Wie Wicken und Platterbsen wertvollen Ackerboden retten können

Pressemeldung der Universität Kassel vom 23.02.2016

Die Universität Kassel hat in einem internationalen Projekt Methoden entwickelt, um in verschiedensten Klimazonen kostbares Ackerland zu bewahren. Schon der geschickte Anbau bestimmter Feldfrüchte kann helfen, Ernten in Europa, Afrika und auf anderen Kontinenten dauerhaft zu sichern.

Immer weniger Ackerland muss weltweit immer mehr Menschen ernähren. Der Mensch geht fahrlässig mit dem Boden um: Nach Angaben der Welthungerhilfe gehen durch Erosion, Versalzung, Austrocknung oder Versiegelung jährlich zwischen fünf und sieben Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche verloren. Unter Leitung von Prof. Dr. Maria Finckh, Agrarwissenschaftlerin der Universität Kassel, hat eine internationale Forschungsgruppe Methoden entwickelt, um Ackerland vor Auslaugen und Erosion zu schützen – schonend und naturnah.

Im Ergebnis kann schon der Anbau von Zwischenfrüchten viel zum Erhalt von Ackerland beitragen. Diese Zwischenfrüchte werden nicht geerntet, sondern sterben ab und bilden eine Mulchschicht, die als Dünger und Bodenschutz dient. Als guter Dünger sind manche Pflanzenfamilien wie Leguminosen (Hülsenfrüchtler) schon bekannt, aber vergleichende Versuche in einer Größenordnung wie im Rahmen des Projekts OSCAR hatte es bislang nicht gegeben. Die Forschergruppe testete in den vergangenen vier Jahren insgesamt über 1000 Arten und Sorten auf ihre Eignung als Untersaaten oder Zwischenfrüchte. Die Pflanzen wurden in elf Ländern auf drei Kontinenten sowohl unter konventionellen als auch ökologischen Bedingungen mit innovativen Maschinen und Sämethoden angebaut. In einer Datenbank wurde erfasst, welche Pflanzensorte wo unter welchen Bedingungen den größten Beitrag zum Bodenschutz lieferte.

Als besonders geeignet erwiesen sich Wicken und Platterbsen (beides Leguminosen-Arten). Ihre Wurzeln leben in Symbiose mit Knöllchenbakterien, die Stickstoff sammeln – einen guten Dünger. In Mitteleuropa wirkt auch Ölrettich vorteilhaft. Ebenso wie Wicken und Platterbsen entwickelt er starke Wurzeln, was zu einem guten Schutz vor Erosion führt. „Es ist klar, dass die Zwischenfrüchte einen erheblichen Beitrag dazu leisten können, Böden zu schützen. Der Effekt ist viel größer als bislang angenommen und in allen Klimazonen nachweisbar“, so Finckh. Bedingung: „Die Pflanzen sollten nach der Ernte der Hauptfrucht auf einem Acker gesät und wenigstens drei Monate bis zur Aussaat der nächsten Hauptfrucht stehen gelassen werden.“ Im Rahmen der EU-Greening-Verordnungen werden inzwischen europaweit vermehrt Zwischenfrüchte eingesetzt.

Wertvolle Leguminosen

Als vielversprechend für den Bodenschutz erwies es sich auch, weniger auf schwere Landmaschinen und mehr auf neuartige, leichtere Anbaumaschinen zurückzugreifen. Zum Teil sind hier aber noch technische Entwicklungen nötig. Um den Anwendern Informationen gut verständlich zur Verfügung zu stellen, wurde eine mehrsprachige interaktive Informationsplattform inklusive Internet-basierter Entscheidungshilfe aufgebaut, die auch nach Projektende weiter zur Verfügung stehen wird und weiter entwickelt werden soll (www.covercrops.eu). Damit wird den Nutzern ermöglicht, für ihre jeweiligen Standorte die besten Pflanzen und Methoden zu finden und auszuprobieren.

Das EU-Forschungsprojekt OSCAR („Optimizing Subsidiary Crop Applications in Rotations“; deutsch: Optimierung der Anwendung von ergänzenden Pflanzen in Fruchtfolgen) umfasste 20 Partner aus elf Ländern Europas, Afrikas und Südamerikas und wurde mit rund drei Millionen Euro gefördert. Die Ergebnisse wurden jetzt am Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel in Witzenhausen vorgestellt.

Externer Link: www.uni-kassel.de

Spitzenforschung für den Mittelstand

Pressemitteilung der TH Ingolstadt vom 22.02.2016

Erfolgreicher Projektabschluss für BMBF-Verbundforschungsprojekt im Bereich Fahrzeugsicherheit an der THI

Am 31. Januar 2016 wurde das Verbundforschungsprojekt HiPe-FiS („High-Performance Funktionen und effiziente Testmethoden zur Steigerung der integralen Sicherheit“) erfolgreich abgeschlossen. In den vergangenen drei Jahren hat die Technische Hochschule Ingolstadt gemeinsam mit den Kooperationspartnern IPG Automotive GmbH, Ibeo Automotive Systems GmbH sowie dem Automobilzulieferer Continental an innovativen Funktionen und entsprechenden Testmethoden zur Steigerung der Fahrzeugsicherheit geforscht.

Ein wesentliches Ziel des Projektes war die Erforschung von sogenannten „Real-World-Safety-Systemen“, bei denen neben standardisierten Test-Szenarios komplexere Gefahrensituationen aus dem realen Straßenverkehr adressiert werden. Diese sind durch die Vernetzung von Umfeld- (Stereokamera- und Laserscannersysteme), Crash- und Beschleunigungssensoren in der Lage, den Verlauf potentieller Unfallsituationen und damit sicherheitskritische Fahrsituationen als Ganzes genauer zu erkennen. In der Folge können durch die koordinierte Ansteuerung der Rückhaltemittel kritische Situationen vor dem Unfall erkannt, der Unfall vermieden bzw. dessen Schwere reduziert und damit die Fahrzeugsicherheit letztlich weiter verbessert werden.

Im Mittelpunkt von HiPe-FiS standen häufig auftretende, gefährliche Unfallszenarien, mit dem Ziel, standardisierte Crash- und Fahrsicherheitstests um neue Erkenntnisse aus dem realen Unfallgeschehen zu erweitern. Im Zuge des Projektes wurden gerade Böschungs- und Leitplankenunfälle als besonders signifikante Unfallszenarien identifiziert, analysiert und simuliert. Dabei wurde nicht nur das Verhalten des Fahrzeugs, sondern erstmalig auch das des Fahrers in diesen speziellen Situationen mittels Simulationen nachgestellt, um gezielt Gegenmaßnahmen zu erforschen, die speziell in diesen Situationen den Insassen besser schützen können.

Ein weiteres Projektziel bestand in der Sicherstellung sowie Verbesserung der System- und Funktionszuverlässigkeit, da ein Mehr an Fahrzeugsicherheit in aller Regel auch zu einer Steigerung der Systemkomplexität durch eine wachsende Anzahl an Elektronikkomponenten führt. Im Rahmen von HiPe-FiS wurden deshalb parallel zu den Sicherheitsfunktionen neue, simulationsbasierte Testmethoden für kamerabasierte Fahrerassistenzsysteme erarbeitet. Zudem entstand ein spezielles Referenzsensorsystem, das die Daten aus einem Laserscanner nutzt, um Kamerasysteme zu testen und zu evaluieren. Damit kann eine höhere Zuverlässigkeit für entsprechende Funktionen, wie zum Beispiel die Erkennung von Fußgängern, sichergestellt werden.

Der Erfolg von HiPe-FiS basiert auf der langjährigen Expertise der Verbundpartner und deren spezifischen Kompetenzen in den Bereichen scannende Lasermesstechnik (Ibeo), Fahrdynamik- und Umfeldsimulation (IPG Automotive), integrale Fahrzeugsicherheit (Continental) und Sensordatenfusion (THI), die sich komplementär ergänzen. Mit den Ergebnissen von HiPe-FiS konnten sich insbesondere Ibeo und IPG Automotive GmbH einen Innovationsvorsprung erarbeiten, der ihnen dabei hilft, ihre Produkte weiterzuentwickeln, um im internationalen Konkurrenzkampf des Automobilmarktes erfolgreich bestehen zu können und die Vorreiterrolle Deutschlands in diesem Bereich zu sichern. Bei Continental werden die Real-World-Safety-Funktionen weiter entwickelt und in ein Demonstratorfahrzeug integriert. Die Integration von aktiven und passiven Sicherheitssystemen bewirkt, dass Umfeldinformationen und Signalvernetzung effektiver zusammenwirken, um dadurch Unfälle zu vermeiden bzw. Unfallfolgen und Verletzungsrisiken zu verringern. Seitens der Technischen Hochschule Ingolstadt sind die Ergebnisse ein wichtiger Beitrag auf dem Weg zu einem innovativen globalen Sicherheitssystem. Dieses steigert mit Hilfe von integralen und kooperativen Sicherheitsfunktionen die Sicherheit im Straßenverkehr gravierend. Zudem wurden entsprechende Testmethoden und Verfahren erforscht, die eine Überführung dieser Systeme in die Anwendung möglich machen. Mittelfristig soll das Forschungs- und Testzentrum CARISSMA deutschlandweit wie international zu einem wissenschaftlichen Leitzentrum für die angewandte Fahrzeugsicherheitsforschung werden.

Das Projekt mit einer Laufzeit von drei Jahren wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeichen 16N11564K im Rahmen des Fachprogramms „KMU-innovativ: Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)“ in Höhe von rund 1,5 Mio. Euro bei einem Gesamtprojektvolumen von 2,3 Mio. Euro gefördert.

Externer Link: www.thi.de

Quantenkommunikation im Weltall

Pressemeldung der Universität Wien vom 17.02.2016

Erste Quantenkommunikation zwischen Österreich und China

Der Countdown läuft: Das quantenphysikalische Experiment „Quantum Experiments at Space Scale“ (QUESS) eines Teams von ForscherInnen der Universität Wien, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften tritt in die entscheidende Phase ein. Gelingen der Transport einer speziellen Sendestation ins All und die Quantenkommunikation mit der Erde, ist der nächste Meilenstein auf dem Weg zu sicherer Quantenkryptographie und Quanteninternet erreicht.

Ein österreichisch-chinesisches Team von ForscherInnen rund um den Wiener Quantenphysiker Anton Zeilinger und seinen chinesischen Kollegen Jian-Wei Pan hat zur Erforschung der „spukhaften“ Fernwirkung miteinander verschränkter Lichtteilchen das nächste große Quantenexperiment im Visier. Nach mehrjährigen Vorbereitungsarbeiten wird Mitte 2016 ein chinesischer Forschungssatellit mit einer Quanten-Sendestation in den Weltraum starten: Sie wird verschränkte Lichtteilchen aus dem erdnahen Weltraum zu Bodenstationen wie der „Satellite Laser Ranging Station“ am Observatorium Lustbühel in Graz und dem „Hedy Lamarr Quantum Communication Telescope“ in Wien schicken – und damit das weltweit erste orbital-planetare Quantennetzwerk in Betrieb nehmen.

Wichtiger Schritt auf dem Weg zum Quanteninternet

Die beteiligten ForscherInnen des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) Wien der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), der Universität Wien sowie der University of Science and Technology of China der Chinesischen Akademie der Wissenschaften erhoffen sich von dem Projekt „Quantum Experiments at Space Scale“ (QUESS) zweierlei: Das Experiment soll einerseits Klarheit schaffen, ob der Zustand der quantenphysikalischen Verschränkung von Photonen auch über Distanzen von mehr als 1.000 Kilometern aufrecht bleibt. Andererseits soll die Verschränkung mittels bestimmter Protokolle der Quantenkommunikation die Erzeugung und den Austausch kryptographischer Schlüssel erlauben und damit ein Modell für vollständig abhörsichere Datenverbindungen über bisher unerreichte Distanzen liefern.

Denn beim quantenphysikalischen Phänomen der Verschränkung bleiben zwei Lichtteilchen über theoretisch beliebige Distanzen miteinander verbunden. Misst man den Zustand eines der beiden Photonen, kennt man augenblicklich auch den Zustand des anderen. Würde sich ein Dritter in diesen Informationsfluss einschalten, würde sich der Zustand beider Photonen unwiderruflich ändern, sodass die Information verloren ginge. Dadurch ist ein Abhören von Quantenkommunikation praktisch unmöglich.

„Das Projekt hat das Potenzial, neue Grundlagen zu etablieren“, ist Anton Zeilinger überzeugt. „Wir sprechen dabei nicht nur von einer neuen Dimension der Überprüfung fundamentaler quantenphysikalischer Erkenntnisse, sondern auch von einem entscheidenden Schritt in der Entwicklung des Quanteninternets“, betont der Physiker. Quantenkommunikation, also der Austausch verschränkter Lichtteilchen, war zwischen zwei Punkten auf der Erdoberfläche bisher nur über begrenzte Strecken möglich. Den gegenwärtigen Rekord von 144 Kilometern haben ebenfalls Zeilinger und sein Team aufgestellt. Mit einem Quantennetzwerk unter Einbindung von orbitalen Stationen als Relais könnte der Abtausch von Sicherheitsschlüsseln zwischen beliebig weit voneinander entfernten Bodenstationen realisiert werden – beispielsweise eben auch zwischen Europa und China. Für die Entwicklung des Quanteninternets ist das von großer Bedeutung, um die Kommunikation zwischen unterschiedlichsten Datenknotenpunkten auf der Welt über Satelliten durchführen zu können.

Erste Quantenkommunikation zwischen Österreich und China

Mit den beiden Bodenstationen in Graz und Wien stehen die ersten Knotenpunkte in diesem Quantennetz in Österreich. Das Wiener „Hedy Lamarr Quantum Communication Telescope“ wird gemeinsam von den Quantenphysik-Einrichtungen der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften betrieben. „Die Quantenphysik ist eines der Stärkefelder der Universität Wien. Ein Vorzeigebeispiel dafür, dass österreichische WissenschafterInnen auch unter hohem internationalen Wettbewerb auf weltweit beachtetem Topniveau forschen“, so Rektor Heinz W. Engl. „Die Kooperation zwischen der Universität Wien, der Österreichischen und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften stellt sicher, dass auch in Zukunft bahnbrechende Erfolge in diesem Forschungsfeld von Wien ausgehen werden.“

Auch der Quantenphysiker Jian-Wei Pan, der kürzlich mit dem Breakthrough of the Year 2015 geehrt wurde und derzeit Vizerektor der University of Science and Technology of China ist, hebt die Bedeutung der österreichischen Teleskope für das Gelingen des Projekts hervor: „Die optischen Bodenstationen in Österreich sind essentiell für eine der Missionen unseres quantenphysikalischen Satellitenprojekts, nämlich für den interkontinentalen Austausch von Quantenschlüsseln zwischen Beijing, Wien und Graz.“ Während im Rahmen der internationalen Kooperation die chinesischen WissenschafterInnen die Sendeeinheit entwickelten und deren Transport in den Orbit übernehmen, konzentrierten sich die österreichischen Partner auf die Entwicklung der Bodenstationen. Eine gelungene Zusammenarbeit, wie Jian-Wei Pan betont: „Wir freuen uns sehr, dass die Vorbereitung der österreichischen Bodenstationen so hervorragend verläuft und sie bereit sind, die Kalibrierungsmessungen mit unserem Prototyp zu beginnen.“

Dem Start des Satelliten gegen Jahresmitte sehen die Partner in China und Europa dennoch mit Spannung entgegen, denn trotz der guten Vorbereitung sind die technischen Herausforderungen enorm: angefangen von der hohen Geschwindigkeit des Satelliten, die große Anforderungen an die Nachführgenauigkeit der Sende- und Empfangsstationen stellt, bis hin zur kosmischen Strahlung, welche die empfindlichen Geräte an Bord des Satelliten beeinflussen kann. Doch Jian-Wei Pan ist von dem Experiment überzeugt, denn: „Wenn man Neues in der Physik entdecken möchte, muss man bisherige Grenzen überschreiten. Und wir wollen herausfinden, ob sich die quantenphysikalische Verschränkung von Teilchen tatsächlich über beliebige Distanzen erstrecken kann.“

Externer Link: www.univie.ac.at

Die Kraft der Sonne chemisch gespeichert

Presseaussendung der TU Wien vom 15.02.2016

An der TU Wien wurde eine neuartige photo-elektrochemische Zelle entwickelt, mit der man die Energie von UV-Licht bei hohen Temperaturen chemisch speichern kann.

Die Natur macht es vor: Pflanzen können Sonnenlicht auffangen und chemisch speichern. Dieses Kunststück auf großtechnischer Skala nachzumachen, gelingt uns heute aber noch nicht besonders gut. Photovoltaik wandelt das Licht direkt in Strom um, aber bei hohen Temperaturen nimmt der Wirkungsgrad konventioneller Solarzellen deutlich ab. Wenn man den Strom zur Gewinnung von Wasserstoff nutzt, kann man die Energie chemisch speichern, doch die Effizienz dieses Prozesses ist begrenzt.

An der TU Wien wurde nun ein neues Konzept entwickelt: Durch die Auswahl ganz spezieller Materialien gelang es, Hochtemperatur-Photovoltaik mit einem elektrochemischen Element zu kombinieren. Damit kann man UV-Licht nutzen, um Sauerstoffionen durch eine keramische Elektrolytmembran zu pumpen – so wird die Energie des UV-Lichts chemisch gespeichert. In Zukunft soll man mit dieser Methode Wasser mit Sonnenlicht direkt in Wasserstoff und Sauerstoff spalten können.

Hochtemperatur-taugliche Materialien

Schon als Student hatte Georg Brunauer immer wieder darüber nachgedacht, wie man Photovoltaik und elektrochemische Speicherung kombinieren könnte. Allerdings müsste ein solches System bei hohen Temperaturen funktionieren. „Dann könnte man nämlich das Licht der Sonne mit Spiegeln konzentrieren und große Anlagen mit hohem Wirkungsgrad bauen“, sagt Brunauer. Gewöhnliche Solarzellen funktionieren allerdings nur bis etwa 100°C gut – in einem Solarkonzentrator-Kraftwerk würden viel höhere Temperaturen entstehen.

Bei der Arbeit an seiner Dissertation gelang es Brunauer dann, einen Lösungsansatz für dieses Problem umzusetzen – und zwar mit einer ungewöhnlichen Wahl von Materialien. Anstatt silizium-basierter Photovoltaik wurden spezielle Mischmetalloxide vom Typ Perovskit verwendet. Durch die Kombination mehrerer verschiedener Metalloxide konnte eine Zelle hergestellt werden, die Hochtemperatur-Photovoltaik und Elektrochemie vereint. Neben dem Team von Prof. Karl Ponweiser, Brunauers Dissertationsbetreuer am Institut für Energietechnik und Thermodynamik, waren auch noch andere Forschungsgruppen der TU Wien am Projekt beteiligt: Das Elektrochemie-Team von Prof. Jürgen Fleig (Chemische Technologien und Analytik) sowie das Atominstitut der TU Wien.

Erst Spannung erzeugen, dann Ionen pumpen

„Unsere Zelle besteht aus zwei verschiedenen Teilen – nämlich aus einem oberen photoelektrischen und einen unteren elektrochemischen Teil“, sagt Georg Brunauer. „In der oberen Schicht werden durch Beleuchtung freie Ladungsträger erzeugt, genau wie in einer gewöhnlichen Solarzelle.“ Die Elektronen werden allerdings sofort wegtransportiert und auf die untere Seite der elektrochemischen Zelle geleitet. Das führt dazu, dass Sauerstoffatome dort negativ aufgeladen werden und dann durch die untere Schicht der Zelle hindurchwandern können.

„Das ist der entscheidende photoelektrochemische Schritt, der in weiterer Folge dann die Grundlage für Wasserzerlegung und Wasserstoffproduktion sein soll“, erklärt Brunauer. Die Vorstufe dazu – eine mit UV-Licht angetriebene Sauerstoff-Pumpe, funktioniert bereits und liefert bei 400°C eine Leerlaufspannung von bis zu 920 Millivolt.

Die Arbeiten zur Photo-elektrochemischen Festoxidzelle wurden nun im Fachjournal „Advanced Functional Materials“ veröffentlicht. Damit ist die Forschung freilich noch nicht abgeschlossen: „Weiterführende Arbeiten sind wichtig, um den Effekten phänomenologisch auf den Grund zu gehen und damit das Material noch weiter optimieren zu können“, sagt Brunauer. Wenn die elektrische Leistung noch etwas gesteigert wird, lässt sich mit der Zelle Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. „Dieses Ziel ist in Griffweite, jetzt wo wir bewiesen haben, dass das Grundprinzip funktioniert“, sagt Georg Brunauer. Nicht nur zur Wasserstoffproduktion eignet sich das neue Konzept; man könnte auch CO2 aufspalten und daraus CO in Hinblick für Kraftstoffsynthesen gewinnen.

Patente und Firmengründung

Damit die neue Erfindung den Sprung vom Universitätslabor in die Umsetzung eines Prototyps schafft, hatte Georg Brunauer unteranderem mit einem Industriepartner das Startup-Unternehmen NOVAPECC gegründet. Gemeinsam mit der TU Wien wurden Patente angemeldet, dabei wurde Brunauer vom Forschungs- und Transfersupport der TU Wien unterstützt. Auch vom Inkubatorprogramm INiTS wurde das Projekt unterstützt. Gefördert wurde das Projekt außerdem durch ein Brückenschlagprogramm der Forschungsförderungsgesellschaft FFG. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Saubere Energie aus Brennstoffzellen

Medienmitteilung der Universität Basel vom 08.02.2016

Brennstoffzellen erzeugen elektrischen Strom aus der chemischen Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff. Um saubere Energie zu erhalten, ist es entscheidend, mit welcher Methode Wasser vorher in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgetrennt wird. Forschende der Universität Basel untersuchen, wie sich Sonnenlicht zu diesem Zweck einsetzen lässt. Die Fachzeitschrift «Chemical Communications» hat ihre neusten Resultate veröffentlicht.

Saubere und erneuerbare Energiequellen zu entwickeln, ist eine der grossen Herausforderungen unserer Zivilisation. Die künstliche Photosynthese scheint dabei einer der erfolgversprechendsten Ansätze zu sein. Dabei wird Wasser photoelektrochemisch, d.h. mithilfe von Sonnenlicht, in seine Bestandteile H2 und O2 aufgetrennt und gespeichert. Bei der späteren Vereinigung der chemischen Elemente entsteht elektrischer Strom. Ein Team von Forschenden unter der Leitung der Basler Chemiker Catherine Housecroft und Edwin Constable arbeitet gemeinsam mit der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) an der Realisierung dieser Methode.

Die nachhaltige Brennstoffzelle

Die Spaltung von Wasser (H2O) besteht aus zwei Teilreaktionen, die mithilfe von unterschiedlichen Katalysatoren umgesetzt werden: die Wasseroxidation (dabei entsteht O2) und die Wasserreduktion (dabei entsteht H2), wobei die erste die anspruchsvollere der beiden Reaktionen ist. Die Forschung widmet sich deshalb intensiv der Entwicklung von effizienten und nachhaltigen Wasseroxidationskatalysatoren.

Ein wichtiger Faktor in der Realisierung der photoelektrochemischen Brennstoffzelle ist die präzise Anordnung der einzelnen Bestandteile. «Tut man das nicht, ist es, als würde man alle Einzelteile einer Uhr in einen Sack werfen, schütteln und dann darauf hoffen, die Zeit ablesen zu können», erklärt Prof. Edwin Constable von der Universität Basel.

Um die perfekte Anordnung der Katalysatoren zu eruieren, haben die Basler Chemiker in der aktuellen Studie ein Modell zur Wasseroxidation entwickelt, welches zwar mit Strom betrieben wird, aber die gleichen chemischen Zwischenzustände wie Licht generiert. Dabei verwendeten sie das chemische Element Ruthenium als Katalysator. Den Forschern ist es also gelungen, eine durch Lichtstrahlung betriebene Brennstoffzelle zu simulieren. Mithilfe dieses Modells konnten sie dann die Position und Effizienz der einzelnen Bestandteile testen.

Originalartikel:
Rita Toth, Roché M. Walliser, Niamh S. Murray, Debajeet K. Bora, Artur Braun, Giuseppino Fortunato, Catherine E. Housecroft and Edwin C. Constable
A self-assembled, multicomponent water oxidation device
Chemical Communications (2016), doi: 10.1039/c5cc09556e

Externer Link: www.unibas.ch