Ein erfolgreiches Jahr für ETH-Spin-offs

Medienmitteilung der ETH Zürich vom 06.01.2020

Im Jahr 2019 wurden an der ETH Zürich 30 neue Spin-offs gegründet. Das Klimajahr widerspiegelt sich auch in den Neugründungen: Auffällig viele der neuen ETH-Spin-offs entwickeln nachhaltige Materialien.

Die ETH Zürich blickt auf ein sehr erfolgreiches Spin-off-Jahr zurück und kann die Anzahl der Gründungen vom Vorjahr erneut ausbauen: 30 neue Firmen wurden 2019 von ETH-Forschenden gegründet. Zudem beweisen die hohen Investitionen in ETH-Spin-offs deren Attraktivität. So erzielte die Firma GetYourGuide als erster ETH-Spin-off noch vor einem Börsengang über eine Milliarde Marktwert. Auch in diesem Jahr stammen viele Neugründungen aus dem Bereich Informatik und Kommunikationstechnologie. Besonders zugelegt hat der Bereich neue Materialien. Sechs der neuen Spin-offs fokussieren auf nachhaltige und ökologische Materialien.

Umweltfreundliche Membran und Isolation aus Industrieabfällen

Obwohl sich die Spin-offs mit sehr unterschiedlichen Materialien befassen, ist ihnen eines gemeinsam: Ihre Produkte sollen die Umwelt schonen. FenX verwandelt Industrieabfall in einen porösen Schaum, der sich zur Gebäudeisolation eignet. Im Gegensatz zu anderen nachhaltigen Dämmstoffen ist dieser nicht brennbar und günstig herzustellen. Auch ETH-Spin-off Neustark verwendet Altes, um Neues zu schaffen und hat sich zum Ziel gesetzt, Beton kostengünstig zu recyceln. So können die CO2-Emissionen, die bei der Herstellung von Zement immens sind, deutlich reduziert werden. Der Spin-off Dimpora hingegen entwickelt eine umweltfreundliche Membran für Outdoor-Jacken, die ohne Fluorverbindungen auskommt, aber gleich atmungsaktiv ist wie herkömmliche Membranen.

Weiteres Wachstum im Spin-off-Bereich

Detlef Günther, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen, freut sich über die vielen Spin-off-Gründungen. «Viele haben mich in den letzten Jahren darauf angesprochen, dass die ETH doch mehr Firmen gründen könnte. Meine Antwort war immer die gleiche: Wenn die richtigen Ideen da sind, werden unsere Forschenden das Risiko nicht scheuen.» Für die ETH sei es wichtig, dass aus guten Technologien und Ideen aus der Grundlagenforschung Firmen mit Wachstumspotenzial entstehen und somit neue Arbeitsplätze geschaffen würden. Langfristig am Markt zu bestehen, sei dabei eine Herausforderung und berge ein grosses Risiko für die Firmengründerinnen und -gründer. «An der ETH Zürich haben sie aber gute Startmöglichkeiten, da es ein zentrales Anliegen der Hochschule ist, Innovationen schnell in die Gesellschaft zu tragen», so Günther.

So viele Investitionen wie noch nie

Erfreulich hat sich im vergangenen Jahr auch das gesamte Investitionsvolumen in ETH-Spin-offs entwickelt. Rund 630 Millionen Schweizer Franken wurden in ETH-Spin-offs investiert – ein Investitionsvolumen in dieser Grössenordnung gab es vorher noch nicht. Zwar sticht GetYourGuide heraus, aber auch viele weitere Spin-offs konnten letztes Jahr grosse Finanzierungsrunden vermelden. So wurde etwa in Nexxiot 50 Millionen Schweizer Franken und in Beekeeper 45 Millionen US-Dollar investiert. Der 2019 gegründete ETH-Spin-off Planted Foods, der aus Erbsen einen Fleischersatz herstellt, konnte eine erste Finanzierungsrunde von 7 Millionen Schweizer Franken abschliessen.

Externer Link: www.ethz.ch

Neuartige Kombination von Antikörpern führt zu deutlicher Verbesserung bei Krebs-Immuntherapie

Medienmitteilung der Universität Basel vom 30.12.2019

Der gleichzeitige Einsatz von Antikörpern, die auf zwei verschiedenen Wirkungsmechanismen beruhen, führt zu einer effektiveren Zerstörung von Tumoren. Dies zeigt eine im Fachjournal «PNAS» veröffentlichte Studie von medizinischen Onkologen und Wissenschaftlern der Universität Basel an Tiermodellen. Davon profitieren könnten vor allem Patientinnen und Patienten mit Tumoren, die nicht auf die bereits verfügbaren Immuntherapie-Behandlungen ansprechen.

In den letzten Jahren haben Immuntherapien gegen Krebs grosse Hoffnungen geweckt. Diese neuartigen Therapien rekrutieren das körpereigene Immunsystem zur Zerstörung des Krebsgewebes. Einen vielversprechenden Effekt in vorklinischen Studien zeigte ein Antikörper, der den CD40-Rezeptor auf der Oberfläche von Immunzellen aktiviert und so die Produktion von natürlichen T-Killerzellen ankurbelt.

Doch in den darauffolgenden klinischen Studien blieb der Erfolg des CD40-Antikörpers weit hinter den Erwartungen zurück – weniger als 20% der Patienten sprachen darauf an. Die Forschungsgruppe Cancer Immunology der Universität Basel zeigte jetzt im Tiermodell, dass sich die Wirkung des Anti-CD40-Antikörpers durch die Kombination mit zwei weiteren Antikörpern, die an den Blutgefässen des Tumors ansetzen, erheblich erhöhen lässt.

Den Weg ins Innere des Tumors öffnen

Ausgangspunkt für die Studie war die Beobachtung, dass die Gabe von Anti-CD40-Antikörpern zwar wie vorgesehen zu einer Vermehrung von T-Killerzellen führt – doch diese lassen sich dann nur in den Randbereichen und nicht im Inneren des Tumors nachweisen. Die Forschenden vermuteten, dass der Grund dafür in der Beschaffenheit der Blutgefässe des Tumors liegt.

«Normalerweise sind die Blutgefässe eines Tumors nicht dicht oder sie sind verkümmert. Deshalb gibt es für die T-Killerzellen keinen guten Weg ins Innere», sagt Studienleiter Dr. Abhishek Kashyap. «Unsere Hypothese war: Nur wenn es genug gesunde Blutgefässe gibt, können die T-Killerzellen in den Tumor eindringen und ihn zerstören.»

Deshalb kombinierten sie den Anti-CD40-Antikörper mit zwei weiteren, sogenannten anti-angiogenetischen Antikörpern, welche die Blutgefässe von Tumoren stabilisieren können. Einer der verwendeten anti-angiogenetischen Antikörper ist unter dem Namen Avastin schon für die Krebs-Therapie zugelassen, der andere befindet sich noch in der klinischen Entwicklung. Alle Antikörper wurden von der Firma Roche zur Verfügung gestellt.

Neue Kombination zerstört Tumorgewebe

Diese neue Kombination von Antikörpern testeten die Forschenden dann in mehreren Tiermodellen für verschiedene Krebsarten wie Darm-, Brust- oder Hautkrebs. Wie erwartet sorgte die Kombination der drei Antikörper bei allen Krebsarten für eine signifikante Verbesserung bei der Zerstörung des Tumorgewebes.

Eine genauere Analyse zeigte zudem, dass dieser Erfolg auf dem vorhergesagten Mechanismus beruhte: Durch die Zugabe der beiden anti-angiogenetischen Antikörper verfügten die Tumoren über mehr intakte Blutgefässe. Überraschenderweise zeigten die Untersuchungen aber auch, dass die Antikörper-Kombination das Immunsystem auf vielfältige Weise sehr effektiv stärkt – etwa durch die Aktivierung von Genen, die Produktion von Zytokinen, eine bessere Durchdringung des Tumors mit Killerzellen und durch die Förderung einer tumorfeindlichen Entzündungsreaktion in der Umgebung des Tumors.

«Unser Ergebnis zeigt, wie wichtig es ist, die Biologie von Tumoren zu verstehen», sagt Kashyap. Er glaubt, dass vor allem Patientinnen und Patienten mit ‹kalten› Tumoren – also Tumoren, die nicht gut auf eine Immuntherapie ansprechen – von dieser neuen Kombination profitieren könnten. «Durch die anti-angiogenetischen Antikörper können wir die ‹kalten› Tumoren möglicherweise ‹heiss› machen, sodass die Immuntherapie besser funktioniert.» Mittlerweile gibt es auch schon einige frühe klinische Studien, die vergleichbare Therapien im Menschen testen.

Zusammenarbeit stärkt Resultate

Nach Ansicht von Kashyap besteht die Stärke der Studie nicht nur in den grossen gemessenen Effekten, sondern auch in der Tatsache, dass mehrere verschiedene Labors die gleichen Ergebnisse erzielten: Die Experimente wurden am Universitätsspital Basel, an der EPFL und im Roche Innovation Center Zürich durchgeführt.

Dies bestätigt auch Prof. Alfred Zippelius, Professor für Translationale Onkologie an der Universität Basel und Letztautor der Studie: «Das Innovations- und Umsetzungspotenzial dieser Arbeit ist das Ergebnis einer engen und exzellenten Zusammenarbeit zwischen angewandter und Grundlagenforschung, zwischen Universität Basel und EPFL und schliesslich zwischen Wissenschaft und Industrie.»

Originalpublikation:
Abhishek S. Kashyap, Martina Schmittnaegel, Nicolò Rigamonti, Daniela Pais-Ferreira, Philipp Mueller, Melanie Buchi, Chia-Huey Ooi, Matthias Kreuzaler, Petra Hirschmann, Alan Guichard, Natascha Rieder, Ruben Bill, Frank Herting, Yvonne Kienast, Stefan Dirnhofer, Christian Klein, Sabine Hoves, Carola H. Ries, Emily Corse, Michele De Palma, Alfred Zippelius
Optimized anti-angiogenic reprogramming of the tumor microenvironment potentiates CD immunotherapy
PNAS (2019), doi: 10.1073/pnas.1902145116

Externer Link: www.unibas.ch

Programmierbare Nester für Zellen

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 09.12.2019

Forscherinnen und Forscher des KIT entwickeln neuartige Kompositmaterialien aus DNA, Silica-Partikeln und Kohlenstoff-Nanoröhren – Eigenschaften lassen sich auf verschiedene Anwendungen abstimmen

Aus der Erbsubstanz DNA, kleinsten Silica-Partikeln und Kohlenstoff-Nanoröhren haben Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) neue programmierbare Materialien entwickelt. Diese Nanokompositmaterialien lassen sich für verschiedene Anwendungen maßschneidern und so programmieren, dass sie schnell und schonend abgebaut werden können. Für medizinische Anwendungen können sie Umgebungen schaffen, in denen sich menschliche Stammzellen einnisten und weiterentwickeln können. Sie eignen sich aber auch für den Aufbau von Biohybridsystemen, beispielsweise zur Stromgewinnung. Ihre Ergebnisse stellen die Wissenschaftler in der Zeitschrift Nature Communications und auf der Plattform bioRxiv vor.

Das Kultivieren von Stammzellen dient der Grundlagenforschung wie auch der Entwicklung wirksamer Therapien gegen schwere Erkrankungen, beispielsweise um geschädigtes Gewebe zu ersetzen. Allerdings können sich Stammzellen nur in einer geeigneten Umgebung zu gesundem Gewebe entwickeln. Besonders zum Aufbau dreidimensionaler Gewebestrukturen bedarf es Materialien, welche die Zellfunktionen durch eine perfekte Elastizität unterstützen. Neue programmierbare Materialien, die sich als Substrate für biomedizinische Anwendungen eignen, hat nun die Forschungsgruppe um Professor Christof M. Niemeyer am Institut für Biologische Grenzflächen 1 – Biomolekulare Mikro- und Nanostrukturen (IBG 1) des KIT gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen vom Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik, vom Zoologischen Institut und vom Institut für Funktionelle Grenzflächen des KIT entwickelt. Mit diesen Materialien lassen sich unter anderem Umgebungen schaffen, in denen sich menschliche Stammzellen einnisten und weiterentwickeln können.

Wie die Forscherinnen und Forscher in der Zeitschrift Nature Communications berichten, bestehen die neuen Materialien aus der Erbsubstanz DNA sowie kleinsten Silica-Partikeln und Kohlenstoff-Nanoröhren. „Diese Kompositmaterialien werden durch eine biochemische Reaktion aufgebaut und lassen sich über die Mengen der Einzelbestandteile in ihren Eigenschaften präzise einstellen“, erklärt Christof M. Niemeyer. Darüber hinaus lassen sich die Nanokompositmaterialien so programmieren, dass sie schnell und schonend abgebaut werden können und die darin gewachsenen Zellhaufen freisetzen. Diese lassen sich dann für weitere Experimente nutzen.

Neue Materialien für Biohybridsysteme

Wie das Team des IBG 1 des KIT in einer weiteren Publikation auf der Biowissenschafts-Plattform bioRxiv berichtet, lassen sich die neuen Nanokompositmaterialien auch für den Aufbau programmierbarer Biohybridsysteme verwenden. „Der Einsatz von lebenden Mikroorganismen, die in elektrochemische Geräte integriert sind, ist ein expandierendes Forschungsgebiet“, erläutert Professor Johannes Gescher vom Institut für Angewandte Biowissenschaften (IAB) des KIT, der an dieser Studie beteiligt war. „So lassen sich beispielsweise mikrobielle Brennstoffzellen, mikrobielle Biosensoren oder mikrobielle Bioreaktoren herstellen.“ Das von den Karlsruher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aufgebaute Biohybridsystem enthält das Bakterium Shewanella oneidensis. Dieses ist exoelektrogen, das heißt, es produziert beim Abbau organischer Substanz unter Sauerstoffmangel einen elektrischen Strom. Wird Shewanella oneidensis in den am KIT entwickelten Nanokompositmaterialien kultiviert, bevölkert es die Matrix des Verbunds. Das nicht exoelektrogene Bakterium Escherichia coli dagegen bleibt auf seiner Oberfläche. Der Shewanella-haltige Verbundstoff hält sich mehrere Tage stabil. In zukünftigen Arbeiten wird die Forschungsgruppe weitere biotechnologische Anwendungen der neuen Materialien erschließen. (or)

Originalpublikationen:

Yong Hu, Carmen M. Domínguez, Jens Bauer, Simone Weigel, Alessa Schipperges, Claude Oelschlaeger, Norbert Willenbacher, Stephan Keppler, Martin Bastmeyer, Stefan Heißler, Christof Wöll, Tim Scharnweber, Kersten S. Rabe & Christof M. Niemeyer: Carbon-nanotube reinforcement of DNA-silica nanocomposites yields programmable and cell-instructive biocoatings. Nature Communications, 2019. DOI: 10.1038/s41467-019-13381-1 (Open Access)

Yong Hu, David Rehnlund, Edina Klein, Johannes Gescher & Christof M. Niemeyer: Cultivation of Exoelectrogenic Bacteria in Conductive DNA Nanocomposite Hydrogels Yields a Programmable Biohybrid Materials System. bioRxiv, 2019. DOI: 10.1101/864967 (Open Access)

Externer Link: www.kit.edu

Faire Dienstpläne: Start-up der Universität des Saarlandes setzt auf Künstliche Intelligenz

Pressemitteilung der Universität des Saarlandes vom 20.12.2019

Immer mehr Menschen wollen ihre Arbeitszeit ihren individuellen Bedürfnissen anpassen können. Dynamische und flexible Dienst- und Schichtpläne könnten dabei helfen, tun dies jedoch nur selten. Denn die planenden Personen sind schnell überfordert, existierende Computerprogramme helfen nicht genug. Ändern soll dies eine neue Software, die mithilfe Künstlicher Intelligenz aus den Bewertungen der Mitarbeiter lernt.

„Die Komplexität steigt exponentiell und macht sich bereits bemerkbar, wenn nur zehn Mitarbeiter, deren Wünsche und Arbeitszeiten über 30 Tage hinweg erfasst werden müssen. Ein Mensch kann das  nicht mehr bewältigen“, erklärt Andreas Karrenbauer. Er berät die drei Gründer des Start-ups „ChronoFair“, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit dem Exist-Gründerstipendium unterstützt werden. Karrenbauer arbeitet am Max-Planck-Institut für Informatik auf dem Saarland Informatics Campus in Saarbrücken. Dort erforscht er, wie sich komplexe Probleme durch Rechenverfahren lösen lassen.

Zusammen mit Matthias Manderscheid hat Karrenbauer die Grundlagen des Onlinesystems „ChronoFair“ konzipiert. ChronoFair berechnet nicht nur den jeweiligen Dienstplan nach vorgegebenen Nebenbedingungen. Es ermöglicht auch Angestellten, diesen online zu bewerten. Die so erhaltenen Rückmeldungen verarbeitet das System dann mithilfe von Maschinellem Lernen, um in Zukunft noch bessere, auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Personalpläne zu liefern. „Bisher ist so etwas bereits an der Kommunikation der Beteiligten untereinander gescheitert, ganz zu schweigen von der rechnerischen Komplexität“, erklärt Karrenbauer.

ChronoFair kombiniert Webtechnologie und Künstliche Intelligenz: Zuerst gibt der Planer online alle notwendigen Daten zu Angestellten und Schichtsystem ein. Angestellte können auch per Browser Wünsche und Präferenzen mitteilen. Das System fasst all diese Daten zusammen und formt daraus ein komplexes Optimierungsproblem, das je nach Anzahl der Angestellten und dem jeweiligen Schichtsystem mehrere Millionen Gleichungen und Ungleichungen umfassen kann. Aus den möglichen Lösungen dafür wählt ChronoFair mittels einer speziellen Bewertungsfunktion die beste aus und schlägt diese als Dienstplan vor. In diesem können nun der Planer und Angestellte online einzelne Schichten und ganze Schichtabfolgen bewerten. „Mit diesen Rückmeldungen und dem Maschinellen Lernen können wir Nuancen berechnen, die zwar für den betrieblichen Ablauf keine Rolle spielen, aber für Mitarbeiter den Unterschied zwischen Schicht-Paradies und Dienst-Hölle ausmachen“, so Karrenbauer. Die Gründer beenden gerade die letzten Softwaretests in Zusammenarbeit mit Hydac. Das saarländische Unternehmen lässt ChronoFair mit den im Unternehmen angewendeten Schichtmodellen und Personalkonzepten rechnen, ohne Personaldaten weiterzugeben. Die Saarländische Wagnisfinanzierungsgesellschaft investiert bereits in das Start-up, zu dessen Gründern auch Paul Manderscheid und Sven Foit gehören.

Externer Link: www.uni-saarland.de

Ein neues Leben für alte Leintücher

Presseaussendung der TU Wien vom 15.12.2019

Mit neuen biochemischen Methoden, die von der TU Wien, der Boku Wien und der Montanuni Leoben gemeinsam entwickelt wurden, lassen sich nun Mischtextilien effizient recyceln.

Alte Textilien sind viel zu schade für den Abfall. Aber sie zu neuen, hochwertigen Produkten weiterzuverarbeiten ist nicht einfach – vor allem dann, wenn es sich um Mischfasern handelt, die etwa aus Baumwolle und Polyester bestehen. In einem großen Forschungsprojekt, an dem neben der TU Wien, der Universität für Bodenkultur Wien und der Montanuni Leoben auch verschiedene Industriepartner beteiligt waren, wurde nun eine Methode entwickelt, textile Abfälle aus Mischfasern chemisch aufzutrennen. Die Baumwolle wird in Zucker umgewandelt, der Polyesteranteil wird aufbereitet und wiederverwendet. Am Ende entstehen neue Textilien mit derselben Qualität wie die alten.

Fasern halten nicht ewig

In Europa fallen pro Jahr etwa 5 Millionen Tonnen Textilabfälle an. Ein großer Teil davon wird verbrannt oder deponiert. Das soll sich ändern, eine neue EU-Richtlinie schreibt daher vor, dass Alttextilien ab 2025 getrennt gesammelt werden. „Ganz besonders viele Alttextilien fallen in Hotels oder in Krankenhäusern an“, sagt Dr. Andreas Bartl vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften der TU Wien. „Nach ungefähr 100 Waschgängen sind die Textilien kaputt. Durch das wiederholte Waschen und Trocknen brechen die Fasern, das Material löst sich auf und bekommt Löcher.“

Das Forschungsteam arbeitete mit Leintüchern, die aus 60 % Baumwolle und 40 % Polyester bestehen. Zunächst wurden sie in feine Flocken zerteilt, dann wurde die Baumwolle mit Hilfe von Enzymen vom Polyester getrennt und in Glucose umgewandelt. „Dieser Schritt ist entscheidend, man braucht dafür ganz spezifische Enzyme“, erklärt Andreas Bartl. „Außerdem muss man Wege finden, den Prozess auf großen, industriellen Maßstab zu skalieren.“

Nach der enzymatischen Trennung hat man Polyesterfasern und Zuckerlösung. Die Fasern werden getrocknet und gereinigt, in speziellen Recyclinganlagen aufgeschmolzen und zu Granulat aufbereitet. Dieses Granulat wird dann zu einem Garn versponnen, der dann beispielsweise durch Zugabe von neuer Baumwolle weiterverarbeitet werden kann. So entsteht am Ende wieder eine Materialmischung, die dem Ausgangsstoff entspricht und dieselbe Qualität hat.

Weniger CO2

Bisher wird Polyester aus fossilen Rohstoffen gewonnen. Recycling von Textilien ist daher ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der CO2-Bilanz. „Wir wollen mit unserem Projekt die Grundlage für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft schaffen“, sagt Andreas Bartl.

Der enzymatische Prozess wurde an der Universität für Bodenkultur entwickelt, an der TU Wien wurde das Verfahren auf großen Maßstab skaliert und an der Montanuniversität Leoben wurden die Eigenschaften des Kunststoffs genau analysiert, um eine möglichst gute Qualität zu gewährleisten.

Auszeichnung

Im Rahmen des Projekts konnten die Universitäten in enger Zusammenarbeit mit den Firmenpartnern die Machbarkeit des Prozesses demonstrieren. Besonders stolz sind die Projektpartner darauf, dass das Projekt im November 2019 mit dem „Clusterland Award 2019“ ausgezeichnet wurde, einem mit 5.000 Euro dotierten Preis, der von der Raiffeisen-Landesbank Niederösterreich-Wien als Generalsponsor und ecoplus, der Wirtschaftsagentur des Landes Niederösterreich, vergeben wird. Derzeit feilen die Projektpartner an einem Nachfolgeprojekt, um einen optimierten, KMU-tauglichen Prozess für ein qualitätsgesichertes stoffliches Recycling zu entwickeln. (Florian Aigner)

Externer Link: www.tuwien.ac.at