Impfung durch Eincremen: Wie Impfstoffe ohne Nadelstich in den Körper gelangen

Pressemitteilung der Universität des Saarlandes vom 26.09.2014

Impfstoffe werden traditionell über Nadeln in den Körper gebracht. Nach alternativen Methoden wird bereits seit einigen Jahren gesucht. Wissenschaftler des Helmholtz-Instituts für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig konnten nun zeigen, dass es mithilfe nanotechnologischer Formulierungen möglich ist, Impfstoffe über die Haut zu verabreichen. Dadurch könnten die bisherige Impfmethoden erheblich verbessert werden. Ihre Ergebnisse publizierten die Forscher in der Fachzeitschrift „Nanomedicine“.

Die herkömmliche Impfung per Injektion hat verschiedene Nachteile. Dabei geht es allerdings nicht in erster Linie um die Angst vor der Nadel, die manche Menschen vor einer Impfung zurückschrecken lässt, sondern vor allem um die mit der Herstellung und Anwendung verbundene Logistik. „Es ist sehr aufwendig und teuer, solche Impfstoffe zu produzieren, und für die Anwendung braucht es geschultes Personal“, sagt Prof. Claus-Michael Lehr, Leiter der Abteilung „Wirkstoff-Transport“ am HIPS. „Gerade in Entwicklungsländern ist das ein Problem.“ Aus diesem Grund suchen er und seine Kollegen vom HZI bereits seit einiger Zeit nach neuen Impfmethoden.

Nun haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass es tatsächlich möglich ist, Impfstoffe über die Verankerung der Haare in der Haut, die sogenannten Haarfollikel, in den Körper zu bringen, um eine Immunantwort auszulösen. Dazu nutzen die Forscher Nanopartikel als Verpackung für die Impfstoffe. Diese lagern sich in Hautfältchen und den Haarfollikelöffnungen ab und können von dort durch die Haut gelangen, ohne diese zu verletzen. Da die Follikel nicht vollständig von Hornhaut umgeben sind, steht diese den Nanotransportern nicht im Wege: Die Bahn ist also frei.

Um allerdings tatsächlich eine Immunantwort hervorzurufen, muss eine ausreichende Menge des Impfstoffes in den Körper gelangen. „Das ist über die Nanopartikel nicht möglich“, sagt Prof. Carlos Alberto Guzman, Leiter der Abteilung „Vakzinologie und angewandte Mikrobiologie“ am HZI. „Wir lösen dieses Problem, indem wir neben dem Wirkstoff auch entsprechende am HZI entwickelte Adjuvantien mit den Nanotransportern verabreichen. Durch diese Zusatzstoffe wird die Immunantwort im Körper verstärkt.“ So werde eine entsprechende Reaktion im Körper ausgelöst, obwohl die Menge an Antigenen eigentlich nicht ausreichend dafür ist.

„Das zeigt, dass es möglich ist, Impfstoffe zu entwickeln, die ganz ohne Injektion angewendet werden könnten“, erläutert Prof. Lehr. „Im Idealfall könnte zukünftig eine Hautcreme aufgetragen werden und man wäre geimpft.“ Entsprechende Cremes wären deutlich günstiger in der Herstellung, und vor allem wäre kein geschultes Personal erforderlich, um sie effektiv einzusetzen. Gerade bei der Eindämmung von Epidemien in Entwicklungsländern, wie aktuell Ebola, würden solche Impfstoffe einen erheblichen Fortschritt bedeuten. Neben Impfungen zum Schutz vor Infektionskrankheiten wäre ein Einsatz der Methode auch bei Desensibilisierungs-Therapien bei Allergien denkbar.

Originalpublikation:
Mittal Ankit, Schulze Kai, Ebensen Thomas, Weißmann Sebastian, Hansen Steffi, Lehr Claus Michael, Guzman Carlos A.: Efficient nanoparticle-mediated needle-free transcutaneous vaccination via hair follicles requires adjuvantation, Nanomedicine: Nanotechnology, Biology, and Medicine (2014), doi:10.1016/j.nano.2014.08.009

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