Die zwei Seiten eines Moleküls

Presseinformation der LMU München vom 27.09.2013

LMU-Forscher um Christian Weber klären auf, welche Rolle das Molekül JAM-A bei der Einwanderung von Entzündungszellen im Rahmen der Entstehung von Gefäßverkalkungen spielt.

Bei der Atherosklerose bilden sich in den Arterien Ablagerungen an der Gefäßinnenwand. Das kann den Blutfluss behindern und schließlich ganz blockieren. Eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Atherosklerose spielen die Monozyten, eine Gruppe der weißen Blutzellen, die zum Immunsystem gehören und wichtig für die Abwehr von Krankheiten sind. Bei der Atherosklerose sammeln sie sich jedoch in der Gefäßwand. Dort produzieren sie Signalstoffe, die weitere Zellen an die Entzündungsstelle locken. So bilden sich atherosklerotische Ablagerungen, die die Gefäße verengen, was Herzinfarkte und Schlaganfälle auslösen kann.

Welche molekularen Prozesse die Einwanderung der Zellen in das entzündete Gewebe steuern, untersucht Professor Christian Weber vom Institut für Prophylaxe und Epidemiologie der Kreislaufkrankheiten an der LMU. In der Fachzeitschrift Circulation berichtet er nun über die Ergebnisse einer Untersuchung, die gemeinsam mit Kollegen von der Universität Maastricht durchgeführt wurde. Die Wissenschaftler haben analysiert, wie das Molekül JAM-A an der Entstehung von Atherosklerose beteiligt ist.

Wechselwirkungen berücksichtigen

Als ein Protein mit vielfältigen Bindungsstellen trägt JAM-A zur Organisation und Integrität von Zellkontakten bei und kann als molekularer Reissverschluss für Entzündungszellen dienen. In aktuellen Untersuchungen konnte das Team um Christian Weber zeigen, welche Auswirkungen es hat, wenn das Molekül in verschiedenen Zelltypen fehlt.

Die innerste Wandschicht der Gefäße ist mit einer Lage Endothelzellen ausgekleidet. Hier sorgt JAM-A für den Durchtritt von Entzündungszellen, insbesondere wenn es bei gestörten Flussverhältnissen oder erhöhten Blutfettspiegeln umverteilt wird. Fehlt das Molekül in den Endothelzellen, wandern weniger Monozyten ein. Dadurch können sich weniger Ablagerungen in den Gefäßen bilden.

Dennoch wäre es fatal, bei der Entwicklung von Therapeutika darauf zu setzen, JAM-A einfach zu blockieren. Denn fehlt das Molekül in Blutzellen, können sich Monozyten, die einmal gebunden haben, nicht mehr lösen. Dadurch kommt es zu einer lokalen Schädigung des Endothels und es bilden sich mehr Ablagerungen.

„Für die Entwicklung von Therapeutika ist es entscheidend, die verschiedenen Wechselwirkungen von JAM-A zu berücksichtigen“, sagt Christian Weber. Er forscht nun weiter an Bindungsstellen in der Domäne des Moleküls, die für die schädlichen Mechanismen verantwortlich sind. „Ein Therapeutikum, das nur dort angreift, könnte Gefäße effektiv schützen und Nebenwirkungen umgehen“, sagt Weber. (nh)

Publikation:
Circulation 2013

Externer Link: www.uni-muenchen.de