Windenergie überwindet Stimmungstief

Pressemitteilung der Universität Freiburg vom 02.03.2009

Neue Studienergebnisse des Instituts für Forst- und Umweltpolitik an der Universität Freiburg

In der jüngsten Befragung des Instituts für Forst- und Umweltpolitik unter Bewohnerinnen und Bewohnern von Freiburg zeigt sich, dass sowohl die Zahl der Befürworter der Stromproduktion durch Windkraft generell als auch die der Befürworter der Windenergieanlagen auf dem Schauinsland und dem Rosskopf gegenüber dem bisherigen Tiefstand von 2005 deutlich gestiegen ist. In der aktuellen Umfrage befürworten fast 95 Prozent der Befragten die Stromproduktion durch Windkraft, nur gut drei Prozent lehnen sie ab. Noch im Jahr 2005 wurde die Windkraftnutzung von zehn Prozent der befragten Bürger generell abgelehnt. Nach dem Stimmungstief der letzten Jahre ähnelt das positive Stimmungsbild in der Bevölkerung wieder der Akzeptanz vor dem Bau der Anlagen im Jahr 2003.

Darüber hinaus hat die Windkraftnutzung in der Region gegenüber den Vorjahren wieder an Zustimmung gewonnen. So werden die Windkraftanlagen im Schwarzwald von 80 Prozent der befragten Freiburger für sinnvoll erachtet (2003: 70 Prozent; 2004: 64 Prozent; 2006: 68 Prozent). Die sechs Freiburger Windanlagen konnten ebenso gegenüber dem Tiefstand, der vor vier Jahren erreicht war, wieder an Zustimmung gewinnen. Derzeit halten 75 Prozent der Befragten die örtlichen Anlagen für sinnvoll (2003: 65 Prozent; 2004: 61 Prozent; 2005: 57 Prozent; 2006: 68 Prozent).

Die Gründe für eine Ablehnung der Anlagen wurden im Vergleich der Jahre vielfältiger. 2003 wurden vor allem der Landschaftsschutz und der Fremdenverkehr als Gründe genannt. 2005 hat vor allem der Streit um die Auswirkungen von Windrädern auf Fledermäuse den Anlagen Sympathiewerte gekostet. In den letzten Jahren häufig genannte Nachteile der Windräder in Freiburg, primär deren negativer Einfluss auf das Landschaftsbild, werden allerdings auch in diesem Jahr angeführt. So geben jetzt 35 Prozent der Befragten an, die Windräder auf dem Rosskopf und dem Schauinslandberg hätten einen negativen Einfluss auf die Schwarzwaldlandschaft.

Auf einige Besonderheiten der Ergebnisse im überregionalen Vergleich weist der Leiter der Studie, Dr. Ulrich Schraml, hin: Anlagen vor Ort werden regelmäßig kritischer betrachtet als jene in anderen Regionen. Allerdings widerspricht das Freiburger Ergebnis Beobachtungen an anderen Windkraftstandorten, die ebenfalls sozialwissenschaftlich begleitet werden. Dort wurde wiederholt festgestellt, dass sich die Anwohner schneller an die Anlagen gewöhnen. Viele Autoren gehen davon aus, dass nach einer Zeit der heftigen Ablehnung von Windkraftvorhaben in der Bau- und Planungsphase später Ruhe einkehrt und die Zahl der Kritiker zurückgeht. Im Freiburger Windkraftkonflikt konnte davon zunächst keine Rede sein. Die fortdauernde Debatte um die Baugenehmigung und den Fledermausschutz hat nicht nur den Bekanntheitsgrad der Anlagen gefördert, sondern deren Bewertung maßgeblich beeinflusst. Stabil erweist sich vor allem die Altersabhängigkeit der Bewertung von Windkraftanlagen. Es sind – wie in den Vorjahren auch – insbesondere die älteren Bürgerinnen und Bürger sowie alteingesessene Freiburger, die die Windkraft generell und vor Ort kritisieren.

Die Meinungsumfrage unter den Einwohnern der Stadt zum Thema Windkraft wurde bereits zum fünften Mal seit dem Jahr 2003, in dem mit dem Bau der Windräder auf der Freiburger Gemarkung begonnen wurde, erfasst. Dieses Mal wurden 412 Bürgerinnen und Bürger interviewt.

Externer Link: www.uni-freiburg.de

Neuer Zement schont Klima und Ressourcen

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 19.02.2009

Partner unterzeichnen Gründungsvertrag für die Celitement GmbH – Pilotanlage entsteht am KIT

Hydraulische Bindemittel wie Zement bilden die stoffliche Grundlage für die gesamte Bau- und Baustoffindustrie und damit einen der weltweit wichtigsten Wirtschaftszweige überhaupt. Wissenschaftlern am KIT ist es nun gelungen, eine neue Familie von hochleistungsfähigen hydraulischen Mineralverbindungen („Zementen“) zu entwickeln. Diese werden in einem neuartigen Verfahren bei Temperaturen unter 500 Grad Celsius hergestellt. Um das im Labormaßstab erprobte Verfahren zu einem industriell nutzbaren Produktionsprozess weiter zu entwickeln, wurde heute die Celitement GmbH gegründet. Im Erfolgsfall könnten sich die Emissionen von Treibhausgasen und der Energieverbrauch bei der Herstellung von zementähnlichen Bindemitteln signifikant verringern lassen.

Zemente und andere mineralische Bindemittel finden sich nicht nur in Massenbaustoffen wie Beton, sondern auch in zahlreichen Spezialanwendungen wie Putzen und Mörteln, Spachtelmassen und Fliesenklebern, Betonwaren oder keramikähnlichen Werkstoffen. Vier Wissenschaftler vom Institut für Technische Chemie (ITC) des KIT haben nun eine neue Gruppe mineralischer Bindemittel entwickelt, die aufgrund ihrer hervorragenden Eigenschaften das Potenzial haben, den Bindemitteleinsatz in bestehenden Anwendungsfeldern zu verbessern und neue Anwendungsfelder für mineralische Bindemittel zu erschließen. „Möglich wurde dies erst durch den Einsatz der umfangreichen Analytik, die im KIT auf dem Gelände des Forschungszentrums zur Verfügung steht, beispielsweise der Synchrotronstrahlungsquelle ANKA. Dadurch konnten wir viele bisher nicht bekannte Details der Zementchemie entschlüsseln“, so Dr. Peter Stemmermann vom ITC, der mit seinen drei Kollegen die Grundidee für den umweltfreundlichen Zement und das neue Verfahren entwickelt hat.

Mittlerweile sind die Zusammensetzung des neuen Zements und die Prozessschritte durch Stoff- und Verfahrenspatente abgesichert und als Marke unter der Bezeichnung „Celitement“ geschützt. „Mit ‚Celitement‘ besteht die Aussicht, klassische Zemente zunächst in besonders anspruchsvollen Anwendungsgebieten und Spezialbaustoffen durch ein qualitativ hochwertiges, nachhaltiges Produkt zu ersetzen“, so Dr. Peter Fritz, Vorstand für Energie- und Umweltforschung des Forschungszentrums Karlsruhe und gleichzeitig verantwortlich für Innovation im KIT.

Das Forschungszentrum Karlsruhe hat heute mit den vier Erfindern und einem namhaften Partner aus der Zementindustrie, der SCHWENK-Gruppe, den Gründungsvertrag für die Celitement GmbH unterzeichnet. „Die Gründung einer gemeinsamen Firma mit unternehmerisch denkenden Mitarbeitern, einem renommierten Industrieunternehmen und einer Forschungseinrichtung setzt neue Maßstäbe beim Technologietransfer“, so Dr. Hanns-Guenther Mayer von der Stabsabteilung Innovation des KIT, die die Entwicklung des Produkts bis zur Marktreife unterstützt. „Ziel der Gesellschaft ist zunächst die Entwicklung bis zur Marktreife und die Vermarktung von Schutzrechten zu ‚Celitement‘.“

Um die technische Umsetzbarkeit der Herstellung und die Anwendung des neuen Baustoffs praktisch zu erproben, wird die Celitement GmbH auf dem Gelände des KIT am Campus Nord (Forschungszentrum Karlsruhe) zunächst eine Pilotanlage errichten. Die Anlage soll bis zu 100 Kilogramm des neuen Bindemittels pro Tag liefern können und dazu dienen, alle Schlüsseltechnologien des neuen Verfahrens bis zur Praxisreife zu entwickeln und zu testen. Sobald die stofflichen und technischen Grundlagen für eine großtechnische Herstellung sichergestellt sind, plant der Industriepartner eine Referenzanlage an einem seiner Produktionsstandorte.

„Im Unterschied zu vielen unrealistischen, sowie ökologisch und ökonomisch mehr als fragwürdigen Ideen, die in letzter Zeit mit dem Argument des Klimaschutzes im Bereich zementähnliche Bindemittel in die Öffentlichkeit getragen wurden, sehen wir hier eine realistische Chance, in überschaubaren Zeiträumen eine wirklich auch ökologisch sinnvolle Alternative zumindest zu einem Teil der klassischen mineralischen Bindemitteln am Markt anbieten zu können“ so Dr. Hendrik Möller, bei Schwenk Zement zuständig für den Bereich Produkttechnik.

Der Weg bis zur großindustriellen Umsetzung ist aber noch lang und wird sicher einige Jahre intensiver Entwicklungsarbeit und zahlreiche Praxisversuche mit dem neuen Baustoff erfordern. Dies gilt auch schon für den Einsatz bisheriger Zemente. Die praktische Einführung eines neuen Bindemittels dauert, unabhängig von seinem wirtschaftlichen oder technischen Potenzial, erfahrungsgemäß einige Jahre, da das Versagen von Bauwerken oder Baustoffen für Leib und Leben der Betroffenen, die Umwelt und die beteiligten Unternehmen unter Umständen weit reichende Konsequenzen haben kann. Daher hat der Gesetzgeber schon immer ein besonderes Augenmerk auf alle am Bau beteiligten Bereiche geworfen und ein sehr enges Netz von Gesetzen, Ausführungsbestimmungen und Regelwerken geschaffen, die beachtet werden müssen. Zunächst ist daher eher von einem Einsatz in Spezialanwendungen und gänzlich neuen Anwendungsfeldern auszugehen. „Die Entwicklung wird zeigen, ob der neue Zement langfristig auch im Massenmarkt mit herkömmlichem Zement konkurrieren kann“, so Dr. Matthias Achternbosch, Projektleiter am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des KIT, das den Weg des neuen energiesparenden und umweltfreundlichen Zementes von der Innovation bis zur Marktreife begleiten wird.

„Die Entscheidung für den Industriepartner SCHWENK erfolgte nach mehreren Sondierungsgesprächen mit unterschiedlichen Unternehmen“, so Dr. Alexander Kurz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Forschungszentrums Karlsruhe und verantwortlicher Vorstand für Personal und Recht im KIT, „wobei es uns gelungen ist, die teils verschiedenen Interessen im Wege konstruktiver Verhandlungen ausgewogen zu regeln.“ Die SCHWENK-Gruppe zeichnet sich insbesondere durch eine intensive Forschung und Entwicklung im Bereich Zement, durch ein vertikal integriertes Produktportfolio von Zement über Transportbeton, Putz- und Mörtelsysteme, Betonfertigteile bis hin zu Spezialbaustoffen und durch einen sehr hohen Vernetzungsgrad mit relevanten Verbänden und Gremien aus. Mit vier großen integrierten Zementwerksstandorten in Deutschland und zahlreichen anderen Industrieaktivitäten, ist die in Baden-Württemberg ansässige SCHWENK-ZEMENT KG zudem ein regional bedeutsamer Industriepartner. „Für SCHWENK als Familienunternehmen ist dieses Vorhaben Herausforderung und Chance zugleich, Entschlusskraft und Umsetzungsstärke zu zeigen“, so Gerhard Hirth, Geschäftsführer der Unternehmensgruppe SCHWENK.

Externer Link: www.kit.edu

Strom aus Stroh

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Februar 2009

Forscher haben erstmals eine Biogasanlage entwickelt, die statt mit Lebensmittel-Rohstoffen nur mit Reststoffen betrieben wird – Reststoffe werden so zu Wertstoffen. Die Anlage erzeugt 30 Prozent mehr Biogas als bisherige. Eine Brennstoffzelle verstromt das Gas effizient.

»Mais gehört auf den Teller, nicht in Biogasanlagen«, solche Einwände werden immer öfter laut. Sie richten sich gegen die Vergärung von Lebensmitteln in Biogasanlagen, mit denen Strom und Wärme erzeugt werden. Gegner befürchten unter anderem, dass diese Energieerzeugung die Lebensmittelpreise nach oben treibt. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden haben mit mehreren kleinen und mittelständischen Unternehmen erstmals eine Biogasanlage entwickelt, die gänzlich ohne lebensmitteltaugliche Rohstoffe auskommt. »In unserer Pilotanlage verwenden wir ausschließlich Reststoffe aus der Landwirtschaft, etwa Maisstroh, also die Maispflanze ohne Kolben. Wir erzeugen damit 30 Prozent mehr Biogas als in herkömmlichen Anlagen«, sagt Dr. Michael Stelter, Abteilungsleiter am IKTS. Bisher können Biogasanlagen nur einen gewissen Anteil an Reststoffen verarbeiten, da sich diese meist schlechter in Biogas umwandeln lassen als etwa reines Getreide oder Mais.

Ein weiterer Vorteil: Die Verweilzeit der sauer eingelagerten Reststoffe, der Silage, in der Anlage kann um 50 bis 70 Prozent reduziert werden. Üblicherweise gärt die Biomasse 80 Tage im Fermenter, wobei Biogas entsteht. Durch eine geeignete Vorbehandlung dauert dies in der neuen Anlage nur noch etwa 30 Tage. »Maisstroh enthält Zellulose, die nicht direkt vergoren werden kann. In unserer Anlage spalten Enzyme die Zellulose auf, bevor die Silage gärt«, erklärt Stelter.

Auch die Verstromung des Biogases haben die Forscher optimiert. Sie lenken das Gas in eine Hochtemperaturbrennstoffzelle, die einen elektrischen Wirkungsgrad von 40 bis 55 Prozent hat. Zum Vergleich: Der Gasmotor, den man hier üblicherweise einsetzt, erreicht nur einen Wirkungsgrad von durchschnittlich 38 Prozent. Die Brennstoffzelle arbeitet bei 850 Grad Celsius, die Wärme eignet sich zum Heizen oder lässt sich ins Nahwärmenetz einspeisen. Rechnet man den elektrischen und thermischen Wirkungsgrad zusammen, hat die Brennstoffzelle einen Gesamtwirkungsgrad von bis zu 85 Prozent. Der Gesamtwirkungsgrad des Verbrennungsmotors liegt meist bei etwa 38 Prozent, denn seine Wärme lässt sich nur schwer nutzen. Eine Pilotanlage mit 1,5 Kilowatt elektrischer Leistung, ausreichend für den Bedarf eines Einfamilienhauses, haben die Forscher bereits realisiert. Auf der Hannover-Messe vom 20. bis 24. April stellen die Forscher das Konzept der Anlage vor (Halle 13, Stand E20). In den folgenden Projektphasen wollen die Wissenschaftler die Biogasanlage mit den Industriepartnern schrittweise auf zwei Megawatt hochskalieren.

Externer Link: www.fraunhofer.de