Die Quanten-Schnüffelnase

Presseaussendung der TU Wien vom 20.10.2016

Der Laser, der zugleich ein Detektor ist: An der TU Wien wurde ein mikroskopisch kleiner Sensor entwickelt, mit dem man gleichzeitig verschiedene Gase nachweisen kann.

Wir Menschen erschnüffeln unterschiedliche Gerüche und Düfte durch chemische Rezeptoren in unserer Nase. Doch für den technischen Nachweis von Gasen greift man gerne auf ganz andere Verfahren zurück, wie beispielsweise Infrarotlaser. Dabei wird ein Laserstrahl durch das Gas geschickt und am anderen Ende misst ein separater Detektor wie stark das Licht vom Gas abgeschwächt wurde. Ein winziger, neu entwickelter Sensor der TU Wien vereint nun beide Seiten in einem einzigen Bauteil: Dieselbe Mikrostruktur kann für das Aussenden und das Detektieren der Infrarotstrahlung verwendet werden.

Ringförmige Quantenkaskadenlaser

„Die Laser, die wir herstellen, haben mit gewöhnlichen Laser-Pointern nicht viel zu tun“, erklärt Rolf Szedlak vom Institut für Festkörperelektronik der TU Wien. „Wir bauen sogenannte Quantenkaskadenlaser. Sie bestehen aus einem ausgeklügelten Schichtsystem unterschiedlicher Materialien und emittieren Licht im Infrarotbereich.“

Wird an dieses Schichtsystem eine elektrische Spannung angelegt, wandern Elektronen durch den Laser. Durch eine passende Auswahl von Materialien und Schichtdicken verlieren die Elektronen immer ein bisschen Energie, wenn sie von einer Schicht in die nächste wechseln. Diese Energie wird in Form von Licht abgegeben – es entsteht ein Infrarot-Laserstrahl.

„Unsere Quantenkaskadenlaser sind ringförmig, mit einem Durchmesser von weniger als einem halben Millimeter“, sagt Prof. Gottfried Strasser, Leiter des Zentrums für Mikro- und Nanostrukturen an der TU Wien. „Seine geometrischen Eigenschaften tragen dazu bei, dass der Laser nur Licht einer ganz bestimmten, wohldefinieren Wellenlänge abstrahlt.“

„Für die chemische Analyse von Gasen ist das optimal, denn viele Gase absorbieren nur ganz bestimmte Anteile des Infrarotlichts“, sagt Prof. Bernhard Lendl vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien. Durch seinen individuellen Infrarot-„Fingerabdruck“ kann man ein Gas daher zuverlässig detektieren. Es wird lediglich ein Laser mit passender Wellenlänge benötigt sowie ein Detektor, der misst, wie viel Infrarotstrahlung vom Gas verschluckt wurde.

Der Laser, der auch detektiert

„Unsere Mikrostruktur besitzt den großen Vorteil, Laser und Detektor in einem zu sein“, erläutert Rolf Szedlak. Zwei konzentrische Quantenkaskaden-Ringe wurden dafür ineinander gepackt. Beide können (je nach Betriebsmodus) sowohl Licht aussenden als auch Licht detektieren – und zwar bei zwei leicht unterschiedlichen Wellenlängen. Ein Ring sendet Laserlicht aus, das durch das Gas geleitet und anschließend von einem Spiegel wieder zurückgeschickt wird. Der zweite Ring nimmt dieses reflektierte Licht auf und misst seine Stärke. Gleich darauf tauschen die beiden Ringe ihre Rollen und die nächste Messung kann durchgeführt werden.

Um diesen neuartigen Sensor zu testen, stellte sich das Forschungsteam der TU Wien eine besonders schwierige Aufgabe: Es galt, Isobuten und Isobotan zu unterscheiden – zwei Moleküle, die nicht nur zum Verwechseln ähnliche Namen, sondern auch sehr ähnliche chemische Eigenschaften aufweisen. Doch auch diese Probe bestanden die Mikro-Sensoren exzellent und die beiden Gase konnten zuverlässig identifiziert werden.

„Wenn Laser und Detektor vereint werden, hat das viele Vorteile“, erklärt Gottfried Strasser. „Auf diese Weise können extrem kompakte Sensoren gebaut werden. Denkbar ist sogar ein ganzes Array – sprich eine Anordnung vieler solcher Mikro-Sensoren – auf einem einzigen Chip unterzubringen und mit mehreren unterschiedlichen Wellenlängen gleichzeitig zu arbeiten.“ Anwendungsmöglichkeiten gibt es viele – etwa in der Umweltanalytik oder Medizin. (Florian Aigner)

Originalpublikation:
Rolf Szedlak et al., ACS Photonics, 2016, 3 (10). DOI: 10.1021/acsphotonics.6b00603

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Extrem empfindliche Sensoren sorgen für optimale Sicht

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 04.10.2016

Die Automobilbranche forscht mit Hochdruck an Technologien für automatisiertes Fahren. Ein neues Sensor-System von Fraunhofer-Forschern soll für mehr Sicherheit sorgen.

Es war eine der Schlagzeilen dieses Sommers: Erstmals hat es einen schweren Unfall mit einem selbstfahrenden Elektroauto gegeben. Ein Fahrzeug kollidierte bei eingeschalteter Autopilotfunktion mit einem Lkw. Laut Hersteller konnten die Frontkameras den Sattelzug nicht richtig erkennen. Zudem hatte eine falsche Radarmessung die Vollbremsung verhindert. »Die Genauigkeit der Kamera ist von der jeweiligen Lichtsituation abhängig. In diesem Fall hat sie versagt. Das Radarsystem hat das Hindernis zwar erkannt, konnte es aber nicht genau lokalisieren und verwechselte den Lkw mit einem Wegweiserschild«, sagt Werner Brockherde, Geschäftsfeldleiter »CMOS Image Sensors« am Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg. Der Forscher und sein Team setzen stattdessen auf die LiDAR-Technologie (Light Detection and Ranging), die sie weiterentwickelt haben. Sie schafft in Kombination mit anderen Komponenten die Voraussetzung für das selbstständige Lenken, Bremsen und Beschleunigen. »LiDAR hätte die Unfälle wahrscheinlich verhindern können«, so Brockherde. Beim automatisierten Fahren könnte das System die bisher genutzte Kamera- und Radartechnik ergänzen, um eine komplette Aufnahme des Fahrzeugumfelds zu erhalten und so Hindernisse im Verkehr zu erkennen.

LiDAR-Systeme senden gepulste Laserstrahlen, die an der Oberfläche von Objekten reflektiert werden. Mit sogenannten Time-of-Flight-Kameras empfängt das LiDAR-Gerät die zurückgestreuten Signale: Anhand der Laufzeit, die das Licht zu den Objekten und zurück benötigt, werden Abstand, Position und Geschwindigkeit von Fahrzeugen, Radfahrern, Passanten oder Baustellen errechnet. Mit diesen Daten lassen sich Kollisionen vermeiden.

Lichtblitz erfasst komplette Szenerie

Beim traditionellen LiDAR wird ein einziger Laserstrahl auf einen rotierenden Spiegel gelenkt, der so die Umgebung im 360-Grad-Winkel erfasst. Beispielsweise verwendet Google die Technologie für seine »Driverless Cars«. Allerdings sind diese Spiegelvarianten sehr klobig und mechanisch fehleranfällig, daher entscheiden sich viele Automobilhersteller gegen das System und verbauen es nicht in Fahrzeugen. Brockherde und seine Kollegen am IMS verwenden daher sehr empfindliche Sensoren, die ohne rotierenden Spiegel auskommen. Diese erfassen mit einem einzigen Laserblitz die gesamte Szenerie beziehungsweise Umgebung des Fahrzeugs. »Flash-LiDAR« bezeichnen die Forscher ihre neue Generation von Sensoren, die aus mehreren speziellen am IMS entwickelten Photodioden – sogenannten Single-Photon Avalanche-Dioden (SPADs) – bestehen. »In unserem Fall wird nicht nur ein Punkt beleuchtet wie beim klassischen LiDAR, sondern ein rechteckiges Messfeld«, erläutert Brockherde.

Die SPADs sind hundert Mal empfindlicher als beispielsweise in Smartphones integrierte Photodioden. Der Vorteil gegenüber dem klassischen LiDAR-System: Sowohl Sensor als auch Auswertelektronik sind auf nur einem Chip verbaut. Dadurch fällt die Entwicklung besonders klein und flach aus. Automobilhersteller können sie daher problemlos etwa hinter der Windschutzscheibe oder dem Scheinwerfer verbauen. Ziel der IMS-Forscher ist es, mit Flash-LiDAR eine Entfernung von bis zu 100 Metern abzudecken.

»Die ersten Systeme mit unseren Sensoren werden bereits 2018 in Serie gehen«, sagt der Forscher. Auch für andere Anwendungsfelder wie Medizin, Analytik oder Mikroskopie sind die empfindlichen Sensoren interessant, da sie auch bei schwachen Lichtintensitäten funktionieren.

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TU Wien entwickelt Chip für neuartige Wärmebildkamera

Presseaussendung der TU Wien vom 16.08.2016

Ein Quanten-Chip, der Infrarotbilder aufnehmen kann – und zwar schneller und ohne aufwändige Kühlung: Eine Erfindung der TU Wien verspricht spannende Anwendungsmöglichkeiten.

Ein Schiff ist gekentert – weit draußen am Meer. Schwimmen irgendwo noch hilfesuchende Überlebende herum? Mit einer Wärmebildkamera, auf einer Drohne montiert, lässt sich das auch bei Nacht rasch feststellen. Doch für Kameras, die Infrarotstrahlung detektieren, gibt es auch noch viele andere Einsatzszenarien. Man könnte sie zum Beispiel in der Umwelttechnik verwenden, um bestimmte Chemikalien nachzuweisen. An der TU Wien gelang es nun, einen neuartigen Infrarot-Detektor zu entwickeln, der mehrere Vorteile vereint: Er ist schnell, muss nicht gekühlt werden und lässt sich ganz spezifisch auf bestimmte Wellenlängen optimieren.

Wärme und Quanten

„Grundsätzlich gibt es heute zwei Typen von Detektoren für Infrarotstrahlung“, erklärt der Elektrotechniker Prof. Gottfried Strasser, Leiter des Zentrums für Mikro- und Nanostrukturen an der TU Wien. „Thermische Detektoren, die auf Wärme reagieren, und photonische Detektoren, in denen die einfallende Strahlung quantenphysikalische Prozesse auslöst.“

Zur ersten Gruppe gehören die sogenannten Bolometer. Sie enthalten elektronische Bauteile, die von der Strahlung erwärmt werden und dadurch ihren elektrischen Widerstand ändern. Das geht nicht besonders schnell und nicht besonders präzise, aber es genügt, um beispielsweise ein Wärmebild eines Gebäudes zu erstellen und zu sehen, an welchen Stellen die Wärmedämmung verbessert werden muss.

Photonische Detektoren hingegen funktionieren ganz anders: In ihnen wird Infrarotlicht absorbiert, Elektronen werden dadurch in einen höheren Energiezustand versetzt, und diese Zustandsänderung der Elektronen wird dann gemessen. „Ein großes Problem dabei ist allerdings der Dunkelstrom“, sagt Strasser. „Auch wenn gar keine Infrarotstrahlung auf den Detektor trifft – ein gewisses Hintergrundsignal, ein permanentes Grundrauschen bekommt man immer.“

Das hat damit zu tun, dass man an diese Detektoren eine Spannung anlegen muss. Der Detektor wird warm, durch Wärmeprozesse im Detektormaterial werden dieselben elektronischen Vorgänge ausgelöst wie durch das Infrarotlicht, das man eigentlich detektieren möchte. Ab einer gewissen Temperatur wird der Detektor unbrauchbar, daher kühlt man die Geräte meist mit flüssigem Stickstoff. Wenn eine aufwändige Kühlung nötig ist, werden die Detektoren allerdings teuer, groß und schwer.

Quantenkaskaden-Detektor

An der TU Wien ging man einen anderen Weg: Man baute einen Array aus Quantenkaskaden-Detektoren. Sie bestehen aus mehreren Schichten mit jeweils unterschiedlichen elektronischen Eigenschaften. Spannung muss keine angelegt werden, das Bildrauschen ist gering, eine Kühlung ist nicht nötig.

Hergestellt wurde ein Detektor-Chip mit 8×8 Pixeln, der auf Infrarotstrahlung mit einer Wellenlänge von 4,3µm reagiert. „Es ging darum, das Prinzip zu demonstrieren, ein Hochskalieren auf eine höhere Pixel-Anzahl wäre technisch kein Problem“, sagt Gottfried Strasser. Auch die Wellenlänge, auf die der Detektor optimiert ist, lässt sich gezielt anpassen. Das bietet besonders interessante Möglichkeiten:

Infrarotstrahlung kann Moleküle nämlich zu bestimmten Vibrationen oder Rotationen anregen. Zu jeder dieser Anregungen gehört eine ganz bestimmte Wellenlänge. Daher können unterschiedliche Moleküle unterschiedliche Infrarot-Wellenlängen absorbieren, jedes Molekül hat einen ganz spezifischen Infrarot-Fingerabdruck, anhand dessen man es zweifelsfrei identifizieren kann. Eine Infrarot-Kamera, die hochspezifisch Strahlung mit ganz bestimmten Wellenlängen abbildet, könnte man daher nutzen, um auf einen Blick die Verteilung unterschiedlicher Moleküle zu ermitteln. (Florian Aigner)

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Kamerabasierte Personenerfassung für den Auto-Innenraum

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.08.2016

Rückfahrassistent oder Fußgängererkennung: Moderne Autos analysieren ihre Umgebung aufs Genauste. Den Innenraum dagegen sparen die Sensoren bisher weitestgehend aus. Nicht so ein neuartiges System: Es erkennt Anzahl und Größe der Personen im Fahrzeug und weiß, worauf sie ihre Aufmerksamkeit richten. Somit legt es die Basis für neuartige Assistenzsysteme, etwa für das automatisierte Fahren.

Den Blick fest auf die Straße gerichtet, jederzeit zur Reaktion bereit – so sitzen Autofahrer hinter dem Steuer. Künftig könnte sich das ändern: Wenn das Auto eigenständig lenkt und bremst, kann sich der Fahrer bequem zurücklehnen, eine Nachricht auf dem Smartphone verschicken, sich zu den Kindern auf der Rückbank umdrehen oder – das Fahrzeug kann dem Fahrer temporär ein erweitertes Infotainment-Angebot bereitstellen. Mit dieser Vision des vollautomatisierten Fahrens ergeben sich neue Möglichkeiten für den Fahrer, die Fahrtzeit zu nutzen und Aktivitäten jenseits des Fahrens nachzugehen – und damit auch neue Anforderungen an die Assistenzsysteme. Doch während es bereits zahlreiche Sensoren gibt, die das Umfeld des Autos analysieren, fehlen solche Systeme für den Innenraum.

Basis für neue Assistenzsysteme

Forscher der Fraunhofer-Institute für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe und für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart entwickeln im Projekt »Intelligent Car Interieur«, kurz InCarIn, erstmals ein System für den Fahrzeug-Innenraum – gemeinsam mit ihren Kollegen der Volkswagen Konzernforschung, von Bosch, Visteon und weiteren Unternehmen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. »Wir weiten die Sensorik auf den gesamten Innenraum aus«, erläutert Dr. Michael Voit, Gruppenleiter am IOSB. »Über Tiefenkameras erfassen wir das Fahrzeuginnere, erkennen die Anzahl der Personen, ihre Größe und ihre Körperhaltung. Daraus leiten wir die Aktivitäten der Personen ab.« Das langfristige Ziel liegt im Aufbau neuer Assistenzsysteme. Wichtig ist dies unter anderem bei teilautomatisiertem Fahren: Dreht sich der Fahrer zu den Kindern um, die auf der Rückbank sitzen, könnte in diesem Moment das System auf einem Monitor das Videobild der Rückbank darstellen – so kann der Fahrer den Blick umgehend wieder gen Straße richten und sieht dennoch, was die Kinder machen. »Über die Sensoren kann das System abschätzen, wie lange der Fahrer nach dem automatisierten Fahren brauchen wird, um die Kontrolle über das Fahrzeug wieder vollständig zu übernehmen«, erklärt Frederik Diederichs, Wissenschaftler und Projektleiter am IAO. Anhand der Information, wo die Personen sitzen und wie groß sie sind, ließe sich beispielsweise auch der Airbag an die individuelle Körpergröße anpassen – und über die Analyse der Gliedmaßen auch an spezielle Situationen wie an den Beifahrer, der die Füße auf das Armaturenbrett gelegt hat.

System erkennt Aktivitäten der Personen

Die Herausforderung liegt vor allem in der Auswertung der aufgenommenen Daten. Personen und deren Gliedmaßen erkennt die Software bereits, auch kann sie über eine Art Skelett, das sie über die Personenbilder legt, die Bewegungen nachvollziehen. Doch wie bringt man dem Computer bei, welche Aktivitäten die Personen gerade ausführen? »Eine Herausforderung liegt darin, Gegenstände, mit denen sich die Person beschäftigt, zuverlässig zu erkennen. Wenn man bedenkt, dass prinzipiell jedes Objekt in das Fahrzeug gebracht werden kann, müssen irgendwo Grenzen der Erfassungsmöglichkeiten gezogen werden. Wir setzen daher Grundvoraussetzungen, indem wir dem Computer mitteilen, wo sich etwa Sonnenschutzblende und Handschuhfach befinden«, erklärt Voit.

Die Forscher haben die Kameras und die zugehörigen Auswertealgorithmen zunächst im IAO-eigenen Fahrsimulator getestet und weiterentwickelt. Nun soll das System – integriert in einen Volkswagen Multivan – in Probandenversuchen zeigen, was es kann. Hier werden Grundlagen für die neuen Fahrzeugkonzepte der nächsten fünf bis zehn Jahre gelegt.

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MRT bei aktiven Implantaten: OTH Amberg-Weiden und MR:comp stellen Testmethode vor

Pressemeldung der OTH Amberg-Weiden vom 18.07.2016

Radiologen können oft die benötigte MRT-Untersuchung nicht durchführen, weil Patienten Herzschrittmacher oder andere aktive Implantate tragen. Diese Patienten profitieren vielleicht bald von einem Projekt, das die OTH Amberg-Weiden gemeinsam mit dem Gelsenkirchener Unternehmen MR:comp betreibt: die Entwicklung einer Testmethode, um Fehlfunktionen von Implantaten auszuschließen und die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten. Jetzt trafen sich die beiden Projektpartner zwei Tage lang zu einer Zwischenbilanz in der OTH in Weiden.

Und die fiel positiv aus. Das Projekt mit dem vollständigen Titel „Testmethodenentwicklung für aktive, implantierbare Medizinprodukte zum Ausschluss von Fehlfunktionen im Rahmen der Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT)“ verzeichnet große Fortschritte. Projektleiter Prof. Dr. Ralf Ringler, Studiengang Medizintechnik, und Projektmitarbeiterin Karina Schuller stellten den Entwurf eines automatisierten Teststandes und den entsprechenden Prototypen vor, der an der hochschuleigenen Werkstatt am Standort Amberg erstellt wurde. Das Prinzip ist einfach: Der Herzschrittmacher oder ein anderes implantierbares Medizinprodukt werden in den Teststand gelegt, der wiederum ins MRT-Gerät geschoben wird. Wenn das elektromagnetische Feld im MRT Auswirkungen auf das Implantat hat, zeigt der Teststand die Störungen an – Patienten mit diesem Implantat sollten das MRT meiden.

Zurzeit wird der Teststand weiter ausgebaut und verfeinert: Die Projektbeteiligten werden eine Sensorik implementieren, die über eine eigens angefertigte Software ausgelesen werden kann. So können in Testszenarien Funktionalität und Fehlerquellen nachgewiesen, Verbesserungen erarbeitet und neue Lösungen integriert werden.

„Unsere Arbeit gewinnt vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels an Bedeutung“, sagt Prof. Dr. Ralf Ringler. „Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass immer mehr Menschen auf Implantate angewiesen sind. Gleichzeitig benötigen gerade diese Patienten nicht selten auch MRT-Untersuchungen für eine vollständige Diagnose. Deshalb entwickeln wir diese Testmethode für aktive, implantierbare Medizinprodukte wie Herzschrittmacher oder Insulinpumpen. Mit ihr können wir Fehlfunktionen von Implantaten durch induzierte Kräfte, Drehmomente und Vibrationen durch statische oder geschaltete Magnetfelder ausschließen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur sicheren Untersuchung von Implantat-Trägern!“

Der Kooperationspartner MR:comp GmbH in Gelsenkirchen ist ein weltweit agierendes Unternehmen, das sich als Prüflabor einen Namen im Testen von Implantaten erworben hat. Die OTH Amberg-Weiden hat mit Prof. Dr. Ralf Ringler einen ausgewiesenen Experten im Bereich der personalisierten Medizin sowie in der diagnostischen Bildgebung der Medizinischen Physik und der Medizintechnik. Beide Partner sind in mehreren nationalen und internationalen Normenausschüssen aktiv und stehen der Medizintechnikindustrie als gefragte Ansprechpartner im Bereich der Magnet-Resonanz-Tomografie zur Seite.

Das Forschungsvorhaben „Testmethodenentwicklung für aktive, implantierbare Medizinprodukte zum Ausschluss von Fehlfunktionen im Rahmen der Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT)“ ist auf zwei Jahre angelegt. Es wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und im Rahmen des Programms „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), Projektform: Kooperationsprojekte vom 01.07.2015 bis zum 31.05.2017 durchgeführt.

Externer Link: www.oth-aw.de