Dreidimensional ohne 3D-Brille

Presseaussendung der JKU Linz vom 23.01.2012

Informatiker der JKU Linz entwickeln Methode zur Bearbeitung von Lichtfeldern

Zweidimensionale digitale Bildaufnahmen könnten bald der Vergangenheit angehören. Zukünftig werden Bildinformationen in Form von Lichtfeldern aufgenommen und dargestellt. Damit werden die Abbildungen dreidimensional, Fokus und Perspektive lassen sich nachträglich verändern. Wissenschafter des Instituts für Computergrafik der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz haben nun ein revolutionäres Verfahren entwickelt, welches das Strecken und Stauchen von Lichtfeldern ermöglicht. Aufnahmen können so bequem auf eine beliebige Größe und ein gewünschtes Seitenverhältnis angepasst werden – ohne dass wichtige Inhalte unnatürlich verzerrt werden.

Wer mit einer herkömmlichen Digitalkamera fotografiert, erhält lediglich ein zweidimensionales Bild. Neuartige Lichtfeldkameras nutzen hingegen spezielle optische Elemente, wie z.B. Mikrolinsenfelder, um Richtungsinformationen des Lichtes zu erhalten – zu den zweidimensionalen Bildkoordinaten kommen dadurch zweidimensionale Richtungskoordinaten hinzu. Daraus entstehen vierdimensionalen Abbildungen, die man Lichtfelder nennt.

Dreidimensional ohne 3D-Brille

Der Vorteil von Lichtfeldern gegenüber herkömmlichen Bildern besteht darin, dass sie viel mehr Informationen enthalten. Daraus lassen sich zum Beispiel im Nachhinein Fokus und Perspektive einer Aufnahme am Computer ändern, oder Tiefeninformationen und Abbildungen mit sehr hoher Tiefenschärfe errechnen. Lichtfelder haben insgesamt das Potential, digitale Abbildungen zu revolutionieren. Das gilt nicht nur für bildgebende Systeme und die Verarbeitung digitaler Bildinformationen, sondern auch für Displaysysteme. Für zukünftige Displaytechnologien ermöglichen Lichtfelder die Darstellung dreidimensionaler Inhalte für beliebig viele Betrachter und ohne Hilfsmittel wie 3D-Brillen.

Lichtfeldaufnahmen lösen digitale Bildaufnahmen ab

Aber besonders in der Fotografie bedeuten moderne Lichtfeldkameras einen klaren Entwicklungssprung. Digitale Bildaufnahmen könnten bald von Lichtfeldaufnahmen abgelöst werden. Eine zentrale Herausforderung liegt hier aber noch in der Verarbeitung: Lichtfelder sollten genauso digital nachbearbeitet werden können, wie es heute für zweidimensionale Abbildungen, also für Bilder und Videos, möglich ist. Dort werden die Abbildungen in dem Seitenverhältnis der Kamera aufgenommen und später auf verschiedenen Displays mit dementsprechend unterschiedlichen Seitenverhältnissen dargestellt. Die Bildinhalte sollten dabei so auf die neuen Seitenverhältnisse angepasst werden, dass kein Bildinhalt abgeschnitten oder unnatürlich gestreckt bzw. gestaucht wird. Algorithmen, die diese Skalierung in Abhängigkeit des eigentlichen Bildinhaltes durchführen nennt man Retargeting. Diese aus der digitalen Bildverarbeitung und der Digitalfotografie bekannte Technik kann aber oft nicht ohne weiteres auf Lichtfelder angewendet werden.

Methode zur Bearbeitung von Lichtfeldern

Hier schaffen die Wissenschafter am Institut für Computergrafik der JKU unter der Leitung von Prof. Oliver Bimber Abhilfe: Sie haben Softwarealgorithmen entwickelt, die es ermöglichen, Lichtfelder entsprechend zu analysieren und zu bearbeiten. Zur im Mai 2012 stattfindenden Fachtagung Eurographics (Cagliari, Italien) und im internationalen Journal Computer Graphics Forum präsentieren sie erstmals ein Verfahren, welches das nichtlineare Strecken und Stauchen von Lichtfeldern ermöglicht. Dabei können Aufnahmen aus einer Lichtfeldkamera bequem auf eine beliebige Größe und ein gewünschtes Seitenverhältnis angepasst werden – ohne dass wichtige Inhalte unnatürlich verzerrt werden. Die JKU-Forscher stellen damit das weltweit erste Retargetingverfahren für Lichtfelder vor. (Manfred Rathmoser)

Externer Link: www.jku.at