Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Juni 2009
Zahntechniker können Ersatzzähne bislang nur mit einem Gebissabdruck herstellen. Die Silikonvorlage für dieses Gipsmodell fertigt der Zahnarzt an – für den Patienten ein unangenehmes Prozedere. Künftig liefert ein 3D-Digitalisierer die Konturen der Zähne – ohne Gipsmodell.
Wenn der Zahn schmerzt, ist der Gang zum Zahnarzt unvermeidlich. Für den Patienten beginnt oft ein zeitaufwendiger Behandlungsmarathon. Ist der Zahn nicht mehr zu retten und Zahnersatz nötig, muss der Arzt zunächst einen Silikonabdruck für das Dentallabor anfertigen. Während der Patient mit einer provisorischen Reparatur nach Hause geschickt wird, modellieren Labortechniker einen Gipsabdruck und scannen das Modell anschließend mit Hilfe von Digitalkameras. Aus den geometrischen Messdaten stellt eine Fertigungsanlage den passenden Zahnersatz her.
Der umständliche Weg über den Zahnabdruck, die Gipsform und das Modellscanning im Labor könnte bald der Vergangenheit angehören: »Die dreidimensionalen Koordinaten der Zahnoberfläche lassen sich messtechnisch auch direkt im Mund des Patienten ermitteln«, sagt der Leiter der Gruppe 3-D-Messtechnik am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena, Dr. Peter Kühmstedt.
Im Auftrag des Griesheimer Dentalunternehmens Hint-Els entwickelte ein Expertenteam des Fraunhofer-Instituts ein optisches Digitalisierungssystem, das den Mundraum scannt und über eine Kameraoptik dreidimensionale Daten der Zähne aufnimmt. Aus mehreren Daten-sätzen entsteht ein Gesamtbild des einzelnen Zahns. Nach einer Rund-umvermessung lässt sich sogar der komplette Kieferbogen als virtuelles Computerbild darstellen. Die Messbedingungen im engen Mundraum sind ungünstig. Um exakte Ergebnisse zu erhalten, nutzen die Wissenschaftler Streifenprojektionen, bei denen ein Projektor Lichtstreifen auf den zu vermessenden Zahnbereich wirft. Aus den phasenverschobenen Bildern ermittelt die Auswertesoftware schließlich die geometrischen Konturdaten des Zahnes. Dabei liefern zwei Kameraoptiken dem Sensorchip Bildinformationen aus unterschiedlichen Mess-perspektiven. Nach dem pixelgenauen Vergleich verschiedener Kamerabilder erkennt das Auswertungsprogramm Bildfehler und rechnet diese aus dem Gesamtbild heraus.
Schwierig wird es, wenn sich der Patient während der Aufnahme im Mundraum bewegt. Die Wissenschaftler setzen deshalb auf Schnelligkeit: »Die Aufnahme einer Bildsequenz pro Messposition erfolgt in weniger als 200 Millisekunden«, sagt Kühmstedt.
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