Leuchtender Wegweiser zum Auto

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.10.2015

In der neuen BMW 7er Reihe erleichtert ein Lichtteppich in Form eines strahlenförmigen Lichtmusters den Einstieg bei Dunkelheit. Fraunhofer-Forscher haben dazu spezielle Mikrooptiken entwickelt, die das Licht vom Fahrzeugboden gezielt auf den Einstiegsbereich lenken.

Der Abend im Restaurant war unterhaltsam, es ist spät geworden. Leider ist der Parkplatz nur schlecht beleuchtet – doch der Fahrer weiß sich zu helfen: Einen Knopf am Autoschlüssel gedrückt, und schon breitet sich vor dem Einstiegsbereich seines Wagens ein strahlenförmiger Lichtteppich aus.

Das Designelement gehört zur Ausstattung der neuen BMW 7er Reihe und basiert auf speziellen Mikrooptiken des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena. »Dank dieser spezifisch konstruierten Mikrooptiken wird es möglich, das Licht von der Unterseite des Fahrzeugs aus strahlenförmig auf eine etwa vier Quadratmeter große Fläche beidseitig vor den Einstiegsbereich zu projizieren«, erklärt Dr. Andreas Bräuer, Abteilungsleiter für Mikrooptische Systeme am IOF. Ganz neu ist der leuchtende Wegweiser nicht: Auch andere Automobilhersteller arbeiten bereits an einem entsprechenden Feature für Oberklasse-Fahrzeuge. Bei den bisherigen Lösungen wurde die Leuchte allerdings entweder im Außenspiegel oder in der Tür montiert. Das Problem: Bei der Integration in den Spiegel bewegt sich das Lichtbild bei Türöffnung weg von dem Bereich, den es eigentlich ausleuchten soll. Bei der Integration in die Türunterseite kann bei geschlossenen Türen kein Licht den Boden erreichen.

Anders der Lichtteppich im BMW: Dort ist das Lichtmodul im Bereich der Fahrertür an der Schwelle zum Fahrzeugboden angebracht. Wie aber ist es dann möglich, das Licht quasi um die Ecke auf den Einstiegsbereich zu lenken? »In unserer Mikrooptik projizieren Mikrolinsen das Licht gezielt auf die gewünschte Fläche«, erläutert Dr. Peter Schreiber vom IOF, der die Entwicklungsarbeiten zum Projekt betreut. Ursprünglich ging es den Jenaer Wissenschaftlern darum, winzige und dennoch lichtstarke digitale Projektoren zu bauen, wie man sie beispielsweise im Smartphone benötigt. Physikalisch ist das ein Widerspruch – denn je kleiner die Projektoren werden, desto weniger Licht wird ausgestrahlt. Die Lösung der IOF-Experten und Expertinnen: Sie bauen die Projektoren zwar extrem klein, ordnen dann aber viele dieser Winzlinge in einem Array – einer wabenförmigen Struktur – an. »Wir können die Lichtstärke anpassen, indem wir die Anzahl dieser Mikroprojektoren verändern. Egal ob wir dann 150, wie beim BMW Lichtteppich, oder 3000 Projektoren verwenden: Die Dicke des Arrays bewegt sich auf jeden Fall im Millimeterbereich«, sagt Bräuer.

Projektionslinsen können einzeln angeordnet werden

Ein Nebeneffekt dieser Art von Arraybeleuchtung erwies sich für die Entwicklung des Lichtteppichs als entscheidend: Die Projektionslinsen, die das Licht einfangen und dann als Abbild auf eine Fläche projizieren, lassen sich einzeln und individuell zur Lichtquelle anordnen. Man kann also die Abbilder der einzelnen Linsen aus unterschiedlichen Positionen genau übereinanderlegen. »Auf diese Weise projizieren wir selbst bei extrem flachen Beleuchtungswinkeln ein hochwertiges und lichtstarkes Bild. Diese Lichttechnik und deren erstmalige Applikation im BMW Welcome Light Carpet ermöglichen somit ein neues Nachterscheinungsbild der BMW 7er Reihe«, so Marcel Sieler, BMW Entwickler, der ebenfalls aus dem Team des IOF stammt. Für die Anwendung im Automobil konstruierten die IOF-Wissenschaftler ein 10×10 mm² großes Mikrooptik-Bauteil, das mit einem Deckglas versehen ist. Um das empfindliche Modul während der Fahrt gegen Steinschlag zu schützen, wird es mit der Öffnung gegen die Fahrtrichtung am Unterboden des Fahrzeugs verbaut. Auch kleinere Verschmutzungen auf dem Frontglas sind dank der speziellen Optik kein Problem: Da es sich mit den vielen Einzelprojektoren um eine mehrkanalige Beleuchtung handelt, wird die Helligkeit zwar unter Umständen etwas verringert, das Licht wird jedoch nie komplett abgedeckt.

In der neuen BMW 7er Reihe ist der Lichtteppich mittlerweile serienmäßig enthalten. »Damit haben wir mit unserer Entwicklung erstmalig einen Volumenmarkt erreicht«, freut sich Bräuer. Doch das Forscherteam hat auch neue Einsatzgebiete im Blick: »Die Anwendungsmöglichkeiten einer solchen Arraybeleuchtung sind extrem breit gefächert und reichen von Beleuchtungslösungen für die Sicherheits- und Medizintechnik über den Maschinenbau bis hin zu klassischen Signalleuchten«, so der Wissenschaftler.

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Gassensoren warnen vor Schwelbränden

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.09.2015

Rauchmelder sind allgegenwärtig. Dennoch geht die Zahl der Brandopfer jährlich in die Tausende. Brandgasmelder, die auf Kohlenstoffmonoxid und Stickoxide reagieren, entdecken Brände im Frühstadium. Durch ein neues Messprinzip von Fraunhofer-Forschern werden die teuren Sensoren nun kostengünstig und damit bereit für den Massenmarkt.

Die Sterne funkeln am Himmel, die Bewohner des Hauses schlummern in ihren Betten. Soweit nichts Besonderes, doch in dieser Nacht steht ihr Leben auf dem Spiel: Ein Kabel schwelt vor sich hin, giftiges Kohlenstoffmonoxid verbreitet sich unbemerkt im Raum. Die Rauchmelder allerdings geben keinen Alarm – sie reagieren nur auf Rauch, der bei einem Schwelbrand jedoch nicht immer entsteht. Kurzum: höchste Gefahr für Schlafende.

Kohlenstoffmonoxid zuverlässig erkannt

Gassensoren könnten die Bewohner rechtzeitig wecken und somit Leben retten. Etwa der Sensor, den Forscher am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg entwickeln: Er erkennt einen Brand nicht über den Rauch, sondern über das entstehende Kohlenstoffmonoxid. Auch bei Stickstoffdioxid, das etwas später im Brandverlauf entsteht, schlägt er Alarm. Kleinste Mengen der Gase reichen dabei aus. »Die Sensoren sind sehr empfindlich. Sie reagieren also schon sehr früh im Brandverlauf, schließlich zählt jede Sekunde«, erläutert Dr. Carolin Pannek, Wissenschaftlerin am IPM.

Zwar sind solche lebensrettenden Kohlenstoffmonoxid-Sensoren heute bereits erhältlich, für den Massenmarkt jedoch zu teuer. Darüber hinaus sind sie wartungsaufwändig und verbrauchen viel Strom. Handelsübliche, preisgünstige Halbleiter-Gassensoren können aber beispielsweise nicht zwischen verschiedenen Gasen unterscheiden. Nicht so der neuartige Sensor der IPM-Forscher: »Er reagiert gezielt auf Kohlenstoffmonoxid und Stickstoffdioxid, bei allen anderen Gasen bleibt er ruhig. Mit einem Rolle-zu-Rolle-Verfahren können wir die Sensoren sehr günstig herstellen und somit für den Verbraucher erschwinglich machen«, bestätigt Pannek.

Das ist vor allem dem Farbstoff zu verdanken, dem Herzstück der Sensoren. So wie in jedes Schloss nur ein ganz bestimmter Schlüssel passt, reagiert jeder dieser Farbstoffe auf ein ganz spezielles Gas – im Sensor gibt es daher einen Farbstoff für Kohlenstoffmonoxid, einen weiteren für Stickstoffdioxid. Das Prinzip: Eine kleine LED strahlt blaues Licht in einen Wellenleiter, in dem das Licht auf einem Zickzackkurs bis zum anderen Ende läuft. Dort trifft es auf einen Detektor. Der Wellenleiter ist mit einem Polymer beschichtet, in das Farbstoffe gemischt sind. Ist die Luft im Raum unauffällig, ist der Farbstoff im Polymer lila – er nimmt nur wenig blaues Licht auf. Sprich: Es gelangt viel blaues Licht zum Detektor. Ist dagegen Kohlenstoffmonoxid in der Raumluft, ändert der Farbstoff seine Farbe: Er wird gelb. Der gelbe Farbstoff nimmt mehr blaues Licht auf – die Lichtmenge am Detektor sinkt. Wird dabei ein Grenzwert unterschritten, löst dies den Alarm aus. Um auch Stickstoffdioxid nachweisen zu können, integrieren die Forscher in den Sensor noch einen zweiten Wellenleiter mit einem anderen Farbstoff.

Kaum teurer als ein Rauchmelder

Die Forscher achten darauf, dass der Sensor sich im Massenverfahren möglichst kostengünstig herstellen lässt – schließlich möchte kaum jemand deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen als für einen herkömmlichen Rauchmelder, auch wenn der Gassensor eine erheblich höhere Sicherheit bietet. »Der Sensor wird, fertigt man ihn in Massen, in einem ähnlichen Preisrahmen liegen wie Rauchmelder – und wesentlich günstiger sein als die wenigen am Markt verfügbaren Brandgasmelder«, ist sich Pannek sicher.

Für die Brandgas-Sensoren setzen die Wissenschaftler auf die gleichen Komponenten wie beim Rauchmelder, ergänzt um den Lichtwellenleiter. Eine Elektronik gibt die Schwelle an, ab der der Sensor Alarm schlagen soll. Für die Herstellung dieser Komponenten haben die Forscher gemeinsam mit einem Industriepartner ein Rolle-zu-Rolle-Verfahren entwickelt: Ähnlich wie beim Zeitungsdruck werden dabei 15 000 Messsysteme auf einer Endlosrolle gefertigt. Das Verfahren ist sowohl massentauglich als auch preiswert. Bis die Gassensoren in Wohn- und Schlafzimmern hängen werden, wird es sicherlich noch ein paar Jahre dauern.

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Smarter Fahrersitz, der auf Gesten reagiert

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 03.08.2015

Viele Berufskraftfahrer leiden unter Rückenproblemen. Eine Ursache: Fahrzeugsitze, die unzureichend auf den jeweiligen Fahrer eingestellt sind. Fraunhofer-Forscher haben jetzt gemeinsam mit der Isringhausen GmbH & Co. KG einen Fahrersitz entwickelt, der sich über einfache Handbewegungen in Form und Position anpassen lässt.

Langes Sitzen und wenig Bewegung gehören für Berufskraftfahrer zum Arbeitsalltag: Durchschnittlich neun Stunden pro Tag verbringen sie in der Fahrzeugkabine. Die Folge: Viele Fahrer haben irgendwann Probleme mit dem Rücken. Krankenkassen konnten in Untersuchungen nachweisen, dass ein Fahrersitz, der in Form und Position auf die Person am Steuer angepasst ist, Rückenleiden effektiv entgegenwirken kann. Zwar verfügen die meisten Lkw-Sitze über eine große Auswahl an Einstellmöglichkeiten – diese werden aber von einem Großteil der Fahrer nur sporadisch genutzt, da die Bedienung komplex ist und die Zeit für eine korrekte Einstellung oftmals fehlt.

Ein neues, intuitives Bedienkonzept soll dies ändern: Forscher des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC in Würzburg haben in Kooperation mit der Isringhausen GmbH & Co. KG einen Fahrzeugsitz entwickelt, der sich intuitiv über Gesten justieren lässt. »Wir nutzen dazu eine sensorbasierte Gestensteuerung im Fahrersitz«, erklärt Johannes Ehrlich vom Center Smart Materials (CeSMa) des Fraunhofer ISC. »Mit Hilfe einfacher Handbewegungen kann der Fahrer den Sitz vor und zurück sowie nach oben und unten fahren. Außerdem kann er auf die gleiche Weise die Neigung der Oberschenkelstütze und der Rückenlehne individuell einstellen.«

Sensoren, die auf Handwischen reagieren

Damit der Sitz auf die Gesten des Fahrers reagiert, integrierten die Wissenschaftler verschiedene Sensoren in die Seitenabdeckung aus Kunststoff. Piezosensoren – das sind Sensoren, die auf Druck reagieren – sorgen dafür, dass die Gestensteuerung aktiviert wird: Der Nutzer muss dazu einen bestimmten Punkt an der Seitenabdeckung kurz drücken. »So verhindern wir, dass die Gestensteuerung ungewollt ausgelöst wird«, erklärt Ehrlich. Außerdem lassen sich über diesen Punkt durch mehrmaliges Drücken Sitzpositionen abspeichern. Das ist sinnvoll, wenn mehrere Fahrer einen Lkw nutzen. Die Gestenerkennung erfolgt über Näherungssensoren, die ebenfalls in der Seitenabdeckung verbaut sind. Sie können kleinste Änderungen von elektrischen Feldern in der Umgebung erfassen, wie sie etwa durch Handbewegungen hervorgerufen werden. Eine ebenfalls am ISC entwickelte Software wertet diese Sensoren aus und leitet daraus die Bewegungsrichtung der Hand ab. Die Anordnung der Sensoren in der Seitenabdeckung ist dabei entscheidend: »Wir haben auf der relativ begrenzten Fläche die Elektroden so angebracht, dass die erforderlichen Steuerungsgesten einfach und ergonomisch günstig sind«, erläutert Ehrlich. Darüber hinaus gewährleistet eine intelligente Algorithmik in der Software, dass mehrere Elektroden gleichzeitig ausgewertet werden können, um eine Fehlbedienung zu reduzieren.

Um den Sitz einzustellen, führt der Fahrer entlang der Seitenabdeckung kurze Handbewegungen aus – man kann sich das in etwa vorstellen wie das »Wischen« bei Touchscreens. Das heißt, er muss die Abdeckung dabei leicht berühren. Je nach Bewegungsrichtung der Geste (hoch-runter, vor-zurück oder diagonal) werden die einzelnen Sitzelemente angepasst. Hat der Bediener seine Einstellungen vorgenommen, wird die Gestensteuerung automatisch beendet, sobald die Hand sich aus dem Sensorbereich entfernt. Über eine aufleuchtende LED erhält der Fahrer die Rückmeldung, ob seine Gesten erfasst werden konnten.

Die Isringhausen GmbH realisierte gemeinsam mit den Wissenschaftlern des ISC bereits einen voll funktionsfähigen Prototyp des Sensor-Sitzes. Er wird dieses Jahr unter anderem auf der IAA in Frankfurt vorgestellt. Derzeit konzentrieren sich die Projektpartner auf das Marktsegment Nutzfahrzeuge. Langfristig wäre der gestengesteuerte Sitz aber auch für Mittel- oder Oberklassewagen interessant, um den Komfort für den Fahrer zu erhöhen.

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Verblichene Malereien sichtbar machen

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.07.2015

Im Kreuzgang des Brandenburgischen Doms sind viele Details der Wand- und Deckenmalereien verblichen: Wo einmal Pferde »galoppierten«, blickt man nun auf mehr oder weniger blanken Putz. Eine Hyperspektralkamera jedoch sieht Motive, die dem menschlichen Auge verborgen bleiben. Damit ist sie Kunsthistorikern eine große Hilfe.

Der Zahn der Zeit hat den Decken- und Wandmalereien im oberen Kreuzgang des Brandenburger Doms (Brandenburg an der Havel) stark zugesetzt – vieles lässt sich mit bloßem Auge nicht mehr ausmachen. Wo ehemals Frauen mit kunstvollen Kleidern und Hauben beisammen standen, sieht man heute oftmals nur noch Fragmente. Farbreste, aus denen auch bei noch so langer Betrachtung kein Motiv zu erkennen ist. Ein ganz anderes Bild jedoch fängt eine Hyperspektralkamera mit einer Software ein, die Forscher am Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg entwickelt haben: Sie schafft es, dass viele der verblichenen Malereien wieder zum Vorschein kommen.

Über 50 Farbkanäle erkennen »Unsichtbares«

Die Kamera »schaut« nicht nur das sichtbare Licht an, das die Malereien zurückwerfen – wie das Auge oder eine herkömmliche Kamera es tut – sondern auch die Wellenlängen, die jenseits dieses Bereichs im Infraroten liegen. Außerdem ist die Auflösung deutlich feiner. »Während der Mensch alle wahrgenommenen Farbtöne aus den Farben Rot, Grün und Blau zusammensetzt, verfügt die Kamera über 51 Farbkanäle«, erläutert Dr. Andreas Herzog, Wissenschaftler am IFF. »Sie kann daher Farbtöne voneinander unterscheiden, die für das menschliche Auge gleich wirken.« Dort, wo es beispielsweise nur Blau sieht, teilt das System das zurückgeworfene Licht in die minimal verschiedenen Farbtöne auf. Es erkennt somit Strukturen, die eigentlich nicht mehr zu sehen sind. Zudem lässt sich mithilfe dieser neuen Technologie feststellen, ob Bilder in mehreren Etappen gemalt oder bereits einmal restauriert wurden. Denn auch wenn die Farben für den Künstler gleich ausgesehen haben mögen: Es konnte kaum gelingen, sie gänzlich gleich zu mischen; die Kamera entdeckt die Unterschiede.

Zwar gab es auch bislang die Möglichkeit, die Kunstwerke teilweise wieder aufzuspüren: Strahlt man sie mit einer UV-Lampe an, regt man einige Substanzen in der Farbe, oft das Bindemittel, zum Fluoreszieren an. Hält man diese Fluoreszenz mit einer herkömmlichen Kamera fest, zeigen sich ebenfalls verborgene Strukturen. Das Manko: Das Verfahren ist sehr aufwändig und – das UV-Licht zieht die Gemälde in Mitleidenschaft. Nicht so bei der Hyperspektralkamera. Sie arbeitet mit einer normalen Lichtquelle, die die Kunstwerke weniger beeinflusst. Darüber hinaus lassen sich beide Verfahren kombinieren: So kann die Hyperspektralkamera auch aus dem Fluoreszenzlicht mehr herausholen. Denn sie sieht nicht nur das Licht an sich, sondern ermittelt vielmehr, wie sich die fluoreszierenden Farbstoffe zusammensetzen.

Das Kernstück der Entwicklung ist jedoch nicht die Kamera, sondern die speziell entwickelte Software. Sie erstellt aus den Daten, die bei einem Hyperspektralbild anfallen, rund hundert Bilder – auf denen zum Teil Strukturen wie gemalte Frauengestalten oder Pferde zum Vorschein kommen. Diese Bilder sehen die Kunstexperten durch und können sie interpretieren. Welche Farbmischung kommt auf dem gewählten Ausschnitt am häufigsten vor? Dies errechnet der Algorithmus mit Hilfe von Statistiken und Normierungen. Den Anteil exakt dieser Farbkomponenten stellt er in einem separaten Bild dar. In einem zweiten Bild verfährt der Software-Algorithmus ebenso mit der Farbkomponente, die am zweithäufigsten vorkommt und so weiter. Um auch großflächige Malereien auf gekrümmten Wänden in einer hohen Auflösung abzubilden, arbeiten die Forscher mit den Vermessungstechnikern der bgis Kreative Ingenieure GmbH zusammen. Deren Software fügt die einzelnen errechneten Bilder zu einem Gesamtpanorama zusammen und gibt den Kunsthistorikern des Dom-Museums und des Landesamts für Denkmalpflege Brandenburg einen Überblick über größere Bildzusammenhänge.

Erster Testlauf im Brandenburger Dom

Im Brandenburger Dom, der dieses Jahr sein 850-jähriges Jubiläum feiert, haben die Wissenschaftler des IFF ihre Technologie bereits erfolgreich getestet – im oberen Kreuzgang: Die Wandmalereien, die dort zu finden sind, wurden im 15. Jahrhundert von Hartmut Schedel detailliert beschrieben. Aber lange galten sie als verschollen. Vor einigen Jahren wurden diese kunsthistorisch bedeutenden Malereien wiederentdeckt und dann aufwändig restauriert. So gab der Kreuzgang sein Geheimnis preis. Und mit der Hyperspektralkamera Schritt für Schritt auch noch viele weitere Details.

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Banknoten-Check mit ultraschnellem Zeilensensor

Presseinformation (Forschung Kompakt) der Fraunhofer-Gesellschaft vom 01.06.2015

Schnelligkeit und eine exakte Bildwiedergabe sind das A und O bei der Qualitätsprüfung im Sicherheitsdruck. Herkömmliche Bildsensoren stoßen hier an ihre Grenzen. Fraunhofer-Forscher haben einen ultraschnellen Zeilensensor entwickelt, der hochwertige Bilder liefert und Banknoten mit fehlerhaften Sicherheitsmerkmalen identifiziert.

Allein im ersten Halbjahr 2014 wurden nach Angaben der Deutschen Bundesbank knapp 25 000 falsche Euro-Banknoten im Wert von 1,5 Millionen Euro registriert. Um Geldfälschern ihr kriminelles Handwerk zu erschweren, werden Banknoten mit speziellen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet. Dazu zählen winzige Strukturen, die mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, sowie Hologramme mit Kippeffekten. Dabei verändert sich das Motiv, wenn man es aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Qualitätsprüfungen beim Druck sollen mit Hilfe spezieller Kameras sicherstellen, dass diese Merkmale auf jeder Banknote fehlerfrei vorhanden sind.

Das AIT Austrian Institute of Technology ist am internationalen Markt führend in der Herstellung solcher Prüfsysteme für den Sicherheitsdruck. Für die Entwicklung eines neuen Sensors hat die österreichische Forschungseinrichtung das Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS in Duisburg mit ins Boot geholt. Denn heute verfügbare Sensoren stoßen mittlerweile an ihre Grenzen: Ihre Geschwindigkeit reicht oft nicht aus, um die Qualität in Echtzeit während des Produktionsprozesses zu prüfen.

Kamera nimmt 200 000 Farbbilder pro Sekunde auf

Mit dem 60-Zeilen-Sensor, den die Duisburger Experten entwickelt haben, gehören diese Nachteile der Vergangenheit an: »Unser Sensor ist doppelt so schnell wie heute verfügbare Lösungen und liefert gleichzeitig qualitativ hochwertige Bilder in sehr hoher Auflösung«, erklärt Werner Brockherde vom IMS. Der Sensor erfasst die Geldscheine – ähnlich wie ein Scanner – Zeile für Zeile, wenn sie aus der Druckerpresse kommen. Pro Sekunde nimmt die Kamera dabei bis zu 200 000 Farbbilder auf, bei Belichtungszeiten von Millionstel Sekunden. Eine Software vergleicht die Bildaufnahmen mit einem Sollbild und identifiziert Banknoten mit fehlerhaften Sicherheitsmerkmalen. Um die hohe Geschwindigkeit zu erreichen, haben die IMS-Wissenschaftler für jede Pixelspalte eine eigene Auslesekette auf dem Chip integriert. Zudem entwickelten sie spezielle Photopixel, dank derer man trotz der kurzen Belichtungszeiten mit herkömmlichen Optiken arbeiten kann. In jeder Pixelspalte werden die drei Farben Rot, Grün und Blau gleichzeitig und über die gesamte Pixelfläche erfasst. Dies sorgt für eine qualitativ hochwertige Farbwiedergabe. Eine weitere Besonderheit des Sensors: Die hohe Anzahl an Zeilen ermöglicht es, Objekte aus unterschiedlichen Blinkwinkeln zu erfassen. »Damit lassen sich erstmalig auch Oberflächenstrukturen in 3D wie etwa Kippeffekte von Hologrammen überprüfen«, sagt Brockherde.

Die spezielle Architektur des Sensors eröffnet Spielräume für weitere Anwendungen. Dank der hohen Zeilenanzahl ließe sich sein Wellenlängenspektrum noch erweitern – bis in den UV- oder Infrarotlicht-Bereich. Das wäre auch für das Recycling von Kunststoffen interessant, wo der Sensor geschredderte Materialien anhand ihrer Farbinformationen identifizieren und so eine Trennung erleichtern könnte. Mit der Fähigkeit, auch 3D-Oberflächen zu analysieren, eignet er sich zudem für die Qualitätsprüfung unterschiedlicher Materialien in der industriellen Fertigung. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Untersuchung von Schienen oder Fahrdrähten der Bahn: Selbst bei einer Geschwindigkeit von rund 300 km/h könnte der Sensor gestochen scharfe Bilder mit einer Auflösung von bis zu 0,4 mm liefern und so winzigste Haarrisse erkennen. Erdnahe Satelliten, die mit einem solchen Sensor ausgestattet sind und die Erde mit einer Geschwindigkeit von 26 000 Kilometern pro Stunde umkreisen, könnten Farbaufnahmen von der Erdoberfläche mit einer Auflösung von drei Zentimetern machen.

Die Markteinführung des neuen Sensors als Herzstück der AIT-Prüfkameras ist für Ende 2015 geplant.

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