MRT bei aktiven Implantaten: OTH Amberg-Weiden und MR:comp stellen Testmethode vor

Pressemeldung der OTH Amberg-Weiden vom 18.07.2016

Radiologen können oft die benötigte MRT-Untersuchung nicht durchführen, weil Patienten Herzschrittmacher oder andere aktive Implantate tragen. Diese Patienten profitieren vielleicht bald von einem Projekt, das die OTH Amberg-Weiden gemeinsam mit dem Gelsenkirchener Unternehmen MR:comp betreibt: die Entwicklung einer Testmethode, um Fehlfunktionen von Implantaten auszuschließen und die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten. Jetzt trafen sich die beiden Projektpartner zwei Tage lang zu einer Zwischenbilanz in der OTH in Weiden.

Und die fiel positiv aus. Das Projekt mit dem vollständigen Titel „Testmethodenentwicklung für aktive, implantierbare Medizinprodukte zum Ausschluss von Fehlfunktionen im Rahmen der Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT)“ verzeichnet große Fortschritte. Projektleiter Prof. Dr. Ralf Ringler, Studiengang Medizintechnik, und Projektmitarbeiterin Karina Schuller stellten den Entwurf eines automatisierten Teststandes und den entsprechenden Prototypen vor, der an der hochschuleigenen Werkstatt am Standort Amberg erstellt wurde. Das Prinzip ist einfach: Der Herzschrittmacher oder ein anderes implantierbares Medizinprodukt werden in den Teststand gelegt, der wiederum ins MRT-Gerät geschoben wird. Wenn das elektromagnetische Feld im MRT Auswirkungen auf das Implantat hat, zeigt der Teststand die Störungen an – Patienten mit diesem Implantat sollten das MRT meiden.

Zurzeit wird der Teststand weiter ausgebaut und verfeinert: Die Projektbeteiligten werden eine Sensorik implementieren, die über eine eigens angefertigte Software ausgelesen werden kann. So können in Testszenarien Funktionalität und Fehlerquellen nachgewiesen, Verbesserungen erarbeitet und neue Lösungen integriert werden.

„Unsere Arbeit gewinnt vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels an Bedeutung“, sagt Prof. Dr. Ralf Ringler. „Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass immer mehr Menschen auf Implantate angewiesen sind. Gleichzeitig benötigen gerade diese Patienten nicht selten auch MRT-Untersuchungen für eine vollständige Diagnose. Deshalb entwickeln wir diese Testmethode für aktive, implantierbare Medizinprodukte wie Herzschrittmacher oder Insulinpumpen. Mit ihr können wir Fehlfunktionen von Implantaten durch induzierte Kräfte, Drehmomente und Vibrationen durch statische oder geschaltete Magnetfelder ausschließen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur sicheren Untersuchung von Implantat-Trägern!“

Der Kooperationspartner MR:comp GmbH in Gelsenkirchen ist ein weltweit agierendes Unternehmen, das sich als Prüflabor einen Namen im Testen von Implantaten erworben hat. Die OTH Amberg-Weiden hat mit Prof. Dr. Ralf Ringler einen ausgewiesenen Experten im Bereich der personalisierten Medizin sowie in der diagnostischen Bildgebung der Medizinischen Physik und der Medizintechnik. Beide Partner sind in mehreren nationalen und internationalen Normenausschüssen aktiv und stehen der Medizintechnikindustrie als gefragte Ansprechpartner im Bereich der Magnet-Resonanz-Tomografie zur Seite.

Das Forschungsvorhaben „Testmethodenentwicklung für aktive, implantierbare Medizinprodukte zum Ausschluss von Fehlfunktionen im Rahmen der Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT)“ ist auf zwei Jahre angelegt. Es wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und im Rahmen des Programms „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), Projektform: Kooperationsprojekte vom 01.07.2015 bis zum 31.05.2017 durchgeführt.

Externer Link: www.oth-aw.de

Physiker koppeln weit entfernte Kernspins mit einem einzelnen Elektron

Medienmitteilung der Universität Basel vom 11.07.2016

Forschende der Universität Basel haben erstmals die Kernspins von weit entfernten Atomen mithilfe eines einzelnen Elektrons zur Kopplung gebracht. An dem sehr komplexen Experiment waren gleich drei Forschungsgruppen des Departements Physik beteiligt. Die Fachzeitschrift «Nature Nanotechnology» hat die Resultate veröffentlicht.

Bei den meisten Materialien beeinflussen sich die Kernspins von benachbarten Atomen nur sehr schwach, da die winzigen Kerne tief im Innern der Atome liegen. Anders sieht es bei Metallen aus, die frei bewegliche Elektronen aufweisen. Die Elektronenspins sind in der Lage, weit auseinanderliegende Kernspins miteinander zu koppeln. Diese nach vier Physikern benannte RKKY-Wechselwirkung wurde bereits in den 50er Jahren entdeckt.

Einzelner Elektronenspin verbindet Kernspins

Forscher am Departement für Physik der Universität Basel ist es nun zum ersten Mal gelungen, diesen Mechanismus im Experiment an einem einzigen Elektron zu demonstrieren und mit einer Quanten-Theorie zu beschreiben. Dazu hat das Team um Prof. Richard Warburton ein einzelnes Elektron in einen Quantenpunkt eingeschleust. Mithilfe einer in Basel entwickelten Methode zur Messung der Kernspinresonanz konnten sie zeigen, dass das Elektron Kernspins koppelte, die bis zu fünf Nanometer auseinanderlagen – eine riesige Distanz in der Welt der Kernspins. Relevant sind die Ergebnisse insbesondere für die Entwicklung von Spin-Qubits, die Elektronenspins als Informationsträger nutzen möchten, beschränkt doch die Wechselwirkung die Stabilität der Quanteninformation.

Eine geballte Ladung Physik

«Das ist wohl das komplizierteste Experiment, das unser Team je durchgeführt hat», sagt Prof. Richard Warburton, Leiter der Forschungsgruppe Nano-Photonics am Basler Departement für Physik. Zugleich zeigt er sich begeistert von der Kooperation unter drei Basler Forschungsgruppen, die dieses Experiment ermöglicht hat. «Es waren so viele verschiedene Aspekte zu beachten – eine Herausforderung, die wir nur dank der grossartigen Zusammenarbeit an unserem Departement meistern konnten.»

Die Forschungsgruppe von Prof. Martino Poggio stellte ihre Expertise im Bereich Kernspinresonanz zur Verfügung, während das Team um Prof. Daniel Loss in monatelanger Arbeit die Quanten-Theorie zum Experiment berechnete. Ebenfalls beteiligt war die Ruhr-Universität Bochum, welche die Halbleiter-Chips für das Experiment herstellte.

Das Projekt wurde gefördert vom Nationalen Forschungsschwerpunkt Quantum Science and Technology (NCCR QSIT), vom Schweizerischen Nationalfonds und vom Swiss Nanoscience Institute.

Originalbeitrag:
Gunter Wüst, Mathieu Munsch, Franziska Maier, Andreas V. Kuhlmann, Arne Ludwig, Andreas D. Wieck, Daniel Loss, Martino Poggio, and Richard J. Warburton
Role of the electron spin in the nuclear spin coherence in a quantum dot
Nature Nanotechnology (2016), doi: 10.1038/nnano.2016.114

Externer Link: www.unibas.ch

Schnelltest identifiziert Krankheitserreger

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.07.2016

Bakterien, Pilze oder Viren lassen sich heute in der Regel nur mit aufwendigen Labortests oder Tierversuchen sicher nachweisen. Die Lebensmittel- und Pharmaindustrie wünscht sich schnellere Tests, um ihre Produkte zu überprüfen. Fraunhofer-Forscher entwickeln deshalb einen Stick, der wie ein Schwangerschaftstest funktioniert und schnell ein Ergebnis liefert. Künftig sollen damit auch Allergene und Krankheitserreger im Blut nachgewiesen werden.

Forscherinnen und Forscher vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB entwickeln einen Test, der schnell und günstig Bakterien, Pilze oder Viren nachweist. Geringe Spuren wie Bestandteile ihrer Zellwände (Pyrogene) reichen für den Nachweis aus. Er lässt sich direkt vor Ort ohne Labortechnik und Spezialwissen durchführen. »Der ImmuStick kann Pyrogene bereits außerhalb des Körpers detektieren – zum Beispiel auf medizinischen Geräten oder in Krankenhauszimmern. Grundsätzlich wäre die Technologie aber auch interessant, um menschliches Blut auf Krankheitserreger oder Allergien zu testen«, sagt Dr. Anke Burger-Kentischer.

Einfach wie ein Schwangerschaftstest

Die Methode funktioniert so simpel wie ein Schwangerschaftstest: Der ImmuStick ist ein Teststreifen, auf den ein wenig Flüssigkeit geträufelt wird. Enthält die Flüssigkeit Pyrogene, Bruchstücke von Erregern, wird das durch einen Farbstreifen in einem Sichtfenster angezeigt. Auf der Oberfläche des Sticks werden zunächst Immunrezeptoren des Menschen befestigt, die für bestimmte Pyrogene empfindlich sind. Dabei handelt es sich um nach dem biologischen Vorbild synthetisierte, im Labor hergestellte Immunrezeptoren. An die Andockstelle der Immunrezeptoren, an der normalerweise die Pyrogene anbinden, wird bei der Herstellung zunächst eine Art Platzhalter montiert, der mit einem Farbstoff markiert ist. Tröpfelt man dann beim Test eine Flüssigkeit auf den Teststreifen, die Pyrogene enthält, drängen die Pyrogene an die Andockstelle am Immunrezeptor. Die mit dem Farbstoff markierten Platzhalter wandern mit der Flüssigkeit durch den Teststreifen, bis sie im Sichtfenster zu sehen sind. Das Farbsignal ist also der Hinweis darauf, dass Pyrogene enthalten sind, die sich an die Immunrezeptoren angedockt haben.

Das ImmuStick-Projekt wurde mit Geldern des Discover-Progamms gefördert. Damit unterstützt die Fraunhofer-Gesellschaft Projekte für die Dauer von einem Jahr, um die Machbarkeit einer Technologie zu zeigen. Diesen Test hat der ImmuStick bestanden. »Wir konnten zeigen, dass er für das Bakterien-Pyrogen LPS sehr gut funktioniert. Jetzt wollen wir ihn gemeinsam mit Industriepartnern zu einem Produkt weiterentwickeln«, sagt Projektleiterin Burger-Kentischer. »Derzeit testen wir weitere Immunrezeptoren, die spezifisch für andere Pyrogene sind.

Blutvergiftungen und Allergien aufspüren

Angedacht sind derzeit Anwendungen in der Lebensmittel- und Pharmabranche oder in der Medizintechnik, da es dort auf absolute Keim- beziehungsweise Pyrogenfreiheit ankommt. Grundsätzlich wäre der ImmuStick auch für die Untersuchung von Blut interessant. Pyrogene im Blut führen oft zu einer Blutvergiftung, einer Sepsis, an der auch heute noch viele Menschen sterben, insbesondere geschwächte Intensivpatienten. »Das Blut ist allerdings eine besondere Herausforderung, weil es komplex ist und viele Inhaltsstoffe enthält. Mittelfristig streben wir aber eine Blutanalyse an«, sagt Burger-Kentischer.

Da auch bestimmte Allergieauslöser zu den Pyrogenen zählen, wäre hier ebenfalls eine Anwendung denkbar. In der Lebensmittel- und Pharmaindustrie zum Beispiel ist es wichtig, dass die Produkte frei von Allergenen sind. Mit dem ImmuStick ließe sich dies in kürzester Zeit kostengünstig und einfach nachweisen. Aufwendige Labortests wären damit hinfällig oder könnten ergänzt werden. Derzeit suchen die IGB-Forscher Kooperationspartner, die den ImmuStick zur Marktreife weiterentwickeln wollen.

Pyrogene werden zum Problem, wenn es besonders auf Hygiene ankommt – zum Beispiel in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie oder auf Intensivstationen im Krankenhaus. Vor allem Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, können schwer erkranken. Vielfach werden deshalb Tests durchgeführt und die Oberfläche von Maschinen oder medizinischen Gegenständen durch Abstriche auf Pyrogene getestet. Diese Tests sind bislang allerdings recht aufwendig, weil sich die Pyrogene nur mit Labortechnik nachweisen lassen. Ein weit verbreiteter Standardtest ist der Nachweis von LPS, einer Struktur, die in der Membran bestimmter Bakterien auftritt. Dieser Test nimmt bislang etwa zwei Stunden in Anspruch. Andere Pyrogene lassen sich sogar nur im Tierversuch nachweisen.

Externer Link: www.fraunhofer.de

technologiewerte.de – MOOCblick Juli 2016

Spannende Themen, herausragende Dozenten und flexible Lernmöglichkeiten tragen zum wachsenden Erfolg der Massively Open Online Courses (MOOCs) bei – offene, internetgestützte Kurse mit einer Vielzahl an Teilnehmern rund um den Globus.

Folgender Kurs – zu finden auf der MOOC-Plattform edX – sollte einen Blick wert sein:

Distributed Machine Learning with Apache Spark
Ameet Talwalkar (University of California) et al.
Start: 11.07.2016 / Arbeitsaufwand: 20-40 Stunden

Externer Link: www.edx.org

Passauer Sensoriker entwickeln „Ernährungsbrille“

Pressemeldung der Universität Passau vom 04.07.2016

Wer isst, der muss meist auch kauen: Diesen Zusammenhang macht sich der Lehrstuhl für Sensorik der Universität Passau in seinem aktuellen Projekt zunutze. Eine spezielle Brille analysiert die Aktivität des Temporalis-Kaumuskels und eröffnet dadurch neue Möglichkeiten, das Ernährungsverhalten zuverlässig zu erkennen und zu verbessern. Erst kürzlich hat die Forschungsgruppe ihr Projekt auf der International Conference on Wearable and Implantable Body Sensor Networks (BSN’16) in San Francisco vorgestellt und dort die Auszeichnung für die beste wissenschaftliche Arbeit erhalten.

„Die Brille misst die Muskelaktivität über Elektromyographie. Die Elektroden sind in den Rahmen der Brille integriert“, erklärt Prof. Dr. Oliver Amft, der das Projekt leitet. „Die Elektroden sind speziell auf die Temporalismuskeln ausgerichtet, die dafür sorgen, dass unser Kiefer Kaubewegungen machen und Kraft zur Zerkleinerung von Nahrung aufbringen kann.“ Das sensorische Innenleben der Brille erfasst dabei nicht nur die Kaubewegung an sich, sondern mit weiteren Sensoren auch ihre genaue Ausprägung, Dauer und Häufigkeit in zahlreichen Parametern – so genau, dass aus jedem Bissen Rückschlüsse auf die Nahrung gezogen werden können. „Kekse sind knusprig, Gummibärchen hingegen weich und elastisch: Jede Speise stellt aufgrund ihrer Beschaffenheit spezielle Anforderungen an Muskelkraft und Kaubewegung. Genau hier setzen wir an“, so Oliver Amft. „Wir arbeiten an Algorithmen, die die empfangenen Sensordaten der Kaubewegung und die Kaubewegung bestimmten Speisetypen zuordnen“, erklärt Rui Zhang, Doktorand am Lehrstuhl und Mitentwickler der Brille, weiter.

Die Entwicklung der Ernährungsbrille ist eingebettet in das Projekt „WISEglass“ am Lehrstuhl, bei dem Lösungen für verschiedene Gesundheits-Anwendungen von intelligenten Brillen im Alltag, vorwiegend im medizinischen Kontext, entwickelt werden. Noch ist die Brille aus dem 3D-Drucker ein Prototyp, der weiterentwickelt werden muss: „Insbesondere integrieren wir weitere Sensoren, um die Erkennung der Nahrungsaufnahme zu verbessern und weitere Informationen über Speisentypen und Menge zu erfassen“, sagt Rui Zhang.

Ziel der Forschungsgruppe ist es, dass die Brille in einer Vielzahl von Situationen, in denen die Analyse des Ernährungsverhaltens von Bedeutung ist, zum Einsatz kommt – in der Medizin und im Sport genauso wie im Alltag. „Voraussetzung für eine einwandfreie Orientierungshilfe in puncto Ernährung ist die lückenlose und fortlaufende Erfassung von allem, was gegessen wird. Viele Nutzer tun das ja bereits und halten fest, was sie zu sich nehmen, insbesondere mit Smartphone-Apps. Allerdings ist auch bekannt, dass diese manuellen Eingaben nicht zuverlässig dazu führen, dass wirklich alles aufgezeichnet wird – man vergisst etwas, man verschätzt sich oder lässt absichtlich etwas aus.“

Am Ende soll die Brille schließlich so intelligent sein, dass sie manuelle Methoden zur Erfassung des Ernährungsverhaltens, wie Fragebögen oder Smartphone-Apps ersetzen kann. Mithalten kann das High-Tech-Accessoire im Übrigen auch unter modischen Gesichtspunkten: Die intelligenten Brillen mit eher schlichten Rahmen sehen normalen Brillen äußerst ähnlich. „Es war uns wichtig, dass die Brillen gerade für Brillenträger keine große Umstellung bedeuten. Und sie sollen natürlich auch nicht als ungewöhnlich oder stigmatisierend wahrgenommen werden“, betont Oliver Amft. (Katrina Jordan)

Externer Link: www.uni-passau.de