Pressemeldung der Universität Wien vom 19.01.2012
Quantencomputer mit Quantenkryptographie vereinigen ForscherInnen des Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) an der Universität Wien und des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Sie zeigen in der aktuellen Ausgabe von „Science“, dass Quanteneffekte absolut sicheres Cloud Computing ermöglichen. In einem Experiment gelang es, einen Quantencomputer so zu konstruieren, dass alle Ergebnisse der Daten und Rechnungen dem Computer selbst verborgen blieben.
Quantencomputer haben gegenüber klassischen Computern einen bedeutenden Vorteil: schnellere Rechnungen, die auf Quanteneffekten beruhen. Aufgrund Ihrer Komplexität existieren sie bisher nur als Grundlagenexperimente wie im Labor der Fakultät für Physik der Universität Wien. Daher ist es naheliegend, dass diese Technik zukünftig zunächst nur in wenigen spezialisierten Rechenzentren zur Verfügung stehen wird – ähnlich wie bei heutigen Großrechnern.
Auslagerung in die „Rechnerwolke“
Diese Strategie folgt dem aktuellen Trend des Cloud Computing, bei dem IT-Leistungen werden in die „Rechnerwolke“ ausgelagert werden. Nutzer könnten von außerhalb Anfragen an einen Quantencomputer stellen und Quantenrechnungen durchführen. Das neue Cloud Computing hat gegenüber derzeitigen Lösungen einen entscheidenden Vorteil, der nur durch Quanteneffekte erreicht werden kann: Es ist absolut sicher.
Code oder Telefonbuch?
Wiener ForscherInnen haben in Kooperation mit internationalen Forschungsinstituten erstmals diese absolute Sicherheit der Daten in einem Grundlagenexperiment realisiert. Dabei führt ein Quantencomputer Rechnungen durch, kann aber selbst nicht herausfinden, welche es sind. „Der Quantenrechner kann beispielsweise nicht unterscheiden, ob er gerade einen Code entschlüsselt, oder einen Eintrag in einem Telefonbuch sucht“, erklärt Stefanie Barz, Hauptautorin der soeben in „Science“ veröffentlichten Studie.
„Blind“ errechnet
Dies könnte in Zukunft folgendermaßen funktionieren: Ein Nutzer präpariert Qubits – die kleinsten Einheiten des Quantencomputers – in einem nur ihm bekannten Zustand und sendet diese zum Quantencomputer. Dieser verschränkt die Qubits nach einem bestimmten Schema. Die Quantenrechnungen werden nun durch Messungen realisiert. Dazu schickt der Nutzer verschiedene Messanweisungen an den Quantencomputer.
Diese Anweisungen sind an den Zustand der Qubits angepasst und ergeben nur einen Sinn, wenn auch der Zustand der Qubits bekannt ist. Da der Quantencomputer diesen jedoch nicht kennt, sind für ihn die Rechnungen eine unzusammenhängende Abfolge an Operationen. Daher kann er zu keinem Zeitpunkt Rückschlüsse ziehen, welche Rechnung er gerade durchführt – er rechnet „blind“. Am Ende der Rechnung werden Ergebnisse an den Nutzer zurückgesendet. „Der Nutzer kann als einziger die Ergebnisse interpretieren und nutzen, da nur er die Ausgangszustände der Qubits kennt“, erklärt Barz.
Beim Wiener Experiment wurden einzelne Lichtteilchen (Photonen) als Qubits verwendet. Deren Polarisation, die Schwingungsebene des Lichts, ist die Grundlage für das photonische Qubit, und Photonen sind perfekt geeignet, weil sie ideale Informationsträger sind und über weite Distanzen gesendet werden können.
Internationale Forschungskooperation
Das Projekt ist eine internationale Koperation von ForscherInnen des Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) an der Universität Wien, des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der University of Edinburgh, des Institute for Quantum Computing (University of Waterloo), des Centre for Quantum Technologies (National University of Singapore) und dem University College Dublin.
Publikation:
Demonstration of Blind Quantum Computing. Stefanie Barz, Elham Kashefi, Anne Broadbent, Joseph Fitzsimons, Anton Zeilinger, Philip Walther
DOI: 10.1126/science.1214707
Externer Link: www.univie.ac.at