Presseaussendung der JKU Linz vom 04.01.2021
Er ist wahrscheinlich das Symbol für 2020: der Mund-Nasen-Schutz. Allgegenwärtig, wenngleich in seiner Wirkung nicht unumstritten. Ob eine „Maske“ tatsächlich Schutz vor Ansteckung bietet, muss mit einem speziellen Messgerät überprüft werden. Forscher*innen der Johannes Kepler Universität Linz haben nun eine Methode entwickelt, mit der die Wirkung der MNS-Masken ebenso genau überprüft werden kann – und das weitaus einfacher und kostengünstiger.
Gesichtsmasken gibt es mittlerweile in den unterschiedlichsten Formen und Farben. Vor allem für das Gesundheitspersonal und andere systemrelevante Mitarbeiter*innen ist es wichtig zu prüfen, ob eine Maskenlieferung den Anforderungen entspricht. Die Durchlässigkeit für Aerosole wird üblicherweise mit einem Penetrometer gemessen. In diesem Gerät werden Aerosoltröpfchen von öligen Flüssigkeiten erzeugt und der Prozentsatz jener Tröpfchen gemessen, der die Maske passieren kann. Diese Geräte sind aber teuer – und teilweise schwer erhältlich. Forscher der JKU vom Institut Medizin- und Biomechatronik und dem Kepler Universitätsklinikum haben daher im Rahmen eines EU-Projekts mit ihren Kooperationspartnern eine einfache und kostengünstige Methode entwickelt, die praktisch jedem zugänglich ist.
Zur Erzeugung des Prüfaerosols wird eine handelsübliche E-Zigarette verwendet. Die Tröpfchen, die E-Zigaretten herstellen, sind mit einem Durchmesser von 300 Nanometern genau so groß, dass sie möglichst gut durch Filter und andere Barrieren durchgehen. Die Menge an Aerosoltröpfchen, die durch eine Probe des zu untersuchenden Filtermaterials gelangt, wird dann gemessen. Das kann entweder mit einer Feinwaage geschehen oder mit einem Lichtstreuungsdetektor, der aus einfachen und kostengünstigen elektronischen Komponenten gebaut wurde. Dieser Lichtstreuungsdetektor wurde eigentlich als Erstsemester-Praktikumsprojekt für die Harnanalyse von einem JKU Studierenden des Medical Engineering Studiengangs entwickelt und gebaut. Irgendwann kam die Idee: Mit diesem Detektor könnte man doch auch Aerosoltröpfchen in der Luft zählen.
Und wie zuverlässig sind diese Methoden nun? „Wir haben zahlreiche Masken getestet – von FFP3-Masken bis zu einfachen Baumwoll- oder Kunstfasertüchern“, erklären die Forscher*innen. „Das deckt eine enorme Bandbreite ab mit Durchlässigkeiten von 1-60%, wobei Baumwolle im Gegensatz zu vielen Kunstfasern eigentlich recht gut schützt“, so Institutsvorstand Prof. Werner Baumgartner.
Das Wichtigste aber: Die JKU Methode liefert Ergebnisse, die denen hochpreisiger High-End-Penetrometer entspricht. „Damit geben unsere Ansätze dem medizinischen Personal die Möglichkeit, selbst rasch zu überprüfen, ob eine Maskenlieferung den Anforderungen entspricht. Zudem kann man die Effizienz auch über die Zeit auf eventuelle Veränderungen testen. So konnte festgestellt werden, dass manche Masken mit der Tragezeit sehr schnell schlechter werden, andere halten deutlich länger“, sagt Baumgartner.
„Der Mund-Nasen-Schutz wird uns als vorbeugende Maßnahme noch längere Zeit begleiten, daher ist es enorm bedeutsam, die Wirksamkeit zuverlässig und schnell durch vor Ort entwickelte Testsysteme überprüfen zu können. Die erfolgreiche Forschungsarbeit von Prof. Baumgartner und seinem Team zeigt beispielhaft, welches Potenzial in der Zusammenarbeit von Medizin und Mechatronik liegt“, sagt Bernd Lamprecht, Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum und Vizestudiendekan der Medizinischen Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz.
Mehrere Beispiele über die Verwendung von fehlerhaften Masken und die daraus resultierenden Gesundheitsrisiken zeigen, dass einfache, schnelle, preiswerte und breit verfügbare Methoden zur Filtercharakterisierung enorm nützlich sein können, auch wenn die Corona-Pandemie irgendwann kein Thema mehr sein sollte.
Eine Publikation, die diese Methode beschreibt, wurde als Preprint publiziert, ist bei einem renommierten Magazin eingereicht und befindet sich derzeit in Begutachtung. (Sonja Raus)
Externer Link: www.jku.at