technologiewerte.de – MOOCblick Juli 2019

Spannende Themen, herausragende Dozenten und flexible Lernmöglichkeiten tragen zum wachsenden Erfolg der Massively Open Online Courses (MOOCs) bei – offene, internetgestützte Kurse mit einer Vielzahl an Teilnehmern rund um den Globus.

Folgender Kurs – zu finden auf der MOOC-Plattform edX – sollte einen Blick wert sein:

Identifying Entrepreneurial Opportunities
James Green (University of Maryland)
Start: 08.07.2019 / Arbeitsaufwand: 8-12 Stunden

Externer Link: www.edx.org

Saarbrücker Informatiker sagen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Blitz und Donner voraus

Pressemitteilung der Universität des Saarlandes vom 26.06.2019

Anfang Juni hat der Deutsche Wetterdienst innerhalb weniger Tage 177.000 Blitze am Nachthimmel gezählt. Das Naturschauspiel hatte Folgen:  Durch Sturmböen, Hagel und Regen wurden mehrere Personen verletzt. Zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst arbeiten Informatikprofessor Jens Dittrich und sein Doktorand Christian Schön von der Universität des Saarlandes nun an einem System, das örtliche Gewitter präziser als bisher vorhersagen soll. Es basiert auf Satellitenbildern und Künstlicher Intelligenz. Um diesen Ansatz genauer zu erforschen, erhalten die Forscher vom Bundesverkehrsministerium 270.000 Euro.

Eine der Kernaufgaben von Wetterdiensten ist die Warnung vor gefährlichen Wetterlagen. Dazu gehören vor allem Gewitter, da diese oft mit Sturmböen, Hagel und heftigen Regenfällen einhergehen. Der Deutsche Wetterdienst setzt dafür das System „NowcastMIX“ ein. Es fragt alle fünf Minuten mehrere Fernerkundungssysteme und Beobachtungnetze ab, um in den kommenden zwei Stunden vor Gewittern, Starkregen und Schneefall zu warnen. „Jedoch kann NowcastMIX die Gewitterzellen erst erkennen, wenn bereits Starkniederschlag auftritt. Daher versucht man mittels Satellitendaten die Entstehung der Gewitterzellen früher zu erkennen, um entsprechend früher davor zu warnen“, erklärt Professor Jens Dittrich, der an der Universität des Saarlandes Informatik lehrt und die Gruppe „Big Data Analytics“ leitet. Zusammen mit seinem Doktoranden Christian Schön und dem Meteorologen Richard Müller vom Deutschen Wetterdienst hat er daher ein System entwickelt, das NowcastMIX bald bei der Vorhersage von Gewittern ergänzen könnte. Ihr Projekt ist ein erster Schritt, um die Einsetzbarkeit von Künstlicher Intelligenz in der Vorhersage von Wetter- und Klimaphänomen zu erforschen.

Um Gewitter in einer bestimmten Region genau vorhersagen zu können, muss die so genannte Konvektion von Luftmassen, also das Aufsteigen erwärmter Luft bei gleichzeitigem Absinken kälterer Luft in der Umgebung frühzeitig und präzise erkannt werden. Das ist bereits seit Langem bekannt. Der Clou des neuen Systems besteht jedoch darin, dass es zum Erkennen dieser dreidimensionalen Luftverschiebungen lediglich zweidimensionale Bilder, nämlich Satellitenbilder, benötigt.

Um auf den zweidimensionalen Bildern zu erkennen, was dreidimensional am Himmel passiert, verwenden die Forscher Aufnahmen, die im Abstand von fünfzehn Minuten fotografiert wurden. Ein Teil der Bildserie für das jeweilige Gebiet geht als Eingabe an einen Algorithmus, der berechnet, wie das zukünftige, nicht eingegebene Bild aussehen würde. Dieses Ergebnis gleichen die Wissenschaftler dann mit dem realen Bild ab. Die Größe der Abweichung zwischen Prognose und Realität, die Forscher nennen es „den Fehler“, dient dann als Eingabe für einen zweiten Algorithmus, den die Forscher mit Hilfe von maschinellem Lernen darauf trainiert haben, den Zusammenhang zwischen Fehlergröße und Auftreten eines Gewitters zu erkennen. Auf diese Weise können sie berechnen, ob es blitzt und donnert oder auch nicht. „Das ist die Stärke, wenn wir Künstliche Intelligenz auf große Datenmengen anwenden. Sie erkennt Muster, die uns verborgen bleiben“, erklärt Professor Dittrich. Auch aus diesem Grund hat er gerade zusammen mit weiteren Kolleginnen und Kollegen den neuen Bachelor- und Master-Studiengang „Data Science and Artificial Intelligence“ initiiert.

Bei Blitz und Donner sei diese Kombination auf jeden Fall „vielsprechend“, so Dittrich. „Alleine auf Basis der Satellitenbilder können wir Blitze mit einer Genauigkeit von 96 Prozent für die nächsten 15 Minuten vorhersagen. Wird das Zeitfenster der Vorhersage weiter geöffnet, verringert sich die Genauigkeit, bleibt aber bei bis zu fünf Stunden immer noch über 83 Prozent.“ Allerdings ist die Quote der Fehlalarme noch zu hoch, so die Forscher. Sie glauben jedoch, diese erheblich senken zu können, wenn sie ihr Modell auf weitere Merkmale trainieren, die beispielsweise auch das aktuell eingesetzte System NowcastMIX nutzt. Um dies genauer zu erforschen, hat das Bundesverkehrsministerium den Informatikern aus Saarbrücken bereits 270.000 Euro bewilligt.

Externer Link: www.uni-saarland.de

Moderne Fälscher entlarven

Medienmitteilung der ETH Zürich vom 03.06.2019

Forschende der ETH Zürich haben ein Verfahren entwickelt, mit dem moderne Fälschungen von Bildern zweifelsfrei nachgewiesen werden können, selbst wenn der Fälscher alte Materialien verwendete. Für den Nachweis brauchen die Forschenden weniger als 200 Mikrogramm Farbe.

Kunstfälschungen sind seit der Antike bekannt, doch der Kunstmarkt wächst und die Kommerzialisierung hat rasant zugenommen. Das verleitet den einen oder anderen dazu, ein historisches Bild nachzumalen und das schnelle Geld zu machen. Solche Fälschungen sind am einfachsten aufzudecken, wenn sich nachweisen lässt, dass das verwendete Material jünger ist, als das Bild datiert wurde.

Moderne Fälscher verwenden deshalb oft alte Materialien, um die Fälschung besser zu kaschieren, oder übermalen historische Gemälde. Der berüchtigte Han Van Meegeren (1889-1947), der sich auf das Fälschen von Vermeer-Gemälden spezialisiert hatte, war bekannt dafür, die Farbe älterer Gemälde abzuschaben und wiederzuverwenden, um so die Illusion eines natürlich gealterten Gemäldes zu erwecken.

C14-Methode chemisch erweitert

Die Datierung mit Radiokarbon, die sogenannte C14-Methode, die seit den 1940er-Jahren bekannt ist, erlaubt es, Fälschungen zu erkennen. Sie basiert auf der Tatsache, dass 14C-Atome in einer feststehenden Gesetzmässigkeit zerfallen. Bestimmt man das Verhältnis von 12C und 14C-Atomen in einer Probe und vergleicht es mit Referenzwerten, lässt sich das Alter der Probe bestimmen. Das Labor für Ionenstrahlphysik der ETH Zürich hat mit diesem Verfahren bereits verschiedentlich international für Aufsehen gesorgt, weil es die Echtheit von historischen Gegenständen bestätigen oder widerlegen konnte.

Allerdings hat die Methode einen grossen Nachteil: Die Probe kann durch alte Materialien verfälscht sein, was sich mit der C14-Methode nur schwer entdecken lässt. Laura Hendriks, die gleichzeitig in der Gruppe von Prof. Hans-Arno Synal am Labor für Ionenstrahlphysik als auch in der Gruppe von Prof. Detlef Günther am Laboratorium für anorganische Chemie doktoriert, hat nun für dieses Problem eine elegante Lösung gefunden. Sie publiziert das neue Verfahren heute in der Fachzeitschrift PNAS.

In einem ersten Schritt gilt es, eine ideale Probestelle zu finden, die nur anorganische Pigmente enthält. Diese Probe wird danach mit chemischen Verfahren so gereinigt, dass nur noch 10 Mikrogramm reiner Kohlenstoff übrigbleibt. Dieser lässt sich dann wie bisher mit der C14-Methode analysieren. «Wir haben neu die bekannte physikalische Methode mit chemischen Methoden kombiniert, um so ein eindeutiges Resultat zu bekommen», sagt Hendriks.

Bindemittel verrät Fälscher

Für die Publikation hat Hendriks ihre Methode an einen bekannten Fall getestet: Robert Trotter malte ein Gemälde im amerikanischen primitiven Volkskunststil, signierte es mit «Sarah Honn» und datierte es auf «5. Mai 1866 n. Chr.» Bereits früher gestand Trotter in einem Prozess, die Sarah-Honn-Fälschung 1985 gemalt zu haben.

Die ETH-Forschenden haben nun zwei Mikroproben von diesem Gemälde analysiert: eine Leinwandfaser und einen Farbpartikel mit einem Gewicht von weniger als 200 Mikrogramm. «Dank neuer Entwicklungen im Labor für Ionenstrahlphysik können wir heute deutlich kleinere Proben messen als früher», erklärt Hendriks. Die Datierung der Leinwand passt zwar zur angeblichen Zuschreibung zum 19. Jahrhundert. Doch die Datierung der Farbe deckt die Fälschung auf. Auch wenn ein Fälscher zur Tarnung alte Farbpartikel verwendet, muss er sie nämlich mit einem neuen Bindemittel mischen. Und genau diesen Umstand machen sich die ETH-Forschenden nun zu Nutze.

Falsches Öl verwendet

Die Analyse des Bindemittels ist eine komplexe Aufgabe, weil es eine heterogene Mischung ist. Doch die Ergebnisse sind eindeutig: Das verwendete Öl im Bindemittel enthält einen Überschuss an 14C, der charakteristisch für das 20. Jahrhundert ist. Denn durch den Einsatz von Kernwaffen stieg die 14C-Konzentration in der Atmosphäre enorm an, so dass sich Proben aus dieser Zeit sehr genau datieren lassen. Die Samen, aus denen das Öl für das Bindemittel gewonnen wurde, wurden zwischen 1958-1961 oder 1983-1989 geerntet. Das widerspricht der Datierung der Leinwand und beweist, dass das Bild nach 1950 produziert wurde – es handelt sich also zweifelsfrei um eine moderne Fälschung. «Anhand dieses bekannten Falls können wir nun zeigen, dass unsere Methode wirklich funktioniert», sagt Hendriks.

Ob mit der neuen Methode nun routinemässig Fälscher zur Strecke gebracht werden können, ist allerdings noch unklar. Es ist nicht ganz einfach, eine geeignete Stelle für die Probenahme zu finden, und auch das Messverfahren ist sehr aufwändig, da es einige komplexe und kostspielige Schritte beinhaltet. Dennoch dürfte das neue Verfahren in der Kunstwelt auf grosses Interesse stossen, wenn es darum geht, die Echtheit von berühmten Gemälden zuverlässig nachzuweisen.

Publikation:
Hendriks L et al. Uncovering modern paint forgeries by radiocarbon dating. PNAS, published online June 3rd 2019. DOI: 10.1073/pnas.1901540116

Externer Link: www.ethz.ch