostspieligen Vakuum-Produktionsanlagen hergestellt werden. Dem Karlsruher Team ist es erstmals gelungen, sie auf verschiedene Träger zu drucken. Damit lässt sich die Produktion erheblich vereinfachen.

Tinten aus Nanopartikeln

„Es war eine große Herausforderung, geeignete Tinten zu entwickeln und ein zuverlässiges Verfahren zur Herstellung mehrerer Schichten zu etablieren“, so Professor Uli Lemmer vom Lichttechnischen Institut (LTI) des KIT, der das Projekt im Rahmen des Exzellenzclusters „3D Matter Made to Order“ leitet. Die Bestandteile der Tinten müssen passende optische Eigenschaften haben und außerdem löslich sein. Darüber hinaus sollte jede Schicht so gleichmäßig wie möglich sein, um einen einheitlichen Stapel an Schichten zu gewährleisten. Außerdem muss sich der Druck genau steuern lassen und die Ergebnisse müssen reproduzierbar sein, um verlässlich hervorragende optische Eigenschaften, das heißt ein hohes Reflektionsvermögen der Bragg-Spiegel, zu garantieren. Das Forschungsteam setzte dabei auf Nanopartikel: „Aufgrund der rasanten Entwicklung in der Nanochemie werden Nanopartikel immer preiswerter und vielfältiger“, so Lemmer. Sein Team verwendete als optisch wirksame Bestandteile der Tinten einen Mix zweier unterschiedlicher Materialien, Titandioxid und Polymethylmethacrylat. Mit diesen Tinten gelang es ihnen, die optischen Eigenschaften und die Dicke einer einzelnen Schicht mit extremer Präzision im Tintenstrahldruck zu erzeugen. „Wir haben einen ultrahohen Reflektionsgrad von 99 Prozent mit nur zehn Doppelschichten erreicht“, sagt Lemmer.

Drucken auf großen und kleinen Flächen

Die von den Forschenden am LTI entwickelte Herstellungsmethode kann einerseits auf sehr kleine Flächen bis hinab in Bereiche von einigen Mikrometern angewendet werden, sodass zum Beispiel optische Komponenten für die Mikrosystemtechnik oder für Kamerasysteme einfach hergestellt werden können. Andererseits können auch große Flächen wie Solarmodule, Fassadenelemente oder Werbedisplays von einigen Quadratmetern bedruckt werden. Sogar auf flexible Kunststofffolien konnten die Spiegel bereits gedruckt werden. „Das komplett digitale Herstellungsverfahren erlaubt die Herstellung von Spiegelschichten exakt angepasst auf die Anwendung. Dies ist gegenüber den bisherigen Fertigungsverfahren ein immenser Vorteil“, so Lemmer. (rli)

Originalpublikation:
Q. Zhang, Q. Jin, Q. A. Mertens, C. Rainer, R. Huber, J. Fessler, G. Hernandez-Sosa, U.Lemmer, “Fabrication of Bragg Mirrors by Multilayer Inkjet Printing”. Advanced Materials 34, 2201348 (2022). DOI: 10.1002/adma.202201348

Externer Link: www.kit.edu