Molekulare Monogamie für den Klimaschutz

Presseinformation der LMU München vom 22.01.2010

Enzym Rubisco soll Treibhausgas CO2 unschädlich machen

Kohlendioxid (CO2) gehört zu den wichtigsten Treibhausgasen und trägt wesentlich zum Klimawandel bei. Weltweit wird deshalb nach Wegen gesucht, den CO2-Ausstoß zu vermindern oder aber das Gas aus der Atmosphäre zu entfernen. Schützenhilfe könnte hier das Enzym Rubisco leisten, das mengenmäßig häufigste Protein der Erde. Rubisco ermöglicht die Photosynthese der Pflanzen und bestimmter Bakterien – und kann als einziges Enzym atmosphärisches CO2 für die Synthese anderer Verbindungen nutzen. Ein Forscherteam um Professor Roland Beckmann vom Genzentrum der LMU sowie Professor Ulrich Hartl und Dr. Manajit Hayer-Hartl vom Max-Planck-Institut für Biochemie konnte das aus 16 Untereinheiten bestehende Enzym nun erstmals im Labor nachbauen. Dabei wurde an der LMU die Strukturaufklärung des Assembly-Intermediats geleistet, wärhend die gesamte Biochemie, also der Zusammenbau und die biochemische Analyse, am MPI erfolgten. Nun soll das künstliche Rubisco so verändert werden, dass es CO2 sehr viel effizienter als sein natürliches Vorbild nutzen kann. (Nature online, 14. Januar 2009)

Kohlendioxid entsteht unter anderem, wenn fossile Brennstoffe verfeuert werden und trägt dann in der Atmosphäre zur globalen Erwärmung bei. Weltweit wird deshalb angestrengt nach Verfahren gesucht, die den CO2-Ausstoß vermindern. Denkbar ist etwa, das Kohlendioxid aus den Verbrennungsgasen abzuscheiden und zu deponieren – auch wenn noch unklar ist, wie dies langfristig und sicher möglich ist. „Alternativ könnte das Gas in der Atmosphäre gebunden und damit unschädlich gemacht werden“, sagt Beckmann. „Schützenhilfe könnte hier Rubisco leisten, das wichtigste Enzym der Photosynthese und vermutlich das mengenmäßig häufigste Protein der Erde.“

Von der Photosynthese hängen alle Organismen und das Leben selbst ab. Dabei gewinnen Pflanzen, Algen und manche Bakterien aus Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid den Energieträger Zucker sowie Sauerstoff. Ermöglicht wird dies durch das Enzym Rubisco, das in allen photosynthetisch aktiven Pflanzen und Bakterien atmosphärisches CO2 für den Aufbau von Zuckerverbindungen nutzt. Dabei wird Sauerstoff freigesetzt, mit dem Rubisco in einer fehlgeleiteten Reaktion ebenfalls eine Verbindung eingehen kann: Rubisco ist eines der wichtigsten Enzyme überhaupt, arbeitet aber denkbar ineffizient.

„Bislang konnte Rubisco nicht im Labor hergestellt werden, weil es so groß und komplex ist“, berichtet Beckmann. „Immerhin besteht das Enzym aus 16 Untereinheiten. Wir haben nun auf sogenannte Chaperone gesetzt, das sind Moleküle, die im Körper den korrekten Zusammenbau von Proteinen überwachen.“ Tatsächlich gelang mit Hilfe dieser molekularen Helfer der Durchbruch. Die Forscher konnten Rubisco in seiner komplexen dreidimensionalen Struktur synthetisieren. Sie erhielten ein funktionsfähiges System, dessen Arbeitsweise nun aber optimiert werden soll. „Ein verbessertes Rubisco würde bevorzugt mit Kohlendioxid, nicht aber mit Sauerstoff reagieren“, so Beckmann. „Damit könnte man das Wachstum von Pflanzen steigern und möglicherweise einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“ (suwe)

Publikation:
„Coupled chaperone action in folding and assembly of hexadecameric Rubisco“,
C. Liu, A. L. Young, A. Starling-Windhof, A. Bracher, S. Saschenbrecker, B. Vasudeva Rao, K. Vasudeva Rao, O. Berninghausen, T. Mielke, F. U. Hartl, R. Beckmann and M. Hayer-Hartl,
DOI: 10.1038/nature08651
Nature online, 14. Januar 2010

Externer Link: www.uni-muenchen.de

Wärme aus der Erde hilft dem Klima

Pressemitteilung der TU Dresden vom 13.12.2009

Ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und damit zur Zukunft unseres Planeten ist, die Weiterentwicklung der regenerativen Energieerzeugung. Geothermie – Energie aus dem Erdinneren – gewinnt dabei zunehmend an Bedeutung. Wissenschaftler der TU Dresden arbeiten an einem neuen Bohr-Verfahren, das Geothermie einfacher und günstiger machen kann. Das Elektroimpulsverfahren (EIV) kann die Bohrkosten in einem Geothermie-Projekt um bis zu 30 Prozent senken und gleichzeitig die Bohrgeschwindigkeit erhöhen.

In der Erdkruste ist ein nahezu unerschöpflicher Vorrat an Wärmeenergie gespeichert, aus der Strom gewonnen werden kann. Um diese Wärme zu erschließen, sind tiefe Bohrungen nötig, die bislang sehr teuer sind. Erst ab einer Tiefe von mehr als 3000 Metern ist das Gestein mit 130 Grad Celsius so warm, dass mit dieser Wärme ein Kraftwerk wirtschaftlich betrieben werden kann. Mindestens zwei tiefe Bohrlöcher sind die Voraussetzung für ein Erdwärme-Kraftwerk. Eine Bohrung dient dabei als Injektionsbohrung, die andere als Förderbohrung für das Wärmeträgermittel. Das Gestein gibt seine Wärme an diese Trägerflüssigkeit ab und arbeitet wie ein Wärmetauscher. Oberirdisch wird die geförderte Wärme einem Dampfkreislauf zugeführt, mit dem eine Turbine betrieben werden kann.

Diese Technologie bietet die Möglichkeit, unabhängig von Wind und Sonne Grundlastkraftwerke für die CO2-freie Stromproduktion zu bauen. Doch die hohen Bohrkosten haben schon so manches Geothermie-Projekt scheitern lassen. Zwischen acht und 13 Millionen Euro kostet eine einzige Bohrung bis in eine Tiefe von 5000 Metern. Denn herkömmliche Bohrwerkzeuge sind für Sedimentgesteine von Öl- und Gaslagerstätten geeignet. Bei Gesteinen wie Granit bohren sie nur sehr langsam (1 – 2 m/h) und verschleißen schnell. Nach zwei bis drei Tagen im Dauerbetrieb muss der Bohrkopf getauscht werden. Dabei ist der gesamte Bohrstrang aus- und wieder einzubauen; in dieser Zeit steht die Anlage.

Und hier setzen die Dresdner Forscher um  Erik Anders an. Sie haben eine neue Bohrtechnik entwickelt: Wegsprengen statt Wegraspeln lautet das Motto, und zwar durch Elektroimpulse. Das Elektroimpulsverfahren (EIV) nutzt die zerstörende Wirkung energiereicher, elektrischer Entladungen, die im Inneren des zu lösenden Materials erzeugt werden. 300 000 Volt entladen sich in dem neuen Werkzeug innerhalb von einer zehnmillionstel Sekunde. Dadurch steigen Druck und Temperatur schlagartig an, das Gestein zerplatzt gleichsam. Die Elektroden, zwischen denen der Durchschlag erzeugt wird, liegen dabei nur lose auf dem Gestein auf.

Im Rahmen eines durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten Projektes haben die Forscher ein Maschinenkonzept für das EIV entwickelt, aus dem jetzt ein Prototyp entstehen soll. (Karsten Eckold)

Externer Link: www.tu-dresden.de

Lastwagen als Saubermänner

Pressemitteilung der TU München vom 01.12.2009

Ingenieure der TU München entwickeln schadstoffarme Dieselmotoren

Seit September gilt für alle neuen Automodelle die Abgasnorm Euro 5. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) haben einen Motor entwickelt, der schon jetzt die strengere Euro 6-Norm fast erfüllt: Ein Forscherteam um Prof. Georg Wachtmeister vom Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen konnte die Schadstoffmengen im Abgas auf kaum noch messbare Werte reduzieren. Außerdem haben die Ingenieure der TUM eine Sonde entwickelt, mit der sie während der Verbrennung Proben aus der Brennkammer entnehmen können. So wollen die Wissenschaftler verstehen, wie genau Ruß entsteht und neue Methoden zur Abgasreinigung entwickeln.

In einer Halle des TUM-Lehrstuhls für Verbrennungsmotoren (LVK) riecht es kaum nach Abgasen, obwohl der zwei Tonnen schwere LVK-Forschungsmotor auf Hochtouren läuft. Der Motor ist Kernstück des Forschungsprojekts NEMo oder „Niedrigst-Emissions-LKW-Dieselmotor“. Ziel der Wissenschaftler ist es, ihren Motor so zu konstruieren und einzustellen, dass er die Euro-6-Grenzwerte einhält, und das sogar ohne Katalysator.

Die Euro-6-Norm, die spätestens 2014 in Kraft treten soll, hat es in sich. Denn die Richtlinie schreibt Emissionswerte vor, die kaum noch messbar sind. Ein Dieselmotor zum Beispiel darf nur noch fünf Milligramm Rußpartikel und 80 Milligramm Stickoxide pro Kilometer ausstoßen – das ist nur noch ein Fünftel des Rußes und ein Viertel der Stickoxide, die die bis August gültigen Euro-4-Norm erlaubte und nochmals weniger als die Hälfte der Stickoxide, die die Euro 5-Norm toleriert.

Doch das Verringern der Abgaswerte ist schwierig, denn Stickoxide und Rußpartikel können nicht unabhängig voneinander reduziert werden.

Stickoxide entstehen dadurch, dass der Dieselkraftstoff im Brennraum des Motors an der Luft verbrannt wird. Luft ist ein Gemisch aus 21 Prozent Sauerstoff und 78 Prozent Stickstoff. Der Sauerstoff verbrennt den Dieselkraftstoff zu Kohlendioxid und Wasser. Diese Reaktion geschieht sehr schnell, und so entstehen im Brennraum hohe Temperaturen, bei denen der Sauerstoff beginnt, auch mit dem Stickstoff der Luft zu reagieren: Es bilden sich Stickoxide.

Moderne Dieselmotoren leiten daher einen Teil des Abgases, der zudem noch gekühlt wird, zusammen mit der Luft wieder in den Brennraum zurück. In dem Gemisch sorgen das Kohlendioxid und das Wasser des Abgases dafür, dass die Verbrennung langsamer abläuft und die Temperatur nicht so stark ansteigt. Die Folge: Es entstehen weniger Stickoxide – doch gleichzeitig mehr Ruß, weil in dem Abgas-Luftgemisch der Anteil an Sauerstoff geringer ist.

Hier setzte der erste Trick der TUM-Forscher an: Sie konstruierten den LVK-Forschungsmotor so, dass er das Luft-Abgasgemisch mit hohem Druck in den Brennraum presst. Der Turbolader des Motors komprimiert das Gemisch bis auf das Zehnfache des Atmosphärendrucks (gemessen in bar) – die Motoren von Serienfahrzeuge halten weniger als die Hälfte aus. Das auf diese Weise verdichtete Luft-Abgas-Gemisch enthält jetzt wieder genügend Sauerstoff, um den Dieselkraftstoff zu verbrennen.

Der zweite Trick der TUM-Ingenieure setzt an der Düse an, mit der der Dieselkraftstoff in die Brennkammer gespritzt wird: Sie zerstäubt den Kraftstoff in winzig kleine Tröpfchen, dass diese vollständig verbrennen können. Bei größeren Kraftstofftröpfchen, wie sie in herkömmlichen Düsen entstehen, verbrennt zuerst die äußerste Hülle an Kraftstoffmolekülen, wie bei einer Zwiebel, bei der die erste Schicht abgeschält wird. Die dabei entstehenden Abgase umhüllen den Kraftstofftropfen und schirmen ihn vom Sauerstoff ab. Mit jeder weiteren „Zwiebelhaut“ aus Kraftstoffmolekülen, die in Flammen aufgeht, wird die Abgashülle immer dichter. Schließlich kann der Sauerstoff kaum noch mit dem Kraftstoff reagieren. Die Folge: Ruß entsteht.

Die Einspritzdüse des NEMo-Motors dagegen zerstäubt den Dieselkraftstoff mit einem Druck von mehr als 3.000 bar – normal sind höchstens 1800 bar – und erzeugt so einen Kraftstoffnebel, der sehr gut und praktisch rußfrei verbrennt – aber wiederum die Temperatur nach oben schnellen lässt. Eine verzwickte Sache, und das feine Ausbalancieren der drei Einstellungen von Abgasrückführung, Ladedruck und Einspritzdüse war äußerst knifflig.

Doch die Ingenieure am Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen der TUM sind auch mit dem Euro-6-Motor noch nicht zufrieden. Sie möchten herausfinden, wie denn genau Ruß entsteht in den Sekundenbruchteilen, in denen die Kraftstofftröpfchen verglühen. Einfach eine Sonde mitten in den Brennraum einzubauen, hätte den Verbrennungsvorgang gestört. Die Forscher konstruierten daher ein kleines Röhrchen, das blitzschnell in die Mitte des Brennraums geschossen wird. Gerade einmal eine Millisekunde benötigt das Gasentnahmeventil, um eine Probe zu aufzunehmen, dann verlässt sie den Brennraum wieder. Während nur einer Zündung können so dreizehn Proben gewonnen werden – beste Voraussetzungen, um das Wachstum von Rußpartikeln zu untersuchen und noch schadstoffärmere Motoren zu entwickeln.

Externer Link: www.tu-muenchen.de

Enzym aus Algen bildet den Kraftstoff von morgen

Presseinformation der Ruhr-Universität Bochum vom 19.11.2009

Warum Sauerstoff tödlich ist für die biologische Wasserstofffabrik
Entdeckung ebnet den Weg für optimierte Hydrogenasen

Von einer mikroskopisch kleinen Grünalge wollen sich Forschereine Scheibe abschneiden“: Hocheffizient und ohne Treibhausgasemission kann eines ihrer Enzyme molekularen Wasserstoff produzieren – den umweltfreundlichen Kraftstoff der Zukunft. Einen Haken hat die Sache aber: Das Ganze funktioniert nur unter Ausschluss von Sauerstoff. Kommt Luft ins Spiel, geht die Wasserstofffabrik sofort und endgültig zugrunde, was die großtechnische Nutzung des Enzyms erschwert. Warum Sauerstoff so zerstörerisch wirkt, haben Bochumer Biologen um Prof. Dr. Thomas Happe gemeinsam mit Kollegen aus Oxford und Berlin auf molekularer Ebene untersucht. Ergebnis: Sauerstoffatome docken am selben Bindungsort an wie das eigentliche Substrat, der Wasserstoff. Durch Elektronenübertragung entstehen aggressive Sauerstoffformen, die Teile des Enzymkerns attackieren. Ziel der Forscher ist es jetzt, das Enzym gegen Sauerstoff unempfindlich zu machen. Sie berichten in den Proceedings of the National Academy of Science (PNAS) und im Journal of the American Chemical Society (JACS).

Wasserstoff: zukunftsträchtiger Energieträger

Molekularer Wasserstoff (H2) gilt als idealer Energieträger der Zukunft. In Kombination mit effizienten Brennstoffzellen liefert seine Verbrennung umweltfreundlich erzeugte Elektrizität. Es wird dabei keinerlei Treibhausgas frei, sondern nur reines Wasser. Wasserstoff wird allerdings bisher in großen Mengen nur aus fossilen Energieträgern wie Erdöl hergestellt. In der Natur gibt es aber Vorbilder für eine einfache, saubere und sehr effektive Produktion von Wasserstoff. Bestimmte Proteine, so genannte Hydrogenasen, wirken als Katalysatoren und können aus Elektronen und Protonen molekularen Wasserstoff herstellen. Ein Protein kann bis zu 9.000 Moleküle Wasserstoff pro Sekunde produzieren.

Grünalgen produzieren Wasserstoff bei Energieüberschuss

Diese Hydrogenasen kommen auch in Grünalgen vor, die mittels Energie aus Sonnenlicht Wasser zu Sauerstoff, Protonen (H+) und Elektronen (e-) spalten können. Dank der Hydrogenase haben die Grünalgen u. a. die Möglichkeit, überschüssige Energie in Form von Elektronen auf Protonen zu übertragen, wobei Wasserstoff entsteht. In der Arbeitsgruppe Photobiotechnologie am Lehrstuhl Biochemie der Pflanzen erforscht Prof. Dr. Thomas Happe die Zusammenhänge von Photosynthese und Wasserstoffproduktion am Beispiel der einzelligen Grünalge Chlamydomonas reinhardtii. Diese photosynthetisch aktiven Algen geben unter Schwefelmangelbedingungen große Mengen Wasserstoff an ihre Umgebung ab. Seit dieser Entdeckung im Jahr 2000 gilt die photobiologische Wasserstoffproduktion als viel versprechende Möglichkeit zur Herstellung von umweltfreundlichem Wasserstoff.

Der katalytisch aktive Kern

Die AG Photobiotechnologie arbeitet an der biochemischen und biophysikalischen Charakterisierung der für die Wasserstoffproduktion verantwortlichen Enzyme. Die Hydrogenasen verfügen über einen besonderen Eisen-Schwefel-Kern (der so genannte H-Kluster), an dem die Bildung von Wasserstoffgas mit extrem hoher Geschwindigkeit katalysiert wird. Der H-Kluster besteht aus einem Kern aus vier Eisen- und vier Schwefelatomen (4Fe-4S-Kern), der über eine Schwefelverbindung an ein weiteres Kluster mit zwei Eisen- und zwei Schwefelatomen (2Fe-2S-Kluster) gebunden ist. Dieses Subkluster besitzt ungewöhnliche Kohlenstoffmonoxid- und Cyanid-Liganden und ist der Bindungsort für den Wasserstoff.

Inaktivierung der Hydrogenase durch Sauerstoff

„Da es für die Nutzung der Hydrogenasen als biologische Katalysatoren zur Produktion von Wasserstoff gilt, ihre extreme Sauerstoffempfindlichkeit zu überwinden, fragen wir uns: Warum werden alle Hydrogenasen so schnell und irreversibel durch Luftsauerstoff inaktiviert?“, erklärt Prof. Happe. In enger Zusammenarbeit mit Kollegen aus Oxford und Berlin gelang es ihm und seinem Doktoranden Sven Stripp nun, den Mechanismus der Inaktivierung der Enzyme auf atomarer Ebene aufzuklären. Mit Hilfe modernster biophysikalischer Methoden wie Proteinfilm-Elektrochemie und Röntgenabsorptionsspektroskopie fanden die Forscher heraus, dass das Sauerstoff-Molekül genau wie das eigentliche Substrat, der Wasserstoff, an das 2Fe-2S-Kluster gebunden wird. Allerdings geht die zerstörerische Wirkung des Sauerstoff-Moleküls offenbar nicht direkt von seiner Bindung an dieses Kluster aus. Vielmehr konnten die Forscher zeigen, dass das weiter entfernte 4Fe-4S-Cluster kurz nach der Bindung des O2-Moleküls nicht mehr nachweisbar ist, also zerstört wird. Die Wissenschaftler postulieren, dass durch eine Übertragung von Elektronen auf den gebundenen Sauerstoff, aggressive „reaktive“ Sauerstoffvarianten (reactive oxygen species) entstehen, die dann in einer zweiten Reaktion Teile des 4Fe-4S-Kluster attackieren, dem bis dato keine Relevanz für die Sauerstoffsensitivität der Hydrogenasen zugeschrieben wurde.

Hochdurchsatz-Roboter-Technologie hilft bei der Suche

Diese Entdeckung ebnet den Weg für eine gezielte Modifikation der Hydrogenase, die sie gegenüber Luftsauerstoff unempfindlicher machen soll. „Wir arbeiten an einem viel versprechenden Ansatz, der die Prinzipien der ‚gerichteten Evolution‘ und des ‚Rationalen Protein Designs‘ kombiniert“, so Prof. Happe. Die hierbei erzeugten Enzymvarianten werden mit einem einfachen Screening-Verfahren auf erhöhte Sauerstoff-Toleranz getestet. Auf das Arbeitsprogramm zugeschnitten wird weltweit erstmals unter Sauerstoffabschluss ein Roboter System installiert, das sowohl ein effizientes Screening der Enzymbibliotheken ermöglicht, als auch eine automatisierte Anzucht und Analyse von Kristallen sauerstoffsensibler Proteine gewährleistet, welche für die Strukturaufklärung der neuen Enzyme notwendig sind.

Titelaufnahmen:

Sven T. Stripp, Gabrielle Goldet, Caterina Brandmayr, Oliver Sanganas, Kylie A. Vincent, Michael Haumann, Fraser A. Armstrong and Thomas Happe: How oxygen attacks [FeFe] hydrogenases from photosynthetic organisms. In: PNAS 2009 106:17331-17336; published online before print September 28, 2009, doi:10.1073/pnas.0905343106

Gabrielle Goldet, Caterina Brandmayr, Sven T. Stripp, Thomas Happe, Christine Cavazza, Juan C. Fontecilla-Camps and Fraser A. Armstrong: Electrochemical Kinetic Investigations of the Reactions of [FeFe]-Hydrogenases with Carbon Monoxide and Oxygen: Comparing the Importance of Gas Tunnels and Active-Site Electronic/Redox Effects. In: J. Am. Chem. Soc., 2009, 131 (41), pp 14979-14989 DOI: 10.1021/ja905388j

Externer Link: www.ruhr-uni-bochum.de

Dem ultrafeinen Staub auf der Spur

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Oktober 2009

Grenzwerte für Feinstaubemissionen richten sich nach dem Gesamtgewicht der Partikel. Aber besonders die leichten ultrafeinen Partikel sind gesundheitsschädlich. Ein neues Verfahren trennt sie nach Größe und bestimmt ihre Zusammensetzung – direkt am Ort der Entstehung.

Die Debatte um Feinstaubemissionen erhitzt seit Jahren die Gemüter. Vor allem Anwohner von Industrieanlagen fragen sich häufig: Wie schädlich ist das, was dort aus dem Schornstein aufsteigt? Anlass zur größten Sorge ist jedoch nicht immer das, was man sieht. Vielmehr bergen besonders die kleinen Feinstaubpartikel ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, da sie leicht in den menschlichen Organismus eindringen. Die ultrafeinen Partikel sind jedoch nur schwer messbar, da sie lediglich einen Durchmesser von weniger als 100 Nanometern haben.

Forscher am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen haben ein Verfahren etabliert, mit dem sie die Zusammensetzung solcher Partikel genau analysieren können. »Bisher richten sich die gesetzlichen Grenzwerte für Feinstaubemissionen nach dem Gesamtgewicht der Partikel«, sagt Dr. Cord Fricke-Begemann, Projektleiter am ILT. »Doch große Partikel sind viel schwerer als kleine. Mit Gewichtsmessungen kann man keinerlei Aussage darüber treffen, welche Menge an ultrafeinen Partikeln sich im Feinstaub befinden. Dabei sind diese oft gesundheitsschädlicher als die großen.«

Das Messverfahren der Forscher besteht aus zwei Schritten: Zunächst trennen sie die Partikel mit Hilfe eines Gasstroms nach Größenklassen und sammeln sie auf Filtern. Anschließend untersuchen sie deren Zusammensetzung mit der Laser-Emissionsspektroskopie. »So können wir bestimmen, welche schädlichen Schwer- und Übergangsmetalle sich im Feinstaub befinden, etwa Zink, und in welcher Partikelgröße sie sich besonders anreichern«, sagt Fricke-Begemann. Die Besonderheit der Methode: Sie liefert die Ergebnisse in weniger als 20 Minuten. Zudem erlaubt sie einen hohen Durchsatz und eine direkte Messung vor Ort – etwa in Stahlwerken. Dort lassen sich die Emissionswerte während der Produktion mit einer Weiterentwicklung des Verfahrens sogar »online«, also in Echtzeit, messen und überwachen. Dazu werden die Partikel ständig über ein Luftrohr eingesogen und analysiert.

Jede Industrieanlage produziert Feinstaubemissionen. Dabei hinterlässt jedes Verfahren einen charakteristischen »Fingerabdruck«, der etwas über die Zusammensetzung und Größenverteilung der Partikel verrät. Dank ihrer Messmethode können die Wissenschaftler die Luft in angrenzenden Wohnbereichen überprüfen und feststellen, woher die Partikel kommen. Und sie können helfen, Strategien zur Emissionsreduzierung für die untersuchten Anlagen zu erstellen.

Externer Link: www.fraunhofer.de