Navigation für Elektrorollstühle

Pressemitteilung der RWTH Aachen vom 12.01.2012

Oft reicht der Akku seines Rollstuhls nicht für die Fahrt zur Hochschule und wieder zurück nach Hause. Dzenan Dzafic studiert Informatik an der RWTH. Er nutzte sein hier erworbenes Wissen und entwickelte ein mobiles Navigationssystem für Elektrorollstühle: „Fahrzeuge mit Elektromotoren sind in ihrem Bewegungsraum durch die Akku-Kapazität und den Stromverbrauch eingeschränkt. Der Stromverbrauch ist stark abhängig von der Steigung und dem Straßenbelag. Je größer die zu bewältigende Steigung und je unebener der Belag ist, desto schneller sinkt der Akkustand“, erklärt Dzafic. Zusammen mit Diplom-Informatiker Dominik Franke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Informatik 11 (Software für eingebettete System), entwickelte er einen Algorithmus auf Basis von Daten aus der OpenStreetMap, kurz OSM. Sie gingen dabei davon aus, dass ein kurzer Weg nicht immer effizient sein muss: „Auch wenn ich laut Plan schneller an einem Ort sein könnte, kann ich wegen vieler Steigungen auf halber Strecke nicht mehr weiterkommen“, berichtet Dzafic. Mit Hilfe der neuen Daten soll der Energieverbrauch einer Route angezeigt und damit die Reichweite des Fahrzeugs maximiert werden.

Noch gibt es wenige Systeme, die den Akkustand zu Beginn der Route, die Steigung des Streckenverlaufs und mögliche Ladestationen für Elektrofahrzeuge berücksichtigen. Die frei verfügbare Weltkarte OSM war Ausgangspunkt für den am RWTH-Lehrstuhl unter Leitung von Professor Dr.-Ing. Stefan Kowalewski entwickelten Rollstuhl-Routenplaner. Durch die freie und kostenlose Nutzbarkeit bietet OSM den Vorteil, dass die Benutzer Informationen in die Karte eingeben können. „Hier sind bereits mehrere Teile Deutschlands erfasst“, so Franke. „In Aachen basieren die Daten auf meinen Erfahrungswerten“, ergänzt Dzafic.

Um die Akku-Kapazität eines Rollstuhls zu bestimmen, umfuhr der 29-Jährige mit speziellen Sensoren am Rollstuhl immer wieder den Sportplatz des Hochschulsportzentrums. „Die Strecke ist besonders ebenmäßig und eignete sich daher gut für die Messungen. Es dauerte vier Stunden, bis der Akku leer war“, berichtet Dzafic. Danach testeten die beiden Informatiker verschiedene Steigungen in Aachen, die maximale Bordsteinhöhe, die Straßenbeschaffenheit und das Gefälle wurden ebenfalls berücksichtigt. Mit Hilfe dieser Messungen und den Daten aus OSM berechneten sie eine effiziente und eine kurze Route. Dem Nutzer werden künftig beide Wege sowie der Energieverbrauch angezeigt. „Unser Routenplaner kann bei einer Strecke von 300 Metern bis zu 20 Prozent der Energie einsparen“, so Franke.

In Zusammenarbeit mit dem Exzellenzcluster UMIC (Ultra high-speed Mobile Information and Communication) Research Centre der RWTH und der Universität Heidelberg konnte der Algorithmus in den Webservice www.rollstuhlrouting.de integriert und zusätzlich um den mobilen Client AndNav für die Plattform Android erweitert werden. Somit ist die Route auch per Mobiltelefon abrufbar. Mit seiner Anwendung hat Dzafic dabei nicht nur großes Interesse bei Betroffenen geweckt, auch viele Wissenschaftler nahmen Kontakt auf. Das Projekt soll nun auf verschiedene Formen der Elektromobilität ausgedehnt werden. (Celina Begolli)

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