Vorkoster in der Wasserleitung

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Dezember 2010

Trinkwasser ist eines der am strengsten überwachten Lebensmittel. Dennoch ist auch das Versorgungsnetz nicht gegen Unfälle, Verschleiß oder gezielte Anschläge gefeit. Ein minutenschnelles Warnsystem für Gifte und andere gesundheitsschädliche Stoffe im Wasser könnte künftig sofort Alarm schlagen, wenn Gefahr droht.

Farblos soll es sein, kühl, geruchslos und geschmacklich einwandfrei. Es darf keine Krankheitserreger enthalten und die Gesundheit nicht schädigen. Trinkwasser wird deshalb in regelmäßigen Abständen einer Reihe von Screenings unterzogen. Ergänzend zu diesen Tests entsteht derzeit im Projekt »AquaBioTox« ein System für eine ständige Trinkwasserüberwachung in Echtzeit.

Derzeit beschränken sich die in der Trinkwasserverordnung vorgeschriebenen Untersuchungen auf Stichproben, die oft erst nach Stunden Ergebnisse liefern und stets auf bestimmte Substanzen zugeschnitten sind. Herzstück des AquaBioTox-Systems ist hingegen ein Bio-Sensor, der auf ein breites Spektrum potenziell gefährlicher Substanzen reagiert und bereits nach wenigen Minuten anspricht. Er arbeitet nach dem Vorkoster-Prinzip: Von der Hauptleitung wird etwas Trinkwasser in einer abzweigenden Fallstrecke durch den Sensor geleitet, der zwei verschiedene Bakterienstämme sowie Säugetierzellen enthält. Während die mikroskopisch kleinen Bakterien durch ihre große Oberfläche einen raschen Stoffaustausch gewährleisten und innerhalb von Minuten auf toxische Substanzen reagieren, sichern die Säugetierzellen durch ihre Verwandtschaft zum menschlichen Organismus das Ergebnis ab und erweitern gleichzeitig das Reaktionsspektrum. »Wir haben verschiedene Stoffklassen getestet, die im Wasser vorkommen könnten, dies aber nicht tun sollten, und bislang hat unser Sensor auf jede dieser Substanzen reagiert«, berichtet Dr. Iris Trick vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart, die den Bio-Sensor gemeinsam mit ihrer Kollegin Dr. Anke Burger-Kentischer entwickelt hat.

Die Mikroorganismen im Sensor wurden so verändert, dass sie ein rot fluoreszierendes Protein erzeugen. Kommen sie mit toxischen Stoffen in Berührung, verändert sich die Fluoreszenz. Ein am Karlsruher Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB entwickeltes, hochsensitives Kamerasystem mit Auswerteeinheit registriert selbst kleinste Veränderungen der Fluoreszenz und bewertet diese automatisch. »Die Überwachungseinheit lernt mittels maschineller Lernverfahren aus historischen Daten, welche Schwankungen der physikalischen, chemischen und biologischen Parameter normal sind. Zeigt sich ein auffälliges Muster in den Signalen, schlägt es Alarm«, erklärt Dr. Thomas Bernard, Gruppenleiter vom IOSB. Der Bio-Sensor reagiert auf kleinste Mengen gefährlicher Substanzen. »Unser Sensor kann sehr geringe Konzentrationen nachweisen«, sagt Trick. Klassische Gifte wie Cyanid oder Rizin, aber auch Pflanzenschutzmittel oder toxische Stoffwechselprodukte von Bakterien können in Konzentrationen von Nanogramm pro Liter tödlich sein.

Um den Bio-Sensor dauerhaft betreiben zu können, müssen optimale Lebensbedingungen für die Mikroorganismen sichergestellt werden. Die Forscher vom IOSB haben dafür ein System entwickelt, das automatisch wichtige Parameter wie Temperatur und Nährstoffzufuhr überwacht und regelt. Weiterer Bestandteil des Aqua-BioTox-Systems ist ein Daphnien-Toximeter des Kieler Projektpartners bbe Moldaenke – die Wasserflöhe reagieren besonders sensibel auf Nervengifte. Das Monitoringsystem wird derzeit in einer stillgelegten Leitungsstrecke auf dem Gelände der Berliner Wasserbetriebe getestet – einem weiteren Projektpartner. Ziel ist es, das System so klein und kostengünstig zu machen, dass sich ein miteinander kommunizierendes Netzwerk aus Sensoreinheiten an sensiblen Stellen über das Trinkwassernetz verteilt installieren lässt.

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Zellfunktionen mit Lichtsensoren steuern

Pressemitteilung der Universität Regensburg vom 18.11.2010

Regensburger Forschern gelingt Durchbruch beim Verständnis der Funktionsweise lichtregulierbarer Schalter in Pflanzen – Veröffentlichung in „Nature Communications“

Zellen sind Grundbausteine aller Organismen. Sie können durch äußere Reize – beispielsweise durch Licht – beeinflusst werden. Bei Pflanzen wird dabei die Reizvermittlung durch reizempfindliche Proteinverbünde übernommen, die gleichzeitig als Signalempfänger und Signalgeber fungieren. Diese Proteinverbünde bestehen aus einer lichtempfindlichen Komponente, dem Lichtsensor, und einem biologischen Katalysator, dem Enzym. Der Lichtsensor ermöglicht es dem Protein, Lichtreize zu erfassen und das Antwortverhalten der Zelle durch eine Veränderung seiner Struktur zu steuern. Das große Potenzial dieser molekularen Schalter zur Kontrolle von menschlichen Zellen wurde erst kürzlich durch die Verknüpfung des sogenannten AsLOV2-J-alpha-Lichtsensors vom Saat-Hafer Avena sativa mit dem GTPase-Enzym Rac1 gezeigt. Mit Hilfe dieses künstlichen Proteinverbunds konnte die Struktur und Beweglichkeit von Krebszellen gesteuert werden. Jedoch ist die Entwicklung solcher Proteinverbünde eine sehr große Herausforderung, die ein detailliertes Verständnis der Funktionsweise auf molekularer Ebene erfordert.

Einer Gruppe von Regensburger Wissenschaftlern um Prof. Dr. Bernhard Dick, PD Dr. Stephan A. Baeurle und Emanuel Peter vom Institut für Physikalische und Theoretische Chemie gelang in diesem Zusammenhang ein wichtiger Durchbruch. Sie konnten mit Hilfe von Computer-Simulationen die strukturelle Veränderung des lichtsensitiven Schalters vom Saat-Haafer Avena sativa (AsLOV2-J-alpha-Lichtsensor) bei der Signalübertragung auf molekularer Ebene aufklären. Auf der Grundlage dieser Forschungen können neue lichtregulierbare Enzyme künstlich entwickelt werden, die das Zellverhalten und den Zellstoffwechsel bei Pflanzen und Tieren steuern. Dies eröffnet interessante Anwendungsmöglichkeiten in der Medizin oder in der Biotechnologie, beispielsweise bei der Eindämmung des Zellwachstums von Tumorzellen oder auch bei der Behandlung von Stoffwechselerkrankungen.

Die Ergebnisse der Regensburger Wissenschaftler wurden vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht (DOI: 10.1038/ncomms1121). (Alexander Schlaak)

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Verband zeigt Infektionen an

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom November 2010

Wunden müssen regelmäßig kontrolliert werden. Nur so lassen sich Komplikationen beim Heilungsprozess frühzeitig erkennen. Ein neuartiges Material ermöglicht künftig die Wundkontrolle ohne Verbandswechsel: Im Fall einer Infektion ändert das Material seine Farbe.

Ob ein kleiner Schnitt mit dem Obstmesser, eine Operationswunde oder eine größere Verletzung durch einen Sturz: das körpereigene Abwehr- und Reparatursystem wird sofort aktiv und versucht, die Wunde so schnell wie möglich zu schließen. Kleine Verletzungen verheilen meist innerhalb weniger Tage. Klaffen Wundränder jedoch auseinander, dauert der Heilungsprozess länger – es kann noch Tage später zu einer Infektion kommen. Ein Verband schützt die angegriffene Haut zwar, zur Wundkontrolle muss er jedoch entfernt werden. Dies kann für den Patienten nicht nur schmerzhaft sein, es besteht zudem die Gefahr, dass Keime in die Wunde gelangen. Forscher der Fraunhofer-Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien EMFT in München haben jetzt Verbandmaterialien und Pflaster entwickelt, welche krankhafte Veränderungen der Haut anzeigen: Liegt eine Infektion vor, sieht man einen Farbwechsel von gelb nach violett.

Dr. Sabine Trupp, Wissenschaftlerin am EMFT, erklärt die chemische Reaktion: »Wir haben einen eigens entwickelten Indikatorfarbstoff, der auf unterschiedliche pHWerte reagiert, in einen Verband und in ein Pfl aster integriert. Gesunde Haut und abgeheilte Wunden weisen in der Regel einen pH-Wert von unter 5 auf. Steigt dieser Wert, so bewegt er sich vom sauren in den alkalischen Bereich. Dies deutet auf Komplikationen bei der Wundheilung hin. Bei einem pH-Wert zwischen 6,5 und 8,5 liegt häufi g eine Infektion vor, der Indikatorfarbstreifen färbt sich violett.« Das intelligente Verbandmaterial ermöglicht somit eine regelmäßige Wundkontrolle von außen, die den Heilungsverlauf nicht störend beeinträchtigt.

Die Herstellung des Farbkontrollstreifens hat die Forscher vor hohe Anforderungen gestellt, schließlich sollte er gleich mehrere Voraussetzungen erfüllen: »Der Farbstoff muss chemisch stabil an die Fasern des Verbandmaterials beziehungsweise des Pflasters gebunden sein. Nur so ist gewährleistet, dass er nicht in die Wunde gelangt. Zugleich muss der Indikator eine deutliche Farbänderung anzeigen und darüber hinaus im richtigen pH-Bereich sensitiv reagieren«, sagt Trupp. All dies ist den Experten gelungen. Ein Prototyp des Verbands liegt bereits vor, erste Tests sind erfolgreich verlaufen. Auch über eine Weiterentwicklung ihres Produkts denken die Forscher bereits nach. Künftig sollen in den Verband integrierte optische Sensormodule den pH-Wert messen und die Ergebnisse am Display eines Lesegeräts anzeigen. Mit dieser Methode ließe sich der Wert präzise ablesen, ein Rückschluss auf den Wundheilungsprozess wäre möglich.

Doch wie geht es weiter? Als nächstes steht die klinisch-dermatologische Anwendung in der Klinik und Poliklinik für Dermatologie der Universität Regensburg an. Dr. med. Philipp Babilas wird das Projekt von medizinischer Seite betreuen: »Unsere bisherigen Studien zum pH-Wert in akuten wie auch in chronischen Wunden haben gezeigt, dass er eine zentrale Rolle in der Wundheilung spielt.« Derzeit sind Dr. Trupp und ihr Team auf der Suche nach einem Industriepartner, um den Verband kommerziell produzieren zu können.

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Kalte Atome machen Mikrowellenfelder sichtbar

Medienmitteilung der Universität Basel vom 03.08.2010

Mikrowellen sind aus der modernen Kommunikationstechnologie nicht mehr wegzudenken. So enthalten beispielsweise Mobiltelefone und Laptops integrierte Mikrowellenschaltkreise für die drahtlose Kommunikation mit Netzwerken. Zur Entwicklung solcher Schaltkreise werden ausgefeilte Techniken zur Messung und Charakterisierung von Mikrowellenfeldern benötigt. Forschende der Universität Basel, der Ludwig-Maximilians-Universität München und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik haben nun eine neuartige Methode entwickelt, die es erlaubt, Mikrowellenmagnetfelder vollständig und mit hoher Ortsauflösung direkt abzubilden. Da die Möglichkeit einer kommerziellen Anwendung besteht, haben die Forscher die neue Methode zum Patent angemeldet. Über die Studie berichtet das Fachmagazin «Applied Physics Letters» in seiner aktuellen Titelgeschichte.

Die moderne drahtlose Kommunikation beruht auf der Übertragung von Informationen mit Radiofrequenzwellen und Mikrowellen. Integrierte Mikrowellenschaltkreise, die in Geräten wie Mobiltelefonen und WLAN-fähigen Laptops zu finden sind, dekodieren und verarbeiten dabei die Information. Zur Entwicklung solcher Schaltkreise werden Computersimulationen eingesetzt. Da moderne Schaltkreise eine sehr grosse Zahl von Komponenten enthalten, können Mikrowellenfelder indes nur annähernd simuliert werden. Letztendlich sind Messungen nötig, um Gewissheit über Funktion und eventuelle Störungen zu erhalten.

Um die Mikrowellenschaltkreise gezielt zu überprüfen und zu verbessern, möchte man idealerweise sämtliche Komponenten der Mikrowellenfelder direkt und mit möglichst hoher Ortsauflösung abbilden. Bei den bisher üblichen Verfahren wurde das zu vermessende Feld dazu Punkt für Punkt abgerastert, was einige Zeit in Anspruch nahm. Die meisten Verfahren konnten dabei lediglich die Amplituden, nicht aber die Phasen der Mikrowellenfelder messen. Weitere Probleme bestanden darin, dass das zu vermessende Feld durch die Verwendung von makroskopischen Sonden leicht gestört werden konnte und die Ortsauflösung relativ gering war.

Atome als Sensor für Mikrowellen

Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Prof. Dr. Philipp Treutlein (Universität Basel) und Prof. Dr. Theodor W. Hänsch (Max-Planck-Institut für Quantenoptik und Ludwig-Maximilians-Universität München) hat nun eine neue Methode zur Abbildung der Magnetfeldkomponenten von Mikrowellen entwickelt. Als Sonden für das Mikrowellenfeld verwenden sie kleine Wolken von ultrakalten Atomen, die sie zunächst mithilfe von Methoden der Laserkühlung auf Temperaturen von wenigen Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abkühlen. Bei diesen Temperaturen unterliegen die Atome den Gesetzen der Quantenphysik und reagieren sehr empfindlich auf angelegte äussere Felder, was sie zu idealen Sensoren macht. Mithilfe von statischen Magnetfeldern werden die Atome am gewünschten Ort über dem Mikrowellenschaltkreis positioniert und das zu vermessende Mikrowellenfeld wird angelegt.

«Die Atome ändern ihren inneren Zustand, wenn sie sich in einem Mikrowellenfeld befinden», erklärt Pascal Böhi, der die Methode im Rahmen seiner Doktorarbeit mit entwickelt hat. «Diese Zustandsänderung können wir mit einer CCD-Kamera mit hoher Ortsauflösung abbilden. Je schneller sich der Zustand an einem gegebenen Ort ändert, desto stärker ist das Mikrowellenfeld dort.»

Eine Besonderheit der neuen Methode ist, dass das Mikrowellenfeld nicht mehr Punkt für Punkt abgerastert werden muss, sondern dass sich in einer einzigen Messung bereits ein komplettes Bild einer Feldkomponente in einer Ebene aufnehmen lässt. Dies beschleunigt die Aufnahme der Daten erheblich. Ausserdem ermöglicht die Technik nicht nur eine Rekonstruktion der Amplituden, sondern auch eine der Phasen des Mikrowellenfeldes. Da die Atome mikroskopisch klein sind, stören sie zudem den zu vermessenden Mikrowellenschaltkreis im Gegensatz zu makroskopischen Messköpfen nicht. Die neue Methode kann bei unterschiedlichen Frequenzen im Gigahertz-Bereich verwendet werden.

Zum Patent angemeldet

«Um von der ersten Umsetzung im Labor hin zu kommerziellen Anwendungen zu kommen, ist natürlich noch weitere Entwicklungsarbeit nötig», so Projektleiter Philipp Treutlein. Allerdings wurde vor Kurzem bereits ein sehr kompakter und portabler Aufbau für Experimente mit ultrakalten Atomen realisiert, der für solche Anwendungen interessant sein könnte. Die Apparatur selbst arbeitete bei Raumtemperatur, lediglich die Atome in ihr werden mithilfe von Lasern abgekühlt, was nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt. Die wesentlichen Komponenten solcher Aufbauten sind mittlerweile kommerziell erhältlich. Wegen der potenziellen Anwendungen haben die Wissenschaftler ihre neue Methode zur Abbildung von Mikrowellenfeldern zum Patent angemeldet.

Originalbeitrag:
Pascal Böhi, Max F. Riedel, Theodor W. Hänsch, and Philipp Treutlein
Imaging of microwave fields using ultracold atoms
Applied Physics Letters 97, 051101, issue of 2 August 2010 | doi: 10.1063/1.3470591

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Roboter erhalten künstliche Haut

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Juli 2010

Roboter werden salonfähig: In Fabriken lange Zeit hinter Stahlzäune verbannt, erobern sie neue Einsatzfelder – etwa in der Produktion, im Haushalt oder im Pflegebereich. Für die notwendige Sicherheit sorgt ein taktiles Sensorsystem, das sich in den Fußboden integrieren oder als künstliche Haut direkt auf Robotern anbringen lässt.

Behutsam transportiert ein mobiler Roboter Proben durch ein Biolabor. Um ihn herum herrscht der übliche Laborbetrieb: Mitarbeiter diskutieren miteinander und führen ihre Versuche durch. Einer der Angestellten rempelt den Roboter versehentlich an, dieser stoppt seine Bewegung sofort. Möglich wird dies durch eine künstliche Haut auf der Oberfläche des Roboters. Diese aus leitfähigem Schaumstoff, Textilien und einer intelligenten Auswerteelektronik bestehende Sensorik erfasst, wo sie berührt wurde und unterscheidet zwischen sanften oder kräftigen Kontakten. Personen registriert sie sofort. In die Haut implementierte Sensorzellen, deren Form und Größe je nach Einsatzfall variieren kann, detektieren jede Berührung. Dabei gilt: Je höher die Anzahl der Sensorzellen, desto genauer kann der Kollisionspunkt bestimmt werden. Ein Sensorcontroller verarbeitet die Messwerte und leitet sie an den Roboter, wahlweise auch an einen Rechner, eine Maschine oder eine Produktionsanlage weiter.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg haben das Sensorverfahren 2008 für den Assistenzroboter LISA entworfen und zum Patent angemeldet. Aufgabe von LISA war es, in Biotechnik-Laboren Brutschränke und Messgeräte mit Probenschälchen zu bestücken und das Laborpersonal von solchen Tätigkeiten zu entlasten. Seitdem haben die Ingenieure das Sensorsystem für verschiedenste Einsatzfelder weiterentwickelt, etwa um Industrieroboter oder Fußbodenbeläge damit auszustatten. Berührungen mit Menschen oder Gegenständen sollen künftig zuverlässig erfasst werden. Eine Grundvoraussetzung, um Roboter auch im Umfeld des Menschen ohne Schutzzäune einsetzen zu können. »Unsere künstliche Haut lässt sich jetzt an beliebige, komplexe Geometrien anpassen – gekrümmte oder sehr große Flächen eingeschlossen. »Mit großflächigen Fußbodensensoren definieren wir Sicherheitszonen, die der Mensch nicht betreten darf«, sagt Markus Fritzsche, Wissenschaftler am IFF. »Diese Bereiche lassen sich dynamisch ändern«. Die taktile Haut funktioniere nun auch als Eingabemedium, etwa um Roboter zu führen. Dabei werde die Berührung in Bewegung umgesetzt. »Große Kraftaufwendung ist dafür nicht erforderlich. Berühre ich den Roboter, so versucht er, dem Druck auszuweichen. Selbst einen 200 Kilo schweren Roboter kann ich auf diese Weise in die gewünschte Richtung schieben«, beschreibt Fritzsche die Vorteile des Systems. Eine weitere Besonderheit der künstlichen Haut: Integrierte Dämpfungselemente schwächen etwaige Kollisionen zusätzlich ab, indem sie Stöße abfedern.

Mittlerweile liegt das taktile Sensorsystem in verschiedenen Varianten vor, das Hüllmaterial rangiert von atmungsaktiv bis wasserdicht. »Dadurch eröffnen sich ganz neue Einsatzfelder, etwa in der Medizintechnik oder der Produktion«, sagt Fritzsche. »Der drucksensitive Fußboden ist ideal zur Arbeitsraumüberwachung in der Produktion oder auch, um stürzende Patienten – etwa im Pflegeheim – unmittelbar zu registrieren. Mit der künstlichen Haut ausgestattete Roboter und bewegte Maschinen erkennen jeden Zusammenstoß und bremsen sofort. Zudem können wir Robotergreifern einen Tastsinn geben und so feststellen, ob sie tatsächlich etwas gegriffen haben«.

Viele Varianten der künstlichen Haut liegen derzeit als Prototyp vor. »In naher Zukunft wird uns die künstliche Haut auf verschiedenste Art im Alltag begegnen«, ist Fritzsche überzeugt.

Externer Link: www.fraunhofer.de