Tuberkulose-Bakterien tricksen Immunsystem aus

Medienmitteilung der Universität Basel vom 23.10.2015

Tuberkulose-Bakterien bedienen sich eines eigensinnigen Tricks. Sie zeigen sich dem Immunsystem immer in derselben Gestalt. Ihre Antigenvariation ist äusserst gering. Dagegen reagiert das angegriffene Immunsystem heftig. Ein Befall der Atemwege und damit die weitere Verbreitung der Krankheit über Atemluft sind die Folge. Das zeigen Forschende der Universität Basel und des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) in der Zeitschrift «Cell Host & Microbe».

Zwischen Immunsystem und eindringenden Krankheitserregern herrscht ein ständiges Wettrüsten. Gegen unliebsame Eindringlinge wie Bakterien, Viren oder Parasiten entwickelt das Immunsystem Antikörper. Um diese Abwehr zu unterlaufen, ändert der Krankheitserreger ständig seine Erkennungsmerkmale, die sogenannten Antigene, und bleibt so für die Antikörper unangreifbar. Diesen, evolutionär entstandenen, Mechanismus nutzen die meisten Krankheitserreger aus.

Anders verhält sich der Erreger der Tuberkulose, das Mycobacterium tuberculosis. Die vom Immunsystem erkannten Antigene des TB-Bakteriums unterscheiden sich zwischen unterschiedlichen Stämmen nur sehr wenig und sind evolutionär hochkonserviert. Das zeigen Wissenschaftler des Swiss TPH und der Universität Basel mithilfe von Genomanalysen von 216 verschiedenen Tuberkulose-Linien. «Die geringe Antigenvariation verschafft den TB-Bakterien womöglich einen Evolutionsvorteil», sagt Sébastien Gagneux vom Swiss TPH und Mitautor der Studie.

Denn diese hochkonservierten Antigene provozieren bei einer TB-Infektion eine heftige Immunreaktion. Sie führt zu einem starken Befall der Lungen, was wiederum die weitere Verbreitung von infektiösen TB-Bakterien von Mensch zu Mensch über Husten begünstigt und das Überleben der Keime sichert.

Neues Angriffsziel für einen neuen TB-Impfstoff

Auch identifizierten die Wissenschaftler sieben TB-Antigene, die nicht hochkonserviert, sondern äusserst variabel sind und bei Erkrankten eine Immunreaktion auslösen. Diese Ausnahmen könnten wichtige Angriffsziele bei der Entwicklung eines neuen Impfstoffs gegen Tuberkulose werden. Denn die herkömmlichen Impfstoffkandidaten gegen TB basieren auf den hochkonservativen Antigenen, die eine starke Immunreaktion auslösen und dem Bakterium einen Vorteil verschaffen.

«Das Immunsystem mit einem Antigen zu stimulieren, das den Bakterien nützt, ist nicht die beste Strategie», sagt Gagneux zur bisherigen Impfstoffstrategie. Die neuen Erkenntnisse versprechen hier möglicherweise einen effektiveren Ansatz zur Entwicklung einer Tuberkulose-Impfung.

Originalbeitrag:
Mireia Coscolla, Richard Copin, Jayne Sutherland, Florian Gehre, Bouke de Jong, Olumuiya Owolabi, Georgetta Mbayo, Federica Giardina, Joel D. Ernst, and Sebastien Gagneux
M. tuberculosis T Cell Epitope Analysis Reveals Paucity of Antigenic Variation and Identifies Rare Variable TB Antigens
Cell Host & Microbe (2015), doi: 10.1016/j.chom.2015.10.008

Externer Link: www.unibas.ch