Mini-Hubschrauber als Katastrophenhelfer

Mediendienst der Fraunhofer-Gesellschaft vom Mai 2009

Nach Erdbeben oder Chemieunfällen zählt jede Minute: Die Rettungsmannschaft muss schnell einen Überblick gewinnen. Mini-Hubschrauber sollen künftig dabei helfen: Sie erkunden eigenständig oder im Schwarm eingestürzte Gebäude von innen.

Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs begann für die Retter ein Wettlauf gegen die Zeit. Damit sie gezielt vorgehen konnten, benötigten sie detaillierte Informationen: Wo sind Menschen eingeschlossen? Sind angrenzende Gebäude einsturzgefährdet? Ein unbemannter Mini-Hubschrauber kann den Einsatzkräften solche gefährliche Erkundungsarbeit abnehmen. Der »Quadrocopter« hat einen Durchmesser von einem Meter und kann dank seiner Wendigkeit selbst in eingestürzten Gebäuden manövrieren. Noch operiert der fliegende Katastrophenhelfer als »Einzelkämpfer« – doch bald könnte er Verstärkung bekommen: Fraunhofer-Forscher arbeiten daran, die Helikopter in Schwärmen einzusetzen. Bislang wäre das mit einem enormen Personalaufwand verbunden: Da die Hubschrauber nicht miteinander kommunizieren können, müsste jedes Gerät einzeln gesteuert werden.

Damit zukünftig eine Person alle Helikopter steuern kann, haben Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Informations- und Datenverarbeitung IITB in Karlsruhe eine Software entwickelt, die als »Einsatzleiter« fungiert. »Über unser Programm können die Quadrocopter ihre Aktivitäten selbstständig koordinieren«, erklärt Dr. Axel Bürkle, Projektleiter am IITB. »So kann beispielsweise ein Gerät sehr nah an eine Person heranfliegen, um die Schwere der Verletzungen festzustellen, während ein anderes den schnellsten Weg für die Bergung sucht.«

Das Programm besteht aus einzelnen Modulen, den Softwareagenten, die mit einem Repertoire an Aufgaben programmiert werden können. Jedem Quadrocopter ist ein Softwareagent zugeteilt. Die Hubschrauber sind mit unterschiedlichen Sensoren wie Kameras, Infrarotkameras, Lasermessgeräten und künstlichen Spürnasen zur Gefahrstofferkennung ausgerüstet. Sie funken Bilder, Videos und weitere Daten an die Bodenstation. Dort werten die Softwareagenten die Informationen aus und senden über eine Schnittstelle Handlungsanweisungen an die Quadrocopter. Das Besondere: Softwareagenten sind in der Lage, sich eigenständig zu vernetzen und Informationen auszutauschen. Dadurch können sie ihre Befehle an die Quadrocopter aufeinander abstimmen. Außerdem sind Softwareagenten lernfähig. Sie speichern den Ablauf von bestimmten Situationen und reagieren beim nächsten Mal noch schneller. Aktuell untersuchen die Entwickler den Einsatz des Systems in Simulationen für unterschiedliche Szenarien – etwa die Überwachung von Liegenschaften. In etwa einem Jahr könnten die ersten Quadrocopter-Schwärme einsatzbereit sein.

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BibTip macht sich selbstständig

Presseinformation des KIT (Karlsruhe Institute of Technology) vom 05.05.2009

Am KIT entwickelter Empfehlungsdienst für Bibliothekskataloge als Unternehmen ausgegründet

Finden ohne suchen: Das Recommendersystem BibTip erweitert Bibliothekskataloge um Empfehlungen, die es aus statistischen Auswertungen des Benutzerverhaltens erzeugt. Nun wurde der am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelte webbasierte Empfehlungsdienst als selbstständiges Unternehmen ausgegründet.

BibTip ist das Ergebnis eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts über „Recommendersysteme für Meta-Bibliothekskataloge“. Die Partner dieses Projekts, nämlich die Universitätsbibliothek und das Institut für Informationswirtschaft und -management (IISM) des KIT, haben nun einen Kooperationsvertrag mit der neu aus der Universität ausgegründeten Firma BibTip geschlossen, um den Empfehlungsservice weiterzuentwickeln und auszubauen.

„Ich freue mich, dass es gelungen ist, durch die Ausgründung in Verbindung mit dem Kooperationsvertrag eine Organisationsstruktur für BibTip gefunden zu haben, die eine langfristige Orientierung über den Zeithorizont von befristeten Stellen hinaus ermöglicht“, sagt der Leitende Direktor der Bibliothek, Christoph-Hubert Schütte. Die Firma BibTip wird weiterhin eng mit dem Lehrstuhl Informationsdienste und elektronische Märkte von Professor Dr. Andreas Geyer-Schulz am IISM zusammenarbeiten, um neueste Forschungsergebnisse zu nutzen. Die Ausgründung des Recommenderservices ist ein typisches Beispiel für erfolgreich betriebene Innovation am KIT.

Ein Recommenderservice ist ein System, das zu einem gegebenen Objekt ähnliche Objekte ermittelt und empfiehlt. Bekannt sind die Empfehlungsdienste von Online-Shops („Kunden, die A gekauft haben, haben auch B gekauft“). Bei BibTip handelt es sich um ein verhaltensbasiertes Recommendersystem, das anonymisiert arbeitet. Es beobachtet das Verhalten der Benutzer von Online-Katalogen (OPACs), wertet es statistisch aus und erzeugt daraus automatisch Empfehlungen. „Entscheidend für die Empfehlungen sind Kombinationen von gesuchten Titeln“, erklärt der Gründer der Firma BibTip, Marcus Spiering. Die verwendeten Algorithmen wurden am IISM entwickelt. Die Universitätsbibliothek Karlsruhe setzt BibTip seit 2003 in ihrem Online-Katalog ein und hat umfangreiches Know-how zur katalogspezifischen statistischen Konfiguration und zum Vorverarbeiten der Daten für das Berechnen von Empfehlungen aufgebaut.

Inzwischen wird BibTip weltweit in Bibliothekskatalogen eingesetzt. Namhafte Anwender sind die Deutsche Nationalbibliothek, die Bayerische Staatsbibliothek, die Badische Landesbibliothek, die Württembergische Landesbibliothek und die Boston College Libraries. Darüber hinaus verwenden zahlreiche Unversitäts- und Hochschulbibliotheken im In- und Ausland BibTip. (or)

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Optischer Silizium-Chip bricht alle Rekorde

Presseinformation des KIT (Karlsruhe Institute of Technology) vom 24.04.2009

Forscher am KIT erreichen in internationaler Zusammenarbeit das Vierfache der bisherigen Höchstgeschwindigkeit – Veröffentlichung in Photonics Nature

Ein internationales Forscherteam hat einen Chip entwickelt, der viermal leistungsfähiger als der bisherige Rekordhalter ist. Er verspricht ein preiswerteres und schnelleres Internet und die Verarbeitung größerer Bilddatenmengen. Die Wissenschaftler, unter ihnen vier Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), setzten dabei auf die Kombination von Organischer Chemie und Silizium-Technologie. Ihren Erfolg publizierten die Forscher in der April-Ausgabe von Photonics Nature.

Die Gruppe habe „das Beste aus zwei Welten zusammengebracht“, sagt Professor Jürg Leuthold vom Institut für Photonik und Quantenelektronik (IPQ). Die Wissenschaftler haben ein organisches Material entwickelt, das auf bislang unerreichte Weise hohe optische Qualität mit der Fähigkeit kombiniert, Lichtsignale zu übertragen. Das internationale Team unter der Leitung von Leuthold und dem Karlsruher Professor Wolfgang Freude fand eine technische Lösung dafür, dieses Material in die Silizium-Chip-Technologie zu integrieren, sodass es in Geräten der optischen Telekommunikation eingesetzt werden kann. Und diese enorm verbessern soll: „Der Chip kann die Daten von 2,6 Millionen Telefonanrufern verarbeiten“, so Leuthold.

In einem Experiment haben die Forscher die Funktionalität der ultra-schnellen Datenverarbeitung nachgewiesen. Der Chip ermöglichte es ihnen, ein optisches Datensignal, das bei 170,8 Gigabit pro Sekunde arbeitet, so umzuschreiben, dass daraus vier Datenströme mit 42,7 Gigabit pro Sekunde entstanden – die anschließend auf elektronischem Wege weiter verarbeitet werden können. Indem der Chip die Daten auf optischem Wege prozessiere, so erklärt Leuthold, „kann man die durch die Elektronik bedingten Geschwindigkeitslimits um einen Faktor vier – und noch mehr – überschreiten“.

Es ist seit Jahren bekannt, dass Daten mit optischen Mitteln weit schneller verarbeitet werden können als auf elektronischem Wege. Aber noch niemandem war bislang der Nachweis gelungen, dass man mit billigem Silizium bei Bitraten weit über der Schallgrenze von 100 Gigabit pro Sekunde arbeiten kann. Dabei tüftelten Forscher auf der ganzen Welt seit Jahren eifrig an der Weiterentwicklung der Siliziumtechnologie. So meldete die Firma Intel erst kürzlich die erste optische Signalverarbeitung bei 40 Gigabit pro Sekunde.

Die Tatsache, dass die Forschergruppe um Leuthold und Freude diesen Rekord um den Faktor vier überboten hat, beruht darauf, dass die Forscher einen neuen Weg beschritten haben: Die Licht führenden Bahnen auf ihrem Silizium-Chip haben im Gegensatz zu den Licht führenden Wellenleitern der Konkurrenz einen feinen Spalt in der Mitte. Er ist gerade einmal 100 Nanometer breit – im Vergleich dazu ist das menschliche Haar 700mal dicker. Den Spalt füllten sie mit einem neuartigen organischen Molekül auf – und dieses verhalf dem optischen Wellenleiter zu ultra-schnellen Eigenschaften. Dabei erhitzen die Forscher das Material bis zur Dampfphase, in der sie es auf die Siliziumstruktur legen. Danach bildet es einen homogenen festen Zustand aus. So füllen die Moleküle den Spalt komplett und gleichmäßig – und verhindern Streuverluste: „Das war der Durchbruch“, so Leuthold.

Für den Karlsruher Forscher ist die Wahrscheinlichkeit groß, „dass wir auch bei höchsten Bitraten weiterhin mit Silizium arbeiten können“. Die Erfolgsgeschichte von Silizium, die vor 61 Jahren mit der Entwicklung des ersten Transistors begann, könne ihre Fortsetzung finden: „indem wir in den kommenden Jahren das Silizium so modifizieren, dass wir optische Signale bei Geschwindigkeiten jenseits des mit Elektronik Machbaren verarbeiten können“. (ele)

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Datenspeicher gehen ins Netz

Presseinformation der Max-Planck-Gesellschaft vom 16.03.2009

Die Magnetisierung von Eisenatomen in einem metallorganischen Netz lässt sich mit Sauerstoff beeinflussen – so werden extrem dichte Datenspeicher möglich

Dichter ließe sich ein Datenspeicher kaum packen: Ein internationales Forscher-Team, an dem auch Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart beteiligt waren, hat die Grundlagen geschaffen, um Bits jeweils in einzelnen Eisenatomen zu speichern. Nach einer Methode, die am Stuttgarter Max-Planck-Institut entwickelt wurde, haben die Forscher auf einer Kupferoberfläche ein Netz aus Eisenatomen und Terephthalsäuremolekülen geknüpft. Die Eisenatome bilden dabei die Knoten des Netzes, die durch die organischen Moleküle verbunden sind. Jedes Eisenatom könnte in seinem magnetischen Moment ein Datenbit speichern. Gewöhnlich liegt das Moment nämlich wie ein winziger Stabmagnet in der Ebene des Netzes. Fügen die Wissenschaftler Sauerstoff hinzu, setzt dieser sich auf das Eisen und klappt den Stabmagneten aus der Ebene heraus. Die beiden magnetischen Orientierungen können für die Null oder Eins eines Bits stehen. (Nature Materials, März 2009)

Die größten Festplatten speichern derzeit rund 400 Gigabits pro Quadratzoll, auf jedem Quadratzentimeter also etwa 60 Gigabits. Das ist viel, aber es geht noch mehr. In dem Netz aus Eisenatomen und organischen Molekülen, das die Wissenschaftler nun geknüpft haben, fänden im Prinzip 700-mal mehr Datenpunkte Platz, nämlich knapp 50 Billionen pro Quadratzentimeter.

Nur 1,5 Nanometer Abstand trennen die Eisenatome in dem Netz, einem zweidimensionalen quadratischen Gitter. Zu diesem Gitter verbinden sich Eisen und Terephthalsäure von selbst auf einer Kupferoberfläche, wie auch Kochsalz ein regelmäßiges Gitter und keinen wilden Haufen bildet. Die Forscher müssen sie nur im richtigen Mischungsverhältnis und bei geeigneter Temperatur in einer Vakuumkammer verdampfen. „Metall und Säure vernetzen sich dann dank der besonderen Eigenschaften der Stoffe und dank der Kupferoberfläche, die als Ordnungshilfe wirkt“, sagt Sebastian Stepanow, der an der Arbeit maßgeblich beteiligt war.

An die Kupferoberfläche heften sich sowohl die Moleküle der organischen Säure als auch die Eisenatome, da sie ungern einsam im luftleeren Raum schweben. Die Säuremoleküle formen an zwei Enden Zangen, die begierig nach Metallatomen greifen. Die auf der Kupferoberfläche sitzenden Eisenatome bieten ihrerseits genügend Platz, um sich an vier Seiten von den Säurezangen packen zu lassen. Auf diese Weise entstehen propellerartige Komplexe. Durch die Bindungen der Moleküle untereinander wächst peu à peu das metallorganische Netz.

Schaltung zwischen Null und Eins

Als Datenspeicher taugt dieses Netz aber nur, wenn die Eisenatome sich zwischen zwei Einstellungen hin und her schalten lassen. Nur dann können sie Bits codieren. Eine Einstellung steht für die Null, die andere für die Eins, die beiden Buchstaben des digitalen Alphabets. Eine Eigenschaft, die sich zwischen zwei Zuständen hin und her schalten lässt, ist das magnetische Moment eines Atoms – wenn man es clever angeht.

Das magnetische Moment eines Eisenatoms wird vom Spin bestimmter Elektronen erzeugt und macht es zu einem winzigen Stabmagneten. Der Spin eines Elektrons gibt, anschaulich ausgedrückt, wieder wie sich ein Elektron um sich selbst dreht. Gewöhnlich liegen die Spins wahllos im Raum, es sei denn sie spüren ein äußeres Magnetfeld – deshalb wird ein Stück Eisen an einem Permanentmagneten selbst magnetisch. Oder die chemische Umgebung des Eisens zwingt die Spins in eine bestimmte Richtung. Den zugrundeliegenden Effekt nennen Physiker Spin-Bahn-Kopplung. Dabei orientieren sich die Spins nach der Richtung des Magnetfeldes respektive an ihrer chemischen Umgebung. Die Elektronen laufen auf räumlich gerichteten Bahnen, das heißt im Prinzip nicht auf einem Kreis, um den Atomkern. So wird ein Eisenatom zu einem Stabmagneten.

„Genau das passiert in unserem metallorganischen Netz auf der Kupferoberfläche, so dass die Stabmagnete alle waagerecht in dem Netz liegen“, sagt Sebastian Stepanow. Der Grund: In dem metallorganischen Netz bewegen sich die Elektronen, die das magnetische Moment erzeugen, auf anderen Bahnen als in einem massiven Eisenstück. Und die räumliche Lage der Elektronen-Bahn gibt dem magnetischen Moment eine bevorzugte Lage.

Sauerstoff im metallorganischen Netz

Gibt es eine derart bevorzugte Richtung sprechen Physiker von einer Anisotropie. „Wir können diese Anisotropie nun gezielt beeinflussen“, sagt Klaus Kern. Zu diesem Zweck fangen die Forscher Sauerstoff mit dem eisenhaltigen Netz, indem sie diesen wohldosiert in die Kammer einströmen lassen. Auf einige Eisenatome setzen sich dann Sauerstoffmoleküle. In einem Eisenatom mit solch einer Krone ändert sich die Richtung, in der sich der Stabmagnet orientiert: Bildlich gesprochen, richtet er sich auf und ragt nun senkrecht aus dem Netz.

Ob der Stabmagnet waagerecht im Netz liegt oder senkrecht darin steht, bestimmen die Physiker am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung mit einer ausgeklügelten Methode, die mit polarisiertem Röntgenlicht einen sogenannten magnetischen Zirkulardichroismus ermittelt: Sie leuchten mit einem Synchrotronstrahl gewisser Energie auf das Material. Mal ist das Licht links und mal rechts polarisiert. Das heißt bildlich gesprochen, die Lichtwelle dreht sich mal links und mal rechts um seine Laufrichtung. Die Elektronen im Eisenatom absorbieren diese Energie. Die Absorption von rechts oder links zirkular polarisiertem Licht hängt nun jeweils davon ab, wie stark das Eisen in die Richtung des Röntgenstrahles magnetisiert ist. Die Differenz gibt den Zirkulardichroismus wieder. Bestimmt man dessen Stärke für verschiedene Richtungen, so erfährt man in welche Richtung der Stabmagnet weist.

„Da sich die Eisenatome gegenseitig nicht spüren, beeinflusst der Sauerstoff das magnetische Moment selektiv“, sagt Stepanow. Der Stabmagnet kippt also nur bei den EIsenatomen, die eine Sauerstoffkrone tragen. Bislang haben die Physiker aber keinen Einfluss darauf, auf welche Metallatome sich ein Sauerstoffmolekül setzt. „Prinzipiell ließe sich das mit einem Rastersondenmikroskop steuern“, so Stepanow. Ein Rastersondenmikroskop besitzt eine feine Spitze, die ein Sauerstoffmolekül aufnehmen und gezielt zu einem Eisenatom manövrieren könnte.

Maßnahmen gegen magnetischen Schwund

Daran arbeiten die Forscher derzeit aber noch nicht. Sie suchen zunächst eine Möglichkeit, mehrere Eisenatome zu einem magnetischen Kollektiv zu verbinden. Denn ein Eisenatom pro Bit ermöglicht zwar den dichtesten Speicher, reicht aber vielleicht nicht für eine zuverlässige Datenspeicherung. Also wollen die Physiker den Eisenatomen ein Gespür füreinander geben. Das würden die Metallatome entwickeln, wenn sie näher zueinander rückten, wenn sie also durch kürzere Molekülen vernetzt wären. Moleküle, die das so zuverlässig tun wie Terephthalsäure, sind jedoch schwer zu finden.

„Daher versuchen wir das metallorganische Netz mit einer Isolationsschicht von der Kupferoberfläche zu trennen“, sagt Stepanow. Die Elektronen des Kupfers treten in mehr oder weniger starken Kontakt mit jenen des metallorganischen Netzes, das auf seiner Oberfläche liegt. So zieht Kupfer einiges von der magnetischen Kraft ab, die jedes Eisenatom auf seine Umgebung ausübt. Ohne den Schwund könnte die Kraft bis zu den nächsten Nachbaratomen reichen.

Dass genau das Netz aus Eisen und Terephthalsäure einmal in Festplatten Daten speichern wird, ist auch deshalb unwahrscheinlich, weil die Stabmagnete nur bei knapp 270 Grad Celsius unter Null zuverlässig eine bevorzugte Richtung einnehmen. Bei höheren Temperaturen, reicht die Wärmeenergie, um die Stabmagnete von einer bevorzugten Richtung abzubringen. „Mit unserem Hybridmaterialien haben wir aber bewiesen, dass es prinzipiell Materialien gibt, die Bits in einzelnen Atomen speichern können“, sagt Klaus Kern. „Und wir lernen an ihnen mehr über die Grandlagen der Spintronic, die anders als die Elektronik mit den Spins der Elektronen und nicht ihrer elektrischen Ladung arbeitet.“ Jetzt geht es darum, mit diesem Verständnis Stoffe zu entwickeln, die sich auch für Festplatten im PC eignen. [PH]

Originalveröffentlichung:
Pietro Gambardella, Sebastian Stepanow, Alexandre Dmitriev, Jan Honolka, Frank de Groot, Magalí Lingenfelder, Subhra Sen Gupta, D.D. Sarma, Peter Bencok, Stefan Stanescu, Sylvain Clair, Stefan Pons, Nian Lin, Ari P. Seitsonen, Harald Brune, Johannes V. Barth, and Klaus Kern
Supramolecular control of the magnetic anisotropy in two-dimensional high-spin Fe arrays at a metal interface
Nature Materials 8, 189 (2009)

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Bingo Voting erhöht Sicherheit von Wahlmaschinen

Presseinformation des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) vom 03.03.2009

Das am Europäischen Institut für Systemsicherheit (EISS) am KIT entwickelte Verfahren Bingo Voting zählt jede Wählerstimme zuverlässig. Das System könnte ein Weg sein, die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Sicherheit von Wahlmaschinen zu erhöhen.

Das Bundesverfassungsgericht hat heute Wahlmaschinen, die keine unabhängige Überprüfung der Auszählung erlauben, für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht räumte jedoch ein: Es könne durchaus Maschinen geben, die eine Überprüfung der Auszählung so erlauben, dass eine der Papierwahl vergleichbare Sicherheit erreicht wird. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Nachvollziehbarkeit für Wahlmaschinen bietet das am KIT entwickelte Verfahren Bingo Voting. Der Vorteil von Bingo Voting ist, dass sich das Verfahren mit jeder Art von Wahlmaschine kombinieren lässt. Auch mit Wahlmaschinen, die das Bundesverfassungsgericht in der heutigen Urteilsverkündung explizit erwähnt hat: Dies sind scanner-basierte Verfahren mit Wahlzettel und Urne oder Wahlmaschinen, die einen Stimmzettel für eine separate Urne ausdrucken.

„In Kombination mit einer solchen Wahlmaschine bietet Bingo Voting eine Nachvollziehbarkeit, die über das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Öffentlichkeitsprinzip hinausgeht“, so Dr. Jörn Müller-Quade, der das EISS leitet.

Bei Bingo Voting erhält jeder Wähler nach der Stimmabgabe einen Beleg, mit dem er die korrekte Zählung der eigenen Stimme überprüfen kann, ohne dass er den ganzen Tag im Wahllokal anwesend ist oder darauf vertrauen muss, dass zu jedem Zeitpunkt genügend aufmerksame Beobachter im Wahllokal ein Auge auf die Auszählung werfen. Die vom Wähler abgegebene Stimme ist so codiert, dass nur er und keine andere Person aus dem Beleg lesen kann, welche Partei gewählt wurde. Dies verhindert einen Missbrauch des Beleges für Erpressung oder Stimmenkauf. Zusammen mit dem Wahlergebnis veröffentlicht Bingo Voting alle Belege. So kann jeder Wähler überprüfen, ob sein Beleg dabei ist und seine Stimme gezählt wurde. Eine spezielle Codierung der Wahlbelege stellt die Unverfälschtheit nahezu aller Wählerstimmen sicher, selbst dann, wenn nur wenige Belege überprüft wurden.

„Nur in einem Punkt müssen wir nach dem heutigen Urteil noch etwas nachbessern“, so Müller-Quade. Das Bundesverfassungsgericht fordert, dass zusätzlich jeder Wähler das Verfahren verstehen kann. „Um auch diese Forderung des Gerichts zu erfüllen, müssen wir den zurzeit auf der CeBIT präsentierten Prototypen noch etwas verändern. Hier haben wir jedoch bereits einen Weg gefunden.“

Der Prototyp von Bingo Voting ist derzeit auf der CeBIT in Hannover Halle 9, Stand C02 zu sehen. Dort gibt auch ein Experte des EISS Auskunft zum Verfahren. (lg)

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