Geschmeidige Gefäße

Pressemeldung der TU Graz vom 17.01.2023

B-Vitamine tragen wesentlich zu reibungslosen Stoffwechselprozessen bei, sorgen für Hormon- und Blutbildung sowie gesunde Nerven. Grazer Forscherinnen und Forscher haben nun herausgefunden, dass B-Vitamine auch unsere Blutgefäße „geschmeidig“ halten.

Bislang galt ein hoher Cholesterinspiegel, der zur Bildung atherosklerotischer Plaques und dadurch zur Verengung der Arterien führt, oft als einziger treibender Faktor bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Grazer Wissenschafter*innen haben festgestellt, dass sich auch ein Mangel an B-Vitaminen negativ auf die Gefäße auswirkt. „Sind zu wenig B-Vitamine vorhanden, werden die Arterien steifer. Trifft ein B-Vitamin-Defizit auf erhöhtes Cholesterin, macht dies die Gefäßwände der Arterien noch dicker und verengt die Gefäße noch mehr. Außerdem können sich die Gefäße dann nicht mehr gut zusammenziehen und entspannen“, fasst die Biochemikerin Oksana Tehlivets von der Universität Graz die Ergebnisse des Forschungsteams von Med Uni Graz, TU Graz und Uni Graz zusammen.

Hierzu wurde im Vorfeld ein Forschungsmodell zur maschinell kontrollierten Erzeugung von atherosklerotischen Gefäßwandverdickungen von Gerd Hörl, Peter Opriessnig und Gunter Almer, Erstautor der Publikation, gemeinsam entwickelt. Auf der Expertise der drei an der Med Uni Graz tätigen Forscher wurde dann die Idee zur Erforschung atherosklerotischer Grundlagen mit Oksana Tehlivets aufgebaut. Gerhard Sommer von der TU Graz steuerte biomechanische Untersuchungen von arteriellem Gewebe bei.

Warum gerade B-Vitamine eine so entscheidende Rolle für die Gefäßgesundheit spielen, hängt möglicherweise mit einer ihrer Aufgaben zusammen. Sie sind nämlich am Abbau des Zellgiftes Homocystein beteiligt, das im Zuge der natürlichen Zellfunktionen entsteht. „Wenn dieser Abbau nicht stattfindet, stoppt Homocystein andere wichtige zelluläre Prozesse“, erläutert Tehlivets eine der negativen Folgen einer Unterversorgung mit B-Vitaminen. Homocystein ist seit langem als unabhängiger Risikofaktor für Atherosklerose bekannt und wird mit verschiedenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Wie es dazu beiträgt, ist noch nicht vollständig geklärt. „Es ist aber wichtig, diese Rolle zu verstehen, da erhöhte Homocysteinspiegel im Alter vermehrt auftreten“, schildert Tehlivets.

Die meisten B-Vitamine sind übrigens sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, zum Beispiel in grünem Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukten, Nüssen und Samen. Vitamin B12 ist dagegen in ausreichenden Mengen ausschließlich in tiereschen Produkten wie Fisch, Fleisch, Eiern, Milch und Milchprodukten zu finden.

Die Arbeit wurden vom österreichischen Wissenschaftsfond FWF sowie von BioTechMed-Graz, dem Zusammenschluss von Uni Graz, Med Uni Graz und TU Graz zur gemeinsamen Forschung für Gesundheit, gefördert. (BioTechMed-Graz)

Externer Link: www.tugraz.at

Digitale Zwillinge, neue Krebstherapien und drei Einhörner

Medienmitteilung der ETH Zürich vom 09.01.2023

26 Spin-​offs wurden 2022 an der ETH Zürich gegründet. Die Bandbreite reicht von neuen Krebsmedikamenten über nachhaltige Trinkflaschen bis zur digitalen Abbildung städtischer Verkehrsflüsse. Die ETH-​Spin-off-Familie begrüsste ausserdem drei neue «Einhörner» und warb 1,2 Milliarden Franken an frischem Kapital ein.

26 neue Spin-offs sind im vergangenen Jahr an der ETH entstanden. Das inhaltliche Spektrum der neu gegründeten Spin-offs ist vielfältig und widerspiegelt die ganze thematische Vielfalt der ETH Zürich. Der grösste Teil der Spin-offs (10) stammen aus dem Bereich Informatik- und Kommunikationstechnologie – ein Trend, der seit mehreren Jahren anhält. Die Problemstellungen, denen sich diese Firmen zuwenden, sind jedoch sehr unterschiedlich: Während Calvin Risk AG eine Art Versicherung für Künstliche Intelligenz anbietet, überwacht und verbessert Cerrion AG mittels KI und Sensoren ganze Produktionsprozesse. Das ETH-Spin-off Transcality AG wiederum erstellt komplexe Modelle – sogenannte digitale Zwillinge – von Verkehrssystemen. Diese erlauben es, die Verkehrsflüsse einer Stadt zu analysieren und zukünftige Szenarien zu simulieren.

Im Einsatz für die mentale und körperliche Gesundheit

Auffällig viele der neuen ETH-Spin-offs entwickeln Lösungen für den Gesundheitsbereich. Gleich drei Jungunternehmen arbeiten an neuartigen Krebsmedikamenten respektive der Verbesserung bestehender Therapeutika. Zwei weitere bieten Apps an, die dabei helfen sollen, Stress zu reduzieren und das mentale und körperliche Wohlbefinden zu steigern. Kairos Medical AG schliesslich entwickelt biologisch abbaubare Knochenimplantate. Diese vermögen Knochen beim Heilen zu stabilisieren, lösen sich aber im Gegensatz zu herkömmlichen Metallschrauben mit der Zeit im Körper auf.

Unternehmergeist schon bei den Studierenden etablieren

Gleich vier der neuen Spin-offs entstanden im Student Project House – der hauseigenen Ideenwerkstatt für ETH-Studierende. So beispielsweise das Unternehmen Bottleplus, das eine nachhaltige Trinkflasche produziert, mit der man unterwegs kohlensäurehaltiges Wasser herstellen kann, oder AtlasVR AG, das virtuelle Trainingsprogramme für die berufliche Ausbildung anbietet. «Unsere Forschungserkenntnisse und Innovationen sollen möglichst schnell der Gesellschaft zugutekommen. Dass es uns mit dem Student Project House gelingt, bereits Studierende zu ermutigen, ihre Ideen weiterzuverfolgen und auf den Markt zu bringen, freut mich enorm», sagt Vanessa Wood, Vizepräsidentin Wissenstransfer und Wirtschaftsbeziehungen der ETH Zürich. Um den Unternehmergeist bei Studierenden weiter zu fördern und Schulkinder für MINT-Fächer zu begeistern, ist die ETH im Sommer 2022 zudem eine strategische Partnerschaft mit der UBS eingegangen.

Drei neue «Unicorns» und zahlreiche Übernahmen

Erfreulich haben sich im vergangenen Jahr auch die Investitionen in ETH-Spin-offs entwickelt. Rund 1,2 Milliarden Schweizer Franken wurden eingeworben – so viel wie noch nie. Drei ETH-Spin-offs haben 2022 zudem den Status des «Einhorns» erhalten – Start-ups also, deren Marktwert schon vor dem Börsengang eine Milliarde Dollar überschreitet. Es sind dies die Firmen Scandit – welche ein schnelles Scannen auch unter erschwerten Bedingungen ermöglicht – sowie Southpole und Climeworks, die sich dem Kampf gegen den Klimawandel verschrieben haben.

Zudem gab es einige erfolgreiche Übernahmen: So wurde etwa das Spin-off Adresta von Bucherer aufgekauft, Animatico von Nvidia erworben und FGen von Ginko Bioworks übernommen. Die Vertical-Farming-Kräuter des ETH-Spin-offs Yasai fanden zudem 2022 den Weg in die Coop-Regale, und Synhelion kündigte eine strategische Zusammenarbeit mit der Fluggesellschaft Swiss an. «Für die ETH ist es wichtig, dass aus guten Technologien und Ideen Firmen mit Wachstumspotenzial entstehen und so neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Der Erfolg unserer Spin-offs wird so zum Erfolg der Schweiz», sagt Vizepräsidentin Vanessa Wood.

Externer Link: www.ethz.ch

Formänderung auf Knopfdruck

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 02.01.2023

Programmierbare Materialien sind wahre Formwandler. Auf Knopfdruck ändern sie kontrolliert und reversibel ihre Eigenschaften und passen sich selbstständig an neue Gegebenheiten an. Einsatzbereiche sind beispielsweise bequemes Sitzen oder Matratzen, die das Wundliegen verhindern. Dabei verformt sich die Unterlage so, dass die Auflagefläche groß ist und sich der Druck auf die Körperteile dadurch verringert. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer Cluster of Excellence Programmierbare Materialien CPM entwickeln solche programmierbaren Materialien und bringen sie gemeinsam mit Industriepartnern zur Marktreife. Ziel ist es unter anderem, den Einsatz von Ressourcen zu reduzieren.

Zahlreiche Menschen weltweit sind von Bettlägerigkeit betroffen – sei es durch Krankheit, Unfall oder Alter. Da sie sich oftmals nicht von allein bewegen oder drehen können, kann es zu einem sehr schmerzhaften Wundliegen kommen. Mit Materialien, deren Form und mechanische Eigenschaften sich an jeder Stelle programmierbar ändern lassen, soll das Wundliegen künftig vermieden werden. Beispielsweise könnte die Härte und Steifigkeit von Matratzen, die aus programmierbaren Materialien hergestellt wurden, in jedem beliebigen Bereich per Knopfdruck eingestellt werden. Darüber hinaus verformt sich die Unterlage selbstständig so, dass ein hoher Druck an einer Stelle auf eine größere Fläche verteilt wird. Das Bett wird dort, wo es drückt, automatisch weicher und elastischer. Zusätzlich können Pflegekräfte gezielt ein ergonomisches Liegen patientenspezifisch einstellen.

Material plus Mikrostrukturierung

Materialien für Anwendungen, die eine gezielte Änderung der Steifigkeit oder Form benötigen, entwickeln Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer CPM, das durch sechs Kerninstitute geprägt wird und zum Ziel hat Programmierbare Materialien zu konzipieren und produzieren. Doch wie lassen sich Materialien überhaupt programmieren? »Wir haben grundsätzlich zwei Stellschrauben: Das Grundmaterial – im Falle der Matratzen thermoplastische Kunststoffe, für andere Anwendungen metallische Legierungen, auch Formgedächtnislegierungen – und insbesondere die Mikrostruktur«, erläutert Dr. Heiko Andrä, Themenfokussprecher am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM, einem der Kerninstitute des Fraunhofer CPM. »Die Mikrostruktur der sogenannten Metamaterialien setzt sich aus einzelnen Zellen zusammen, die wiederum aus Strukturelementen wie kleinen Balken und dünnen Schalen bestehen.« Während die Größe der einzelnen Zellen und ihrer Strukturelemente bei herkömmlichen zellulären Materialien wie Schäumen zufällig variiert, ist sie bei den programmierbaren Materialien zwar auch variabel, jedoch genau festgelegt – sprich programmiert. Diese Programmierung erfolgt beispielsweise so, dass Druck an einer bestimmten Position zu gewünschten Formänderungen an anderen Stellen der Matratze führt, um etwa die Auflagefläche zu vergrößern und die Körperzonen optimal zu stützen.

Materialien können auch auf Wärme oder Feuchte reagieren

Welche Formänderung das Material aufweisen soll und auf welche Reize es reagiert – mechanische Belastung, Wärme, Feuchte oder auch ein elektrisches oder magnetisches Feld – lässt sich ebenfalls über die Wahl des Materials sowie seine Mikrostruktur bestimmen. »Die Programmierbaren Materialien ermöglichen es, Gegenstände an die jeweilige Anwendung oder Person anzupassen und die Dinge somit multifunktionaler zu nutzen als bisher. Sie müssen also nicht so oft ausgetauscht werden. Insbesondere vor dem Hintergrund des Ressourcenverbrauchs ist das interessant«, sagt Franziska Wenz, stellvertretende Themenfokussprecherin am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM, ebenfalls eines der Kerninstitute des Fraunhofer CPM. Zudem lässt sich ein Mehrwert schaffen, in dem man Gegenstände an die individuellen Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer anpasst.

Der Weg in die Anwendung

Ein einzelnes Material kann komplette Systeme aus Sensoren, Reglern und Aktuatoren ersetzen. Das Ziel des Fraunhofer CPM ist durch Integration der Funktionen in das Material die Komplexität von Systemen zu senken und den Einsatz von Ressourcen zu reduzieren. »Wir haben bei der Entwicklung der programmierbaren Materialien stets das industrielle Produkt mit im Blick, so berücksichtigen wir unter anderem die Serienfertigung und die Materialermüdung«, sagt Wenz. Auch laufen bereits erste konkrete Pilotprojekte mit Industriepartnern. Das Forscherteam erwartet, dass die programmierbaren Materialien zunächst einzelne Komponenten in bereits bestehenden Systemen ersetzen werden oder in speziellen Anwendungen genutzt werden – etwa bei medizinischen Matratzen, Sitzen, Schuhsohlen und Schutzbekleidung. »Schrittweise könnte sich dann der Anteil an programmierbaren Materialien erhöhen«, schätzt Andrä. Schließlich lassen sich diese überall einsetzen – sowohl in Medizin- und Sportartikeln, in der Softrobotik wie auch in der Weltraumforschung.

Externer Link: www.fraunhofer.de

technologiewerte.de – MOOCblick Januar 2023

Spannende Themen, herausragende Dozenten und flexible Lernmöglichkeiten tragen zum wachsenden Erfolg der Massively Open Online Courses (MOOCs) bei – offene, internetgestützte Kurse mit einer Vielzahl an Teilnehmern rund um den Globus.

Folgender Kurs – zu finden auf der MOOC-Plattform edX – sollte einen Blick wert sein:

Technology Entrepreneurship and Small Business Creation
Charles Eesley (Stanford University)
Start: 09.01.2023 / Arbeitsaufwand: 24-48 Stunden

Externer Link: www.edx.org