Der Computer als Öko-Postamt

Presseaussendung der TU Wien vom 29.11.2010

Ein Postamt daheim am PC, ganz ohne Warteschlange: Die Zukunft des Briefverkehrs soll schneller und umweltfreundlicher werden.

Wien (TU). – In vielen Bereichen haben Email und andere elektronische Kommunikationsmöglichkeiten den klassischen Briefverkehr abgelöst. Ganz ohne Papier wird es aber freilich auch in Zukunft nicht gehen. In einem gemeinsamen Projekt hat das Wiener Start-Up-Unternehmen Livepost mit der Technischen Universität (TU) Wien ein System entwickelt, das die Vorteile des Briefes mit dem Komfort einer Email verbindet. Ziel ist ein billiger, schneller und vor allem umweltfreundlicher Briefverkehr.

Vom Ausdruck am Computer bis zur Briefzustellung sind eine ganze Reihe von Arbeitsschritten notwendig: Falten, kuvertieren, adressieren, frankieren – all das braucht Zeit und Energie. Büromaterialien, vom Drucker-Toner bis zu den Kuverts, müssen aufbewahrt und verwaltet werden. Speziell bei Unternehmen, die große Mengen an Post versenden, wird das zum wichtigen Kostenfaktor. Viel einfacher ist es, wenn der Brief nicht zum Drucker, sondern über das Internet zu einem Versandspezialisten gesendet wird. Dort wird dann die gesamte restliche Arbeit erledigt – vom Druck bis zur Zustellung.

Briefversand mit TU-Know-How

Auch wenn dieses Grundkonzept ganz einfach klingt: Auf dem Weg dazu war eine ganze Reihe komplexer technischer Fragen zu klären. Die Automatisierungstechnik zu diesem Projekt wurde an der TU Wien, am Institut für Computertechnik (Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik) entwickelt. Die Daten müssen zuverlässig und sicher in eine PDF-Datei umgewandelt werden – und zwar von verschiedenen Systemen und Computerprogrammen aus. Außerdem sind Sicherheitsmaßnahmen nötig, um den Datenschutz sicherzustellen und die Briefe vor fremden Blicken zu schützen.

Effizient und umweltfreundlich

Besonders wichtig ist für Livepost und die TU Wien der Umweltaspekt des Projektes. Beim klimaneutralen Brief werden sämtliche bei Herstellung und Versand anfallenden Klimagase, wie CO2 und NOX, durch Investitionen in international anerkannte Klimaschutzprojekte kompensiert. Livepost ist dazu eine Partnerschaft mit dem renommierten schweizer Klimapartner myClimate eingegangen. Gedruckt wird ausschließlich mit hochwertigen Farben auf Harzbasis, die für Mensch und Umwelt völlig ungiftig und biologisch abbaubar sind. Auch das verwendete Papier auf Eukalyptus-Basis wurde nach Umwelt-Kriterien ausgewählt.

Langfristig soll ein Netz aus Briefdruck-Stationen aufgebaut werden. Damit könnte dann ein Brief möglichst nahe am Bestimmungsort ausgedruckt werden – die Transportwege verkürzen sich, die Zustellung wird schneller, billiger und umweltfreundlicher. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Schwungräder speichern Öko-Energie

Presseaussendung der TU Wien vom 11.10.2010

Auf der Suche nach Energiespeichermethoden verbindet man an der Technischen Universität (TU) Wien modernste Technologie mit bewährten Ideen: High-Tech-Schwungräder sollen Energie stundenlang konservieren.

Wien (TU) – Was nützt eine Solarzelle, wenn man den elektrischen Strom tagsüber erzeugt, aber erst in der Nacht benötigt? Was nützt ein Windkraftwerk, wenn die stärksten Böen nicht genutzt werden können? Energie stundenlang effizient speichern zu können ist ein wichtiges Forschungsziel, ganz besonders im Zusammenhang mit alternativen Energieformen wie Photovoltaik oder Windkraft. An der TU Wien versucht man nun dieses Problem mit elektronisch geregelten Schwungradspeichern zu lösen.

Mächtige Karbonfaserschwungmassen sollen in Zukunft Energie speichern. „Ein erster Prototyp wiegt 160 kg und erreicht eine Drehzahl von 500 Umdrehungen pro Sekunde“, erklärt Alexander Schulz, der gemeinsam mit Prof. Johann Wassermann Forschungsprojekte zu dieser Thematik am Institut für Mechanik und Mechatronik der TU Wien leitet. In einem einzelnen Rotor ist dabei eine Energie von mehreren Kilowattstunden gespeichert – genug, um einen ganzen Haushalt stundenlang zu versorgen, solange die Sonneneinstrahlung für Photovoltaik nicht stark genug ist.

Schwebende Schwungräder

Schwungräder werden bereits heute als Kurzzeit-Energiespeicher eingesetzt. Allerdings führen Reibungsverluste  dazu, dass schon nach Minuten ein beträchtlicher Teil der gespeicherten Energie für die Nutzung verloren geht. Der rotierende Karbonzylinder bewegt sich an der Außenseite mit bis zu 3400 km/h – also etwa viermal so schnell wie ein Jumbojet. Wenn er sich im Vakuum stundenlang ohne große Reibungsverluste drehen soll, muss ein berührungsloses Magnetlager verwendet werden. Die Entwicklung solcher Schwungräder wurde erst durch extrem starke Permanentmagnete aus einer Neodym-Eisen-Borverbindung interessant. „Der ganze Rotor schwebt mit etwa einem Millimeter Abstand zum Stator“, erklärt Prof. Wassermann. Allerdings genügt es nicht, den Rotor einfach magnetisch zu lagern. Das Lager muss sich selbstständig an den jeweiligen Betriebszustand des Rotors anpassen und kleine Abweichungen ständig korrigieren. „Schon allein die Wärmeausdehnung des Rotors verändert seinen Abstand zum Magnetlager und kann zu Problemen führen“, meint Harald Sima, einer der Wissenschaftler, der am Projekt arbeitet. Aus diesem Grund werden komplexe mechatronische Komponenten entwickelt, mit denen die Position des Rotors ständig genau erfasst und gegebenenfalls mit Elektromagneten rasch reguliert werden kann. Das System optimiert sich laufend selbst.

Intelligente Elektronik

Wenn das Schwungrad dazu dienen soll, Energie stundenlang ohne große Verluste zu speichern, darf auch die Steuerelektronik nicht viel Energie benötigen. Darin liegt eine der größten Herausforderungen für das Forschungsteam. „Jeder Steuerungseingriff mit den aktiven Magnetlagern erfordert Energie, doch der permanente Energiebedarf, der unter normalen Betriebsbedingungen auftritt, soll bei diesem System minimiert werden“, erklärt Alexander Schulz. Viele anspruchsvolle Forschungsfragen – von der Regelungselektronik bis zum Rotordesign – müssen dafür gelöst werden.

Umweltfreundlicher Lösungsansatz

Gewöhnliche Akkus weisen eine sehr eingeschränkte Lebensdauer auf und bestehen zum Teil aus ökologisch bedenklichen und zudem nur schwer verfügbaren Materialien. Hier soll das Schwungrad-System punkten: 25 Jahre soll die Lebensdauer des neuen Energiespeichers betragen, und selbstverständlich darf keine Gefahr vom hochtourigen Rotor ausgehen. Die komplette Lagerung inklusive Regelungselektronik ist redundant ausgelegt, sodass selbst ein Ausfall einzelner Komponenten nicht zu einem ernsten Problem führt. In diesem Fall kann der Rotor unbeschädigt zum Stillstand gebracht werden. Die Forschungsarbeit des Flywheel-Teams an der TU Wien mündete bereits in zwei Patentanmeldungen. Bis man einen Schwungrad-Energiespeicher für zuhause kaufen kann, wird wohl noch einige Zeit vergehen, doch Interesse von Kooperationspartnern aus der Industrie zeichnet sich bereits ab. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at

Saubere Luft durch Pflastersteine

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom August 2010

In deutschen Städten werden die zulässigen Grenzwerte für das gesundheitsschädliche Stickoxid regelmäßig überschritten. Einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz sollen jetzt neuartige Pflastersteine leisten. Sie sind mit Nanopartikeln aus Titandioxid beschichtet und können Stickoxidkonzentrationen in der Luft reduzieren.

Um die Luftqualität in Deutschland ist es nicht zum besten bestellt. Das belegen die Daten des Umweltbundesamts für das Jahr 2009: An 55 Prozent der Luftmessstationen in Städten wurden die zulässigen Grenzwerte von gesundheitsschädlichem Stickoxid überschritten. Eine der Hauptemissionsquellen ist laut Umweltbundesamt der Autoverkehr. Neue Wege im Kampf gegen die Luftverschmutzung geht jetzt die Barockstadt Fulda. Rund um die Petersberger Straße, wo der Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (μg/m3) 2009 überschritten wurde, sollen luftreinigende Pflastersteine verlegt werden. Deren Oberflächen sind mit Titandioxid (TiO2) beschichtet, das Schadstoffe wie Stickoxide in Nitrate umwandelt. Das Titandioxid als Photokatalysator nutzt für diesen chemischen Prozess das Sonnenlicht. Das heißt, es verändert die Geschwindigkeit der Reaktion unter Lichteinfluss. Entwickelt wurde das Stickoxid reduzierende Pflaster namens AirClean von der Firma F.C. Nüdling Betonelemente. Den Beleg über die Wirksamkeit der Steine lieferte das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME in Schmallenberg. Die IME-Forscher haben auch das Umweltrisiko des entstehenden Produkts Nitrat ermittelt. Gefördert wurde das Projekt durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.

»Dass photokatalytische Pflastersteine die Luftqualität verbessern können, haben bereits Untersuchungen in italienischen Städten ergeben. Wir wollten prüfen, inwieweit diese Effekte auch in Deutschland – bei geringerer Lichtintensität und Sonnenscheindauer – gemessen werden können. Denn je intensiver die Sonneneinstrahlung ist, desto schneller erfolgt der Abbau der Schadstoffe. Ziel war es also, eine Rezeptur mit der höchsten photokatalytischen Effizienz zu finden«, erläutert Dr. Monika Herrchen, Wissenschaftlerin am IME.

Zunächst fertigte der Betonhersteller Mustersteine, wobei Oberfläche, Farbe, Zementsorte und TiO2-Gehalt variiert wurden. Da die Abbauraten von Stickoxid mit handelsüblichem photokatalytisch aktivem, also auf Sonneneinstrahlung reagierenden Zement nicht ausreichend waren, musste die Firma F.C. Nüdling eine eigene, wirksamere Rezeptur entwickeln. »In verschiedenen Tests konnten wir die Wirksamkeit der optimierten Steine belegen«, bestätigt Herrchen. Im Langzeitfeldversuch wiesen die Forscherin und ihr Team in eigens angelegten Straßenschluchten Stickoxid- Abbauraten von 20 bis 30 Prozent nach. Die Messungen erfolgten in einer Höhe von drei Metern über dem photokatalytischen Pflaster bei wechselnden Wind- und Helligkeitsverhältnissen. Bei Windstille stellten die Experten sogar Abbauraten für Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2) von jeweils bis zu 70 Prozent fest.

Bei Messungen am bereits mit dem Pflasterstein AirClean belegten Gothaer Platz in Erfurt wurde in drei Metern Höhe eine durchschnittliche Abbaurate von 20 Prozent bezüglich NO2 und 38 Prozent bezüglich NO erreicht.

»Die Pflastersteine sind auch langzeitstabil. Im Zeitraum von 14 bis 23 Monaten nach dem Verlegen des Bodens konnten wir keine Veränderung der anfänglichen Abbaukapazität feststellen«, sagt die Wissenschaftlerin. Auch ein Umweltrisiko durch Nitrat, das beim photokatalytischen Abbau von Stickoxiden entsteht, bestehe nicht. Es gelangt in die Kanalisation, von dort führt der Weg in die Kläranlage und zu guter Letzt landet es auf dem Acker und im Grundwasser. Doch die maximal mögliche Nitratkonzentration, die sich auf photokatalytische Reaktionen zurückführen lässt, liegt bei fünf Milligramm pro Liter (mg/l). Zum Vergleich: Der Nitrat-Grenzwert für Grundwasser beträgt 50 mg/l. »Alles in allem kann man sagen, dass AirClean die Luftqualität signifikant und schnell verbessert und so zum Umweltschutz beiträgt«, resümiert die Forscherin.

Externer Link: www.fraunhofer.de

TUM präsentiert Fahrzeugkonzept für die urbane Elektromobilität

Pressemitteilung der TU München vom 13.07.2010

Erstes Projekt des Wissenschaftszentrums Elektromobilität:

Eine wesentliche Säule unserer derzeitigen individuellen Mobilität ist günstig verfügbares Öl. Doch schon in naher Zukunft steht es nicht mehr in ausreichendem Maße und zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung. Dann ist der Elektroantrieb Schlüssel zu einer nachhaltigen individuellen Mobilität. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben daher ein Fahrzeugkonzept entwickelt, das alle Aspekte der Elektromobilität in einem umfassenden Ansatz neu denkt und optimiert. Ergebnis ist ein konkurrenzfähiges Fahrzeug, das schon in naher Zukunft große Teile der urbanen Mobilität abdecken könnte.

Wenn Erdölprodukte in naher Zukunft knapper und erheblich teurer werden, dann ist die Elektromobilität der Schlüssel dazu, die individuelle Mobilität weiterhin gewährleisten zu können. Aufgrund nicht zufriedenstellend lösbarer technischer Herausforderungen und mangelnder Kundennachfrage erreichte allerdings keines der bisher entwickelten Konzepte einen nennenswerten Marktanteil. Hauptsächlich durch Fortschritte in der Batterietechnologie sind seit ein paar Jahren Fahrzeuge wie beispielsweise der Tesla Roadster verfügbar, die eindrucksvoll zeigen, dass Elektromobilität und zeitgemäße Fahrleistungen prinzipiell miteinander vereinbar sind. Das Problem der Verfügbarkeit von Elektromobilität für breite Bevölkerungsschichten wird durch solche Fahrzeuge allerdings nicht gelöst.

20 Lehrstühle des Wissenschaftszentrums Elektromobilität der Technischen Universität München haben sich nun zusammengeschlossen, um an einem Pilotprojekt zu zeigen, dass in naher Zukunft bezahlbare Elektromobilität auch für die Massenanwendung funktioniert. Das Projekt trägt den Namen MUTE (engl.: gedämpft, leise). Zum ersten Mal werden hier in einem umfassenden Forschungsansatz technische Herausforderungen mit sozioökonomischen Rahmenbedingungen verknüpft. Das daraus resultierende kostengünstige und innovative Fahrzeugkonzept für den Einsatz im städtischen Großraum und dessen Umland soll 2011 als erster fahrbarer Prototyp auf der IAA in Frankfurt vorgestellt werden.

Eine große Herausforderung an die Elektromobilität stellt derzeit die im Vergleich zu Benzin wesentlich geringere Energiedichte elektrischer Energiespeicher. Gleichzeitig ist der Akkumulator der größte Kostenfaktor. Eine deutliche Reduzierung der Kosten bei gleichbleibender Reichweite des Fahrzeugs ist vor allem über die Minimierung des Gesamtfahrzeuggewichts zu erreichen. Auch ein geringer Rollwiderstand und eine gute Aerodynamik tragen ihren Teil dazu bei. Hierdurch können Größe und Leistung der für ein Elektrofahrzeug kostenintensiven Komponenten, wie beispielsweise Akku, Antriebsmaschine und Leistungselektronik, niedrig gehalten werden. Das MUTE-Team entwickelt daher ein Elektrokleinfahrzeug der Klasse L7E (max. Leergewicht 400kg, max. Antriebsleistung 15kW).

Als Energiespeicher nutzt MUTE einen Lithium-Ionen-Akkumulator mit einem neu entwickelten Batteriemanagement und innovativem Sicherheits- und Kühlsystem. Die Reichweite wird durch die Integration eines elektrischen Range-Extenders erhöht. Eine mögliche Variante ist die Verwendung einer Zink-Luft-Batterie. Ein ganzheitliches Energiemanagement ermöglicht eine effiziente Verteilung der Energie im Fahrzeug sowie ein optimales Nachladen der Batterie.

Ein innovativer differentialbasierter Antrieb mit Torque-Vectoring-Einheit erhöht die Fahrsicherheit und verbessert die Energierückgewinnung beim Bremsen. Das Betriebsverhalten des Elektromotors ist speziell auf die Anforderungen an ein Stadtfahrzeug der Klasse L7E (Gewicht, Betriebspunkte) ausgelegt ist. Trotz seiner sparsamen 15 kW beschert diese Kombination dem leichten Fahrzeug eine sportliche Beschleunigung und eine Höchstgeschwindigkeit von immerhin 120 km/h. Betrieben mit Strom aus dem heutigen deutschen Stromnetz, entspricht sein Kohlendioxid-Ausstoß 42g/km. Im Rahmen des Projekts werden aber auch Szenarien entwickelt, wie das Fahrzeug zu 100 Prozent mit regenerativ erzeugtem Strom betrieben werden kann.

Auch bei der Sicherheit kann MUTE mit seinen in der Regel sehr viel schwereren Konkurrenten mithalten. Ein integrales Sicherheitskonzept, das unter anderem leichte und kostengünstig produzierbare CFK-Crashsysteme und Airbags einsetzt, schafft ein hohes Sicherheitsniveau. Eine Mobilfunkanbindung des Fahrzeugs an einen zentralen Server ermöglicht es, IT-basierte Mehrwertdienste anzubieten. Für die Elektromobilität sind dies Services wie etwa Sicherheitsfunktionen durch Verkehrslagedaten verschiedener Fahrzeuge, eine energieoptimale Routenführung, eine adaptive Reichweitenprognose oder eine flexible Anpassung der Ladestrategie. Aufgrund der Client-Server-Infrastruktur sind diese Mehrwertdienste für den Kunden personalisiert einsetzbar und nachträglich in das Fahrzeug integrierbar.

Heutige Automobile sind in der Regel für verschiedenste Einsatzfälle ausgelegt, von der langsamen Kurzstrecke bis hin zur schnellen Langstreckenfahrt. Im urbanen Bereich, der durch Kurzstreckeneinsatz mit ein bis zwei zu transportierenden Personen und wenig Gepäck geprägt ist, wäre der Elektroantrieb schon in absehbarer Zeit konkurrenzfähig einsetzbar; im Kurzstreckenlieferverkehr rechnet er sich schon heute. Ausgehend von Marktforschungsanalysen realisiert das MUTE-Projekt für die urbane Mobilität sozioökonomisch vorteilhafte Angebote. Dabei sind Konzepte für den Einsatz von Elektrofahrzeugen für den individuellen Transfer zwischen zwei Orten (Car-on-Demand) oder Konzepte mit einer Kopplung des öffentlichen Nahverkehrs und des Individualverkehrs mit Elektrofahrzeugen angedacht.

In den kommenden zwölf Monaten soll das MUTE-Fahrzeugkonzept den Stand eines serienfähigen Prototyps erreichen, der anschließend von Industriepartnern zu einem marktfähigen Angebot weiterentwickelt werden kann. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Innovationen werden von den beteiligten Industriepartnern zu marktfähigen Lösungen weiterentwickelt. Mit der Realisierung des Fahrzeugs- und des Mobilitätskonzepts MUTE schaffen die Wissenschaftler neue Ansätze für weitere Forschungsthemen an der TU München auf dem Gebiet der Elektromobilität, die mit dem Fahrzeug als Demonstrator untersucht werden können.

Externer Link: www.tu-muenchen.de

Wissenschaftler entschlüsseln Genom von Weißfäulepilz

Presseinformation der Universität Göttingen vom 12.07.2010

Forschungsergebnisse könnten Folgen für die Produktion erneuerbarer Energien haben

(pug) Wissenschaftler einer internationalen Forschergemeinschaft unter Beteiligung der Universität Göttingen haben erstmals das Genom des Spaltblättlings entschlüsselt. Der Spaltblättling oder das Gemeine Spaltblatt (Schizophyllum commune) ist ein weltweit verbreiteter Weißfäulepilz, der zur Klasse der so genannten Hutpilze gehört. Er wächst meist auf totem Holz wie den abgebrochenen Ästen und zerfallenden Stämmen vieler verschiedener Baumarten und baut das Holz ab, befällt manchmal aber auch lebende Bäume. Das Joint Genome Institute des US-amerikanischen Energieministeriums hatte die DNA-Sequenz des Pilzgenoms erstellt und den Wissenschaftlern zur weiteren Untersuchung überlassen. Die Forscher fanden heraus, dass sich der Spaltblättling in der Anzahl und Art seiner Enzyme wesentlich von anderen Hutpilzen unterscheidet. Die Ergebnisse der Studie wurden am Sonntag, 11. Juli 2010, in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Biotechnology“ im Internet veröffentlicht.

Weißfäulepilze bauen die energiereiche Lignozellulose im Holz ihrer Wirtspflanzen mithilfe von Enzymen ab. Der Pilz greift zuerst das störende Lignin an und zerlegt dann zur Nahrungsbeschaffung die Zellulose in kleinere Zuckereinheiten. Der Spaltblättling scheint für diese Aufgabe besonders gut ausgestattet zu sein – er verfügt über mehr als 360 Gene zur potenziellen Bildung wichtiger Enzyme unterschiedlicher Klassen für den Abbau der Zellulose und anderer energiereicher Kohlehydrate (wie Hemizellulose und Pektin) in den verholzten Zellwänden. Andere holzabbauende Hutpilze besitzen im Vergleich dazu weniger als die Hälfte solcher Enzyme. Die hohe Anzahl von Enzymen ermöglicht vermutlich eine optimale Anpassung des Spaltblättlings an viele verschiedene Hölzer und deren spezifische chemische Eigenheiten.

Die Entschlüsselung dieses Systems im Spaltblättling könnte weitreichende Folgen für die Produktion erneuerbarer Energien haben: Aus Zellulose gewonnene Zuckereinheiten können in biotechnologischen Verfahren als Rohstoff zur Herstellung von Bioethanol dienen. Erste Verfahren zur enzymatischen Produktion von Zuckereinheiten (und nachfolgend Bioethanol) sind für Lignozellulose aus leicht abbaubarem Stroh entwickelt worden. Bislang gibt es aber keine biotechnologischen Systeme, um das sehr energiereiche, aber gegen Abbau sehr viel resistentere Holz effizient und in guten Ausbeuten in Zuckereinheiten zu zerlegen. Enzyme von Pilzen wie dem Spaltblättling, die durch Evolution speziell an den Abbau von Holz angepasst wurden, könnten da Abhilfe schaffen. Wissenschaftler in der Göttinger Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ursula Kües und weltweit arbeiten deshalb aktiv an der Entwicklung enzymatischer Verfahren, um künftig den Kraftstoff Bioethanol kostengünstig und umweltfreundlich in großen Mengen aus dem nachwachsenden Rohstoff Lignozellulose herzustellen.

Originalveröffentlichung:
Ohm et al.: Formation of mushrooms and lignocellulose degradation encoded in the genome sequence of Schizophyllum commune. Nature Biotechnology. DOI: 10.1038/nbt.1643.

Externer Link: www.uni-goettingen.de