Roboterhand greift auch rohe Eier mit großem Fingerspitzengefühl

Pressemitteilung der Universität des Saarlandes vom 30.03.2012

Dinge wie ein Rohes Ei zu behandeln, ist zum Synonym für Fingerspitzengefühl geworden. Ein komplexer Bewegungsapparat ist nötig, um ein Ei nicht zu zerbrechen, wenn man es in der Hand hält. Umso schwieriger ist es, auch Maschinen solches Fingerspitzengefühl beizubringen. Forschern der Universität des Saarlandes ist das jetzt zusammen mit Wissenschaftlern aus Bologna und Neapel gelungen. Sie haben eine Roboterhand entwickelt, die ein rohes Ei halten kann. Sie ist samt Antrieb nicht größer als der menschliche Arm. Möglich macht dies ein neuartiger Schnurantrieb, bei dem kleine Elektromotoren die Schnüre verdrillen. Die Roboterhand ist dadurch kraftvoll, aber auch feinfühlig und könnte eines Tages als Helfer im Haushalt oder bei Katastrophen zum Einsatz kommen.

„Wir wollten unserer Roboterhand ein breites Spektrum an menschlichen Eigenschaften verleihen. Auf einfache und platzsparende Weise sollten ihre künstlichen Muskeln enorme Kräfte übertragen können“, erklärt Chris May, Wissenschaftler am Lehrstuhl für Antriebstechnik der Universität des Saarlandes. Die Roboterhand wurde jetzt bei einer Tagung am Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe vorgestellt. Sie ist ein Beispiel für neue Wege, die im Rahmen des europäischen DEXMART-Projektes in der Roboterforschung beschritten wurden. Internationale Wissenschaftler hatten vier Jahre lang verschiedene Konzepte entwickelt, um vor allem zweiarmige Roboter möglichst vielseitig einsetzen zu können. Die Europäische Union hat den Forschungsverbund dafür mit 6,3 Millionen Euro gefördert.

„Wenn Roboter im Haushalt helfen oder Menschen aus brennenden Häusern retten sollen, benötigen sie Hände, die kraftvoll und zugleich behutsam zupacken“, erklärt Hartmut Janocha, Professor für Prozessautomatisierung an der Universität des Saarlandes. Die Herausforderung bestehe darin, die erforderliche Technik möglichst im Roboterarm verschwinden zu lassen, wobei sich dieser in Größe und Umfang nicht wesentlich vom menschlichen Arm unterscheide. „Wir kamen dabei auf eine einfache, aber äußerst wirksame Idee: Über Schnüre, die von kleinen, schnell drehenden Elektromotoren verdrillt werden, können wir auf kleinstem Raum sehr hohe Zugkräfte erzeugen“, erläutert Mechatronik-Forscher May. Die über Sensoren geregelte Roboterhand könne dadurch vielfältige Gegenstände ertasten, sie greifen und anheben und an anderer Stelle wieder behutsam ablegen. Chris May demonstrierte dies in Karlsruhe am Beispiel von zerbrechlichen Ostereiern und schweren Glasflaschen.

Polymerschnüre, die enorm belastbar sind, geben den Saarbrücker Forschern die Möglichkeit, mit einem kleinen Elektromotor und einer Schnur von 20 Zentimetern Länge eine Last von fünf Kilogramm in Sekundenschnelle um 30 Millimeter anzuheben. „Jeder Roboterfinger, der wie beim Menschen in drei Glieder unterteilt ist, kann mit den einzelnen Seilzügen sehr feinfühlig gesteuert werden“, beschreibt Chris May den neuartigen Miniaturantrieb. Die winzigen Elektromotoren laufen mit hoher Drehzahl und kleinem Drehmoment von etwa fünf Newtonmillimetern. „Die Roboterhand ist dadurch so nah an menschlichen Fähigkeiten, dass die Vorstellung, sie als persönlichen Assistenten im Haushalt, im Operationssaal oder auch bei industriellen Anwendungen einzusetzen, immer näher rückt. Wir gehen außerdem davon aus, dass diese Verknüpfung von Miniaturmotoren mit verdrillten Schnüren auch für andere Anwendungen interessant sind“, meint der Forscher.

Mit Themen der Antriebstechnik, Sensorik sowie der künstlichen Intelligenz von Robotern haben sich weitere Forscherteams im Rahmen des DEXMART-Projektes beschäftigt. An dem von der Europäischen Union geförderten Forschungsverbund waren insgesamt acht Universitäten und Forschungsinstitute in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien beteiligt.

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Immer der Reihe nach: Molekülkontrolle am Nano-Sensor

Pressemitteilung der TU München vom 19.03.2012

Nano-Rezeptoren identifizieren einzelne Moleküle:

In der Natur gibt es viele Vorbilder für hochsensitive Sensoren. Ein Beispiel dafür sind die Geruchsrezeptoren der menschlichen Nase, die ganz speziell auf einzelne Moleküle ansprechen. Davon inspiriert, hat ein Forscherteam der Technischen Universität München und der Goethe Universität Frankfurt jetzt ein System aus festkörperbasierten Nanoporen entwickelt, mit dem sich einzelne Moleküle identifizieren lassen. Gegenüber früheren Arbeiten auf diesem Gebiet haben die Wissenschaftler erreicht, dass der Sensor zwei Eigenschaften vereint: Er reagiert auf einzelne Moleküle und erkennt gleichzeitig ihre Identität. Damit eröffnen sich vielfältige Anwendungen in der Nanodiagnostik, etwa die Analyse des gesamten Proteinportfolios in einer Körperzelle. Die Arbeit wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Nanotechnology veröffentlicht.

Die Entwicklung hochauflösender Nachweismethoden auf molekularer Ebene schreitet immer weiter voran. Inzwischen gibt es viel versprechende Ansätze für neue Nanowerkzeuge, mit denen sich selbst einzelne Moleküle identifizieren lassen. Eines dieser Verfahren arbeitet nach dem Prinzip einer Nanoschleuse, die Moleküle nur einzeln passieren lässt. Dem Wissenschaftler-Team aus München und Frankfurt ist es jetzt gelungen, einen solchen Nano-Sensor zusätzlich mit biologischen Funktionen auszustatten, so dass auch die Identität der durchgeschleusten Moleküle ermittelt werden kann.

Das Prinzip des Sensors: Mit Hilfe eines Elektronenstrahls bohren die Wissenschaftler winzige Löcher mit einem Durchmesser von 25 Nanometer in eine dünne Halbleitermembran aus Siliziumnitrid. Diese Öffnung ist gerade groß genug für ein einzelnes Molekül. Um sicherzugehen, dass Biomoleküle nicht zufällig an Unebenheiten der Pore binden, wird diese mit einer selbstorganisierenden Schicht ausgekleidet, an der Proteine nicht haften bleiben. In dieser Schicht ist der Rezeptor aus mehreren Nitrilotriessigsäure-Molekülen verankert. Dieser Rezeptor erkennt und bindet spezifische Moleküle, die vorab mit einem „Etikett“ aus sechs Aminosäuren (Histidin) ausgezeichnet wurden. Nach dem gleichen Prinzip können aber auch ganze Proteine in der Pore eingesetzt werden, die wiederum als Torwächter andere Proteine beim Durchtritt „kontrollieren“ und gegebenenfalls für eine bestimmte Zeit binden. Die anorganische Pore übernimmt damit die biologische Funktion des verankerten Proteins. Auf diese Weise konnten die Forscher auch Subklassen von IgG-Antikörpern aus Ratten und Hamstern unterscheiden.

Die Messungen an der Nanoschleuse laufen in einer Salzlösung ab. Legt man elektrische Spannung an, strömen die Ionen der Lösung durch die Poren. Sobald sich das passende Biomolekül an den Rezeptor bindet, verengt sich die Pore und der Stromfluss nimmt ab. Auf diese Weise kann das An- und Abbinden eines bestimmten Moleküls in Echtzeit beobachtet werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich nur ein einziger Rezeptor in der Pore befindet – was den Wissenschaftlern mit diesem Verfahren zum ersten Mal gelang.

Die möglichen Anwendungsgebiete dieses biomimetischen sensorischen Systems sind vielversprechend. So könnten schwierige Probleme in der Proteomik mit diesem Ansatz realisierbar sein, etwa die Analyse der Proteinzusammensetzung einer einzelnen Zelle. Zum anderen könnte dieses System als schneller und sensitiver Biosensor für das Screening von Pharmazeutika oder zur Detektion von Biowaffen dienen.

„Bisher richtet sich die Nanoporenforschung vor allem auf DNA-Detektion und Sequenzierung. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Nanoporen das Potenzial haben, sich zu einem wichtiges Werkzeug in der Proteinforschung zu entwickeln“, erklärt Dr. Ulrich Rant vom Walter-Schottky-Institut und Institute for Advanced Study an der TU München. „Und wer weiß, vielleicht finden Nanoporen-Proteinsensoren schon bald Anwendung in der medizinischen Diagnostik. Vorstellbar wäre zum Beispiel, bei Patienten molekulare Krankheitsmarker nachzuweisen, die in nur sehr geringen Konzentrationen vorkommen.“

„Die Zukunft bleibt spannend, da die Natur uns weiterhin in Selektivität und Spezifität voraus ist. Deshalb sind weitere Verbesserungen im Feld von sensorischen Systemen auf molekularer Ebene nötig“, ergänzt Prof. Robert Tampé vom Institut für Biochemie an der Goethe Universität Frankfurt. „Die Zusammenarbeit des Teams aus München und Frankfurt ist aber ein wichtiger Schritt in der Biosensorik und Nanodiagnostik auf Einzelmolekülebene.“

Die Arbeiten wurden gefördert aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft SFB 863 und SFB 807), TUM Institute for Advanced Study, Exzellenzcluster Nanosystems Initiative Munich, und Exzellenzcluster Macromolecular Complexes (Goethe-Universität Frankfurt).

Publikation:
Stochastic sensing of proteins with receptor-modified solid-state nanopores Ruoshan Wei, Volker Gatterdam, Ralph Wieneke, Robert Tampé, and Ulrich Rant
Nature Nanotechnology, March 11, 2012. DOI: 10.1038/NNANO.2012.24

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Schwärmen und transportieren

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.03.2012

Eine einzelne Ameise ist nicht besonders schlau. Doch in der Gemeinschaft können die Insekten komplizierte Aufgaben lösen. Diese Schwarmintelligenz wollen Forscher jetzt auch für die Logistik nutzen. Viele autonome Transport-Shuttles sollen eine Alternative zu traditioneller Fördertechnik bilden.

Mit einem leisen Surren setzt sich das orangefarbene Gefährt in Bewegung. Gleich darauf starten die nächsten Shuttles, und schon bald sind Dutzende Mini-Transporter in der Halle unterwegs. Wie von Geisterhand gelenkt steuern sie auf das Hochregallager zu oder drehen sich um die eigene Achse. Die Multishuttle Moves®, so der Name der fahrerlosen Transportfahrzeuge, führen jedoch kein Roboter-Ballett auf. Sie sind im Dienst der Wissenschaft unterwegs. Am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund arbeiten Forscher daran, mit Schwarmintelligenz die logistischen Material- und Warenflüsse im Lager zu verbessern. In einer 1000 Quadratmeter großen Forschungshalle haben die Wissenschaftler ein kleines Distributionslager nachgebildet, mit einem Regallager für 600 Kleinteileladungsträger und acht Kommissionier-Stationen. Herzstück der Versuchsanlage ist ein Schwarm von 50 autonomen Fahrzeugen. »Die Transportsysteme sollen künftig alle Aufgaben von der Auslagerung im Regal bis zur Anlieferung an einer Kommissionier-Station selbstgesteuert übernehmen und damit eine Alternative zu herkömmlichen Fördertechniklösungen bieten«, erläutert Prof. Dr. Michael ten Hompel, Geschäftsführender Institutsleiter des IML.

Aber woher wissen die Gefährte, was sie wohin transportieren sollen und welches der 50 Shuttles den jeweiligen Auftrag übernimmt? »Die fahrerlosen Transportfahrzeuge werden dezentral gesteuert. Die „Intelligenz“ ist in den Transportern selbst«, verrät Dipl.-Ing. Thomas Albrecht, Leiter der Abteilung Autonome Transportsysteme, den Lösungsansatz der Forscher. »Wir setzen auf agentenbasierte Software und nutzen Ameisenalgorithmen nach Marco Dorigo. Das sind Verfahren der kombinatorischen Optimierung, die auf dem modellhaften Verhalten von realen Ameisen bei der Futtersuche basieren.« Kommt ein Auftrag herein, erfahren die Shuttles dies über einen Softwareagenten. Dann tauschen sie sich über WLAN aus, wer die Fuhre übernehmen kann. Das am nächsten befindliche freie Transportsystem erhält den Zuschlag.

Auf der Fläche bewegen sich die Shuttles völlig frei – ohne Leitlinien. Möglich macht das die integrierte Lokalisations- und Navigationstechnik. Die Fahrzeuge verfügen über ein neu entwickeltes, hybrides Sensorik-Konzept mit Funkortung, Abstands- und Beschleunigungssensoren sowie Laserscannern. So können die Fahrzeuge die jeweils kürzeste Route zum Ziel berechnen. Die Sensoren helfen auch, Kollisionen zu meiden.

Die Fahrzeuge basieren auf den Komponenten des regalgebundenen Multishuttle, das schon seit einigen Jahren erfolgreich im Einsatz ist. Gemeinsam mit ihren Kollegen von Dematic haben Forscher des IML das System weiterentwickelt. Die Besonderheit des Multishuttle Move®: Die Transporter können sich sowohl im Regallager als auch in der Halle bewegen. Die Shuttles besitzen dafür ein zusätzliches Flur-Fahrwerk. Doch welche Vorteile bieten die autonomen Transporter gegenüber der herkömmlichen Stetigfördertechnik mit Rollenbahnen? »Das System ist deutlich flexibler und skalierbar«, hebt Albrecht hervor. Es kann je nach Bedarf um einige Fahrzeuge erweitert oder reduziert werden. So lässt sich die Systemleistung an saisonale und Tagesschwankungen anpassen. Weiterer Vorteil: Die Transportwege verkürzen sich deutlich. In herkömmlichen Lagern ist der Raum zwischen dem Hochregallager und den Kommissionier-Stationen mit Fördertechnik verbaut. Die Pakete legen etwa eine zwei- bis dreifach längere Strecke zurück als auf dem direkten Weg. »Darüber hinaus erübrigen sich Regalbediengeräte und Stetigfördertechnik«, führt Albrecht weiter aus. Die Forscher untersuchen nun, wie die autonomen Transporter die Intralogistik verbessern können. »Wir wollen den Nachweis erbringen, dass die Zellulare Fördertechnik eine sowohl technisch als auch ökonomisch sinnvolle Alternative zur klassischen Fördertechnik und Regalbediengeräten sein kann«, sagt Institutsleiter ten Hompel. Gelingt dies, könnten die autonomen Fahrzeuge schon bald in Lagerhallen ihren Dienst tun.

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Weniger Tierversuche durch Nanosensoren

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom 02.01.2012

Experimente an Tieren sind seit Jahrzehnten in der Kritik. Eine Trendwende ist dennoch nicht in Sicht. Die Zahl der Tests mit Labortieren stieg sogar. Forscher haben jetzt eine neue Alternative gefunden: Mit Hilfe von Sensor-Nanopartikeln wollen sie die Anzahl der Versuche reduzieren.

Unzählige Mäuse, Ratten und Kaninchen sterben jährlich für die Wissenschaft – Tendenz steigend. Verwendeten deutsche Labors im Jahr 2005 noch etwa 2,41 Millionen Tiere für Forschungszwecke, so waren es 2009 bereits 2,79 Millionen. Ein Drittel diente der biologischen Grundlagenforschung, ein Großteil davon wurde für die Erforschung von Krankheiten und für die Entwicklung medizinischer Produkte und Geräte benötigt. Die Menschen fordern zwar sichere Medikamente und verträgliche Therapien, doch Tierversuche will kaum jemand in Kauf nehmen. Wissenschaftler suchen daher seit Jahren nach Ersatzmethoden. Eine Alternative haben jetzt die Forscher der Fraunhofer-Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien EMFT in München gefunden: Mit neuartigen Nanosensoren wollen sie die Anzahl der Tierexperimente verringern. »Wir testen Chemikalien quasi im Reagenzglas auf ihre Wirksamkeit und ihr Risikopotenzial. Hierfür setzen wir lebende Zellen, die aus menschlichem und tierischem Gewebe isoliert und in Zellkulturen gezüchtet wurden, der zu untersuchenden Substanz aus«, erläutert Dr. Jennifer Schmidt vom EMFT. Ist der Wirkstoff in einer bestimmten Konzentration giftig für die Zelle, stirbt sie. Diese Änderung des »Wohlbefindens« können Dr. Schmidt und ihr Team mit ihren Sensor-Nanopartikeln sichtbar machen.

Gesunde Zellen speichern ihre Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP). Je mehr ATP vorhanden ist, desto aktiver ist die kleinste lebende Einheit. Wird diese stark geschädigt, verringert sie schlussendlich ihre Stoffwechselaktivität, speichert weniger Energie und produziert infolgedessen auch weniger ATP. »Mit unseren Nanosensoren können wir das Adenosintriphosphat detektieren und feststellen, in welchem Gesundheitszustand sich Zellen befinden. Dies wiederum lässt Rückschlüsse auf den zellschädigenden Einfluss von Medikamenten oder Chemikalien zu«, sagt Dr. Schmidt.

Damit die Nanopartikel das ATP erkennen, statten die Forscher sie mit zwei Fluoreszenzfarbstoffen aus: einem grünen Indikatorfarbstoff, der sensibel auf ATP reagiert, und einem roten Referenzfarbstoff, dessen Farbe sich nicht verändert. Im nächsten Schritt schleusen die Wissenschaftler die Partikel in die lebenden Zellen ein und beobachten sie unter dem Fluoreszenzmikroskop. In Abhängigkeit der Menge des vorhandenen ATPs leuchten die Partikel unterschiedlich stark – je gelber das Signal im Überlagerungsbild erscheint, desto aktiver ist die Zelle. Wäre diese in einem schlechten Zustand, würde das Überlagerungsbild deutlich röter ausfallen. »Werden beispielsweise Krebszellen verwendet, lässt sich zukünftig die Wirksamkeit neu entwickelter Chemotherapeutika testen. Detektieren wir mit den Nanosensoren eine geringe ATP-Konzentration in den Zellen, wissen wir, dass das neue Medikament die Tumorzellen in ihrem Wachstum hemmt oder gar abtötet«, so die Forscherin. »Die vielversprechendsten Medikamente können dann weiter untersucht werden.«

Die Nanopartikel der EMFT-Forscher genügen hohen Ansprüchen: Sie sind nicht giftig für Zellen, passieren problemlos die Zellmembran und lassen sich sogar gezielt dorthin transportieren, wo die Testsubstanz detektiert werden soll. Doch bevor das Verfahren angewendet werden kann, müssen die Zulassungsbehörden es anerkennen – ein langer Weg durch die Genehmigungsinstanzen steht den Experten vom EMFT bevor. Das hält die Forscher nicht davon ab, die Technologie inzwischen weiterzuentwickeln und flexibel einzusetzen: beispielsweise, um die Qualität und Genießbarkeit von verpacktem Fleisch zu ermitteln. Hierfür haben sie Nanosensoren entwickelt, die die Konzentration von Sauerstoff und toxischen Aminen bestimmen können.

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Mit High-Speed-CMOS-Sensoren sieht man besser

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom 02.01.2012

Herkömmliche CMOS-Bildsensoren sind für lichtschwache Anwendungen wie Fluoreszenz kaum brauchbar. Denn große, in einer Matrix angeordnete Pixel erlauben keine raschen Auslesegeschwindigkeiten. Ein neues optoelektronisches Bauteil beschleunigt diesen Prozess. Es ist bereits zum Patent angemeldet.

Längst haben CMOS-Bildsensoren in der Digitalfotografie den Markt erobert. In der Herstellung sind sie wesentlich günstiger als bisherige Sensoren. Auch in Sachen Stromverbrauch und Handhabung sind sie überlegen. Deshalb verbauen die großen Hersteller von Handy- und Digitalkameras fast ausschließlich nur noch CMOS-Chips in ihre Produkte. Das schont den Akku – und die Kameras werden immer kleiner. Doch die optischen Halbleiterchips stoßen mitunter an ihre Grenzen: Während die Miniaturisierung in der Unterhaltungselektronik zu immer kleineren Pixelgrößen von etwa 1 Mikrometer führt, sind bei bestimmten Anwendungen größere Pixel von mehr als 10 Mikrometer gefragt. Besonders in Bereichen, in denen nur wenig Licht zur Verfügung steht, wie in der Röntgenfotografie oder in der Astronomie, gleicht die größere Pixelfläche den Lichtmangel aus. Für die Umwandlung der Lichtsignale in elektrische Impulse sorgen Pinned-Photodioden (PPD). Diese optoelektrischen Bauelemente sind für die Bildverarbeitung wesentlich und werden in die CMOS-Chips eingebaut. »Doch wenn die Pixel eine bestimmte Größe überschreiten, haben die PPD ein Geschwindigkeitsproblem«, erklärt Werner Brockherde, Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS. Denn meistens erfordern lichtschwache Anwendungen hohe Bildraten. »Dafür ist die Auslesegeschwindigkeit mit PPD jedoch zu gering«, sagt Brockherde.

Für dieses Problem haben die Fraunhofer-Forscher jetzt eine Lösung gefunden – sie ist bisher einzigartig und bereits patentiert: Die Wissenschaftler haben ein neues optoelektronisches Bauelement entwickelt, LDPD genannt – »Lateral drift field Photodetector«. »Darin wandern die durch das einfallende Licht erzeugten Ladungsträger mit High-Speed zum Ausgang«, erklärt der Forscher. Bei der PPD diffundieren die Elektronen lediglich zum Ausleseknoten. Ein vergleichsweise langsamer Prozess, der für viele Anwendungen ausreicht. »Indem wir aber innerhalb des photoaktiven Bereichs ein elektrisches Spannungsfeld in das Bauelement integriert haben, konnten wir diesen Vorgang bis zum hundertfachen beschleunigen.«

Um das neue Bauelement realisieren zu können, erweiterten die Fraunhofer-Forscher den derzeit verfügbaren 0,35 µm-Standard-CMOS-Prozess zur Herstellung der Chips: »Das zusätzliche LDPD-Bauelement darf die Eigenschaften der restlichen Bauteile nicht beeinträchtigen«, sagt Brockherde. Mithilfe von Simulationsberechnungen gelang es den Experten, diesen Anforderungen zu genügen – ein Prototyp der neuen High-Speed-CMOS-Bildsensoren ist bereits verfügbar. »Die Freigabe für die Serienfertigung erwarten wir für nächstes Jahr«, so Brockherde.

Die High-Speed-CMOS-Sensoren sind ideale Kandidaten für Anwendungen, in denen großflächige Pixel und eine hohe Auslesegeschwindigkeit erforderlich sind: Nicht nur in der Astronomie, bei der Spektroskopie oder in der modernen Röntgenfotografie könnten sie zum Einsatz kommen. Sie eignen sich auch hervorragend als 3D-Sensoren, die nach dem Time-of-Flight-Verfahren arbeiten. Dabei senden Lichtquellen kurze Impulse aus, die von den Objekten reflektiert werden. Die Laufzeit des reflektierten Lichts wird dann von einem Sensor erfasst und ergibt ein ganzheitliches 3D-Bild. Diese Technologie ist etwa beim Thema Aufprallschutz von Interesse. Denn die Sensoren können das Umfeld dreidimensional exakt erfassen. Für die TriDiCam GmbH haben die Fraunhofer-Forscher bereits einen solchen Flächensensor mit der einzigartigen Pixelanordnung entwickelt.

Externer Link: www.fraunhofer.de