Rekordverdächtige Lithium-Metall-Batterie

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 12.08.2021

Nickelreiche Kathode und ionischer Flüssigelektrolyt ermöglichen extrem hohe Energiedichte bei guter Stabilität – Forschende berichten im Magazin Joule

Eine extrem hohe Energiedichte von 560 Wattstunden pro Kilogramm bei bemerkenswert guter Stabilität bietet eine neuartige Lithium-Metall-Batterie. Dafür haben Forschende am vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Kooperation mit der Universität Ulm gegründeten Helmholtz-Institut Ulm (HIU) eine vielversprechende Kombination aus Kathode und Elektrolyt eingesetzt: Die nickelreiche Kathode erlaubt, viel Energie pro Masse zu speichern, der ionische Flüssigelektrolyt sorgt dafür, dass die Kapazität über viele Ladezyklen weitestgehend erhalten bleibt. Über die rekordverdächtige Lithium-Metall-Batterie berichtet das Team im Magazin Joule (DOI: 10.1016/j.joule.2021.06.014)

Derzeit stellen Lithium-Ionen-Batterien die gängigste Lösung für die mobile Stromversorgung dar. Die Technologie stößt jedoch bei manchen Anforderungen an ihre Grenzen. Dies gilt besonders für die Elektromobilität, bei der leichte, kompakte Fahrzeuge mit hohen Reichweiten gefragt sind. Als Alternative bieten sich Lithium-Metall-Batterien an: Sie zeichnen sich durch eine hohe Energiedichte aus, das heißt, sie speichern viel Energie pro Masse bzw. Volumen. Doch ihre Stabilität stellt eine Herausforderung dar – weil die Elektrodenmaterialien mit gewöhnlichen Elektrolytsystemen reagieren.

Eine Lösung haben nun Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und am Helmholtz-Institut Ulm – Elektrochemische Energiespeicherung (HIU) gefunden. Wie sie im Magazin Joule berichten, setzen sie eine vielversprechende neue Materialkombination ein. Sie verwenden eine kobaltarme, nickelreiche Schichtkathode (NCM88). Diese bietet eine hohe Energiedichte. Mit dem üblicherweise verwendeten kommerziell erhältlichen organischen Elektrolyten (LP30) lässt die Stabilität allerdings stark zu wünschen übrig. Die Speicherkapazität sinkt mit steigender Zahl der Ladezyklen. Warum das so ist, erklärt Professor Stefano Passerini, Direktor des HIU und Leiter der Forschungsgruppe Elektrochemie der Batterien: „Im Elektrolyten LP30 entstehen Partikelrisse an der Kathode. Innerhalb dieser Risse reagiert der Elektrolyt und zerstört die Struktur. Zudem bildet sich eine dicke moosartige lithiumhaltige Schicht auf der Kathode.“ Die Forschenden verwendeten daher stattdessen einen schwerflüchtigen, nicht entflammbaren ionischen Flüssigelektrolyten mit zwei Anionen (ILE). „Mithilfe des ILE lassen sich die Strukturveränderungen an der nickelreichen Kathode wesentlich eindämmen“, berichtet Dr. Guk-Tae Kim von der Forschungsgruppe Elektrochemie der Batterien am HIU.

Kapazität über 1 000 Ladezyklen zu 88 Prozent erhalten

Die Ergebnisse: Die Lithium-Metall-Batterie erreicht mit der Kathode NCM88 und dem Elektrolyten ILE eine Energiedichte von 560 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg). Sie weist anfänglich eine Speicherkapazität von 214 Milliamperestunden pro Gramm (mAh/g) auf; über 1 000 Ladezyklen bleibt die Kapazität zu 88 Prozent erhalten. Die Coulomb-Effizienz, die das Verhältnis zwischen entnommener und zugeführter Kapazität angibt, beträgt durchschnittlich 99,94 Prozent. Da sich die vorgestellte Batterie auch durch eine hohe Sicherheit auszeichnet, ist den Forschenden aus Karlsruhe und Ulm damit ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur kohlenstoffneutralen Mobilität gelungen.

Über das Helmholtz-Institut Ulm

Das Helmholtz-Institut Ulm (HIU) wurde im Januar 2011 vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) als Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft in Kooperation mit der Universität Ulm gegründet. Mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) sind zwei weitere renommierte Einrichtungen als assoziierte Partner in das HIU eingebunden. Das internationale Team aus rund 130 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern forscht im HIU an der Weiterentwicklung der Grundlagen von zukunftsfähigen Energiespeichern für den stationären und mobilen Einsatz. (or)

Originalpublikation:
Fanglin Wu, Shan Fang, Matthias Kuenzel, Angelo Mullaliu, Jae-Kwang Kim, Xinpei Gao, Thomas Diemant, Guk-Tae Kim, and Stefano Passerini: Dual-anion ionic liquid electrolyte enables stable Ni-rich cathodes in lithium-metal batteries. Joule. Cell Press, 2021. DOI: 10.1016/j.joule.2021.06.014

Externer Link: www.kit.edu

Student, Erfinder, 3D-Druck-Gründer

Pressemitteilung der Hochschule Coburg vom 27.07.2021

Adrian Beetz störte, dass er mit seinem 3D-Drucker nur ein Material verarbeiten konnte. In seiner Masterarbeit an der Hochschule Coburg löste er das Problem und entwickelte Ideen für zusätzliche Funktionen. Er wurde zum Unternehmensgründer und seine Erfindung ist mittlerweile serienreif.

Die Technik funktioniert ähnlich wie die Spritztülle einer Bäckerei: Schicht für Schicht wird Material aufgetragen und dabei verschmolzen. Ein dreidimensionales Objekt wird „gedruckt“. Fachleute sprechen von additiver Fertigung und bei der weit verbreiteten Variante mit thermoplastischem Material meist von „Fused Layer Modeling“. Allgemein hat sich längst der Begriff 3D-Druck durchgesetzt und immer mehr Menschen nutzen es.

Auch Adrian Beetz hatte als Student so einen 3D-Drucker zu Hause, aber zufrieden war er damit nicht. „Weil ich in einem Druckauftrag nur ein Material drucken konnte. Ich wollte aber mehr Flexibilität.“ Nach seinem Mechatronik-Bachelor in Aschaffenburg hatte sich der Unterfranke für einen Master im Fach Entwicklung und Management im Maschinen- und Automobilbau an der Hochschule Coburg entschieden. Er nahm sich vor, in seiner Masterarbeit einen 3D-Drucker zu entwickeln, der Objekte aus mehreren Werkstoffen drucken kann und dabei noch weitere Funktionen im Produktionsprozess übernimmt. Mit der Idee wandte er sich an Prof. Dr. Markus Stark, der unter anderem auch das Labor für Prototypen- und Modelltechnik an der Hochschule leitet – und gleich von dem Projekt angetan war. „Ich habe das sehr gerne unterstützt!“

Die Hochschule half fachlich und stellte das Material zur Verfügung. Beetz suchte eine Lösung für die verschiedenen Düsenarten, -durchmesser und Schmelzpunkte der unterschiedlichen Materialien. Er erfand einen automatischen Werkzeugwechsler und entwickelte ihn weiter, außerdem plant er beispielsweise, dass die Teile automatisch eingelegt werden und eine Zwischen- und Nachbearbeitung der Oberfläche erfolgen kann.

Start in einer gemieteten Werkstatt

Mit der ersten Variante des Geräts können vier Werkstoffe gleichzeitig verarbeitet werden „Es hat jetzt Serienreife erreicht“, sagt Beetz. Das erste Exemplar bekam die Hochschule Coburg. Bei der Übergabe erzählt der Absolvent vom Nachfolgemodell, an dem er gerade arbeitet. Es soll fünf Materialien gleichzeitig drucken. „An manchen Stellen wird sehr festes Material benötigt, woanders ist etwas elastisches sinnvoll und wiederum an anderer Stelle ist vielleicht eher ein möglichst geringer Verschleiß entscheidend“, erklärt der Ingenieur. Das Filament, also den Kunststoffdraht, der verschmolzen wird, gibt es aus allen möglichen Materialien. „Es kann auch leitfähig sein, wenn elektrische Funktionen im Bauteil integriert werden sollen.“

Das Patent hat Beetz bereits im Februar 2020 angemeldet, im Februar 2021 gründete er seine Firma AB-3D in der Nähe von Würzburg. Hauptberuflich arbeitet er bei einem Maschinenbauer. Seine 3D-Drucker baut der 28-Jährige nebenbei in einer gemieteten Werkstatt. „Aber ich bin dabei, das Geschäft auszubauen. Vor allem suche ich Teammitglieder für den Vertrieb.“ Zielgruppe sind besonders kleine und mittelständische Unternehmen. (Natalie Schalk)

Externer Link: www.hs-coburg.de

Quantensimulator überflügelt Computer

Presseaussendung der Universität Innsbruck vom 16.07.2021

In der Fachzeitschrift Nature haben Innsbrucker Physiker um Andreas Läuchli gemeinsam mit Kollegen in Frankreich einen Quantensimulator für große Vielteilchensysteme präsentiert. Die Wissenschaftler konnten mit dem Simulator antiferromagnetische Materiezustände mit bis zu 200 Atomen erzeugen. Mit klassischen Simulationen lassen sich solche Festkörperphänomene kaum mehr untersuchen.

Quanteneigenschaften in Festkörpern lassen sich nur sehr schwer analysieren. Quantensimulatoren bieten hier neue Möglichkeiten: Mit ihnen können die Wechselwirkungen einzelner Teilchen in einem Vielteilchensystem unter sehr gut kontrollierten Bedingungen studiert werden. Gemeinsam mit Experimentalphysikern am Laboratoire Charles Fabry der Universität Paris-Saclay hat das Team um Andreas Läuchli vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck nun einen Quantensimulator mit bis zu 200 Atomen präsentiert. „Im Vergleich zu bisher verfügbaren Systemen stellt dies einen Meilenstein dar“, freut sich Andreas Läuchli. „Wir kommen hier in eine Größenordnung, in der klassische Computersimulationen an ihre Grenzen stoßen.“

Materialproben von beliebigem Zuschnitt

Das Experiment der französischen Physiker kann bis zu 200 Rubidium-Atome mit optischen Pinzetten einfangen und miteinander zur Wechselwirkung bringen. Mit Hilfe der Pinzetten lassen sich dabei beliebige Anordnungen erzeugen. Die Atome werden zunächst in den Grundzustand gekühlt und dann mit Hilfe von Laserlicht einzeln angeregt. Die Anregung in den sogenannten Rydberg-Zustand, bei dem die Elektronenwolke um den Atomkern eine riesige Ausdehnung erreicht, führt zur Wechselwirkung zwischen benachbarten Atomen. Auf diese Weise lässt sich zum Beispiel antiferromagnetische Materie nachbilden. Im Experiment wurden Antiferromagneten auf Quadratgittern und Dreiecksgittern erzeugt. „Die Dreiecksgitter sind unsere Spezialität“, betont Michael Schuler, der zur Zeit der Entstehung der Studie Post-Doc an der TU Wien war. „Hier konnten wir sogar zwei unterschiedliche antiferromagnetische Zustände erzeugen.“

Quantensimulator überlegen?

An der Universität Innsbruck haben die Theoretiker um Andreas Läuchli die untersuchten Materiezustände mit Hilfe von Computersimulationen auf Hochleistungsrechnern überprüft. „Die Ergebnisse zeigen eine hohe Übereinstimmung mit dem Experiment“, sagt Alexander Eberharter. Diese Überprüfung am Computer kommt freilich an ihre Grenzen: Während die Simulation für 100 Teilchen auf dem Hochleistungsrechner LEO der Universität Innsbruck bereits mehrere Wochen gedauert hat, liefert der Quantensimulator Ergebnisse für 200 Teilchen in weniger als einem Tag. Mit der Größe der erzeugten Gitter und der damit steigenden Anzahl von Teilchen, wächst der Aufwand für die Computersimulation exponentiell an. „Die nächste Generation von Experimenten mit einigen Hundert Atomen wird somit in einen Bereich vorstoßen, in dem Computersimulationen mit einem vertretbaren Aufwand keine exakten Ergebnisse mehr liefern können.“ Unabhängig davon bleiben die Simulationen der Theoretischen Physiker für die Beschreibung und Validierung der Experimente wichtig. Auch liefern sie Hinweise, in welchen Bereichen der Quantensimulator weiter verbessert werden kann.

Optimierungsprobleme lösen

Der auf Rydberg-Atomen basierende Quantensimulator bietet nicht nur die Möglichkeit, Phänomene der Festkörperphysik im Detail zu studieren. „Es gibt zahlreiche Vorschläge, auch von Kollegen an unserem Institut, solche Systeme für die Lösung von Optimierungsproblemen einzusetzen“, sagt Andreas Läuchli. Ob dies tatsächlich möglich ist, bleibt vorerst noch offen. „Mit der aktuellen Arbeit haben wir jedenfalls einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht.“

Die Arbeit wurde unter anderem vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der Europäischen Union finanziell unterstützt.

Externer Link: www.uibk.ac.at

Hochtemperatur-Supraleitung verstehen – mit ultratiefen Temperaturen

Presseaussendung der TU Wien vom 21.07.2021

Eine überraschende Entdeckung an der TU Wien könnte helfen, das Rätsel der Hochtemperatur-Supraleitung zu lösen: Ein berühmtes „Strange Metal“ stellte sich als Supraleiter heraus.

Bei tiefen Temperaturen verlieren bestimmte Materialien ihren elektrischen Widerstand und können Strom völlig verlustfrei leiten – dieses Phänomen, die Supraleitung, ist zwar schon seit 1911 bekannt, doch bis heute ist es nicht vollständig verstanden. Und das ist schade, denn ein Material, das auch bei hohen Temperaturen immer noch supraleitende Eigenschaften hätte, würde wohl eine technologische Revolution auslösen.

An der TU Wien gelang nun eine Entdeckung, die ein wichtiger Schritt in diese Richtung sein könnte: Ein Festkörperphysik-Forschungsteam untersuchte ein ungewöhnliches Material – ein sogenanntes „Strange Metal“ aus Ytterbium, Rhodium und Silizium. Strange Metals zeigen einen ungewöhnlichen Zusammenhang zwischen elektrischem Widerstand und Temperatur. Bei diesem Material ist dieser Zusammenhang in einem besonders großen Temperaturbereich zu sehen, und der zugrundeliegende Mechanismus ist bekannt. Entgegen bisheriger Annahmen stellte sich nun heraus, dass dieses Material außerdem ein Supraleiter ist und die Supraleitung eng mit dem Strange-Metal-Verhalten in Verbindung steht. Das könnte der Schlüssel zum Verständnis von Hochtemperatur-Supraleitung auch in anderen Materialklassen sein.

Strange Metal: linearer Zusammenhang von Widerstand und Temperatur

Bei gewöhnlichen Metallen steigt der elektrische Widerstand bei tiefen Temperaturen mit dem Quadrat der Temperatur. Bei manchen Hochtemperatur-Supraleitern ist die Situation aber völlig anders: Bei tiefen Temperaturen, unterhalb der sogenannten supraleitenden Sprungtemperatur, zeigen sie überhaupt keinen elektrischen Widerstand, und oberhalb dieser Temperatur steigt der Widerstand linear statt quadratisch mit der Temperatur. Man spricht in diesem Fall von „Strange Metals“ – von „seltsamen Metallen“.

„Man hat daher in den letzten Jahren bereits vermutet, dass dieser lineare Zusammenhang zwischen Widerstand und Temperatur eine ganz wichtige Bedeutung für die Supraleitung hat“, sagt Prof. Silke Bühler-Paschen, die am Institut für Festkörperphysik der TU Wien den Forschungsbereich „Quantum Materials“ leitet. „Doch leider kannte man bisher kein geeignetes Material, um das wirklich gut untersuchen zu können.“ Bei Hochtemperatur-Supraleitern ist der lineare Zusammenhang zwischen Temperatur und Widerstand meist nur in einem relativ kleinen Temperaturbereich nachweisbar und außerdem können verschiedene komplizierte Effekte, die bei höheren Temperaturen unweigerlich auftreten, diesen Zusammenhang auf komplizierte Weise beeinflussen.

Viele Experimente wurden mit einem exotischen Material (YbRh2Si2) durchgeführt, in dem das Strange-Metal-Verhalten in einem extrem weiten Temperaturbereich sichtbar ist – doch erstaunlicherweise schien gerade aus diesem extremen „Strange Metal“-Zustand heraus keine Supraleitung zu entstehen. „Es gab bereits theoretische Überlegungen, um zu begründen, warum Supraleitung hier einfach nicht möglich ist“, sagt Silke Bühler-Paschen. „Wir beschlossen trotzdem, uns dieses Material noch einmal näher anzusehen.“

Rekordverdächtige Kälte

An der TU Wien steht ein besonders leistungsfähiges Tieftemperaturlabor zur Verfügung. „Dort können wir Materialien bei extremeren Bedingungen untersuchen als das anderen Forschungsgruppen bisher möglich war“, erklärt Silke Bühler-Paschen. So konnte man zunächst zeigen, dass in YbRh2Si2 der lineare Zusammenhang zwischen Widerstand und Temperatur sogar in einem noch größeren Temperaturbereich gegeben ist als bisher gedacht – und dann gelang die entscheidende Entdeckung: Bei extrem tiefen Temperaturen von nur einem Millikelvin wird aus dem Strange Metal ein Supraleiter.

„Damit ist unser Material optimal geeignet, um herauszufinden, auf welche Weise das Strange-Metal-Verhalten zur Supraleitung führt“, sagt Silke Bühler-Paschen.

Paradoxerweise sorgt gerade die Tatsache, dass das Material erst bei sehr tiefen Temperaturen supraleitend wird, dafür, dass sich damit Hochtemperatur-Supraleitung besonders gut erforschen lässt: „Die Mechanismen, die zu Supraleitung führen, sind bei diesen extrem niedrigen Temperaturen besonders gut sichtbar, weil sie dort nicht von anderen Effekten überlagert werden. In unserem Material ist dies die Lokalisierung eines Teils der Leitungselektronen an einem quantenkritischen Punkt. Es erscheint wahrscheinlich, dass derselbe Mechanismus auch für das Verhalten von Hochtemperatur-Supraleitern wie den berühmten Cupraten verantwortlich ist“, sagt Silke Bühler-Paschen. (Florian Aigner)

Originalpublikation:
D.H. Nguyen et al., Superconductivity in an extreme strange metal, Nature Communications (2021).

Externer Link: www.tuwien.at

Klimafester Baum

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 06.07.2021

Gegen den Trockenstress: Neues Verfahren aus der Biomechanik lässt Wurzeln in die Tiefe wachsen

Baumwurzeln werden von feuchten Bodenbereichen angelockt, ein Phänomen, das als Hydrotropismus bekannt ist. Oberflächliches Bewässern führt deshalb dazu, dass Wurzeln nahe der Oberfläche bleiben, statt in die Tiefe zu wachsen. Biomechaniker des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben mit der Methode der Splittzylinder ein leicht anzuwendendes Verfahren entwickelt, mit dem die Baumwurzeln in tiefere, feuchtere Bodenschichten gelockt werden. Damit sollen die Bäume widerstandsfähiger gegen Folgen des Klimawandels werden.

Stadt- und Parkbäume, aber auch Bäume auf den Grundstücken privater Hausbesitzer leiden durch den Klimawandel und die damit bei uns einhergehenden geringeren Niederschläge immer stärker unter Trockenstress. Pflanzenwurzeln wachsen durch sogenannten Hydrotropismus normalerweise in Richtung höherer Bodenfeuchte. „Regelmäßiges oberflächliches Bewässern führt dazu, dass die Wurzeln Richtung Oberfläche gezogen werden, statt in die Tiefe, wo sie mehr Feuchtigkeit finden“, erläutert Professor Claus Mattheck von der Abteilung Biomechanik am Institut für Angewandte Materialwissenschaften des KIT. „Wir müssen den Wurzeln also einen Anreiz bieten, nach unten zu wachsen.“ Modernere Bewässerungsmethoden bringen bereits mit vertikal eingesetzten Rohren Wasser in tiefere Bodenschichten, locken Wurzeln somit nach unten, wo die Erde nicht so schnell austrocknet.

Mit Splitt gegen Trockenheit

Mit der nun am KIT entwickelten Methode der Splittzylinder könnten sich Straßenbäume in der Stadt, Bestandsbäume in Parks oder im heimischen Garten mit einem einfachen Verfahren besser gegen Trockenheit wappnen. Grundlage dafür ist eine Mischung aus grobem Splitt und Terra preta, einem ursprünglich aus dem Amazonasgebiet kommenden fruchtbaren schwarzen Boden. Diese Mischung soll möglichst tief in die Erde eingebracht werden, etwa durch Bohren eines 20 bis 30 Zentimeter breiten Lochs.

„Wir gehen davon aus, dass die Wurzeln der Bäume von der gut durchlüfteten, durch Verkehrsschwingungen kaum verdichtbaren und mit Terra preta angereicherten Splittsäule angelockt werden und diese zunehmend durchwurzeln“, beschreibt Mattheck das Ziel des Verfahrens. Experimente mit Maispflanzen bestätigen diese Hypothese. Untersuchungen an Bäumen laufen an mehreren Standorten.

Die Idee, hier Terra preta als Dünger zu verwenden, stammt von Siegfried Fink, Professor für Forstbotanik an der Universität Freiburg, der am Amazonas forschte.

Nun sind tiefere Bodenschichten zumeist etwas feuchter und ziehen die Wurzeln somit an. „Wenn im unteren Ende des Splittzylinders die Wurzeldichte zu hoch wird, ist zu erwarten, dass die Wurzeln sich in dieser tiefen und feuchteren Bodenschicht auch außerhalb des vorgegebenen Zylinders breitmachen. Eine dauerhafte Bewässerung ist dann nicht mehr notwendig“, so Mattheck. In der größeren Tiefe finden die Wurzeln auch bei Dürre mehr Wasser.

„Der Splittzylinder ist für die Bäume sozusagen Futterstelle und Wurzeltauchstation in einem und damit Hilfe zur Selbsthilfe“, zeigt sich der Wissenschaftler mit dem neuen Verfahren zufrieden. „Die Durchwurzelung der Splittzylinder braucht aber etwas Zeit und damit der Baumfreund Geduld.“ Lehmböden seien jedoch ungeeignet für diese Methode, weil sie bei Starkregen voll Wasser laufen und die Wurzeln ersticken würden. (jh)

Externer Link: www.kit.edu