Feinstaub-Belastung per Smartphone messen

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 22.05.2014

Informatiker des KIT arbeiten an einem Mess-System für mobile Endgeräte: Ziel ist das Erstellen einer Belastungslandkarte – gemeinsam mit Nutzerinnen und Nutzern.

Großstädte im Smog: Fotos aus Peking oder zuletzt Paris zeigen das Ausmaß der Feinstaubbelastung deutlich. Aber wie sieht es in der eigenen Umgebung aus, an der Lieblingsjoggingstrecke zum Beispiel? Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) entwickeln einen Sensor, der sich einfach an ein Smartphone anschließen lässt. In Zukunft sollen Nutzerinnen und Nutzer über gemeinschaftliches Messen (Participatory Sensing) beim Erstellen einer Belastungskarte mitwirken können. Die Karte wird dann umso genauer, je mehr Menschen sich beteiligen.

Das Prinzip der Feinstaub-Messung per Smartphone entspricht dabei dem einfacher optischer Sensoren: „Anstelle der sonst in Sensoren üblichen Infrarot-LED gibt hier der Blitz des Smartphones Licht in den Messbereich ab. Sind dort Staub oder Rauch vorhanden, streuen sie dieses Licht. Die Kamera dient als Rezeptor und fängt das Messergebnis als Bild auf. Anschließend lässt sich die Helligkeit der Pixel in die Staubkonzentration umrechnen“, sagt Informatiker Matthias Budde. Er hat das System am Lehrstuhl für Pervasive Computing und der Forschungsgruppe TECO am KIT entwickelt.

Dass das Prinzip funktioniert, haben die Informatiker in Vergleichsmessungen gezeigt. Bei der Genauigkeit können die Smartphone-Sensoren mit den spezialisierten Geräten zwar noch nicht konkurrieren, ihr Vorteil ist der Preis. „Die Geräte an den offiziellen Messstationen der Landesanstalt für Umwelt- und Messtechnik in Baden-Württemberg sind sehr präzise, aber auch sehr groß, sehr teuer und statisch. Deshalb gibt es zum Beispiel in Karlsruhe nur zwei solche Messpunkte“, so Budde. Größere Genauigkeit will er über eine hohe Messdichte erreichen. Messungen vieler, nahe beieinander liegender Sensoren könnten zu Ergebnissen geringerer Ungenauigkeit kombiniert werden, Messfehler ließen sich so verringern. Durch die lokale Nähe zueinander könnten Sensoren zudem gegeneinander kalibriert werden. Als mögliches Anwendungsszenario sieht er daher vor allem das gemeinschaftliche Messen oder Participatory Sensing: Interessierte Nutzerinnen und Nutzer nehmen an unterschiedlichen Orten in ihrer Stadt Messdaten auf und teilen sie. Daraus, so Buddes Idee, ließe sich dann eine Feinstaubbelastungskarte für die jeweilige Stadt in Echtzeit erstellen.

Der Sensor soll sich für Messungen künftig einfach – etwa mit einem Magneten – am Smartphone befestigen lassen, ein Anpassen der Elektronik ist nicht erforderlich. Nutzerinnen und Nutzer müssten sich lediglich die entsprechende App herunterladen. Am gewünschten Messpunkt setzen sie dann den Sensor auf ihr Handy, nehmen für die Messung ein Foto oder ein Video auf. Die Bilder können sowohl lokal ausgewertet als auch an ein Rechnersystem gesendet werden, das die Daten mit anderen Messungen zusammenführt und zurücksendet. Das Display des Telefons zeigt dann die Feinstaubkonzentration an.

Zurzeit lassen sich so Konzentrationen von etwa einem Milligramm pro Kubikmeter Luft erkennen. Um groben Staub und Rauch zu entdecken, reicht das aus, für typische Feinstaubkonzentrationen, die sich im Mikrogramm-Bereich bewegen, noch nicht. Ziel der Forscher ist es nun, die Empfindlichkeit der Sensoren weiter zu erhöhen. Erreichen wollen sie das unter anderem, indem sie das Blitzlicht im Sensor mit Halbkugellinsen ideal bündeln. Umgesetzt haben sie das bereits in einem gerade fertiggestellten, bereits deutlich kleineren zweiten Prototyp. Dazu kommt die Weiterentwicklung der Auswertungsalgorithmen sowie der Smartphones selbst: Künftig werden die Geräte Fotos nicht mehr automatisch komprimieren, sondern auch die Rohdaten liefern können. Auch davon verspricht sich das Team noch einmal genauere Messergebnisse. Mit einem Smartphone-Sensor, der typischen Feinstaub entdecken kann, rechnet Matthias Budde im Lauf des kommenden Jahres.

In seiner Dissertation beschäftigt sich der Informatiker aber nicht nur mit der Weiterentwicklung des Sensors und den Möglichkeiten, aus den Messpunkten eine Karte zu erstellen, sondern auch mit der Frage, wie man Bürgerinnen und Bürger dazu motivieren kann, sich zu beteiligen. „Viele Menschen interessieren sich von sich aus für solche Angebote, weil sie den Nutzen für sich und andere sehen“, so Budde. Für Spielfreudige sei aber auch ein „Gamification“-System denkbar, in dem es für das Sammeln von Daten oder das Messen an einem bestimmten Ort beispielsweise Punkte gibt. Ein weiterer Aspekt beim gemeinschaftlichen Messen sei auch der Datenschutz: „Nutzerinnen und Nutzer müssen darauf vertrauen können, dass ihre Daten gegen Rückverfolgung und Diebstahl gesichert sind und für nichts anderes als das Erstellen der Belastungskarte verwendet werden.“ Eine Möglichkeit dafür sei das Aggregieren, also das Kombinieren und Bündeln, der Daten, sodass sie nicht mehr zu einer bestimmten Einzelperson zurückverfolgt werden können. Zentrale Idee des Participatory Sensing sei aber der gemeinsame Nutzen, der hier darin liege, dass die Qualität der Information mit der Zahl der Messungen zunimmt. (le)

Externer Link: www.kit.edu

Wasserstoff aus Methanol für Brennstoffzellen

Presseaussendung der TU Wien vom 05.05.2014

Eine ganze Kaskade an chemischen Reaktionen läuft ab, wenn aus Methanol mit Hilfe von Metall-Katalysatoren Wasserstoff gewonnen wird. An der TU Wien werden diese Prozesse untersucht, Karin Föttinger und Christoph Rameshan erhielten dafür zwei Forschungspreise.

Wenn Wasserstoff mit Sauerstoff zu Wasser reagiert, wird Energie frei. Diese Reaktion nutzt man in Brennstoffzellen. Ein wesentliches Problem dabei ist allerdings die Aufbewahrung des benötigten Wasserstoffs, daher versucht man, Wasserstoff in Form von Methanol zu speichern, und das Methanol dann wieder in Wasserstoff und Kohlendioxid zu zerlegen. Das gelingt mit speziellen Metall-Katalysatoren, die an der TU Wien untersucht werden.

Unklar war lange Zeit, welche Atome und Moleküle auf der Katalysator-Oberfläche überhaupt eine wichtige Rolle spielen. Verschiedene Messungen zeigen nun: Entscheidend ist das Zusammenspiel aus Metallen und Metalloxiden. Karin Föttinger und Christoph Rameshan, beide am  Institut für Materialchemie der TU Wien tätig, erhielten für Arbeiten dazu jeweils einen Forschungspreis.

Nano-Partikel auf Oxid-Oberflächen

Methanol ist das kleinste Alkoholmolekül und wird in großen Mengen industriell hergestellt. In Zukunft könnte Methanol eine wichtige Rolle als Energieträger spielen. Denn wenn es gelingt, ihn effizient und umweltfreundlich in Wasserstoff und CO2 umzuwandeln, kann aus dem Wasserstoff in einer Brennstoffzelle saubere Energie gewonnen werden. Die sogenannte Dampfreformierung, bei der aus Methanol mit Wasserdampf Kohlendioxid und Wasserstoff entsteht, läuft allerdings nur mit Hilfe bestimmter Katalysatoren ab,  wie etwa mit Metall-Nanopartikeln auf Oxid-Oberflächen.

Das Ziel ist, aus Methanol und Wasserdampf ein möglichst reines Gemisch von CO2 und molekularem Wasserstoff herzustellen. Kohlenmonoxid soll darin nicht enthalten sein, weil das den Brennstoffzellen schaden würde. Die Kohlenmonoxid-Konzentration im Produktgas hängt ganz entscheidend von der Art des verwendeten Katalysators ab.

An der TU Wien werden diese katalytischen Vorgänge im Rahmen des Spezialforschungsbereichs FOXSI untersucht, der von Prof. Günther Rupprechter vom Institut für Materialchemie geleitet wird. Die Prozesse, die an der Katalysatoroberfläche ablaufen, sind sehr kompliziert: „Unterschiedliche Atom- und Molekülsorten sind beteiligt“, erklärt Karin Föttinger. „Oft ist schwer zu sagen, welche für die Reaktion wichtig sind, und welche eine untergeordnete Rolle spielen.“

In der Industrie versucht man, solche Prozesse durch Versuch und Irrtum anzupassen, die Zusammensetzung der Katalysatoren oder Parameter wie Druck und Temperatur zu verändern, doch an der TU Wien geht man einen Schritt weiter: Karin Föttinger untersucht mit modernen spektroskopischen Methoden, wie die Reaktionen am Katalysator im Detail ablaufen. Christoph Rameshan trennt die einzelnen Komponenten des Katalysators und analysiert sie in Modellsystemen einzeln. So wird es einfacher, genau zu verstehen, was bei den komplizierten chemischen Prozessen an der Katalysator-Oberfläche alles passiert.

Oft werden als Katalysatoren winzige Nanopartikel aus Metall verwendet, etwa aus Palladium. Diese Partikel werden auf Metalloxid-Oberflächen, zum Beispiel Zinkoxid gesetzt. Heiß diskutiert wurde in den letzten Jahren die Frage, ob das Reinmetall oder das Oxid für die Katalyse zuständig ist. „Unsere Messungen zeigen: Man braucht beides“, erklärt Karin Föttinger. „Das Oxid ist wichtig für die Wasseraktivierung, für die Aufspaltung der Wassermoleküle. Das Metall hingegen ist wichtig für die Aufspaltung des Methanols“, so Rameshan. Diese Erkenntnisse können nun dazu genutzt werden, die Katalysatoren zu verbessern, indem man beispielsweise durch Nanostrukturierung die Metall-Oxid-Grenzfläche optimiert.

Auszeichnung für TU-Forschung

Die Arbeiten am Institut für Materialchemie wurden nun durch zwei Forschungspreise gewürdigt: Karin Föttinger erhielt den angesehenen Theodor-Körner-Förderungspreis, um zusätzliche experimentelle Geräte für weitere Forschungen finanzieren zu können. Christoph Rameshan wurde der Gerhard Ertl Young Investigator Award 2014 zugesprochen, der jährlich vom Journal Surface Science für herausragende Forschungsleistungen vergeben wird. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Atomar dünne Solarzellen

Presseaussendung der TU Wien vom 10.03.2014

Ultradünne Schichten aus Wolfram und Selen wurden an der TU Wien hergestellt. Messungen zeigen, dass sie als semi-transparente, flexible Solarzellen eingesetzt werden können.

Dünner geht es wirklich nicht mehr: Nur aus einer einzigen Atomlage besteht das Kohlenstoff-Material Graphen, das ganz besondere elektronische Eigenschaften aufweist. Nun zeigt sich, dass auch andere Materialien, wenn man sie in einer einzelnen oder in ganz wenigen Atomschichten anordnet, aufregende neue technologische Möglichkeiten eröffnen. An der TU Wien konnte nun erstmals eine Diode aus Wolframdiselenid hergestellt werden. Experimente zeigen, dass dieses Material geeignet ist, um hauchdünne, biegsame Solarzellen anzufertigen. Sogar biegsame Displays sollen möglich werden.

Ganz neue Materialeigenschaften bei dünnen Schichten

Spätestens seit 2010 der Physik-Nobelpreis für die Herstellung von Graphen vergeben wurde, galten die „zweidimensionalen Kristalle“ aus Kohlenstoffatomen als große Zukunftshoffnung der Materialforschung. Im Jahr 2013 wurde die Graphen-Forschung von der EU als Flaggschiff-Projekt ausgewählt und mit einer Milliarde Euro gefördert. Graphen hält enormen mechanischen Kräften stand und es hat wunderbare elektro-optische Eigenschaften: Mit Graphen als Lichtdetektor kann man in winzigen Sekundenbruchteilen optische Signale in elektrische Signale umwandeln.

Eine wichtige, damit eng verwandte Anforderung kann Graphen allerdings nicht erfüllen: Es ist nicht als Solarzelle verwendbar. „Die elektronischen Zustände in Graphen sind für den Einsatz als Solarzelle nicht besonders gut geeignet“, erklärt Thomas Müller vom Institut für Photonik der TU Wien. Er begann mit seinem Team daher, andere Materialien zu untersuchen, aus denen sich ähnlich wie Graphen ultradünne Schichten aus nur einer oder aus wenigen Atomlagen herstellen lassen, die aber noch bessere elektronische Eigenschaften aufweisen.

Die Wahl fiel auf Wolframdiselenid: Es besteht aus einer Schicht Wolfram-Atome, die oberhalb und unterhalb mit Selen-Atomen verbunden sind. Das Material absorbiert Licht, ähnlich wie Graphen – in Wolframdiselenid lässt sich damit allerdings elektrische Leistung generieren.

Die dünnsten Solarzellen der Welt

Weil die Schicht so extrem dünn ist, lässt sie 95% des Lichts durch, doch von den verbleibenden fünf Prozent an Lichtleistung, die vom Material absorbiert wird, kann ein Zehntel in elektrische Leistung umgewandelt werden. Der interne Wirkungsgrad des Materials ist somit relativ hoch. Will man einen größeren Anteil des einfallenden Lichtes nutzen, könnte man mehrere dieser ultradünnen Schichten übereinanderpacken – doch die hohe Transparenz ist manchmal durchaus gewünscht: „Wir können uns etwa Solarzellen-Schichten auf Glasfassaden vorstellen, die das meiste Licht ins Gebäude lassen und trotzdem Elektrizität generieren“, meint Thomas Müller.

Herkömmliche Solarzellen sind heute meist aus Silizium, sie sind relativ dick und unflexibel. Auch organische Materialien werden für opto-elektronische Anwendungen eingesetzt, doch sie altern schnell. „Ein großer Vorteil der zweidimensionalen Strukturen aus einzelnen Atomlagen ist, dass sie kristallin sind. Kristallstrukturen verleihen Stabilität“, erklärt Thomas Müller.

Die Wolframdiselenid-Schicht kann nicht nur Sonnenlicht in Strom umwandeln, sie kann auch umgekehrt mit Hilfe von Stromzufuhr zum Leuchten gebracht werden. „Wir erhoffen uns damit eines Tages dünne, flexible Displays, oder auch großflächig-diffuse Raumbeleuchtung“, sagt Thomas Müller.

International kompetitives Feld

Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten an der TU Wien wurden nun im renommierten Fachjournal „Nature Nanotechnology“ veröffentlicht. Wie kompetitiv die Forschung in diesem Bereich ist, zeigt sich daran, dass in der selben Ausgabe des Journals auch noch zwei andere Beiträge veröffentlicht wurden, in denen ganz ähnliche Ergebnisse präsentiert werden: Auch am MIT (Cambridge, USA) und der University of Washington (Seattle, USA) hat man das Potenzial von Wolframdiselenid erkannt und kam zeitgleich zu analogen Ergebnissen. Kein Zweifel: So wie die Graphen-Forschung heute an vielen Forschungsinstituten auf der ganzen Welt ihren festen Platz hat, werden auch Materialien wie Wolframdiselenid in der Materialwissenschaft weltweit eine wichtige Rolle spielen. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Bakterien entschärfen giftiges Kadmium im Boden

Pressemitteilung der Universität Tübingen vom 10.12.2013

Geomikrobiologen der Universität Tübingen untersuchen das Potenzial der unsichtbaren Helfer bei der Sanierung

Kadmium ist eines der weitverbreitetsten Schwermetalle auf Agrarflächen in der ganzen Welt und findet sich häufig in zu hohen Konzentrationen in Gemüse und Tabak. Die dauerhafte Einnahme von Kadmium kann bei Menschen zu Knochendeformationen und Krebs führen. Im Boden liegt Kadmium an Minerale gebunden vor. In dieser Form ist es nicht mobil und kaum schädlich. Seine Mobilität – und Gefährlichkeit – steigt jedoch durch den Einfluss von Bakterien, die Minerale auflösen und umsetzen können. Wie die Bakterien umgekehrt aber auch zur Reinigung kadmiumverseuchter Böden genutzt werden können, hat die Geomikrobiologin Eva Marie Mühe unter der Leitung von Professor Andreas Kappler und Dr. Martin Obst vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen untersucht. Die Ergebnisse wurden in zwei Studien in der Fachzeitschrift Environmental Science and Technology publiziert.

Kadmium kommt in natürlichen Phosphatlagerstätten vor und gelangt so in phosphathaltige Düngemittel. Während die Gesetze in Deutschland vorschreiben, dass Phosphatdünger nicht mehr als 50 Milligramm Kadmium pro Kilogramm Phosphorpentoxid (P2O5) enthalten darf, fehlen solche Richtlinien auf EU-Ebene und in vielen anderen Ländern. Da die Ressource Phosphat sich weltweit dem Ende zuneigt, wird der Abbau auf qualitativ schlechtere Abbaustätten verlegt. Die Entfernung des Kadmiums aus dem abgebauten Phosphat ist kostspielig und unterbleibt in vielen Fällen. Das hat zur Folge, dass immer häufiger qualitativ schlechte Phosphatdünger auf Agrarflächen ausgebracht werden. Durch den steigenden Einsatz von Düngemitteln steigt auch insgesamt der Gehalt an Schwermetallen in Böden stetig an.

Die Verfügbarkeit des mineralgebundenen Kadmiums wird im Boden verringert, indem es in neu gebildete Eisenminerale eingebaut wird, zum Beispiel in das Mineral Magnetit. Dieses wird aufgrund seiner Stabilität, Reaktivität und Fähigkeit, Metalle zu binden, immer öfter zur Sanierung kontaminierter Böden und Gewässer eingesetzt. Das Tübinger Forscherteam konnte in Laborexperimenten mit kontaminierten Böden zeigen, dass es Bakterien sind, die kadmiumhaltige, rostige Eisenoxid-Minerale biologisch umsetzen und dadurch auflösen. Für genauere Untersuchungen haben sie ein geeignetes Bakterium aus einem kadmiumhaltigen Boden isoliert und als Laborkultur herangezüchtet. Dieser Stamm kommt selbst mit sehr hohen Kadmiumkonzentrationen zurecht. „Die Studien zeigten, dass dieses Bakterium während der Auflösung des Eisenminerals das gebundene Kadmium zunächst in Lösung bringt, bevor dieses sich fast vollständig an neu gebildete Minerale, insbesondere den stabilen Magnetit, bindet“, erklärt Andreas Kappler. Die Forscher halten es daher für möglich, dass dieses kurzzeitig mobile Kadmium aus kontaminierten Böden durch Pflanzen, die Metalle in ihren Organen ansammeln, aufgenommen werden könnte. „Wenn sich das als umsetzbar erweist, ließe sich das Metall verhältnismäßig einfach durch das Abernten der kadmiumspeichernden Pflanzen entsorgen“, sagt der Geomikrobiologe.

Diese Arbeiten wurden finanziell von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Form eines Promotionsstipendiums für Eva Marie Mühe unterstützt.

Publikationen:

Muehe E M, Obst M, Hitchcock A P, Tylsizczak T, Behrens S, Schröder C, Byrne J M, Michel M, Krämer U, Kappler A. Fate of Cd during microbial Fe(III) mineral reduction by a novel and Cd-tolerant Geobacter species. Environmental Science and Technology, in press. DOI : 10.1021/es403365w

Muehe E M, Adaktylou I J, Obst M, Zeitvogel F, Behrens S, Planer-Friedrich B, Kramer U, Kappler A. Organic carbon and reducing conditions lead to cadmium immobilization by secondary Fe mineral formation in a pH neutral soil. Environmental Science and Technology (2013), 47,13430-13439. DOI: 10.1021/es403438n

Externer Link: www.uni-tuebingen.de

Thermoelektrik auf dem Weg zur Industriereife

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 02.12.2013

Halb-Heusler-Verbindungen eignen sich besonders gut, um thermoelektrische Module herzustellen. Aus Abwärme kann mit ihnen Strom gewonnen werden. Forscher haben die Metalllegierungen erstmals im Kilomaßstab hergestellt.

Heute gehen mehr als zwei Drittel der weltweit eingesetzten Primärenergien wie Öl oder Gas als Abwärme verloren. Mit thermoelektrischen Modulen ließe sich ein Teil davon bei Kraftwerken, Industrie- oder Heizungsanlagen sowie Autos nutzen. Die Thermoelektrik gewinnt aus Temperaturunterschieden Strom. Integriert in die Abgasanlage eines Pkw beispielsweise könnten die Module Strom erzeugen und damit die Lichtmaschine des Fahrzeugs entlasten. »Angesichts immer schärferer Umweltregeln der EU ist das auch für die Autohersteller kein uninteressanter Aspekt«, so Dr. Kilian Bartholomé vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg.

Doch obwohl die wesentlichen Prinzipien bereits seit fast 200 Jahren bekannt sind, steckt die Technologie noch immer größtenteils in den Kinderschuhen. Es fehlt an effizienten Herstellungsverfahren und geeigneten Materialien. Dem IPM ist dabei jetzt ein großer Entwicklungsschritt gelungen. Die Forscher haben gezeigt, dass Halb-Heusler-Verbindungen – ein für thermoelektrische Prozesse sehr gut geeignetes Material – wesentlich effizienter und kostengünstiger hergestellt werden können, als das bisher möglich war. Im vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)  geförderten Projekt »thermoHEUSLER« arbeiteten sie mit der Robert Bosch GmbH, dem Institut für Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, der Vacuumschmelze in Hanau und der Isabellenhütte in Dillenburg zusammen.

»Halb-Heusler-Verbindungen eignen sich besonders gut für die thermoelektrische Anwendung. Sie erfüllen – fast – alle dafür notwendigen Kriterien«, erläutert Projektleiter Dr. Benjamin Balke von der Universität Mainz, Experte für die Materialentwicklung. »Die Metalllegierungen bestehen aus weit verbreiteten Rohstoffen, zum Beispiel Nickel, sind wesentlich umweltverträglicher als bisher eingesetzte Materialien, verfügen über gute thermoelektrische Eigenschaften und halten hohe Temperaturen aus.«

Effizientes Material im Kilomaßstab hergestellt

Die thermoelektrische Güte messen Ingenieure mit dem »ZT-Wert«. Von der Industrie gefordert werden Werte größer eins. Im Projekt »thermoHEUSLER« haben die Partner jetzt einen Wert von 1,2 erreicht. »Das entspricht den besten bisher veröffentlichten Werten für Halb-Heusler-Verbindungen«, sagt Bartholomé. Entscheidend für die industrielle Anwendung ist es, die im Labor erreichten Effizienzwerte auch in der Massenproduktion zu erreichen. Während »thermoHEUSLER« ist es der Vacuumschmelze und der Isabellenhütte erstmals gelungen, dieses sehr effiziente Halb-Heusler-Material im Kilogrammmaßstab herzustellen. Die dabei synthetisierten Legierungen haben eine lange Tradition: Der deutsche Bergbauingenieur, Chemiker und Namensgeber Friedrich Heusler war einst Leiter der Isabellenhütte.

Thermoelektrische Module sind aus wenigen Millimeter großen Klötzchen zusammengesetzt. Diese bestehen aus zwei unterschiedlichen Typen thermoelektrischen Materials – dem n-Typ und dem p-Typ. Ein Knackpunkt für die Effizienz der Module ist das Design ihrer elektrischen Kontakte. Sie müssen große Temperaturunterschiede vertragen, langzeitstabil sein und gleichzeitig den elektrischen Widerstand möglichst gering halten. Genau das haben die Wissenschaftler im Projekt »thermoHEUSLER« mit einem speziell entwickelten Lötsystem geschafft.

Dass thermoelektrische Module zur Energieeffizienz im Automobil beitragen können, haben verschiedene internationale Konsortien gezeigt. Bis zu 600 Watt elektrische Leistung konnten Prototypen bereits aus der Abwärme am Abgasstrang eines Pkw erzeugen. »In Deutschland waren zu Jahresbeginn fast 60 Millionen Fahrzeuge registriert. Wären diese alle mit den kleinen thermoelektrischen Kraftwerken an der Abgasanlage ausgerüstet, ließe sich theoretisch schon heute Energie in einer Größenordnung einsparen, wie sie ein Kernkraftwerk jährlich produziert. Das entspricht in etwa einer Ersparnis von mehreren Millionen Tonnen CO2«, so Bartholomé.

Externer Link: www.fraunhofer.de