„Quanten-Magie“ kommt ohne „spukhafte Fernwirkung“ aus

Pressemeldung der Universität Wien vom 24.06.2011

Die quantenmechanische Verschränkung ist das Herzstück des berühmten Quanten-Teleportationsexperiments. Albert Einstein bezeichnete sie als „spukhafte Fernwirkung“. Ein Forschungsteam der Universität Wien und des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften um Anton Zeilinger verwendete ein System, das Verschränkung nicht zulässt und fand doch Resultate, die nicht auf klassische Weise interpretiert werden können. Das Team publizierte dazu in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Nature“.

Asher Peres, einer der Pioniere der Quanteninformationstheorie, meinte in einem Brief an seine Kollegin Dagmar Bruß scherzhaft: „Verschränkung ist ein Trick, den ‚Quantenmagier‘ einsetzen, um Phänomene zu erzeugen, die von ‚klassischen Magiern‘ nicht kopiert werden können.“ Wenn zwei Teilchen miteinander verschränkt sind, beeinflussen Messungen, die an einem der beiden Teilchen vorgenommen werden, das andere Teilchen augenblicklich, gleichgültig wie weit entfernt sich die beiden Teilchen voneinander befinden. Was aber, wenn im Experiment ein System herangezogen wird, das Verschränkung gar nicht zulässt? Sind die „Quanten-Magier“ gegenüber den anderen noch immer im Vorteil?

Quantenphysik fern von Spuk und Zauberei

Dieser Frage gingen Forscher der Fakultät für Physik der Universität Wien und des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften um Anton Zeilinger in einem Experiment nach. Sie verwendeten ein sogenanntes Qutrit – ein Quantensystem aus einem einzelnen Photon, das drei voneinander unterscheidbare Zustände einnehmen kann. „Damit konnten wir zeigen, dass quantenmechanische Messungen auch dann nicht auf klassische Weise interpretiert werden können, wenn das Phänomen der Verschränkung nicht beteiligt ist“, erklärt Radek Lapkiewicz, Erstautor der Studie. Die Ergebnisse beziehen sich auf die theoretischen Vorhersagen von John Stewart Bell, Simon B. Kochen und Ernst Specker.

Quantenwelt versus Alltagserfahrung

Die Quantenphysik unterscheidet sich erheblich von dem, was wir in unserer Alltagswelt wahrnehmen, erfahren und als „klassische Physik“ bezeichnen. Betrachten wir beispielsweise einen Globus von nur einem Standpunkt aus, dann können wir jeweils nur eine Hemisphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt sehen. Drehen wir den Globus einmal um die eigene Achse, können wir unter der Annahme, dass die Form der Kontinente gleich bleibt, auch wenn wir sie gerade nicht sehen, letztendlich ein aussagekräftiges und „wahres“ Bild unserer Erde konstruieren.

Mit unseren Erfahrungen und Annahmen der „klassischen Physik“ können wir also einem System Eigenschaften zuordnen, ohne dass Messungen erforderlich wären. Anders verhält es sich, wenn wir uns einen „Quantenglobus“ vorstellen. Im Gegensatz zum Globus, der sich aufgrund klassischer Annahmen von Eigenschaften wie ein Puzzle zusammenfügt, passen die Bilder beim ‚Quantenglobus‘ nicht zusammen. Es ergibt sich aber auch kein ‚zufälliges‘ Muster, vielmehr kann bereits im Voraus gesagt werden, um wie viel die einzelnen Teile nach der Beobachtung voneinander differieren.

Publikation:
Experimental non-classicality of an indivisible quantum system
Radek Lapkiewicz, Peizhe Li, Christoph Schaeff, Nathan K. Langford, Sven Ramelow, Marcin Wiesniak and Anton Zeilinger
Nature, 23. Juni 2011 | DOI: 10.1038/nature10119

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