Teamwork mit dem Avatar: Virtuelles Feuerwehr-Training an der Uni

Pressemitteilung der Universität Kassel vom 03.01.2013

Das Feuer ist programmiert, die Aufgabe echt: Kasseler Informatiker haben eine virtuelle Arena für Feuerwehr-Übungen entwickelt. Das Projekt KATIE modelliert Einsatz-Umgebungen nach realen Vorlagen. Eine wichtige Rolle spielen digitale Kameraden.

Bei KATIE handelt es sich um ein sogenanntes „Serious Game“: Auf den ersten Blick ähnelt die Oberfläche der eines 3D-Adventures auf dem PC oder einer Spielekonsole. Die Aufgabe besteht bei KATIE aber nicht darin, einen Schatz zu finden oder Gegner auszuschalten; die Aufgabe lautet, einen Brand zu bekämpfen oder einen Zug zu evakuieren, und zwar nach Lehrplan der Feuerwehr oder des Katastrophenschutzes. Im Unterschied zu herkömmlichen Feuerwehr-Schulungsprogrammen ist bei KATIE eine 3D-Umgebung nach Wunsch program­mierbar – es kann also ganz konkret ein Einsatz in der Schreinerei um die Ecke oder im nächstgelegenen Eisenbahntunnel geprobt werden.

KATIE – die Abkürzung steht für KI, Avatare, Katastrophensimulation, Training in virtuellen Environments – richtet sich insbesondere an Freiwillige Feuerwehren, für die das Programm bis auf weiteres umsonst ist. Trainiert werden Gruppen-Prozesse. „Es geht nicht darum, den Griff am Schlauch zu üben; das geht in der Realität besser“, beschreibt Prof. Dr. Dieter Wloka, Leiter des Fachgebiets Technische Informatik, die Ausrichtung. „Wir trainieren die human skills, das Zusammenspiel der einzelnen Funktionsträger.“ Damit das möglich ist, wird jeder Teilnehmer der Schulung im Programm durch einen Avatar repräsentiert. Im Spiel selber begegnen sich diese digitalen Stellvertreter, die Teilnehmer können interagieren. Der Ausbilder kann das Verhalten seiner Gruppe beobachten oder auf Video aufzeichnen. Dieser zeiteffiziente Weg der Ausbildung soll auch dem Nachwuchsmangel der Feuerwehren begegnen.

Die Trainings-Umgebung ist skalierbar, d.h. Training ist auf dem Tablet oder dem PC, online oder lokal basiert möglich; nach Absprache auch in der „Cave“ des Fachbereichs Elektrotechnik/Informatik der Universität Kassel; das ist eine Projektionsumgebung, in der sich Menschen mithilfe einer 3D-Brille in einer virtuellen Welt bewegen können. Entwickelt wurde KATIE in Kooperation mit Brandschutz-Experten und mit dem Kreisfeuerwehrverband Fulda. Das Wissen dieser Experten über den Trainingsbedarf bei der Feuerwehrausbildung und die korrekten Abläufe in den Simulationen wird bei KATIE auch in künstliche Intelligenz verwandelt. „Unsere Avatare können mit diesem Wissen intelligent handeln, falls menschliche Spieler fehlen und in der Simulation ersetzt werden sollen“, erklärt Diplom-Informatiker Frank Poschner. „Auch intelligente Ergebnisauswertungen der Aktionen von Spielern sind so möglich.“ Die Kasseler Informatiker gewannen bei dem Projekt auch neue Erkenntnisse über die effiziente Programmierung von Avataren, die Programmierung von realistischem Feuer und Wasser sowie über die Einbindung spezieller Skripte.

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Berechenbare Sprache – Wie künstliche Stimmen menschlicher klingen

Pressemitteilung der Universität des Saarlandes vom 13.12.2012

Was macht eine menschliche Stimme aus? Bernd Möbius entschlüsselt die gesprochene Sprache, um herauszufinden, wie künstliche Stimmen mehr Charakter, mehr „menschlichen Touch“ bekommen. Hierzu übersetzt der Saarbrücker Professor für Phonetik und Phonologie Laute in Zahlen und sucht und glättet Störstellen mit einem Rechenverfahren. Ziel ist ein selbstlernendes mathematisches Modell der menschlichen Sprache, das es möglich macht, jedem beliebigen Gegenstand jede beliebige Stimme zu verleihen – ohne künstlich zu klingen.

„Den habe ich mir ganz anders vorgestellt“ – das Phänomen tritt zu Tage bei Radiomoderatoren oder Leuten, die bisher nur am Telefon miteinander zu tun hatten: Wer Menschen ausschließlich von ihrer Stimme her kennt, macht sich ein bestimmtes Bild. Da kann eine junge Frau älter wirken, ein kräftiger Mann dünner oder ein blonder Haarträger eher dunkelhaarig. Menschliche Stimmen wecken die Phantasie. „Betrachtet man die Hirntätigkeit beim Hören, ruft eine natürliche Stimme Aktivität in Arealen hervor, die für Gefühle und Assoziationen verantwortlich sind. Bei der klassischen Computerstimme ist das anders. Hört der Mensch eine künstliche Stimme, bleiben diese Areale stumm“, erläutert Professor Bernd Möbius, Saarbrücker Experte für Sprachproduktion.

Zwar sind moderne Computerstimmen in Auskunfts- oder Dialogsystemen vom blechernen Klang der abgehackten Wörter ohne Betonung bereits weit entfernt. Trotzdem hört das verwöhnte und seit jeher auf Stimmen spezialisierte menschliche Ohr die feinen Unterschiede, ob Mensch oder Maschine spricht. Werden Sätze aus Laut- und Wortschnipseln zusammengesetzt, entlarvt es selbst feinste Sprünge sofort. Fließende Sprachmelodien und sonstige Eigenheiten machen den besonderen Charakter natürlicher Stimmen aus. Fehlen sie, klingt die Stimme künstlich – und sie weckt auch keinerlei Gefühl.

Bernd Möbius forscht daran, diese Charakteristika der menschlichen Stimme herauszufinden, um sie in künstliche Stimmen hineinzurechnen und Sprungstellen und Störfaktoren aus ihnen herauszuholen. „Der Hörer soll sich eine Person hinter der Stimme vorstellen“, sagt er.

Hierzu begibt sich der Forscher mit seinem Team gewissermaßen auf die mikroskopische Ebene und betrachtet die Sprache in ihren kleinsten Einzelteilen. Zugrunde liegt ein digitalisierter Textkorpus, den ein Sprecher im Tonstudio eingesprochen hat. Die Phonetiker verwenden unter anderem die so genannte „Diphonsynthese“. Ein Diphon ist ein kurzer Sprach-Abschnitt, der in der Mitte eines Lautsegments beginnt und in der Mitte des folgenden Lautsegments endet. „Unsere Sprache kennt 45 Laute und etwa 2000 Diphone, jedes davon ist etwa 100 Millisekunden lang. Mit diesem Instrumentarium können wir auf lautlicher Ebene die gesamte Sprache abdecken“, erläutert Möbius.

In den Diphonen liegen die größten Probleme der künstlichen Stimmen verborgen: Sie enthalten etwa den Übergang zwischen den Lauten – winzige Schallsegmente, die bei der Verknüpfung der Sprachbausteine die verräterischen Sprünge hinterlassen. Diese Übergänge verkettet Möbius neu und glättet sie auf diese Weise, wodurch unstete Holperer und Sprungstellen aus der Computersprache verschwinden. „Anzahl und Häufigkeit der Übergänge lassen sich außerdem verringern, wenn es gelingt, längere Bausteine wie Silben oder ganze Wörter, die in den Sprachaufnahmen bereits verfügbar sind, wieder zu verwenden“, erklärt er. Die optimierten Sprachbausteine lassen sich in allen erdenklichen Kombinationsmöglichkeiten völlig neu zusammensetzen. Mit dieser künstlichen, aber natürlich klingenden Sprache lassen sich beliebige Äußerungen mit unbeschränktem Wortschatz erzeugen.

Das mathematische Sprachsynthese-Modell ist unabhängig von der Stimme des ursprünglichen Sprechers – dadurch ist es auf jede beliebige Stimme übertragbar. Hieraus ergeben sich in Zukunft neben den üblichen Anwendungen in Dialog- oder Auskunftssystemen auch neue Möglichkeiten in der Medizin: „Menschen, die ihre Stimme etwa durch eine Kehlkopfoperation verlieren, könnten so in nicht ferner Zukunft mit einer künstlich erzeugten Stimme sprechen, die wie ihre eigene, natürliche klingt“, stellt Möbius in Aussicht. Die Betroffenen müssten hierfür lediglich ihre Stimme im Tonstudio konservieren, wobei bereits relativ wenig „Sprach-Material“ ausreichen würde – das System könnte den Rest berechnen.

Bei seiner Forschung arbeitet Möbius an der Universität des Saarlandes unter anderem mit Computer- und Psycholinguisten sowie mit Informatikern im Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“ und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) zusammen.

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„BibSonomy“ zeigt, wie Datenschutz im Web 2.0 geht

Pressemitteilung der Universität Kassel vom 26.11.2012

Die Plattform BibSonomy ist nicht nur als Verwaltungs-System für Bookmarks und Publikationen ein Erfolg: Wissenschaftler an der Uni Kassel zeigen damit auch: Datenschutz und Web 2.0 sind vereinbar.

Immer stärker werden Gefahren des Mitmach-Internets deutlich. In sozialen Netzwerken geben viele Menschen einem unüberschaubaren Personenkreis persönliche Daten preis, ohne die Folgen zu überblicken. Für das einzigartige Kasseler Publikationssystem BibSonomy haben Forscher nun Regeln zur Datensicherheit und technische Möglichkeiten zu ihrer Umsetzung entwickelt, die eine Blaupause für die Betreiber von sozialen Plattformen bilden können; dem Gesetzgeber liefert das System wichtige Anregungen zur Regulierung des Datenstroms im Netz.

Dass BibSonomy nunmehr eine Vorbildfunktion für Facebook und Co. in Sachen Datenschutz haben könnte, ist Ergebnis des Projekts „Informationelle Selbstbestimmung im Web 2.0“, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 650.000 Euro gefördert wurde und nun zu Ende gegangen ist. Die Projektgruppe verfassungsverträgliche Technikgestaltung (provet) des Fachgebiets Öffentliches Recht unter Leitung von Prof. Dr. Alexander Roßnagel und das Fachgebiet Wissensvermittlung unter Führung von Prof. Dr. Gerd Stumme arbeiteten dafür eng zusammen. Datenschutzrechtliche Gestaltungsansätze wurden in das bestehende System BibSonomy implementiert, das als soziale Plattform für die Verwaltung von Bookmarks und zur gemeinsamen Nutzung wissenschaftlicher Publikationen 2006 online gegangen ist. Die Plattform ermöglicht Studenten und Forschern den Austausch von Nachweisen, Auszügen und Kommentaren zu wissenschaftlichen Texten und hat inzwischen weit über eine Million registrierte Nutzer weltweit und etwa 190.000 Zugriffe monatlich.

„Viele Leute geben ihre Daten heute in großer Freizügigkeit preis“, sagt der Informatikspezialist Professor Stumme. Für den Betreiber eines sozialen Netzwerks stelle sich die Frage: Wie gehe ich mit Daten um, die ich nicht selbst erstellt habe? Nach den Worten Stummes gehört schon die so genannte IP-Adresse des Nutzers, die dessen Computer identifiziert, zu den sensiblen Informationen. Das DFG-Projekt liefert auf diese Frage Antworten.

„Es gilt der Grundsatz der Datensparsamkeit. Es werden nur so viele Daten wie unbedingt nötig für die Nutzer bereitgestellt. Wenn sie nicht mehr benötigt werden, müssen sie aus dem System gelöscht werden“, erläutert Stumme. Auch für die Forderung von Nutzern nach Korrekturen angeblich sachlich falscher Einträge habe man Regeln entwickelt. Man verlange dann belastbare Nachweise. In strittigen Fällen schlüpfe der Betreiber der Plattform in eine Moderatorenrolle.

Der Aufbau des Publikationsnetzwerks habe auch gelehrt, dass der Betreiber einer Internetplattform die rechtlichen Probleme des Datenschutzes klären sollte, bevor er an deren technische Architektur herangeht. „Man kann schon im Design Rechtsprobleme vermeiden“, empfiehlt der Wissenschaftler. Das helfe, kostspielige Korrekturen und Beschwerden von Benutzern zu vermeiden.

Betreiber von Internetplattformen müssen nicht nur mit Daten umgehen, die die Privatsphäre ihrer Nutzer verletzen können, sondern auch mit Daten, die als so genannter „Spam“ einfach nur unerwünscht sind. Der große Erfolg von BibSonomy habe jede Menge „Trittbrettfahrer“ auf die WebSite gelockt, berichtet Professor Stumme. Diese so genannten Spammer nutzten den hohen Rang, den BibSonomy auf den gängigen Suchmaschinen im Netz einnehme, um mit ihren Angeboten selbst auf einen vorderen Platz auf den Trefferlisten zu gelangen. Die ersten 50.000 Spammer hätten seine Mitarbeiter noch von Hand herausgefiltert. Dann habe man Algorithmen entwickelt, die vornehmlich durch eine Analyse der IP-Adressen der BibSonomy-Nutzer automatisch die Trittbrettfahrer auf der WebSite unterdrücken. Auch dieses Filtersystem könne Vorbild für andere Netzbetreiber sein.

Die Kasseler Forscher betreiben ihre Publikationsplattform auch nach Beendigung des DFG-Projekts weiter. Man wolle andere gern von den Erfahrungen profitieren lassen, sagt Stumme.

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Bei Stromausfällen effizienter handeln

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 31.10.2012

Energieversorger, Behörden und Rettungskräfte müssen bei Stromausfällen schnell und koordiniert zusammenarbeiten. Forscher haben eine neue Planungssoftware entwickelt, mit der sich alle Beteiligten besser auf den Ernstfall vorbereiten können.

Die Stromversorgung ist das Rückgrat unserer modernen Volkswirtschaft. Nahezu alle Lebensbereiche sind abhängig von elektrisch betriebenen Geräten. Wenn der Stromfluss stoppt, geht nicht nur das Licht aus. Es funktionieren weder Geldautomaten, noch Kassensysteme in Supermärkten. Auch Telefon, Radio und Fernseher sind lahm gelegt. Bei einem länger anhaltenden Ausfall ist die Versorgung mit Warmwasser, Gas oder Treibstoff und der Betrieb von Beatmungsgeräten auf Intensivstationen oder in Pflegeheimen gefährdet.

Ursachen für dieses erschreckende Szenario können Naturkatastrophen, Terroranschläge oder technische Probleme sein. Wie real die Gefahr auch hier in Deutschland ist, zeigen aktuelle Beispiele. Der letzte größere Vorfall ereignete sich 2011 in Hannover. Dort waren 650 000 Menschen bis zu 90 Minuten ohne Strom, nachdem ein Block in einem Steinkohlekraftwerk und eine Netzkupplung in einem Umspannwerk streikten. Noch viel weitreichendere Folgen hatte der größte Stromausfall der Nachkriegsgeschichte, als 2005 im Münsterländer Schneechaos reihenweise Hochspannungsmasten umknickten. 250 000 Menschen waren teilweise bis zu fünf Tage ohne Strom. Der wirtschaftliche Schaden belief sich auf über 100 Millionen Euro.

Feuerwehrmänner als Prozessmanager

Im Ernstfall sehen sich Energieversorger, Behörden und Einsatzkräfte mit einer Vielzahl von Aufgaben konfrontiert: Wer ist am intensivsten betroffen, wo besteht der größte Handlungsbedarf, wie lange reicht der Notstrom aus, wer übernimmt welche Fahrten, wie lange reicht der Treibstoff? Nur ein Bruchteil der Fragen, auf die rasch Antworten gefunden werden müssen. »Um die Dauer des Crashs zu minimieren, müssen Einsatzleiter bei Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten wie Prozessmanager agieren«, so Prof. Dr. Thomas Rose, Leiter des Forschungsbereichs Risikomanagement und Entscheidungsunterstützung am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT in Sankt Augustin.

Während Prozessmanager in Unternehmen jedoch auf spezialisierte Softwaretools zurückgreifen können, steht den Einsatzkräften kein modernes IT-gestütztes Prozessmanagement für Krisenfälle zur Verfügung. »Die aktuell erhältlichen Lösungen für Industrie und Wirtschaft sind zu komplex und passen nicht zu den speziellen Anforderungen von Polizei, Feuerwehr & Co. Und auch Programme wie Excel stoßen bei großen, sich ständig ändernden Datenmengen schnell an ihre Grenzen. Unsere IT-Sicherheitsplattform stößt genau in diese Lücke«, erklärt Rose.

Die Software vom FIT gibt Energieversorgern, Behörden und Einsatzkräften bundesweit die Möglichkeit, sich bereits im Vorfeld – also noch bevor der Strom ausfällt – optimal auf die gemeinsame Zusammenarbeit in Krisenfällen vorzubereiten. Kernstück, der im Forschungsprojekt InfoStrom entwickelten IT-Lösung, sind rollenbasierte Checklisten. Diese enthalten nicht nur detaillierte Handlungsanweisungen über das, was die eigene Stelle zu tun hat, sondern auch darüber, welche Punkte mit anderen Stellen abgestimmt werden müssen.

Tests in zwei Landkreisen

Zum Beispiel weiß das Technische Hilfswerk dadurch genau, wie viele Fahrzeuge die örtliche Feuerwehr plant einzusetzen. »Checklisten eignen sich für das Krisenmanagement am besten. Sie standen bisher aber lediglich auf Papier zur Verfügung. Auch der organisationsübergreifende Ansatz fehlte. Zusätzlich haben wir ein Glossar integriert. Denn die unterschiedlichen Einsatzkräfte nutzen meist unterschiedliche Begrifflichkeiten«, so Rose. Die Einsatzfähigkeit der Software wurde im städtisch geprägten Rhein-Erft-Kreis und im ländlichen Kreis Siegen-Wittgenstein erfolgreich evaluiert.

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Eine Software gegen den Stau

Presseaussendung der JKU Linz vom 29.10.2012

Forscher der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz entwickeln im Rahmen des Projektes „CSI Linz“ gemeinsam mit der Stadt Linz eine Steuerungssoftware zur Harmonisierung des städtischen Verkehrs. Staus und Verkehrsinfarkte sollen damit in Zukunft verhindert werden.

Wer kennt es nicht? Der innerstädtische Verkehr ist zum Stillstand gekommen, nichts geht mehr. Geht es nach Wissenschaftern der JKU, werden solche Verkehrsinfarkte bald der Vergangenheit angehören. Sie entwickeln in Kooperation mit der Stadt Linz, der Linz Linien AG, der ASFINAG, dem Stadtpolizeikommando Linz, dem Landespolizeikommando sowie der team Communication Technology Management GmbH, einem Unternehmen der Frequentis-Gruppe, eine Software zur frühzeitigen Erkennung potenzieller Verkehrsinfarkte. Durch das Projekt mit dem Titel „CSI Linz“ wird auch die Zusammenarbeit zwischen Verkehrsleitzentralen unterstützt.

Informationssammlung wie in der Fernsehserie „CSI“

Das Prinzip der Software, deren Entwicklung durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG mit mehr als 500.000 Euro gefördert wird, und vom Team rund um die JKU-Professoren Wieland Schwinger und Werner Retschitzegger sowie Dr. Norbert Baumgartner von team GmbH vorangetrieben wird, erinnert an die US-Fernsehserie „CSI“, die die Beweis- und Spurensicherung der Kriminalpolizei am Tatort schildert.

Wie in der Serie werden zunächst verschiedenste Arten von Informationen gesammelt: Stau- und Unfallmeldungen, Baustellen und Wartungsarbeiten, Fahrplandaten und Positionen öffentlicher Verkehrsmittel, aber auch Daten über Straßenbedingungen oder Wettervorhersagen.

Verhinderung von Verkehrsinfarkten

Das System analysiert diese Datenfülle und verknüpft die Einzelinformationen, um potenzielle Verkehrsinfarkte bereits im Vorhinein zu erkennen. Damit ergeben sich neue Handlungsspielräume für betroffene Verkehrsoperatoren in Leitzentralen. Sie können drohende Verkehrsinfarkte durch geeignete Steuerungsmaßnahmen vermeiden. So kann beispielsweise ein Operator der ASFINAG eine Tagesbaustelle auf einem Autobahnzubringer verschieben, die Polizei Alternativrouten für Veranstaltungsbesucher einrichten oder können die Linz Linien den Bus statt über die Autobahn über Bundesstraßen leiten.

„Situations-Radar“

Die frühzeitige Erkennung wird zusätzlich durch einen besonderen Visualisierungs- und Bedienmechanismus, das „Situations-Radar“, unterstützt. Verkehrsoperatoren sehen damit alle verdächtigen Anzeichen auf einen Blick. So wird eine entsprechende Abstimmung der Handlungsalternativen zwischen Leitzentralen stark vereinfacht.

Smartphone-Applikation für Linzer Verkehrsteilnehmer

Ein erster Prototyp des CSI-Systems wurde beim weltgrößten Kongress für Intelligente Verkehrssysteme von 22. bis 26. Oktober in Wien vorgestellt. Zukünftig haben die Forscher nicht nur Verkehrsoperatoren in Leitzentralen als Zielgruppe im Visier – auch Verkehrsteilnehmer selbst sollen die Möglichkeit erhalten, direkt von CSI zu profitieren. Die JKU-Forscher arbeiten an einer CSI-Smartphone-Applikation, die es den Bürgern der Stadt Linz ermöglichen wird, sich selbst einen Überblick über die aktuelle Verkehrslage in Linz zu verschaffen und somit möglichen Staus zu entgehen. (Manfred Rathmoser)

Externer Link: www.jku.at