Molekulare Monogamie für den Klimaschutz

Presseinformation der LMU München vom 22.01.2010

Enzym Rubisco soll Treibhausgas CO2 unschädlich machen

Kohlendioxid (CO2) gehört zu den wichtigsten Treibhausgasen und trägt wesentlich zum Klimawandel bei. Weltweit wird deshalb nach Wegen gesucht, den CO2-Ausstoß zu vermindern oder aber das Gas aus der Atmosphäre zu entfernen. Schützenhilfe könnte hier das Enzym Rubisco leisten, das mengenmäßig häufigste Protein der Erde. Rubisco ermöglicht die Photosynthese der Pflanzen und bestimmter Bakterien – und kann als einziges Enzym atmosphärisches CO2 für die Synthese anderer Verbindungen nutzen. Ein Forscherteam um Professor Roland Beckmann vom Genzentrum der LMU sowie Professor Ulrich Hartl und Dr. Manajit Hayer-Hartl vom Max-Planck-Institut für Biochemie konnte das aus 16 Untereinheiten bestehende Enzym nun erstmals im Labor nachbauen. Dabei wurde an der LMU die Strukturaufklärung des Assembly-Intermediats geleistet, wärhend die gesamte Biochemie, also der Zusammenbau und die biochemische Analyse, am MPI erfolgten. Nun soll das künstliche Rubisco so verändert werden, dass es CO2 sehr viel effizienter als sein natürliches Vorbild nutzen kann. (Nature online, 14. Januar 2009)

Kohlendioxid entsteht unter anderem, wenn fossile Brennstoffe verfeuert werden und trägt dann in der Atmosphäre zur globalen Erwärmung bei. Weltweit wird deshalb angestrengt nach Verfahren gesucht, die den CO2-Ausstoß vermindern. Denkbar ist etwa, das Kohlendioxid aus den Verbrennungsgasen abzuscheiden und zu deponieren – auch wenn noch unklar ist, wie dies langfristig und sicher möglich ist. „Alternativ könnte das Gas in der Atmosphäre gebunden und damit unschädlich gemacht werden“, sagt Beckmann. „Schützenhilfe könnte hier Rubisco leisten, das wichtigste Enzym der Photosynthese und vermutlich das mengenmäßig häufigste Protein der Erde.“

Von der Photosynthese hängen alle Organismen und das Leben selbst ab. Dabei gewinnen Pflanzen, Algen und manche Bakterien aus Sonnenlicht, Wasser und Kohlendioxid den Energieträger Zucker sowie Sauerstoff. Ermöglicht wird dies durch das Enzym Rubisco, das in allen photosynthetisch aktiven Pflanzen und Bakterien atmosphärisches CO2 für den Aufbau von Zuckerverbindungen nutzt. Dabei wird Sauerstoff freigesetzt, mit dem Rubisco in einer fehlgeleiteten Reaktion ebenfalls eine Verbindung eingehen kann: Rubisco ist eines der wichtigsten Enzyme überhaupt, arbeitet aber denkbar ineffizient.

„Bislang konnte Rubisco nicht im Labor hergestellt werden, weil es so groß und komplex ist“, berichtet Beckmann. „Immerhin besteht das Enzym aus 16 Untereinheiten. Wir haben nun auf sogenannte Chaperone gesetzt, das sind Moleküle, die im Körper den korrekten Zusammenbau von Proteinen überwachen.“ Tatsächlich gelang mit Hilfe dieser molekularen Helfer der Durchbruch. Die Forscher konnten Rubisco in seiner komplexen dreidimensionalen Struktur synthetisieren. Sie erhielten ein funktionsfähiges System, dessen Arbeitsweise nun aber optimiert werden soll. „Ein verbessertes Rubisco würde bevorzugt mit Kohlendioxid, nicht aber mit Sauerstoff reagieren“, so Beckmann. „Damit könnte man das Wachstum von Pflanzen steigern und möglicherweise einen Beitrag zum Klimaschutz leisten.“ (suwe)

Publikation:
„Coupled chaperone action in folding and assembly of hexadecameric Rubisco“,
C. Liu, A. L. Young, A. Starling-Windhof, A. Bracher, S. Saschenbrecker, B. Vasudeva Rao, K. Vasudeva Rao, O. Berninghausen, T. Mielke, F. U. Hartl, R. Beckmann and M. Hayer-Hartl,
DOI: 10.1038/nature08651
Nature online, 14. Januar 2010

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