Wie man Nervenzellen in Käfige sperrt

Presseaussendung der TU Wien vom 04.05.2020

Mit mikroskopisch feinen 3D-Druck-Techniken der TU Wien und Schallwellen, die an der Stanford University als Pinzette verwendet werden, gelang es, Netze aus Nervenzellen zu erzeugen.

Mikroskopisch kleine Käfige können an der TU Wien hergestellt werden. Ihre Gitteröffnungen sind nur wenige Mikrometer groß, daher eignen sie sich ausgezeichnet, um Zellen festzuhalten und lebendiges Gewebe in einer ganz bestimmten Form wachsen zu lassen. Als „Biofabrication“ bezeichnet man dieses neue Forschungsgebiet.

Nun gelang es in einer Kollaboration mit der Universität Stanford, Nervenzellen mit Hilfe einer akustischen Bioprinting-Technologie in kugelförmige Käfigstrukturen einzuschleusen, sodass sich dort dann vielzelliges Nervengewebe entwickelt. Sogar Nervenverbindungen zwischen den verschiedenen Käfigen können ganz gezielt hergestellt werden. Um die Nervenzellen zu kontrollieren, verwendete man Schallwellen, die als akustische Pinzette verwendet werden.

Fußballförmige Käfige

„Wenn man lebenden Zellen ein bestimmtes Gerüst vorgibt, kann man ihr Verhalten stark beeinflussen“, erklärt Prof. Aleksandr Ovsianikov, Leiter der Forschungsgruppe 3D-Printing and Biofabrication am Institut für Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie der TU Wien. „3D-Druck ermöglicht die hochpräzise Herstellung von Gerüststrukturen, die sich dann hervorragend mit Zellen besiedeln lassen, um zu studieren, wie lebendes Gewebe wächst und worauf es reagiert.“

Um Nervenzellen in großer Zahl auf engem Raum anzusiedeln, entschied sich das Forschungsteam für sogenannte „Buckyballs“ – geometrische Formen aus Fünf- und Sechsecken, die an einen mikroskopischen Fußball erinnern.

„Die Öffnungen der Buckyballs sind groß genug, um Zellen ins Innere wandern zu lassen, doch wenn die Zellen dort zusammenwachsen, können sie den Käfig nicht mehr verlassen“, erklärt Dr. Wolfgang Steiger, der sich im Rahmen seiner Dissertation mit hochpräzisem 3D-Druck für Biofabrication-Anwendungen beschäftigte.

Hergestellt wurden die winzigen Buckyball-Käfige mit der sogenannten 2-Photonen-Polymerisation: Mit Hilfe eines fokussierten Laserstrahls wird dabei an ganz bestimmten Stellen in einer Flüssigkeit ein chemischer Prozess gestartet, der das Material genau an diesen Punkten aushärten lässt. Indem man den Brennpunkt des Laserstrahls gezielt durch die Flüssigkeit wandern lässt, kann man mit extrem hoher Präzision dreidimensionale Objekte herstellen.

Akustische Wellen als Pinzette

Nicht nur die Herstellung der Buckyballs ist herausfordernd, sondern auch die Aufgabe, Zellen durch die winzigen Löcher der Strukturen ins Innere zu schleusen. Das gelang durch eine innovative 3D-Bioprinting-Technologie, die an der Stanford School of Medicine entwickelt wurde: Prof. Utkan Demirci ist Co-Leiter des Canary Center at Stanford for Early Cancer Detection, seine Forschungsgruppe im Biosensing and Acoustic MEMS in Medicine Labor verwendet Schallwellen in biomedizinischen Anwendungsbereichen, vom Nachweis von Krebs-Biomarkern über 3D-Druck von biologischem Gewebe bis hin zu Sensorik.

„Wir erzeugen akustische Schwingungen in der Lösung, in der sich die Zellen befinden. Die Zellen folgen den Schallwellen wie die Ratten in der Legende dem Rattenfänger von Hameln. An bestimmten Punkten der Flüssigkeit bilden sich Schwingungsknoten – ähnlich wie bei einer eingespannten Schnur, die man in Schwingung versetzt“, sagt Prof. Demirci. An diesen Punkten ist die Flüssigkeit vergleichsweise statisch. Wenn sich Zellen an diesen Punkten befinden, bleiben sie dort, überall sonst werden sie von der akustischen Welle fortbewegt. Die Zellen bewegen sich daher an jene Orte, an denen sie nicht umhergewirbelt werden – und genau dort wurden die Buckyballs platziert. Die Schallwelle lässt sich somit ganz gezielt fast wie eine Pinzette verwenden, um die Zellen an den gewünschten Ort zu dirigieren.

„Mithilfe der akustischen Wellen war es uns möglich, die Gerüststrukturen viel dichter und effizienter zu beladen, als es mit konventionellen Methoden der Zellbesiedelung möglich gewesen wäre“, berichtet Tanchen Ren, PhD, aus der Arbeitsgruppe von Prof. Demirci.

Nachdem die Buckyballs auf diese Weise erfolgreich mit Nervenzellen besiedelt wurden, formten sie Verbindungen mit Neuronen der benachbarten Buckyballs. „Wir sehen hier enormes Potential, mithilfe von 3D-Druck gezielt neuronale Netzwerke zu erzeugen und zu studieren“, sagt Aleksandr Ovsianikov. „So lassen sich wichtige biologische Fragen untersuchen, auf die man sonst experimentell keinen direkten Zugang hätte.“ (Florian Aigner)

Originalpublikation:
Tanchen Ren et al., Enhancing cell packing in buckyballs by acoustofluidic activation, Biofabrication 12 025033, 2020.

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Smartphones schnell und sicher mit Licht desinfizieren

Presseinformation der Fraunhofer-Gesellschaft vom 06.04.2020

Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB, Institutsteil Angewandte Systemtechnik-AST haben eine innovative Lösung zum Desinfizieren von Smartphones entwickelt. Diese können damit innerhalb weniger Sekunden von Bakterien und Viren wie SARS-CoV-2 befreit werden. Statt teurer Chemie kommt dabei sogenanntes UVC-Licht zum Einsatz. Weitere Einsatzfelder sind denkbar.

Smartphones, Tablets und ähnliche mobile Wegbegleiter werden täglich unzählige Male in die Hand genommen. Meist spielen hygienische Aspekte dabei allerdings eine eher untergeordnete Rolle. Im klinischen Bereich sieht es jedoch anders aus. Hier werden Tablets und Smartphones inzwischen vielseitig genutzt und gehen auch von Hand zu Hand. Eine Desinfektion ist daher zur Verhinderung von Erregerübertragungen unbedingt nötig. Der Einsatz von chemischen Mitteln verbietet sich hier allerdings, da die fettabweisende Beschichtung der Displays hierdurch zerstört wird. Dafür haben Forscherinnen und Forscher vom Fraunhofer IOSB-AST aus Ilmenau eine technische Innovation entwickelt: Sie sieht von außen wie eine handelsübliche Mikrowelle aus. Im Inneren kommen aber so genannten UVC-LEDs – Leuchtdioden, die mit ultraviolettem Licht arbeiten – mit einer Wellenlänge von 269nm zum Einsatz.

Insgesamt sind zwei separate UVC-LED-Module mit jeweils 10 UVC-LEDs für die Ober- und Unterseite des Smartphones verbaut. Jede UVC-LED besitzt eine Leistung von 100 Milliwatt, sodass die Gesamtstrahlleistung zwei Watt beträgt. So wird in nur wenigen Sekunden eine Bestrahlungsdosis von 800 J/m² erreicht, was eine effiziente Inaktivierung von Bakterien und Viren ermöglicht.

Smartphones werden mit der Lösung aber nicht nur einfach per Licht desinfiziert, son-dern über einen NFC-Reader auch identifiziert, die applizierte Dosis über einen Sensor erfasst und protokolliert. Somit ist jeder Desinfektionsvorgang validierbar und dem jeweiligen Gerät eindeutig zuzuordnen. Ein LCD-Display informiert den Nutzer über die wichtigsten Funktionen. Weiterhin können nachgelagerte IT-Systeme per W-LAN und Webinterface integriert werden.

»Seit vielen Jahren arbeiten wir im Rahmen des BMBF-Programms ›Advanced UV for Life‹ an sehr unterschiedlichen Anwendungen für UVC-Technologien im Bereich der Desinfektion. LEDs bieten dabei große Vorteile, was wir am Beispiel der Smartphone-Desinfektion hervorragend demonstrieren können«, erklärt Ingenieur Thomas Westerhoff vom Fraunhofer IOSB-AST.

Die Anwendungsgebiete der Handydesinfektion reichen dabei vom klinischen Bereich über die private und gewerbliche Nutzung bis hin zum Eventmarkt. Der Prototyp wird voraussichtlich im September 2020 auf der IFAT, der Weltleitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft in München, präsentiert werden.

Für die kommerzielle Verwertung sucht das Fraunhofer IOSB-AST noch Partner aus der Wirtschaft.

Externer Link: www.fraunhofer.de

Quanten-Effekt erstmals bewiesen: Die Spin-Rotations-Kopplung

Presseaussendung der TU Wien vom 17.02.2020

Vor über 30 Jahren wurde er vorausgesagt, nun konnte der Effekt von einem Team der TU Wien erstmals nachgewiesen werden: Der Spin von Neutronen zeigt eine bestimmte Art von Trägheit.

Stellen wir uns vor, wir tanzen über die Wiese und drehen uns dabei rasch um die eigene Achse. Und irgendwann hopsen wir dabei auf ein rotierendes Karussell. Die Drehung des Karussells beeinflusst augenblicklich unsere eigene Rotation, ein Drehimpuls wird übertragen – je nachdem, wie gut unser Gleichgewichtssinn trainiert ist, endet das möglicherweise schmerzhaft. Kann man ähnliche Effekte auch bei Quantenteilchen beobachten?

Nach jahrelanger Vorarbeit gelang es nun einem Team der TU Wien, den Eigendrehimpuls von Neutronen zu untersuchen, die von einem nichtrotierenden in ein rotierendes Bezugssystem überwechseln. Dazu musste eine neuartige Magnetspule entwickelt werden, die den Neutronenstrahl einem rotierenden Magnetfeld aussetzt. Dabei wurde nachgewiesen: Ähnlich wie klassische Objekte zeigt der Spin des Neutrons eine gewisse Trägheit, obwohl der Neutronen-Spin selbst keine Masse besitzt und grundsätzlich nur mit den Gesetzen der Quantenphysik verstanden werden kann. Die Ergebnisse des Experiments wurden nun im Fachjournal „Nature Partner Journal Quantum Information“ veröffentlicht.

Was sich dreht, will sich weiterdrehen

„Trägheit ist ein Grundprinzip, mit dem wir ständig zu tun haben“, sagt Stephan Sponar vom Atominstitut der TU Wien. „Wenn wir in einem Zug sitzen, der sich völlig gleichförmig dahinbewegt, dann fühlt sich das genauso an, als würden wir unbewegt zu Hause auf einem Sessel sitzen. Doch wenn wir das Bezugssystem wechseln, etwa wenn wir aus dem Zug auf die Wiese springen, dann werden wir unsanft abgebremst, wir spüren Kräfte aufgrund der Trägheit unserer Masse.“

Bei Drehungen ist die Sache ähnlich: Auch ein drehendes Objekt behält seinen Drehimpuls bei, solange kein äußeres Drehmoment auf das Objekt einwirkt. Doch hier wird die Sache kompliziert, wenn man den Blick auf Quantenteilchen richtet: „Teilchen wie Neutronen oder Elektronen besitzen nämlich eine ganz besondere Art des Drehimpulses – den Spin“, erklärt Armin Danner, Erstautor der aktuellen Publikation.

Der Spin ist der Eigendrehimpuls des Teilchens. Oft wird er mit der Eigendrehung eines Planeten um seine eigene Achse verglichen, aber der Vergleich trifft die Sache nicht besonders gut: Der Spin ist nämlich auch bei Quantenteilchen zu beobachten, die punktförmig sind, die also im klassischen Sinn gar nicht um eine Achse rotieren können. „Den Spin kann man sich vorstellen als Eigendrehung, zusammengezogen auf einen unendlich kleinen Punkt“, sagt Armin Danner. Der Spin lässt sich nur mit dem Formalismus der Quantentheorie vollständig erklären, zu unserer Alltagserfahrung passt er nicht so richtig. Das Konzept der Trägheit, das wir aus dem Alltag kennen, bleibt aber hier trotzdem noch gültig.

Kopplung zwischen Spin und Magnetfeld

„Schon 1988 wurde postuliert, wie sich ein Neutron verhalten soll, wenn es von einem nichtrotierenden in ein rotierendes Bezugssystem wechselt, und wieder zurück“, erzählt Prof. Yuji Hasegawa, Leiter der Arbeitsgruppe Neutroneninterferometrie des Atominstituts. „So wurde vorhergesagt, dass es eine Kopplung zwischen dem Neutronenspin und einem rotierenden Magnetfeld geben muss. Doch bisher ist es niemandem gelungen, diesen Effekt direkt in seiner quantenmechanischen Natur nachzuweisen. Auch wir haben einige Jahre und mehrere Anläufe dafür gebraucht, aber nun konnten wir den Kopplungseffekt eindeutig demonstrieren.“

Ähnlich wie ein Tänzer, der einen Eigendrehimpuls hat und sich dann plötzlich über ein rotierendes Karussell bewegt, wird das Neutron mit seinem Spin durch einen Bereich mit rotierendem Magnetfeld geschickt. Dadurch wird der Spin des Neutrons beeinflusst – allerdings so, dass es beim Verlassen des rotierenden Magnetfelds wieder genau dieselbe Orientierung hat wie am Anfang. Das heißt, die Drehachse des Eigendrehimpulses ist die gleiche. Beim Übertritt vom nicht rotierenden Bereich in den rotierenden Bereich und wieder zurück treten allerdings Trägheitsphänomene auf, die quantenmechanisch detektiert werden können.

Dazu muss man den Neutronenstrahl in zwei Pfade aufspalten: Einer wird durch das rotierende Magnetfeld gelenkt, der andere nicht. Am Ende werden beide Pfade miteinander vereint. Nach den Regeln der Quantenphysik legt jedes einzelne Neutron beide Pfade gleichzeitig zurück. Die Trägheitskräfte führen dazu, dass sich die Wellenlänge entlang des einen Weges lokal ändert – und das bestimmt, wie sich die beiden Teilchen-Wellen der beiden Pfade nach der Vereinigung gegenseitig verstärken oder auslöschen.

Die größte Herausforderung dabei war das Design einer speziellen Spule, mit der man ein rotierendes magnetisches Feld erzeugen kann. In die Spule muss ein kleines Fenster eingebaut werden, durch das der Neutronenstrahl gelangt – und gleichzeitig muss das Magnetfeld im Inneren der Spule exakt die richtige Form haben. Eine passende Geometrie wurde mittels Computer-Simulationen gefunden. Entwickelt und getestet wurde das System an der Neutronenquelle der TU Wien, die endgültigen Messungen wurden dann am ILL in Grenoble durchgeführt.

„Das Faszinierende daran ist, dass es sich hier um einen reinen Quanteneffekt handelt, den man zunächst auf klassische Weise nicht verstehen kann“, sagt Armin Danner. „Unser Alltagsverständnis von Drehimpuls und Rotation hilft uns hier scheinbar nicht weiter. Aber wir haben gezeigt, dass das klassische Konzept der Trägheit auch in den extremen Spezialfällen unserer Untersuchungen sinnvoll bleibt.“ (Florian Aigner)

Originalpublikation:
A. Danner et al., Spin-rotation coupling observed in neutron interferometry, npj Quantum Information 6, 23 (2020).

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Schnellster hochpräziser 3D-Drucker

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 28.01.2020

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT entwickeln neues 3D-Drucksystem für submikrometergenaue Strukturen in Rekordgeschwindigkeit – Publikation in Advanced Functional Materials

3D-Drucker, die im Millimeterbereich und größer drucken, finden derzeit Eingang in die unterschiedlichsten industriellen Produktionsprozesse. Viele Anwendungen benötigen jedoch einen präzisen Druck im Mikrometermaßstab und eine deutlich höhere Druckgeschwindigkeit. Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben ein System entwickelt, mit dem sich in bisher noch nicht erreichter Geschwindigkeit hochpräzise, zentimetergroße Objekte mit submikrometergroßen Details drucken lassen. Dieses System präsentieren sie in einem Sonderband der Zeitschrift Advanced Functional Materials. (DOI: 10.1002/adfm.201907795).

Um nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die Zuverlässigkeit ihres Aufbaus zu demonstrieren, haben die Forscherinnen und Forscher eine 60 Kubikmillimeter große Gitterstruktur mit Details bis in den Mikrometermaßstab gedruckt, die mehr als 300 Milliarden Voxel enthält. (Ein Voxel ist das dreidimensionale Analogon des Pixels im 2D-Druck). „Mit dem Druck dieses Metamaterials schlagen wir den Rekord, der bei 3D-gedruckten Flugzeugflügeln erreicht wurde, um Längen – ein neuer Weltrekord“, erklärt Professor Martin Wegener, Sprecher des Exzellenzclusters „3D Matter Made to Order“ (3DMM2O), in dessen Rahmen das System entwickelt wurde.

Bei dieser Art von 3D-Druck durchfährt der Lichtfleck eines Lasers computergesteuert einen flüssigen Fotolack. Nur das Material im Brennpunkt des Lasers wird dabei belichtet und ausgehärtet. „Die Brennpunkte entsprechen den Düsen beim Tintenstrahldrucker, mit dem Unterschied, dass sie dreidimensional arbeiten“, sagt Vincent Hahn, Erstautor der Publikation. So entstehen hochpräzise filigrane Strukturen für verschiedene Einsatzbereiche wie Optik und Photonik, Materialwissenschaften, Biotechnologie oder Sicherheitstechnik. Typischerweise konnte man bisher mit einem einzigen Laserlichtfleck einige Hundert Tausend Voxel pro Sekunde erzeugen. Er war damit fast hundertmal langsamer als grafische Tintenstrahldrucker. Dieser Umstand hat bislang viele Anwendungen behindert. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT und der Queensland University of Technology (QUT) in Brisbane/Australien haben nun innerhalb des Exzellenzclusters 3DMM2O ein neues System entwickelt. Mit einer speziellen Optik wird der Laserstrahl in neun Teilstrahlen aufgeteilt, die jeweils in einen Brennpunkt gebündelt werden. Alle neun Teilstrahlen können parallel verwendet und inzwischen, dank verbesserter elektronischer Ansteuerung, auch deutlich schneller als zuvor präzise verfahren werden. Mit einigen weiteren technischen Verbesserungen kommen die Forscher im 3D-Druck so auf Druckgeschwindigkeiten von etwa zehn Millionen Voxel pro Sekunde und sind damit nun gleichauf mit grafischen 2D-Tintenstrahldruckern. Dennoch geht die Forschung und Entwicklung am KIT mit Hochdruck weiter. „Schließlich will man mit 3D-Druckern nicht nur das Pendant eines Blattes, sondern dicke Bücher ausdrucken“, so Hahn. Hierzu seien insbesondere auch Fortschritte in der Chemie erforderlich, beispielsweise müssten empfindlichere Fotolacke entwickelt werden, um mit der gleichen Laserleistung noch mehr Brennpunkte erzeugen zu können. (rl)

Originalpublikation:
Vincent Hahn, Pascal Kiefer, Tobias Frenzel, Jingyuan Qu, Eva Blasco, Christopher Barner-Kowollik and Martin Wegener: „Rapid assembly of small materials building blocks (voxels) into large func-tional 3D metamaterials“. Advanced Functional Materials, 10.1002/adfm.201907795.

Externer Link: www.kit.edu

Terahertz-Strahl bricht Rekorde

Presseaussendung der TU Wien vom 20.01.2020

An der TU Wien wurde eine neue, extrem effiziente Quelle von Terahertz-Strahlung entwickelt: Laser machen die Luft zum Plasma, dabei entsteht Strahlung mit vielen Einsatzmöglichkeiten.

Terahertz-Strahlen verwendet man bei den Sicherheitschecks am Flughafen, für medizinische Untersuchungen oder auch für Qualitätskontrollen in der Industrie. Allerdings ist Strahlung im Terahertz-Bereich extrem schwer zu erzeugen. An der TU Wien ist es nun gelungen, eine Terahertz-Strahlungsquelle zu entwickeln, die gleich mehrere Rekorde bricht: Sie ist extrem effizient, ihr Spektrum ist sehr breit – sie erzeugt unterschiedliche Wellenlängen aus dem gesamten Terahertz-Bereich. Dadurch ermöglicht sie auch die Herstellung kurzer Strahlungspulse mit sehr hoher Strahlungsintensität. Die neue Terahertz-Technologie wurde nun im Fachjournal Nature Communications präsentiert.

Die „Terahertz-Lücke“ zwischen gewöhnlichen Lasern und Antennen

„Terahertz-Strahlung hat sehr nützliche Eigenschaften“, sagt Claudia Gollner vom Institut für Photonik (Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Wien). „Sie kann viele Materialien problemlos durchdringen, ist aber im Gegensatz zur Röntgenstrahlung unbedenklich, weil es sich nicht um ionisierende Strahlung handelt.“

Technisch gesehen befindet sich die Terahertz-Strahlung allerdings gerade im schwer zugänglichen Niemandsland zwischen zwei wohlbekannten Gebieten: Strahlung mit höherer Frequenz kann man mit Hilfe von gewöhnlichen Festkörper-Lasern erzeugen. Strahlung mit niedriger Frequenz, wie wir sie etwa für den Mobilfunk verwenden, wird von Antennen abgestrahlt. Genau dazwischen, im Terahertz-Bereich, liegen die größten Herausforderungen.

In den Laserlabors der TU Wien muss daher einiges an Aufwand betrieben werden, um die gewünschten hochintensiven Terahertz-Strahlungspulse zu erzeugen. „Unser Ausgangspunkt ist die Strahlung eines Infrarot-Lasersystems. Es wurde bei uns am Institut für Photonik entwickelt und ist in seiner Form einzigartig auf der Welt“, sagt Claudia Gollner. Zunächst wird das Laserlicht durch ein sogenanntes „nichtlineares Medium“ geschickt. In diesem Material wird die Infrarot-Strahlung verändert, ein Teil davon wird in Strahlung mit doppelt so hoher Frequenz umgewandelt.

„Nun haben wir also zwei verschiedene Arten von Infrarot-Strahlung. Diese beiden Strahlungsanteile werden dann miteinander überlagert. So entsteht eine Welle, deren elektrisches Feld eine ganz bestimmte asymmetrische Form aufweist“, erklärt Gollner.

Ein Plasma aus heißer Luft

Diese elektromagnetische Welle ist intensiv genug, um Elektronen aus den Molekülen der Luft herauszureißen. Die Luft verwandelt sich in ein glühendes Plasma. Durch die spezielle Form der Infrarot-Welle werden die Elektronen dann so beschleunigt, dass dabei die gewünschte Terahertz-Strahlung entsteht.

„Unsere Methode ist extrem effizient: 2,3 % der zugeführten Energie wird in Terahertz-Strahlung umgewandelt – das ist um Größenordnungen mehr als man mit anderen Methoden erreicht. Das  führt zu außergewöhnlich hohen Terahertz-Energien von beinahe 200 µJ“, sagt Claudia Gollner. Ein weiterer wichtiger Vorteil der neuen Methode ist, dass ein sehr breites Spektrum an Terahertz-Strahlung erzeugt wird. Ganz unterschiedliche Wellenlängen aus dem Terahertz-Bereich werden gleichzeitig emittiert. Dadurch entstehen extrem intensive kurze Strahlungspulse. Je größer das Spektrum unterschiedlicher Terahertz-Wellenlängen, umso kürzere und intensivere Pulse lassen sich generieren.

Große Hoffnung auf zahlreiche Anwendungen

„Damit steht nun erstmals eine Terahertz-Quelle für extrem hohe Strahlungsintensitäten zur Verfügung“, sagt Andrius Baltuska, der Leiter der Forschungsgruppe an der TU Wien. „Erste Experimente mit Zink-Tellurid-Kristallen zeigen bereits, dass sich die Terahertz-Strahlung ausgezeichnet eignet, um materialwissenschaftliche Fragen auf ganz neue Weise zu untersuchen. Wir sind überzeugt davon, dass diese Methode eine große Zukunft hat.“ (Florian Aigner)

Originalpublikation:
Koulouklidis et al., Observation of extremely efficient terahertz generation from mid-infrared two-color laser filaments, Nature Communications 11, 292 (2020).

Externer Link: www.tuwien.ac.at