Mit Lichtgeschwindigkeit ins Quanten-Internet

Medieninformation der Universität Innsbruck vom 04.02.2013

Durch Glasfasern fliegen heute Informationen in Lichtgeschwindigkeit rund um die Welt. Auch Quanteninformation kann auf diese Weise übertragen werden. Innsbrucker Physiker um Rainer Blatt und Tracy Northup berichten nun in der Fachzeitschrift Nature Photonics, wie sie die Quanteninformation eines Atoms vollständig auf ein Lichtteilchen übertragen haben, das über eine Glasfaser zu einem entfernten Atom geschickt werden kann.

Dank der besonderen Gesetze der Quantenmechanik können Quantencomputer bestimmte Rechenaufgaben sehr viel schneller lösen als herkömmliche Computer. Eine der vielversprechendsten Technologien zum Bau eines Quantencomputers sind Systeme mit einzelnen Atomen, die in sogenannten Ionenfallen gefangen und mit Lasern manipuliert werden. Im Labor wurden auf diese Weise schon wesentliche Bausteine eines zukünftigen Quantencomputers experimentell getestet. „Wir können heute mit Atomen bereits erfolgreich Quantenrechnungen durchführen“, erklären die Doktoranden Andreas Stute und Bernardo Casabone vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck. „Was aber noch fehlt, sind funktionstüchtige Schnittstellen mit denen die Quanteninformation über Lichtleiter von einem Computer zum nächsten übertragen werden kann.“

Weil man Quanteninformation aufgrund der Gesetze der Quantenmechanik aber nicht einfach kopieren kann, stellt der Bau solcher Schnittstellen eine große Herausforderung dar. Für ein zukünftiges Quanten-Internet – ein Netzwerk aus mehreren Quantencomputern, die über Lichtleiter miteinander verbunden sind – muss die Quanteninformation gezielt auf einzelne Lichtteilchen, sogenannte Photonen, übertragen werden. Diese werden dann über Glasfasern an die angeschlossenen Quantencomputer übertragen. Die Forscher um Tracy Northup und Rainer Blatt berichten nun in der Zeitschrift Nature Photonics, wie sie im Labor erstmals die Quanteninformation eines in einer Ionenfalle gespeicherten Atoms gezielt auf ein Photon übertragen haben.

Quantennetzwerker

Die Physiker der Universität Innsbruck fangen dazu ein einzelnes Kalziumatom in einer Ionenfalle und positionieren es zwischen zwei stark reflektierenden Spiegeln. „Mit einem Laser schreiben wir die gewünschte Quanteninformation in den elektrischen Zustand des Atoms ein“, erklärt Andreas Stute. „Das Atom wird dann mit einem zweiten Laser angeregt und sendet dabei ein Photon aus. In diesem Moment schreiben wir die Quanteninformation des Atoms in den Polarisationszustand des Photons ein und übertragen sie so auf das Lichtteilchen.“ Das Photon wird zwischen den Spiegeln gespeichert, bis es schließlich durch den weniger stark reflektierenden Spiegel davon fliegt. „Die beiden Spiegel lenken das Photon in eine ganz bestimmte Richtung. So kann es gezielt in die Glasfaser geleitet werden“, sagt Bernardo Casabone. Die im Photon eingeschriebene Quanteninformation kann so über die Glasfaser an einen entfernten Quantencomputer geleitet und dort mit dem gleichen Verfahren wieder in ein Atom eingeschrieben werden.

Unterstützt werden die Innsbrucker Physiker bei Ihren Forschungen unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der EU.

Publikation:
Quantum-state transfer from an ion to a photon. A. Stute, B. Casabone, B. Brandstätter, K. Friebe, T. E. Northup, R. Blatt. Advance Online Publication, Nature Photonics 2013. DOI: 10.1038/NPHOTON.2012.358

Externer Link: www.uibk.ac.at

Exoskelett bringt neue Bewegungsfreiheit

Presseaussendung der TU Wien vom 29.01.2013

An der TU Wien werden mechanische Hilfsmittel entwickelt, die Personen mit Nervenerkrankungen Kraft und Bewegungsfreiheit zurückgeben.

Exoskelette kennt man aus Superheldenfilmen, in denen sie als panzerartige Spezialanzüge übermenschliche Kräfte verleihen. In Wirklichkeit hat Forschung an Exoskeletten einen ganz anderen Zweck: An der TU Wien werden Exoskelette entwickelt, die Menschen mit degenerativen Nervenerkrankungen oder Querschnittlähmungen einen Teil ihrer Bewegungsfähigkeit zurückgeben. Dazu benötigt man weder Batterie noch Motor: Nur durch Seilzüge und Federn wird der Bewegungsapparat unterstützt.

Mechanische Konstruktion hilft bei Armbewegungen

„Bei gewissen degenerativen Nervenerkrankungen können die Muskeln zwar noch bewusst angesteuert werden, kontrollierte, gezielte Bewegungen sind aber kaum mehr möglich“, erklärt Prof. Margit Gföhler vom Institut für Konstruktionswissenschaften und Technische Logistik der TU Wien. Gemeinsam mit Werner Reichenfelser und Jakob Karner entwickelt sie daher eine mechanische Vorrichtung, die auf die Arme geschnallt werden kann und dann die Bewegung unterstützt.

„Für die Patienten ist es oft einfach nicht möglich, das Gewicht des eigenen Arms zu halten – schon gar nicht, wenn eine zusätzliche Last im Spiel ist, etwa ein Getränkebecher, der zum Mund geführt werden soll“, sagt Margit Gföhler. Das Exoskelett unterstützt die Bewegungen durch ein ausgeklügeltes System von Seilzügen und Federn.

Hilfe im Alltag

„Einerseits kann das mechanische System zusätzliche Kraft aufbringen, wenn eine Bewegung erleichtert werden soll, andererseits kann es durch eine Bremse das Gewicht der Arme kompensieren, damit sie nicht unkontrolliert absacken“, sagt Werner Reichenfelser. Das Exoskelett wurde in zwei Versionen konstruiert: Eine Variante wird an einem Rollstuhl fixiert, eine zweite, leichtere Variante wird ohne Rollstuhl am Körper getragen.

Wichtig war für das Forschungsteam, dass die Konstruktion alltagstauglich ist. Es gibt bereits größere, schwerere Modelle, die in der klinischen Rehabilitation für das Training benutzt werden. Das Gerät, das an der TU Wien entwickelt wird, soll allerdings möglichst ohne fremde Hilfe zu Hause eingesetzt werden. „Das bedeutet auch, dass wir auf komplizierte Kalibrierung und unnötig aufwändige Elektronik verzichten“, sagt Margit Gföhler.

Einsatz im Rehabilitationszentrum

Derzeit ist das Exoskelett im italienischen Rehabilitationszentrum Villa Beretta in Costamasnaga, Italien im Einsatz. Im Rahmen einer klinischen Studie verwenden es dort Patienten mit neurodegenerativen Nervenerkrankungen oder hoher Querschnittlähmung als Unterstützung, um den möglichen Bewegungsraum des Armes zu vergrößern.

Künstliche Aktivierung der Muskulatur durch Neuromuskuläre Elektrostimulation macht das Exoskelett auch für Menschen interessant, die ihre Arme gar nicht mehr bewegen können. Entweder werden Signale von anderen Muskeln verstärkt, oder man sucht über Augenbewegungen aus einem Computermenü die Bewegungsmuster aus, die man ausführen möchte. „Die mechanischen Freiheitsgrade unseres Exoskelettes sind genau jene, die auch elektrisch stimuliert werden können“, sagt Margit Gföhler, „das Exoskelett wurde von vornherein speziell auf Elektrostimulation vorbereitet.“ Auch die Elektrostimulation wird derzeit im Reha-Zentrum Villa Beretta getestet. So können auch Personen, die nur noch über minimale motorischen Restfunktionen verfügen, wichtige Bewegungen des Alltags wieder selbstständig durchführen – etwa alleine einen Becher zum Mund führen und daraus trinken. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Molekularer Informationsspeicher mit Spin

Presseinformation der Universität Göttingen vom 24.01.2013

Neue Möglichkeit der Datenspeicherung entwickelt – „Durchbruch in der organischen Spinelektronik“

(pug) Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der Universität Göttingen hat eine Möglichkeit gefunden, Datenmengen von bis zu einem Petabyte pro Quadratzoll zu speichern. Ein Petabyte entspricht 1.000 Terabyte beziehungsweise einer Million Gigabyte. Den Wissenschaftlern gelang es, Informationen, die im Spin eines Elektrons gespeichert sind, bei Raumtemperatur in einem organischen Molekül zu speichern und auszulesen. Die Ergebnisse sind heute in der renommierten Fachzeitschrift Nature erschienen.

Elementarteilchen, viele Atomkerne sowie Atome mit bestimmten Elektronenkonfigurationen besitzen einen sogenannten Spin, der die Rotation um die eigene Achse bezeichnet. Dies ermöglicht eine alternative Form der elektronischen Datenverarbeitung, die „Spinelektronik“. Die Wissenschaftler entwickelten ein spezielles Molekül, das in ihrem elektronischen Bauelement als Speicher diente: Sie fügten unmagnetische Kohlenstoffatome, die in drei Benzolringen miteinander verbunden waren, zu einer Einheit zusammen. Mithilfe einer chemischen Spin-Injektion fügten sie ein ungepaartes Elektron hinzu, das einen Spin trägt. Dieses kann genutzt werden, um Informationen „0“ und „1“ zu speichern, indem der Spin des Elektrons nach oben oder nach unten zeigt. Darüber hinaus gelang es den Forschern mithilfe einer magnetischen Referenzelektrode, die gespeicherten Informationen bei Raumtemperatur wieder auszulesen.

„Die Spinspeicherung auf einem organischen Material und das erfolgreiche Auslesen bei Raumtemperatur sind ein Durchbruch in der organischen Spinelektronik“, so der Göttinger Physiker Prof. Dr. Markus Münzenberg. „Auf flexiblen Plastikbauteilen installierte Spinelektronik kennt man bereits von organischen LEDs, die heutzutage in Displays, Fernsehbildschirmen und Smartphones eingesetzt werden. Unsere nun entwickelten Moleküleinheiten haben ein ähnliches Potenzial.“ Neben Physikern und Chemikern der Universität Göttingen waren Wissenschaftler des Indian Institute of Science Education and Research in Kalkutta, des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA und des Forschungszentrums Jülich an der Studie beteiligt.

Originalveröffentlichung:
K. Raman et al. Interface-engineered templates for molecular spin memory devices. Nature 2013. Doi: 10.1038/nature11719.

Externer Link: www.uni-goettingen.de

Erdbebenschutzgewebe kommt an den Markt

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 07.01.2013

Ein Glasfaser-Kunststoff-Verband kann Hausmauern stabilisieren und so die Folgen von Erdbeben mindern / KIT-Innovation wird von der Industrie in marktreifes Produkt umgesetzt

Bei Erdbeben bleiben meist nur Sekunden, um sicher ins Freie zu flüchten. Doch oft versperren herabfallende Trümmer die Rettungswege aus dem Gebäude. Eine Entwicklung aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) verlängert die rettende Zeitspanne, indem sie Mauern verstärkt und Trümmer zurückhält. Ein internationaler Baustoffproduzent hat die produktreife Innovation nun auf den Markt gebracht.

„Mit der Markteinführung ist unsere Idee aus dem Labor in eine handfeste Innovation geflossen“, freuen sich Lothar Stempniewski und Moritz Urban, die Entwickler der textilen Gebäudeverstärkung. Mehrere Jahre haben beide erforscht, wie erdbebenanfälliges Mauerwerk in bestehenden, älteren Gebäuden nachträglich kostengünstig gesichert werden kann. Herausgekommen ist ein Glasfaser-Kunststoff-Gewebe mit vier Faserrichtungen, das mit dem passenden Putz an der Hausfassade angebracht werden kann. Zusammen mit einem Hersteller für technische Gewebe, der Dr. Günther Kast GmbH & Co. KG, wurde das Hightech-Gewebe schließlich bis zur Serienreife entwickelt. Der italienische Baustoffproduzent Röfix, ein Tochterunternehmen der deutschen Fixit-Gruppe, hat Erdbebenschutzgewebe und passenden Putz nun unter dem Markennamen „Sisma Calce“ in sein Sortiment aufgenommen.

Dank der Verstärkung kann das Einstürzen von Mauerwerk bei Erdbeben verzögert und im Idealfall ganz verhindert werden. „Gerade bei kurzen und mittelschweren Beben fehlt oft nicht viel zusätzliche Zugfestigkeit, um den Gebäudekollaps zu verhindern“, erklärt Urban. Durch die Einfachheit des Systems, das wie ein prophylaktischer Verband am Gebäude wirkt, kann man es mit vertretbarem Aufwand bei der nächsten Gebäudesanierung in Kombination mit einer Wärmedämmung anbringen. „Schon wenn man die kritischen Infrastrukturen wie Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen oder Altenheime verstärkt, wäre im Katastrophenfall eine Menge erreicht“, ergänzt Stempniewski.

Durch die sehr zugfeste, steife Glasfaserkomponente des Gewebes, das quasi in den Putz eingelassen ist, kann das Mauerwerk die höheren Zugspannungen besser abtragen, die während eines Erdbebens auftreten. Es wird so verhindert, dass punktuelle Schäden entstehen, die zu Rissen auswachsen. Sollten bei starken Beben die Glasfasern dennoch reißen, halten die elastischen Fasern aus dem Kunststoff Polypropylen die zerbrochenen Wandsegmente zusammen und somit die Fluchtwege frei. „Mit der textilen Gebäudeverstärkung können wir den Menschen die notwendige Zeit geben, ins Freie zu flüchten“, sind sich die Entwickler sicher. „Unter günstigen Bedingungen bleiben die Wände sogar intakt und das Haus könnte wieder repariert werden.“ Durch das stabilisierende Verformungsverhalten wird die Energie besser abgebaut, die die horizontalen Beschleunigungskräfte eines Erdbebens ins Mauerwerk einbringen.

In Zusammenarbeit mit den Firmen Bayer MaterialScience AG, MAPEI S.p.A. und Dr. Günther Kast GmbH und Co. KG wird aktuell die Einführung eines klebbaren Erdbebenschutzgewebes für Innenräume vorbereitet. Langfristig forscht das Team um Stempniewski an Systemen, die nicht nur für gemauerte Wände, sondern auch für Betongebäude sinnvoll eingesetzt werden können. „Die Herausforderung bei Beton sind jedoch die größeren Kräfte, die es aufzufangen gilt. Dafür testen wir neue Materialien wie Carbonfasern und legen die Grundlagen für kommende Innovationen am KIT.“ Insgesamt hält das Karlsruher Institut für Technologie bereits etwa 2000 Patente in seinen zahlreichen Forschungsfeldern. (kes)

Externer Link: www.kit.edu

10.000 mal schneller als elektronische Transistoren

Pressemitteilung der TU München vom 06.12.2012

Lichtpulse steuern elektrische Signale:

Bis zu 100 Milliarden Schaltvorgänge können heutige Transistoren aus Silizium in einer Sekunde ausführen. Münchener Wissenschaftler zeigten nun in zwei Grundlagenexperimenten, dass mit Hilfe extrem kurzer Laserpulse moderater Energie auch nichtleitende Materialien für solche Schaltvorgänge genutzt werden könnten. Damit wären etwa 10.000 mal schnellere Schaltfrequenzen realisierbar.

Hochleistungslaser schneiden selbst dicke Stahlplatten wie Butter. Extrem kurze Laserpulse moderater Energie verschieben in nichtleitenden Materialien nur die Elektronen, zerstören das Material aber nicht.

Wissenschaftler um Professor Ferenc Krausz, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenphysik und Reinhard Kienberger, Physikprofessor der Technischen Universität München (TUM), zeigten nun, dass sich in nichtleitenden Materialien durch extrem kurze Laserpulse Ströme induzieren lassen, die sich um einen Faktor 10.000 mal schneller schalten lassen, als die bisher schnellsten Halbleitertransistoren. Die Schaltfrequenzen könnten so von derzeit bis zu 100 Gigahertz bis in den Petahertz-Bereich erweitert werden.

Die Forschungsarbeiten wurden unterstützt aus Mitteln des Exzellenzclusters Munich-Centre for Advaned Photonics (MAP), der Max-Planck-Gesellschaft und des U.S. Department of Energy. (Andreas Battenberg)

Originalpublikation:

1) Agustin Schiffrin, Tim Paasch-Colberg, Nicholas Karpowicz, Vadym Apalkov, Daniel Gerster, Sascha Mühlbrandt, Michael Korbman, Joachim Reichert, Martin Schultze, Simon Holzner, Johannes V. Barth, Reinhard Kienberger, Ralph Ernstorfer, Vladislav S. Yakovlev, Mark I. Stockman, and Ferenc Krausz
Optical-field-induced current in dielectrics
nature, Advanced Online Publication, 5. Dezember 2012, DOI: 10.1038/nature11567

2) Martin Schultze, Elisabeth M. Bothschafter, Annkatrin Sommer, Simon Holzner, Wolfgang Schweinberger, Markus Fiess, Michael Hofstetter, Reinhard Kienberger, Vadym Apalkov, Vladislav S. Yakovlev, Mark I. Stockman, and Ferenc Krausz
Controlling dielectrics with the electric field of light
nature, Advanced Online Publication, 5. Dezember 2012, DOI: 10.1038/nature11720

Externer Link: www.tu-muenchen.de