technologiewerte.de – MOOCblick August 2015

Spannende Themen, herausragende Dozenten und flexible Lernmöglichkeiten tragen zum wachsenden Erfolg der Massively Open Online Courses (MOOCs) bei – offene, internetgestützte Kurse mit einer Vielzahl an Teilnehmern rund um den Globus.

Folgender Kurs – zu finden auf der MOOC-Plattform edX – sollte einen Blick wert sein:

Solar Energy
Arno Smets (TU Delft)
Start: 01.09.2015 / Arbeitsaufwand: 64 Stunden

Externer Link: www.edx.org

Smarter Fahrersitz, der auf Gesten reagiert

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 03.08.2015

Viele Berufskraftfahrer leiden unter Rückenproblemen. Eine Ursache: Fahrzeugsitze, die unzureichend auf den jeweiligen Fahrer eingestellt sind. Fraunhofer-Forscher haben jetzt gemeinsam mit der Isringhausen GmbH & Co. KG einen Fahrersitz entwickelt, der sich über einfache Handbewegungen in Form und Position anpassen lässt.

Langes Sitzen und wenig Bewegung gehören für Berufskraftfahrer zum Arbeitsalltag: Durchschnittlich neun Stunden pro Tag verbringen sie in der Fahrzeugkabine. Die Folge: Viele Fahrer haben irgendwann Probleme mit dem Rücken. Krankenkassen konnten in Untersuchungen nachweisen, dass ein Fahrersitz, der in Form und Position auf die Person am Steuer angepasst ist, Rückenleiden effektiv entgegenwirken kann. Zwar verfügen die meisten Lkw-Sitze über eine große Auswahl an Einstellmöglichkeiten – diese werden aber von einem Großteil der Fahrer nur sporadisch genutzt, da die Bedienung komplex ist und die Zeit für eine korrekte Einstellung oftmals fehlt.

Ein neues, intuitives Bedienkonzept soll dies ändern: Forscher des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC in Würzburg haben in Kooperation mit der Isringhausen GmbH & Co. KG einen Fahrzeugsitz entwickelt, der sich intuitiv über Gesten justieren lässt. »Wir nutzen dazu eine sensorbasierte Gestensteuerung im Fahrersitz«, erklärt Johannes Ehrlich vom Center Smart Materials (CeSMa) des Fraunhofer ISC. »Mit Hilfe einfacher Handbewegungen kann der Fahrer den Sitz vor und zurück sowie nach oben und unten fahren. Außerdem kann er auf die gleiche Weise die Neigung der Oberschenkelstütze und der Rückenlehne individuell einstellen.«

Sensoren, die auf Handwischen reagieren

Damit der Sitz auf die Gesten des Fahrers reagiert, integrierten die Wissenschaftler verschiedene Sensoren in die Seitenabdeckung aus Kunststoff. Piezosensoren – das sind Sensoren, die auf Druck reagieren – sorgen dafür, dass die Gestensteuerung aktiviert wird: Der Nutzer muss dazu einen bestimmten Punkt an der Seitenabdeckung kurz drücken. »So verhindern wir, dass die Gestensteuerung ungewollt ausgelöst wird«, erklärt Ehrlich. Außerdem lassen sich über diesen Punkt durch mehrmaliges Drücken Sitzpositionen abspeichern. Das ist sinnvoll, wenn mehrere Fahrer einen Lkw nutzen. Die Gestenerkennung erfolgt über Näherungssensoren, die ebenfalls in der Seitenabdeckung verbaut sind. Sie können kleinste Änderungen von elektrischen Feldern in der Umgebung erfassen, wie sie etwa durch Handbewegungen hervorgerufen werden. Eine ebenfalls am ISC entwickelte Software wertet diese Sensoren aus und leitet daraus die Bewegungsrichtung der Hand ab. Die Anordnung der Sensoren in der Seitenabdeckung ist dabei entscheidend: »Wir haben auf der relativ begrenzten Fläche die Elektroden so angebracht, dass die erforderlichen Steuerungsgesten einfach und ergonomisch günstig sind«, erläutert Ehrlich. Darüber hinaus gewährleistet eine intelligente Algorithmik in der Software, dass mehrere Elektroden gleichzeitig ausgewertet werden können, um eine Fehlbedienung zu reduzieren.

Um den Sitz einzustellen, führt der Fahrer entlang der Seitenabdeckung kurze Handbewegungen aus – man kann sich das in etwa vorstellen wie das »Wischen« bei Touchscreens. Das heißt, er muss die Abdeckung dabei leicht berühren. Je nach Bewegungsrichtung der Geste (hoch-runter, vor-zurück oder diagonal) werden die einzelnen Sitzelemente angepasst. Hat der Bediener seine Einstellungen vorgenommen, wird die Gestensteuerung automatisch beendet, sobald die Hand sich aus dem Sensorbereich entfernt. Über eine aufleuchtende LED erhält der Fahrer die Rückmeldung, ob seine Gesten erfasst werden konnten.

Die Isringhausen GmbH realisierte gemeinsam mit den Wissenschaftlern des ISC bereits einen voll funktionsfähigen Prototyp des Sensor-Sitzes. Er wird dieses Jahr unter anderem auf der IAA in Frankfurt vorgestellt. Derzeit konzentrieren sich die Projektpartner auf das Marktsegment Nutzfahrzeuge. Langfristig wäre der gestengesteuerte Sitz aber auch für Mittel- oder Oberklassewagen interessant, um den Komfort für den Fahrer zu erhöhen.

Externer Link: www.fraunhofer.de

Entscheidender Faktor für die Stabilität der Blutkapillaren im Gehirn identifiziert

Pressemitteilung der Universität Tübingen vom 28.07.2015

Wissenschaftler der Universität Tübingen untersuchen molekulare Steuerung der Gefäßentwicklung bei Mäusen – Ursachenforschung für Schlaganfall beim Menschen

Das Gehirn hat einen hohen Sauerstoffbedarf, sein Gewebe wird daher bis in jeden kleinsten Winkel von haarfeinen Blutgefäßen durchzogen. Sind diese Kapillaren zum Beispiel durch Bluthochdruck oder hohes Lebensalter geschädigt, sprechen Mediziner von der Kleingefäßerkrankung des Gehirns. Diese ist nach Einschätzung von Medizinern Ursache von etwa einem Fünftel der Schlaganfälle und kann bestimmte Formen der Demenz zur Folge haben. Wie die Entwicklung und Instandhaltung der Kapillaren im Gehirn auf molekularer Ebene gesteuert wird, haben Dr. Christine Weinl und Professor Alfred Nordheim vom Interfakultären Institut für Zellbiologie der Universität Tübingen und Salvador Castaneda und Professor Bernd Pichler vom Tübinger Werner Siemens Imaging Center analysiert. Die Studie ist eine internationale Zusammenarbeit von Wissenschaftlern aus Deutschland, Frankreich und den USA. Die Forscher haben bei Untersuchungen an gentechnisch veränderten Mäusen festgestellt, dass der in vielen anderen zellulären Prozessen wichtige „Serum Response Faktor“ mehrere Gene steuert, die für die Stabilität und Schrankenfunktion der kleinen Gefäße entscheidend sind. Die Ergebnisse geben wichtige Hinweise auch für die Schlaganfallforschung am Menschen. Die Studie wird in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (USA) veröffentlicht.

Die feinen Gefäße im Gehirn werden von den sogenannten Endothelzellen gebildet, die durch mehrere Kontaktstrukturen eng miteinander verbunden sind. Diese Kontakte zwischen den Endothelzellen verleihen den Kapillaren eine hohe mechanische Stabilität und erlauben den Zellen darüber hinaus, den Stoffaustausch zwischen dem Blut und dem Hirngewebe spezifisch und genau zu kontrollieren. Sie bilden die sogenannte Blut-Hirn-Schranke, die das empfindliche Hirngewebe besonders vor Schadstoffen schützt.

Das Wissenschaftlerteam untersuchte gentechnisch veränderte Mäuse, bei denen in den Endothelzellen der „Serum Response Faktor“ künstlich entfernt wurde. Bei diesen Mäusen war die Blut-Hirn-Schranke nicht voll funktionsfähig, und im Gehirn traten vermehrt Blutungen auf – die Tiere entwickelten das Krankheitsbild der Kleingefäßerkrankung des Gehirns. Sowohl bei neugeborenen als auch bei erwachsenen Mäusen löste ein Mangel an „Serum Response Faktor“ Gehirnblutungen aus.

Über bildgebende Verfahren der Magnetresonanztomografie (MRT) ließen sich die entstehenden Schäden im Gehirn genauer lokalisieren und im zeitlichen Ablauf erfassen. Auf molekularer Ebene zeigte sich, dass der „Serum Response Faktor“ Einfluss auf mehrere Gene nimmt, die zur Entwicklung und Stabilität der kleinen Gefäße aktiv sein müssen. Bei Mangel an „Serum Response Faktor“ verloren die dichten Zellverbindungen der kleinen Gefäße ihre Funktionalität und erlaubten den Austritt von Blut aus den Gefäßen. Die Wissenschaftler machten somit den „Serum Response Faktor“ als Hauptregulator des Aufbaus und der Aufrechterhaltung der Blut-Hirn-Schranke dingfest. Sie entwickeln die Hypothese, dass eine veränderte Aktivität des Faktors und seiner Zielgene auch beim Menschen zum Entstehen der Kleingefäßkrankheit des Gehirns und bestimmter Formen des Schlaganfalls beitragen könnte.

Originalveröffentlichung:
Christine Weinl, Salvador Castaneda Vega, Heidemarie Riehle, Christine Stritt, Carsten Calaminus, Hartwig Wolburg, Susanne Mauel, Angele Breithaupt, Achim D. Gruber, Bohdan Wasylyk, Eric N. Olson, Ralf H. Adams, Bernd J. Pichler, and Alfred Nordheim: Endothelial depletion of murine SRF/MRTF provokes intracerebral hemorrhagic stroke. PNAS, Veröffentlichung in der Woche vom 27. bis 31. Juli 2015, DOI: 10.1073/pnas.1509047112

Externer Link: www.uni-tuebingen.de

Einblicke in Abgaskatalysatoren

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 16.07.2015

Röntgentechniken erschließen Wechselwirkungen der aktiven Metalle mit den Gasmolekülen – Publikation in Chemical Communications

Wie funktionieren Abgaskatalysatoren? Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben die Reaktionen unter wirklichkeitsnahen Bedingungen untersucht: Mithilfe von Röntgenstrahlung beobachteten sie die Wechselwirkungen des Schadstoffmoleküls Stickstoffmonoxid und des Reduktionsmittels Ammoniak mit den Eisen- und Kupferzentren – den Übergangsmetallionen, an denen die Reaktion stattfindet – der Katalysatoren Fe-ZSM-5 und Cu-SSZ-13. Ihre Ergebnisse können dazu beitragen, die Abgasnachbehandlung weiter zu verbessern. In der Zeitschrift Chemical Communications stellen die Forscher ihren Ansatz vor. (DOI: 10.1039/C5CC01758K)

Moderne Katalysatoren zur Abgasnachbehandlung in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor haben erheblich dazu beigetragen, Schadstoffemissionen zu reduzieren. Durch Oxidation beziehungsweise Reduktion – Abgabe bzw. Aufnahme von Elektronen – wandeln Abgaskatalysatoren Verbrennungsschadstoffe wie Kohlenwasserstoffe, Kohlenstoffmonoxid und Stickoxide in die Stoffe Kohlenstoffdioxid, Wasser und Stickstoff um. Immer striktere Vorgaben des Gesetzgebers verlangen, den Kraftstoffverbrauch zu verringern und den Ausstoß von Stickoxiden weiter zu senken. Durch Zugabe des Reduktionsmittels Ammoniak, das zum Beispiel durch Zersetzung der hochreinen Harnstofflösung AdBlue® im Fahrzeug gebildet wird, lassen sich die Stickoxide am Katalysator zu unschädlichem Stickstoff und Wasserdampf umsetzen. Die Harnstofflösung wird dazu vor dem Katalysator in den Abgasstrang eingespritzt.

Um Katalysatoren zu verbessern, ist es erforderlich, ihre Funktion und die einzelnen Reaktionsschritte genau zu verstehen. „Verlässliche Erkenntnisse über die ablaufenden Reaktionen lassen sich nur unter realitätsnahen Reaktionsbedingungen gewinnen“, erklärt Professor Jan-Dierk Grunwaldt, Inhaber des Lehrstuhls Chemische Technik und Katalyse am KIT. „Das heißt, wir müssen den Katalysatoren bei der Arbeit zuschauen. Dazu bieten Synchrotronstrahlungsquellen hervorragende Möglichkeiten.“ Synchrotronstrahlung ist Röntgenstrahlung mit einer Energie von einigen bis zu Hunderten oder sogar einer Million Elektronenvolt. Mit ihr lassen sich die Eigenschaften der aktiven Metallzentren im Katalysator und deren Wechselwirkungen mit den Gasmolekülen beobachten. Dabei bieten sich zwei Methoden an: Die Röntgenabsorptionsspektroskopie (XAS) erlaubt es, den Oxidationszustand und die Koordinationszahl, das heißt die Zahl der nächsten Nachbarn eines Atoms, zu ermitteln. Die Röntgenemissionsspektroskopie (XES) ermöglicht neuerdings zusätzlich, zwischen den adsorbierten – am Katalysator angelagerten Stoffen – zu unterscheiden. So lässt sich erschließen, welche Moleküle zur Reduktion führen, wann eine konkurrierende Adsorption stattfindet, das heißt, wann mehrere Stoffe um die Anlagerung am Katalysator konkurrieren, und wie einzelne Moleküle am Metallatom koordinieren.

Eine Forschungsgruppe um Professor Jan-Dierk Grunwaldt zusammen mit Professor Christoph R. Jacob, der kürzlich vom KIT an die TU Braunschweig berufen wurde, und Dr. Pieter Glatzel von der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble/Frankreich hat nun erstmals beide Methoden kombiniert, um die Reaktionen an zwei bereits in Fahrzeugen eingesetzten katalytisch aktiven Materialien unter realitätsnahen Bedingungen zu untersuchen. Dabei handelt es sich um die Materialien Fe-ZSM-5 und Cu-SSZ-13. Beide Materialien basieren auf Zeolithen, das sind besondere Mineralien mit poröser Gerüststruktur. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen stellen die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Chemical Communications vor.

Mithilfe der Röntgentechniken untersuchten und verglichen die Forscher die Wechselwirkung des Schadstoffmoleküls Stickstoffmonoxid und des Reduktionsmittels Ammoniak mit den Eisen- und Kupferzentren. „Obwohl in Summe die gleiche Reaktion abläuft, haben wir für die zwei Katalysatoren unterschiedliche Reaktionswege beobachtet“, berichtet Tobias Günter, Doktorand am Lehrstuhl Chemische Technik und Katalyse des KIT. Für die Reaktion am Fe-ZSM-5-Katalysator wiesen die Wissenschaftler eine Adsorption des Stickstoffmonoxids über ein positiv geladenes Sauerstoffatom nach. Am Cu-SSZ-13-Katalysator hingegen zeigte sich dieses Verhalten nicht. Da außerdem keine direkte Koordination über das Stickstoffatom stattfand, gehen die Forscher von einer Reaktion aus der Gasphase mit einer möglichen Aktivierung am Ammoniakmolekül aus. „Dies kann auch erklären, warum Ammoniak die Reaktion am Fe-ZSM-5-Katalysator hemmte, was am Cu-SSZ-13-Katalysator nicht festzustellen war“, erläutert Tobias Günter.

Die Erkenntnisse der Forscher um Jan-Dierk Grunwaldt liefern wertvolle Informationen für Modelle, um das Verhalten der Katalysatoren im Betrieb besser vorhersagen zu können. „Unser Ansatz mit den zwei röntgenbasierten Methoden eignet sich nicht nur für die genannten Materialien, sondern lässt sich auf viele weitere Materialien und Reaktionen übertragen“, sagt Professor Grunwaldt. In Zukunft kann dieser Ansatz die weitere Entwicklung und Verbesserung von Abgaskatalysatoren wesentlich voranbringen. (or)

Publikation:
Tobias Günter, Hudson W. P. Carvalho, Dmitry E. Doronkin, Thomas Sheppard, Pieter Glatzel, Andrew J. Atkins, Julian Rudolph, Christoph R. Jacob, Maria Casapua and Jan-Dierk Grunwaldt: Structural snapshots of the SCR reaction mechanism on Cu-SSZ-13. Chemical Communications, 2015, 51, 9227-9230. DOI: 10.1039/C5CC01758K.

Externer Link: www.kit.edu